Protocol of the Session on May 17, 2001

Es gibt eine Nachfrage, bitte Herr Abgeordneter Botz.

Ja, danke. Herr Minister, glauben Sie nicht, dass wir angesichts der Tatsache der Aufrechterhaltung der Befahrung in der Ortslage Meuselbach und der hohen Achslasten, die alleinige Investition in die Straßendecke in kürzester Zeit ad absurdum führen würden?

Nein, Herr Botz, das glaube ich nicht. Ganz einfach, weil wir eine ganze Reihe von prioritär wichtigeren Maßnahmen im Abwasser- und Wasserbereich haben, die auch einen Anschluss an die Kläranlage haben und wo wir auch die Verpflichtung haben, bis zum Jahre 2005 der Wasserrichtlinie der EU nachzukommen und hier einen 70-prozentigen Anschlussgrad zu gewährleisten. Leider reichen die finanziellen Mittel, das wissen Sie genauso gut wie ich, nicht aus, um diese Maßnahme, die vernünftig wäre, Straßenbau plus Kanalbau, gleich zu machen, aber in jedem Fall durchzuführen.

Es gibt eine weitere Nachfrage. Bitte.

Wie bewerten Sie die Tatsache, dass zu einer diesbezüglichen Beratung im zuständigen Ministerium Anfang Januar 2001 zwar der Verbandsvorsitzende von "Rennsteigwasser" und ein Landtagsabgeordneter, nicht aber der Bürgermeister von Meuselbach geladen wurde?

Lieber Herr Dr. Botz, das bewerte ich überhaupt nicht. Das muss der Bürgermeister selber bewerten.

(Zwischenruf Abg. Dr. Botz, SPD: Der wurde nicht eingeladen.)

Das kann ich mir nicht vorstellen.

Weitere Nachfragen sehe ich jetzt nicht. Bitte, setzen Sie Ihre Dialoge dann vielleicht ein Stückchen abseits fort. Wir wollen fortfahren mit der Fragestunde und der Frage in Drucksache 3/1506. Herr Abgeordneter Botz, Sie sind wieder dran.

Danke, Frau Präsidentin.

Zugang von Zweckverbänden zu Einwohnermeldedaten

Zur Erhebung der aufkommensunabhängigen Gebühr benötigen Zweckverbände für Abfallwirtschaft ein- bis zweimal jährlich Angaben zu Veränderungen im Einwohnermelderegister, um nicht zu kostenintensiv und damit gebührensteigend eigene Melderegister aufbauen zu müssen.

Die dazu benötigten Daten wie Familiennamen, Vornamen, Doktorgrad, Geburtsdatum, Hauptwohnung, Anzahl der Familienangehörigen und Sterbetag werden den Zweckverbänden derzeit unter Verweis auf Meldegesetz und Datenschutz verweigert.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie bewertet die Landesregierung die Tatsache, dass staatlich unabhängige Einrichtungen wie Kirchen und GEZ wesentlich detailliertere Meldungen regelmäßig erhalten?

2. Sieht die Landesregierung eine Möglichkeit, dem Anliegen der Zweckverbände entgegenzukommen, ohne die gegenwärtige Rechtslage grundsätzlich zu ändern?

Bitte, Herr Staatssekretär Scherer.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, Herr Abgeordneter Herr Dr. Botz, Ihre Anfrage beantworte ich für die Landesregierung wie folgt.

Zu Frage 1: Die Privilegierung der öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaften hat ihre Wurzel in Artikel 140 des Grundgesetzes, wonach Teile der Weimarer Verfassung, die Religion und Religionsgesellschaften betreffend, in dieses inkooptiert wurden. Über das Melderechtsrahmengesetz und das Thüringer Meldegesetz ist sichergestellt, dass die Kirchen, die ihnen zustehenden Daten erhalten. Die regelmäßige Datenübermittlung an den Mitteldeutschen Rundfunk wurde mit Artikel 3 des Thüringer Gesetzes zu dem Vierten Rundfunkänderungsstaatsvertrag und zur Verbesserung des Rundfunkgebühreneinzugs beschlossen. In beiden Fällen hat sich der Gesetzgeber dazu entschieden, dass genau diese detaillierten Meldungen regelmäßig erfolgen.

Zu Frage 2: Um regelmäßige Datenübermittlungen vornehmen zu können, bedarf es keiner grundsätzlichen Änderung der Rechtslage. Der § 29 Abs. 5 Thüringer Meldegesetz ermöglicht regelmäßige Datenübermittlungen an öffentliche Stellen, soweit dies durch Landesrecht unter Festlegung des Anlasses und des Zwecks der Übermittlungen der Datenempfänger und der zu übermittelnden Daten bestimmt ist. Durch § 41 Abs. 1 Nr. 4 der gleichen Rechtsgrundlage ist das für das Meldewesen zuständige Ministerium ermächtigt, derartige Übermittlungen vorzuschreiben.

Es gibt eine Nachfrage. Bitte, Herr Abgeordneter Botz.

Herr Staatssekretär, habe ich Ihre Beantwortung meiner ersten Frage richtig verstanden, wenn ich vermute, dass auch in diesem Fall, in dem von mir beschriebenen Problem, eine gesetzliche Änderung durchaus möglich erscheint?

Man könnte an eine gesetzliche Änderung denken und könnte sagen, man führt so eine Regelung zur regelmäßigen Datenübermittlung für die Zweckverbände ein. Daran könnte man denken, daran hat man auch schon einmal gedacht, und zwar bereits im Zusammenhang mit der Ersten Thüringer Meldedatenübermittlungsverordnung von 1996. Schon damals bestanden ernsthafte Zweifel, ob vor dem Hintergrund der äußerst unterschiedlichen Bemessungsgrundlagen in den Gebührensatzungen, und zwar nach Personen im Haushalt, nach Menge der Abfälle oder auch nach einer Gemengelage von beiden Kriterien, eine regelmäßige Datenübermittlung derart konkreter Einzeldaten zu jedem Einwohner im Sinne von Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit überhaupt zulässig ist. Der im Zuge der Abstimmung damals beteiligte Thüringer Landesbeauftragte für den Datenschutz hatte sich vehement dagegen ausgesprochen. Soweit mir bekannt ist, hat sich diese Auffassung auch nicht geändert. Er schrieb damals dazu: Ein zweites Melderegister ist für die Berechnung und den Einzug von Gebühren nicht erforderlich, da für diesen Zweck eine zahlenmäßige Information über die Bewohner der einzelnen Grundstücke ausreichend ist und nur personenbezogene Daten von den Gebührenschuldnern, im Regelfall der Eigentümer und nicht aller Einwohner, benötigt werden. Auf diese konkreten Vorhalte hat der Thüringer Landkreistag damals nicht mehr reagiert. In einer daraufhin anberaumten Besprechung wurden die vorgebrachten Argumente akzeptiert. Sein ursprüngliches Anliegen hat der Landkreistag daraufhin nicht weiter verfolgt. Ich möchte noch eines dazu sagen, die Mitteilung seitens der Meldebehörde, welche Veränderungen sich in der Anzahl der Bewohner eines Grundstücks innerhalb eines bestimmten Zeitpunkts vollzogen haben, ist auch heute schon möglich, und zwar ohne Änderung einer Rechtsverordnung.

Es gibt keine zweite Nachfrage.

Frau Präsidentin, ich beantrage im Namen meiner Fraktion die Überweisung an den Innenausschuss.

Danke zunächst erst einmal Herr Staatssekretär Scherer. Wir werden das abstimmen. Wer für die Überweisung der Mündlichen Anfrage an den Innenausschuss stimmen will,

den bitte ich um das Handzeichen. Das ist ausreichend, die Frage ist überwiesen.

Wir kommen zur Frage in Drucksache 3/1511. Bitte, Herr Abgeordneter Ramelow.

Neuregelung von Arbeitszeiten für Bereitschaftsdienste

In meiner Mündlichen Anfrage vom 16. März 2001 hatte ich die Landesregierung zu den Auswirkungen eines Urteils des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zur Neuregelung der Bereitschaftsdienste auf Thüringen befragt (Drucksache 3/1393). Die Landesregierung vertrat in ihrer Antwort die Auffassung, die Rechtswirkung des Urteils beschränke sich auf bestimmte Teams spanischer Ärzte und die regionale Gesundheitsverwaltung der Provinz Valencia. Eine unmittelbare Wirkung auf die Auslegung deutschen Rechts ergebe sich nicht und Aussagen über die Bedeutung des Urteils für Deutschland könne sie nicht treffen. Inzwischen erklärte das Arbeitsgericht Gotha unter ausdrücklicher Berufung auf das betreffende Urteil des EuGH eine Regelung in der Betriebsvereinbarung eines Thüringer DRK-Kreisverbandes für unwirksam (Az. 3 BV 1/01).

Nach dieser Entscheidung ist es unzulässig, bei der Berechnung der europarechtlich höchstzulässigen regelmäßigen Arbeitszeit Bereitschaftsdienste an der Arbeitsstelle nicht zur Arbeitszeit zu rechnen. Der Ärzteverband "Marburger Bund" berechnete daraufhin, dass durch Umsetzung der neuen Regelung ein Bedarf von allein 15 000 zusätzlichen Ärzten bundesweit entstehe. Auch die Gewerkschaft verdi geht von der Notwendigkeit aus. Ich frage die Landesregierung:

1. Wie bewertet die Landesregierung die Rechtslage angesichts des Beschlusses des Arbeitsgerichts Gotha?

2. Welche Auswirkungen wird die Umsetzung des Beschlusses des Arbeitsgerichts Gotha auf die Neuregelung der Arbeitszeiten für kommunale und landesrechtlich festgelegte Bereitschaftsdienste in Thüringen haben?

3. Welcher Bedarf für zusätzliche Beschäftigung ergibt sich in welchen Berufszweigen in Thüringen nach diesem Beschluss?

4. Hält die Landesregierung die qualifizierte Besetzung der in Thüringen notwendig werdenden zusätzlichen Stellen unter Beachtung von Altersstrukturen und erforderlichen Bildungsabschlüssen für möglich und wenn ja, zu Lasten welches bisherigen Einsatzes der dafür benötigten Arbeitskräfte?

Bitte, Herr Staatssekretär Maaßen.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, namens der Landesregierung beantworte ich die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Ramelow wie folgt:

Zu Frage 1: Durch den Beschluss des Arbeitsgerichts Gotha hat sich an der bisherigen Rechtslage nichts geändert, zumal der Beschluss nur zwischen den Parteien des Rechtsstreits Wirkung entfaltet. Der betreffende Thüringer DRKKreisverband hat zudem angekündigt, gegen den Beschluss Beschwerde einzulegen.

Zu Frage 2: Vor einer Neuregelung der Arbeitszeiten in den Krankenhäusern müssen die damit zusammenhängenden Rechtsfragen bundesweit einheitlich geklärt sein. Es ist insoweit zu begrüßen, wenn auch das in erster Instanz vor dem Arbeitsgericht Gotha entschiedene Verfahren durch eine Entscheidung des Thüringer Landesoder aber auch des Bundesarbeitsgerichts zur Rechtsklärung beitragen kann. Die Frage, welche Auswirkungen der Beschluss des Arbeitsgerichts Gotha und damit die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 3. Oktober 2000 zur Auslegung der Richtlinie des Rates der Europäischen Union vom 23. November 1993 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung auf die nationalen Arbeitszeitbestimmungen insgesamt haben wird, ist somit noch nicht abschließend geklärt. Die Bundesregierung hat hierzu auf nationaler und europäischer Ebene Gespräche angekündigt.

Zu Frage 3: Nach vorsichtiger Schätzung der Landeskrankenhausgesellschaft in Thüringen müssten bis zu 200 zusätzliche Ärzte in den Krankenhäusern neu eingestellt werden, wenn der Bezugswert von 15.000 Ärzten bundesweit nach Aussage des Marburger Bundes zum Tragen käme. Betroffen wären auch Rettungsdienste und weitere Bereiche, in denen Bereitschaftsdienste üblich sind. Derzeit kann keine verbindliche Aussage getroffen werden, zu welchem Bedarf an zusätzlicher Beschäftigung es kommen könnte.

Zu Frage 4: Die Entscheidung, ob und in welchem Umfang zusätzliche Stellen qualifiziert besetzt werden müssen, ist nicht eine Entscheidung der Landesregierung. Sowohl die Personalvorhaltung als auch der Personaleinsatz wird durch die Krankenhausträger in eigener Verantwortung vorgenommen. Ich habe hierzu die entsprechenden Stellen um Informationen über mögliche Auswirkungen der Rechtsprechung gebeten. Ich bin gern bereit, die Abgeordneten des Landtags über die Ergebnisse meiner Umfrage zu unterrichten, wenn diese Ergebnisse vorliegen.

Es gibt eine Nachfrage. Bitte, Herr Abgeordneter Ramelow.

In Ihrer Antwort auf meine Frage 1 nehmen Sie ja Bezug darauf, dass es ein Urteil oder ein Beschluss ist. Will die Landesregierung nicht eine Vielzahl von Beschlussverfahren provozieren, um eine gesicherte Rechtslage zu erhalten, würde sich von mir jetzt die Frage anschließen: Was wird die Landesregierung unternehmen, um bundeseinheitlich ein Herangehen an das Problem zu bekommen und damit auch zu beschleunigen?

Herr Abgeordneter, aus meiner Antwort haben Sie schon ersehen können, dass es der Landesregierung nicht möglich ist, hier irgendwelche Prozesse und Rechtsstreite zu "provozieren", wie Sie das eben genannt haben. Aber es ist durchaus möglich, dass wir uns - und das haben wir ja bereits getan - mit der Bundesregierung, mit den Krankenhausgesellschaften und mit anderen Trägern von solchen Diensten, die hier betroffen sind, in Verbindung setzen und prüfen, welche Auswirkungen sich aus einer verfestigten Rechtsprechung ergeben können. Ich habe ja schon zu einer früheren Mündlichen Anfrage, die wir vor einiger Zeit Ihnen gegenüber beantwortet haben, darauf hingewiesen, dass es hier eine Möglichkeit gibt, dass sich die Rechtsprechung auch europaweit möglicherweise noch verfestigt und dann eine Verbindlichkeit beansprucht. Bitte seien Sie so freundlich und nehmen Sie zur Kenntnis, wir bemühen uns um eine umfassende Regelung, aber, wie gesagt, eine unmittelbare Rechtszuständigkeit zur Regelung dieses Problems haben wir nicht, weil das Aufgabe der Arbeitgeber in dem konkreten Fall ist.

Ich sehe keine weiteren Nachfragen. Danke, Herr Staatssekretär. Wir kommen zur Frage in Drucksache 3/1513. Bitte, Frau Abgeordnete Heß.

Personalpolitik im Bereich des Thüringer Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Infrastruktur

Zu den tragenden Grundsätzen des Öffentlichen Dienstrechts gehört es, dass die Besetzung öffentlicher Ämter ausschließlich nach den Kriterien Eignung, Befähigung und fachliche Leistung zu erfolgen hat. Dieser Grundsatz hat ein derart überragendes Gewicht, dass ihm die Mütter und Väter des Grundgesetzes in Artikel 33 Abs. 2 Grundgesetz Verfassungsrang verliehen haben. Aus den Motiven zum Grundgesetz geht hervor, dass damit im Interesse eines geordneten Staatswesens die Vergabe öffentlicher Ämter nach sachwidrigen Kriterien, wie beispielsweise verwandtschaftliche Verhältnisse oder parteipolitische Vorlieben, verhindert werden sollte.

Kürzlich war der Presse zu entnehmen, dass im Bereich des Thüringer Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Infrastruktur die Position des Zentralabteilungsleiters neu besetzt werden soll. Auf diesem Dienstposten hat man typischerweise mit klassischen Verwaltungsaufgaben zu tun, die stark juristisch geprägt sind, wie z.B. das Haushalts- und das Arbeits- und Dienstrecht. Von einem Inhaber einer solchen Stelle werden üblicherweise die Befähigung zum Richteramt sowie eine längere einschlägige Berufserfahrung erwartet. Gleichwohl soll die Landesregierung auf diesem Posten einen Bewerber einzustellen beabsichtigen, der nach Presseberichten ausschließlich über eine theologische Vorbildung verfügt. Zuvor hatte der Betreffende den Dienstposten des Leiters des Ministerbüros inne. Weiterhin ist er der Schwiegersohn eines Thüringer Ministers.

Ich frage die Landesregierung:

1. Ist ein Zentralabteilungsleiter mit einer ausschließlich theologischen Vorbildung fachlich in der Lage, schwierige juristische Probleme, beispielsweise des Haushaltsoder Dienstrechts, eigenständig zu lösen, damit er seine Mitarbeiter entsprechend anleiten und kontrollieren kann?

2. Beabsichtigt die Landesregierung auch künftig theologisch vorgebildete Mitarbeiter in klassischen Verwaltungsdienstposten bzw. -stellen für Führungsaufgaben einzustellen?