Protocol of the Session on April 6, 2001

Es gilt einen Spagat zu vollziehen - den Spagat zwischen dem in einem Rechtsstaat selbstverständlichen Vollzug eines Bundesgesetzes, nämlich des Entschädigungs- und Ausgleichsleistungsgesetzes einerseits und der Notwendigkeit, für Thüringen bedeutsame Kulturgüter dauerhaft in

unserem Lande zu bewahren andererseits. Dabei sollte nicht unerwähnt bleiben, dass dieses vom Bundestag verabschiedete Gesetz nicht nötig gewesen wäre, wenn es die rechtswidrigen Enteignungen nicht gegeben hätte.

(Beifall bei der CDU)

Sie alle wissen, dass es hier im Wesentlichen um drei große Antragsteller geht. Ansprüche wurden geltend gemacht seitens des Hauses Sachsen-Weimar-Eisenach; seitens des Hauses Sachsen-Meiningen sowie des Hauses Sachsen Coburg und Gotha. Die Ansprüche sind für uns so bedeutsam, dass die interministerielle Arbeitsgruppe beschlossen hat, mit allen Antragstellern Gespräche zu führen. Den ersten Erfolg konnten wir nach relativ kurzer Zeit verbuchen. Nach einem knappen Jahr Verhandlungen mit dem Hause Sachsen-Meiningen ist uns eine Lösung hinsichtlich der restitutionsbehafteten Archivbestände des Staatsarchivs Meiningen gelungen. Diese Bestände, das heißt rund 60 laufende Meter Archivmaterial sowie einzelne Bücher der nach 1945 aufgelösten öffentlichen und privaten herzoglichen Bibliothek, werden dauerhaft und entgeltlos zur öffentlichen Nutzung im Staatsarchiv verbleiben. Dazu zählen zum Beispiel die Akten des Theaterherzogs Georg des II., welche von nationalem kulturhistorischen Wert sind. Außerdem sind dies u.a. Akten des Hofbauamtes, des Hofjagdamtes, des Münzkabinetts und des Amtes Feste Heldburg. Dass die Landesregierung Ihnen heute nun die Vergleichsentwürfe mit dem Haus Sachsen Coburg und Gotha bzw. der herzoglichen Familien sowie der Kunststiftung mit der Bitte um Zustimmung vorlegen kann, ist ein weiterer außerordentlicher Erfolg. Bei den geltend gemachten Ansprüchen handelt es sich im Wesentlichen um zwei Komplexe. Die Familienstiftung beansprucht Grundvermögen, das sich in der Verfügungsbefugnis des Freistaats, verschiedener Kommunen sowie Privater befindet. Hierzu zählen z.B. das Schloss Friedenstein Gotha, die Klosterruine Georgenthal sowie verschiedene Wohn- und Geschäftshäuser. Die Immobilien haben einen Wert von ca. 130 Mio. DM. Die Kunststiftung beansprucht insbesondere umfängliches mobiles Kunstvermögen. Hierunter fällt nahezu der gesamte Bestand des Schlossmuseums auf Schloss Friedenstein Gotha mit seiner Kunstkammer, der Gemäldesammlung, seinem Kupferstichkabinett, dem Münzkabinett, seiner antiken Sammlung, der ägyptischen Sammlung und Ostasiatika, des Weiteren diverse Sammlungen und Bestände des Museums der Natur, des Museums der Regionalgeschichte, des Museums der Volkskunde sowie Bestände der Universitäts- und Forschungsbibliothek Erfurt/Gotha sowie des Thüringischen Staatsarchivs Gotha. Der Wert, ich habe es bereits erwähnt, ist mit mindestens 400 Mio. DM anzusetzen. Insgesamt sprechen wir hier also von einem Restitutionsanspruch mit einem Volumen von über einer halben Mrd. DM.

Meine Damen und Herren, die Verhandlungen waren in der Sache hart, wie könnte es auch anders sein, aber immer auch fair. Sie sind, so glaube ich sagen zu dürfen, von beiden Seiten jederzeit verlässlich geführt worden.

Dies war sicher eine Voraussetzung dafür, dass wir zu einer einvernehmlichen Lösung kommen konnten. Dabei war, insbesondere was die Kunstgegenstände anbelangt, unsere Verhandlungsposition, vorsichtig ausgedrückt, nicht gerade günstig. Wir hatten es aber - und dies würde ich mir auch für alle anderen Fälle wünschen - mit Verhandlungspartnern zu tun, die sich ihrer historischen Verantwortung bewusst sind und sich hierzu nicht nur in Worten, sondern auch in der Tat bekennen. Dennoch waren die Verhandlungen schwierig und so freue ich mich auch persönlich, Ihnen heute dieses für uns äußerst günstige Ergebnis vorstellen zu können. Sowohl die herzogliche Familienstiftung wie auch die Kunststiftung verzichten auf sämtliche geltend gemachte Restitutionsansprüche. Dies gilt - und das ist wichtig für die Kunstgegenstände - nicht nur für die derzeit insbesondere auf Schloss Friedenstein befindlichen Kunstgüter, sondern auch für die Vielzahl der kriegsbedingt abhanden gekommenen Kunstgegenstände, die sich heute auf dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion befinden. Der Abschluss des Vergleichs bedeutet einen dauerhaften Verbleib aller Kunstgegenstände in Gotha in der bisherigen Art und Weise. Über die Immobilienproblematik hinaus konnten wir aber auch bezüglich der restitutionsbehafteten Grundstücke endgültige Rechtssicherheit herbeiführen. Das gibt nicht nur Sicherheit für den Freistaat und verschiedene Kommunen, sondern insbesondere auch für etwa 600 Bürgerinnen und Bürger des Freistaats. Natürlich kann nicht erwartet werden, dass die Antragsteller keine Gegenleistung gefordert hätten. Wir sind nach längerer Erörterung zu einer für beide Seiten tragbaren Lösung gekommen. Der Ausgleich soll durch einen Tausch gegen Landesforst herbeigeführt werden. Andere Möglichkeiten standen uns allerdings auch nicht zur Verfügung. Die notwendigen Barmittel haben wir schlicht nicht. In den Verhandlungen einigten wir uns auf eine Forstfläche in einem Umfang von exakt 802 Hektar mit einem Wert von 15.095.000 DM. Betroffen sind Waldgrundstücke in den Gemeinden Crawinkel und Luisenthal. Diese Übergabe von Forstflächen ist jedoch an Auflagen gebunden, die die Anspruchsteller bereits akzeptiert haben. In den betroffenen Flächen werden Investitionen durchgeführt, wie sie dem Freistaat aufgrund seiner Haushaltssituation nicht möglich sind. Es wird Landespersonal übernommen und es wurde auch eine Einigung hinsichtlich der Jagdausübungsberechtigten getroffen, mit der beide Seiten zufrieden sind. Und selbstverständlich, meine Damen und Herren, können die Thüringerinnen und Thüringer ihre Freizeit in der Thüringer Natur verbringen und sich an dieser Natur erfreuen, unabhängig davon, wer im Grundbuch als Eigentümer eingetragen ist.

(Beifall bei der CDU)

Im Übrigen halte ich es auch für eine bemerkenswerte Geste, dass sich das Haus Sachsen Coburg und Gotha in den kommenden Jahren mit 100.000 DM an Restaurierungsmaßnahmen, insbesondere der Kunstsammlungen, beteiligen wird.

(Beifall bei der CDU)

Wenn Sie dies, meine Damen und Herren, spitz auf Knopf rechnen, kommen wir damit sogar auf einen Wertausgleich von unter 15 Mio. DM. Wir tauschen somit Landesforst, der im Übrigen, wie Sie wissen, ja auch defizitär ist, im Wert von ca. 15 Mio. DM gegen Restitutionsansprüche in einem Wert von ca. 530 Mio. DM.

Meine Damen und Herren, nun ist in den letzten Tagen die Frage aufgeworfen worden, ob das Thüringer Waldgesetz dem Tausch Kunst gegen Landesforst entgegenstehen könnte. Im Thüringer Waldgesetz heißt es in der Tat, dass der Staatswald in seinem Bestand erhalten bleiben soll. In derselben Regelung finden sich aber zwei weitere wesentliche und weiterführende Aussagen. Zum einen kann Staatswald sehr wohl veräußert werden, wenn dies im öffentlichen Interesse liegt. Es liegt auf der Hand, und ich habe mir das in mehreren Stellungnahmen auch noch einmal von Spezialisten bestätigen lassen, dass dieses öffentliche Interesse uneingeschränkt zu bejahen ist, wenn mit dem Tausch von Landesforst die Herausgabe von materiell unvergleichlich viel wertvolleren Kunstgegenständen verhindert werden kann. Zum anderen darf ich noch eine Mitteilung des zuständigen Ministeriums für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt weitergeben: Wir haben entsprechend einer weiteren Regelung im Thüringer Waldgesetz bereits durch Erstaufforstung einer Verringerung der Staatswaldflächen entgegengewirkt, und zwar unabhängig von dieser Vergleichsvereinbarung. Ich hoffe, dass auch diese Frage damit beantwortet ist.

(Beifall bei der CDU)

Ich sage auch aus persönlicher Überzeugung: Eine noch bessere, vorteilhaftere Lösung für den Freistaat Thüringen wird es nicht geben. Zum Abschluss der Vergleichsvereinbarungen gibt es vernünftigerweise keine Alternative.

Meine Damen und Herren, gemäß § 64 Abs. 2 der Thüringer Landeshaushaltsordnung in Verbindung mit § 13 Abs. 3 des Thüringer Haushaltsgesetzes 2001/2002 bitte ich um die Einwilligung des Landtags zu den Ihnen vorliegenden Investiven Gütlichen Einigungen. Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Ich eröffne zu diesem Antrag die Aussprache. Es hat sich als erster Redner zu Wort gemeldet der Abgeordnete Scheringer, PDS-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, für viele Menschen in Thüringen bringt der jetzt vorgesehene Tausch auch viele Vorteile und auch Erleichterungen, ganz besonders für die vielen kleinen Eigentü

mer des mit Restitutionsansprüchen behafteten Bodens. Das muss zu Beginn meiner Ausführungen auf alle Fälle festgestellt werden. Und ich bin ja auch befangen, weil es mich selber auch betrifft. Deswegen fällt mir das auch so schwer, hierüber weiterzureden, aber das hilft ja nun alles nichts. Da nun einmal das Gesetz so ist, das Ausgleichsleistungsgesetz, was Herr Staatssekretär schon angeführt hat, ist es auch nicht so, dass man sagen kann, man kann das einfach nicht durchführen. Es hätte aber auch, wie so vieles andere, Novellierungen zu den Gesetzen geben können. In dem Fall ist das aber auch nicht gemacht worden. Ich muss auch sagen, ich war schon öfter mit den Fürsten - ich kann sie immer nicht so auseinander halten von Nordthüringen und Südthüringen zusammen und habe viele Diskussionen geführt auf Waldbesitzerversammlungen und auch auf der Jagd.

(Unruhe bei der CDU, SPD)

Und ich muss sagen - na ja, wenn wir hier darüber reden, muss man offen alles sagen -, im gewissen Maße hat der Herr Staatssekretär schon Recht mit der Kulanz, die er angesprochen hat, oder mit der ehrlichen und harten - wie er es so formuliert hat, muss ich hier nicht nacherzählen Verhandlungsführung. So waren meine Diskussionen ständig mit den hohen Häusern.

In Thüringen ist schon einmal, das ist noch gar nicht so lange her, den Fürsten etwas verwehrt worden, wo es um Goethe und andere Besitzstände ging. Ich weiß auch genau, dass hier bei diesen ganzen Geschichten ausländisches verschwägertes Kapital mit eine Rolle spielt, was in der ersten Fürstenenteignung und auch in der zweiten höchstwahrscheinlich nicht rechtmäßig war. So genau befasse ich mich nicht damit, aber es ist hier schon einmal etwas verwehrt worden. In Sachsen-Anhalt ist die Klage von einem Fürstenhaus auch abgelehnt worden. Und das Thüringer Waldgesetz, wir hatten das ja im Ausschuss behandelt, verhindert, dass der Wald nicht zugänglich ist und dass er nicht, wie teilweise im Königshaus Bayern bei den Wittelsbachern, großflächig mit einem zwei Meter hohen Zaun umgeben wird. Das ist erst einmal heute laut Thüringer Waldgesetz nicht möglich. Herr Wunderlich weiß das zwar nicht so, aber ich will mal mit ihm dorthinfahren.

(Heiterkeit bei der CDU)

Und die Fürstin von Thurn und Taxis aus Süddeutschland

(Zwischenruf Dr. Vogel, Ministerpräsident: In Regensburg sitzt die.)

- nicht nur Regensburg, auch in Baden-Württemberg hat die Frau Schlösser; ich habe ja auch nur gesagt Süddeutschland, weil das groß ist, Herr Ministerpräsident -, wenn die in Geldsorgen war - und die ist öfter in Geldsorgen, weil das ja gar nicht so einfach ist, alles zu erhalten in Größenordnungen -, dann hat die zuerst - hören Sie gut

zu, ich muss auch gleich trinken

(Heiterkeit im Hause)

ihr Gold verkauft, dann den Schmuck und dann auch noch Bilder, aber die hat so viel Wald, davon hat sie nicht einen Hektar hergegeben. Und das ist eigentlich eine logische Sache, wo ich vieles verstehe oder nicht verstehe. Deswegen wäre ja ich der Meinung: Lasst den Fürsten, was den Fürsten ist. Eigentum verpflichtet in Größenordnungen, lasst das denen. Das muss sowieso jedem gezeigt werden, alles kann sowieso nicht fortgeschafft werden. Und wissen Sie was: Wenn im Jahr 2014 das 200 km weiter weg verlagert wird, dann können die Süddeutschen das schneller besichtigen als die Norddeutschen. Wenn Sie sich das überlegen, das wäre doch gar nicht so schlimm. Und dann möchte ich noch sagen, was mich am meisten betrifft, das ist das Problem - das verstehe ich nicht: Wir haben heute gehört, welche erfolgreichen Verhandlungen das waren, 600 Mio. DM, mehr als eine halbe Milliarde, gegen 15 Mio. DM. Da müssen die Fürsten in vielen, vielen Generationen denken oder es ist irgendwie ein Irrglaube. Deswegen, meine ich, sollte eigentlich der Souverän des Volkes, der Staat, den Wald in der Form nicht gegen Bilder und andere Immobilien eintauschen, weil ich nicht verstehe, dass in den Missverhältnissen, Größenordnungen getauscht wird, und das, glaube ich, macht vieles auch deutlich. So viel möchte ich hier sagen und ich würde Sie schon bitten, das noch einmal zu überlegen. Danke schön.

(Beifall bei der PDS)

Als nächster Redner hat sich der Abgeordnete Dr. Botz, SPD-Fraktion, zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, die SPDLandtagsfraktion vertritt mehrheitlich die Auffassung, dass der Versuch, einen Vergleich zwischen den genannten Fürstenhäusern und dem Freistaat Thüringen zu treffen, in dieser Sache generell prinzipiell sinnvoll ist. Dieser Versuch basiert, und ich will da in der Geschichte nicht ganz so weit wie einige Vorredner zurückgehen, letztendlich auf dem Einigungsvertrag, auf entsprechenden Bundesgesetzen, die hier genannt wurden, aber auch nach jahrelangen Verhandlungen auf Gerichtsurteilen des Bundesverfassungsgerichts. In dessen Ergebnis sind Rechtstitel, Rechtsansprüche entstanden, diese müssen miteinander ausgeglichen werden. Wir teilen auch die Auffassung, dass man früh- und rechtzeitig aus Gründen, die hier schon genannt wurden, versuchen sollte, diese Entscheidungen zu treffen und sie nicht auf die lange Bank zu schieben.

Herr Staatssekretär hat hier Erläuterungen und Begründungen gegeben, die ich ganz einfach auch angesichts der fortgeschrittenen Stunde hier nicht noch einmal ausführen möchte. Wenn ich das nicht tue, bitte ich das nicht falsch zu verstehen. Es könnte nämlich der Eindruck entstehen, dass all das, was an sinnvoller Begründung hier gebracht wurde, dem wir nicht widersprechen, sozusagen einer Geringschätzung anheim fällt, weil ich mich jetzt aus Zeitgründen da nicht noch einmal ganz stark darauf beziehe. Das heißt, meine Damen und Herren, wenn es jetzt darum ginge, ob uns dieser Vergleich 15 Mio. DM wert ist, dann wäre es eine durchaus relativ leicht zu treffende Entscheidung. Ich glaube, das wäre auch eine mehrheitliche Auffassung hier in diesem Hause. Ich gehe noch etwas weiter, ich sage das für mich als Person, einige andere von Ihnen würden das vielleicht auch tun. Die eine oder andere Mark mehr wäre eine solche "Investive Gütliche Einigung" dem einen oder anderen von uns auch noch wert. Nur, wie es eben so ist im Leben, mit Barem war es nicht einfach getan. An dieser Stelle aber bitte schon einmal die erste Frage. Als Mitglieder des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hatten wir letzte Woche schon einmal Gelegenheit, am Rande dieses Thema mit zu behandeln. Dort hatte ich die entsprechenden Aussagen so verstanden, dass von Anfang an der Verhandlungspartner überhaupt kein Interesse an Barem hatte, sondern in dieser Frage von Anfang an Interesse an Wald. Während ich dem Redebeitrag des Herrn Staatssekretärs jetzt entnehmen musste, ich hoffe ich habe es nicht falsch verstanden, dass diese 15 Mio. DM im Freistaat für diesen Zweck, der hier ja eindeutig bewertet wurde und Sie haben das mit Beifall bedacht, nicht vorhanden sind. Also da ist schon der erste Unterschied, ich bitte das aufzuklären, vielleicht heute, spätestens aber im Zuge hin zur zweiten Lesung. Schwerer fällt uns, meine sehr verehrten Damen und Herren, schon die Zustimmung zu der hier in der gütlichen Einigung vorgeschlagenen so genannten Forstersatzlösung, sprich Veräußerung von Staatswald im Umfang von 802 Hektar, den Gesamtwertumfang haben Sie auch gehört, letzten Endes um den Vertragspartner ins Boot zu bekommen. Zwar kann sich, das möchte ich hier ausdrücklich noch einmal bestätigen, der Herr Staatssekretär hat das auch schon genannt, die Landesregierung auf § 31 Abs. 4 des Thüringer Waldgesetzes berufen, in dem sie öffentliches Interesse für ein solches Grundstücksgeschäft reklamiert. Aber, meine Damen und Herren, es bleibt der mehr als bittere Beigeschmack, ein öffentliches Interesse gegen das andere öffentliche Interesse hier auszutauschen.

(Beifall bei der CDU)

Das eine öffentliche Interesse besteht also darin, möglichst bald und dauerhaft öffentliche Verfügbarkeit über beträchtliche Kulturgüter in Thüringen zu bewahren. Das andere öffentliche Interesse besteht darin, mit all den begründeten Anliegen und Interessen einen hohen Bestand von im öffentlichen Eigentum befindlichen Waldflächen zu erhalten. Beide Interessen sind es wert, mehr als ernst

genommen zu werden. Sie besitzen gerade auch, das, glaube ich, können wir alle feststellen, bei unserer thüringischen Bevölkerung einen hohen Stellenwert. Und es wäre ein gewaltiger Fehler hier zu sagen, die eine Bevölkerungsgruppe hätte gern das und die andere das. Ich hoffe, dass möglichst viele der hier anwesenden Abgeordneten sich möglichst beiden Gruppen zuordnen. Für die Thüringer ist das mit Sicherheit der Fall. Es gibt in Thüringen mindestens genauso viele Bürger, diese Behauptung wage ich hier, die ein sehr starkes Interesse haben, Umfang und Qualität solcher Waldgebiete im öffentlichen Eigentum zu erhalten, wie es eben sicher auch kunst- und kulturinteressierte Bürger gibt. Aber genau diese Zielstellung, meine Damen und Herren, nämlich der Verringerung der Staatswaldfläche entgegenzuwirken, steht auch ganz klar in § 31 Abs. 4 des Thüringer Waldgesetzes festgeschrieben. Der nachfolgende Satz hinter der Einräumung der Möglichkeit, im öffentlichen Interesse Staatswald zu veräußern, besagt eben, dass daraufhin in diesem Fall Flächenkauf und Erstaufforstung diejenigen Maßnahmen sind, die der Freistaat ergreifen müsste, um hier Gegenmaßnahmen vorzunehmen, so will es das Gesetz. Das heißt, meine Damen und Herren, wir müssen darüber reden, inwiefern uns das gelingen kann. Man kann es ganz platt sagen, meine Damen und Herren, wer 800 ha aus diesem Kuchen herausschneidet, muss auch sagen, wie er diese Lücke auf dem Tablett wieder füllt. Das steht im Gesetz, diese Antwort sind wir noch schuldig geblieben. Und außerdem, meine Damen und Herren, müssen wir uns auch darüber im Klaren sein, dass wir mit einer Zustimmung zu dieser gütlichen Einigung in dieser Form auch mit § 34 Abs. 1 des Thüringer Waldgesetzes kollidieren. Denn den de facto Erlös aus dieser Veräußerung von Staatswald würden wir nicht, wie dort gefordert, ich zitiere "grundsätzlich zur Erhaltung und Verbesserung des Waldes verwenden", sondern für die Befriedigung von Ansprüchen diverser Fürstenhäuser. Das ist eine Tatsache, meine Damen und Herren, und an der können und dürfen wir uns hier nicht vorbeimogeln. An anderer Stelle, das möchte ich hier nicht ausführlich darstellen, aber in Erinnerung rufen, sind verwaltungsrechtliche Verfahren eingeleitet worden, weil haargenau derselbe Sachverhalt von kommunalen Parlamenten in Angriff genommen, geplant war. Und es ist berechtigt auf Grund dieser Passage im Thüringer Waldgesetz darauf hingewiesen worden, dass das nicht geht. Und das können wir uns nicht leisten, dass wir ein gespaltenes Recht in derselben Frage hier anwenden, schon gar nicht, da wir die oberste Volksvertretung hier im Freistaat Thüringen sind.

Meine Damen und Herren, angesichts der Dimension dessen, was dem hohen Haus hier vorgelegt wird, sind wir im Übrigen der Auffassung, dass die 2 ½ Seiten und auch die Ausführungen des Herrn Staatssekretär hier nicht ausreichen, sondern wir erwarten, dass im Zuge der Behandlung im Parlament die Vertragstexte dem Parlament als oberstem Souverän vorgelegt werden, so dass hier eine seriöse Prüfung vorgenommen werden kann. Wir gehen auch davon aus, das ist eigentlich ein Mindestanspruch,

dass das entsprechende Wertgutachten über die 802 ha, das ja im Ergebnis die 15.095.000 DM unter dem Summenstrich ausweist, den Abgeordneten zur Kenntnisnahme zur Verfügung gestellt wird.

Meine Damen und Herren, es handelt sich hier schlicht und einfach um einen Beleg und ich könnte es scherzhaft äußern, indem ich mich auf diesen lockeren Spruch beziehe: "Haushaltsrecht ist ein Königsrecht des Parlaments." Was würden wir von einem König halten, dem verweigert wird, dass er sich einmal seine Belege anschaut. Also, her mit den Unterlagen, wir schauen uns das an und wir werden selbstverständlich

(Beifall bei der SPD)

diese Güterabwägung, der wir uns in aller Ernsthaftigkeit stellen, in Kenntnis aller Unterlagen vollziehen.

Meine Damen und Herren, ich komme damit zum Schluss. Eine gütliche Einigung ist nur dann eine gute Einigung, wenn sie neben dem Interessenausgleich der hier, so wie wir ihn dargestellt bekommen, in der Tat gegeben scheint, auch Recht und Gesetz, die in anderen Bereichen gelten, haargenau auch hier zur Geltung verholfen wird. Nicht mehr und nicht weniger erwarten wir. Wir sehen deshalb den Beratungen in den beiden Ausschüssen, also im Haushalts- und Finanzausschuss, der ist sicher unstrittig, und ich möchte hiermit für meine Fraktion beantragen, dass es auch begleitend an den Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten überwiesen wird, mit Spannung entgegen. Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Für die CDU-Fraktion hat sich Abgeordneter Schwäblein zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, die Beiträge der Opposition in diesem Hause haben etwas Beruhigendes. Man weiß genau, was kommt, denn wenn etwas auch noch so gut vorgetragen und begründet ist, es findet seitens der Opposition keine Zustimmung.

(Beifall bei der CDU)

(Zwischenruf Abg. Dr. Botz, SPD: Da müs- sen Sie besser zuhören, Herr Schwäblein.)

Der eine Redner unterstellt allen Ernstes, dass die beweglichen Kulturgüter ja schon in Thüringen bleiben würden, entweder sind es zu viele oder zu schwer, dass man sie nicht weg bekäme und 200 Kilometer weiter woanders, so ist das auch kein Problem. Weshalb die dann, wenn die nach Süden verlagert werden, vom Norden aus leich

ter zu erreichen sind, wird wahrscheinlich immer Ihr Geheimnis bleiben, Kollege Scheringer, aber das ist schon nebensächlich.

Der andere Redner hat sich hier heute nur als Landwirtschaftsexperte vorgestellt. Ich habe seine Mitgliedschaft, die mir wohl bekannt ist, im Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kunst hier heute aber von A bis Z vermisst, Herr Kollege Dr. Botz.

(Beifall bei der CDU)

(Zwischenruf Abg. Dr. Botz, SPD: Da müs- sen Sie besser zuhören.)