Protocol of the Session on February 23, 2001

machen in Zukunft weiter wie bisher, nochmals als Begründung dafür, dass es so nicht geht.

Aktuell, als zweiter Punkt, meine Damen und Herren, ein weiterer Hinweis: Wir reden hier über das Operationelle Programm. In der letzten Förderperiode kamen zweieinhalb Jahre nach Genehmigung des Operationellen Programms die Genehmigungen zu den Einzelprogrammen. Das waren solche wichtigen Programme wie die "Förderung kleiner und mittelständischer Unternehmen", "Konver" und ähnliche, "Retex" und wie sie alle hießen. Laut Terminplanung der EU müsste der Freistaat bis zum 15. März diese Programme einreichen. In einem Bericht, Herr Bergemann, hätte ich wenigstens erwartet, dass die Landesregierung darstellt, wie sie sich die konzeptionelle Arbeit in den verbleibenden 19 Tagen vorstellt, um diese Programme fertig zu bekommen, damit sie den Termin gegenüber Brüssel hält und nicht an dieser Stelle der nächste Verzug entsteht. Dazu allerdings kein Wort. Vielleicht kommt ja dazu nächste Woche im Wirtschaftsausschuss noch eine zusätzliche Aussage. Ich persönlich halte es für bedenklich, wenn solche wesentlichen Informationen am Parlament vorbeigehen bzw. weggelassen werden. An der Stelle stimme ich Ihnen zu, Herr Schuster, dass Sie gesagt haben, es sind keine Sterntaler. Aber an der Stelle hätten Sie ehrlichkeitshalber auch sagen müssen, solange wie wir das nicht in Sack und Tüten haben, sind es Mittel, die in den Sternen stehen und die für die wirtschaftliche Entwicklung im Freistaat nicht zur Verfügung stehen.

Eine dritte Bemerkung, meine Damen und Herren: Es wird hier im Bericht, der schriftlich vorliegt, aber auch in der mündlichen Darstellung des Herrn Schuster darauf hingewiesen, dass wir begleitende Untersuchungen, wissenschaftliche Betrachtungen und entsprechende Institutionen einsetzen müssen, um diese Mittelausreichung und Mittelverwendung stärker zu beobachten, stärker zu kontrollieren und auch entsprechende Korrekturmaßnahmen vorzunehmen. Jetzt, meine Damen und Herren, aktuell in den letzten zwei Wochen erscheint plötzlich in der Zeitung, dass die Landesregierung darüber nachdenkt, die Strukturen, die im Freistaat existieren GFAW, BBJ, TAB, TIB, LEG -, in ihrer Strukturierung neu zu ordnen und eventuell andere Verantwortlichkeiten festzulegen. Meine Damen und Herren, jetzt, wo es darum geht, dass die Mittel zur Verfügung stehen, ausgereicht werden, denken wir über die Strukturen nach, die sie ausreichen sollen bzw. die Mittelausreichung korrigieren sollen. Hier ist Zeitverlust entstanden, Zeitverlust, den wir angemahnt haben, dass er entstehen würde, wenn Sie nicht die entsprechenden Schlussfolgerungen ziehen. Allerdings haben Sie mir, Herr Schuster, in den letzten Jahren permanent mitgeteilt, dass diese strukturellen Überlegungen nicht erforderlich wären. Die Strukturen, die wir im Freistaat hätten, wären ausreichend effektiv genug. Offensichtlich haben Sie jetzt Berichte und Forderungen anderer Seiten eines Besseren belehrt. Aber unwidersprochen und unbestritten

dürfte wohl sein, dass dieser Zeitverzug, der jetzt entsteht, nur sehr, sehr schwer aufzuholen ist.

Meine Damen und Herren, letzte Bemerkung: Ich finde es ja gut, dass die Enquetekommission und der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Strukturpolitik im Zusammenhang mit diesem Operationellen Programm jetzt so ins Spiel gebracht werden. Ich finde das sogar richtig, aber ich frage mich natürlich, wie diese Meinungswendung der CDU mit dem zusammenpasst, was mir Herr Althaus als Fraktionsvorsitzender der CDU ins Stammbuch geschrieben hat, als er mitteilte, der Vorsitzende der Enquetekommission möge sich gefälligst keine Gedanken über Veränderung der Wirtschaftsförderung machen, sondern lediglich Gedanken über die Moderation eines Prozesses in der Entquetekommission. Es ginge nicht darum, Veränderungen und Neustrukturierungen und Ähnliches dort zu diskutieren, sondern die Fragen würden von anderer Seite festgelegt. Meine Damen und Herren, ich beglückwünsche Sie zu Ihrem Wissenszuwachs. Ich hoffe, dass es für die weitere Arbeit in den Kommissionen auch dabei bleibt, dass wir uns über die Themen, die hier angesprochen wurden, auch dann tatsächlich in den Kommissionssitzungen verständigen können und daraus auch die notwendigen Schlussfolgerungen ziehen, die zu einer Veränderung, einer zwingend notwendigen Veränderung in der Wirtschaftsförderung führen. Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der PDS)

Herr Abgeordneter Ramelow, Sie haben noch mal um das Wort gebeten.

Ich wollte noch mal auf die Debatte eingehen: Eine Bemerkung zur Produktivität. Kollege Lippmann und Kollege Bergemann, es ist unstreitig die Produktivität zu niedrig, aber es gibt mehrere Gründe. Es ist nicht nur die Unterkapitalisierung, sondern ist in erster Linie eben auch eine Frage der mangelnden Produktion, also der Produktionsmenge. In Thüringen haben wir einen hochmodernen Einzelhandel, der weit über den Produktivitätskennzeichen der alten Bundesländer liegt. Da der Umsatz aber nicht da ist, sind die Produktivitätskennziffernmessungen deutlich unter denen in Hessen. Auch der führt zu einer statistisch niedrigen Produktivität, obwohl es hochmodern ist und das Ganze ist gefördert.

(Zwischenruf Abg. T. Kretschmer, CDU: Und die Leute fleißig sind.)

Und die Leute fleißig sind, unstrittig. Ich weiß nicht, ob wir unterschiedlich Produktivität...

(Zwischenruf Schuster, Minister für Wirt- schaft, Arbeit und Infrastruktur: Wie definie- ren Sie Produktivität?)

Was möchten Sie? Möchten Sie jetzt ein bisschen hier...

Wenn möglich, lassen Sie die Dialoge. Herr Schuster, Sie reden doch nachher sowieso gleich noch mal.

Ich wollte nur darauf hinweisen, dass wir es bei der Messung der Produktivität mit einem ernsten Problem zu tun haben, das alle richtig benannt haben, bei dem ich aber auch sage, dass mit Mengen von Fördergeldern auch Produktivität entstanden ist, modernste Produktionsanlagen, die, da sie nicht ausgelastet sind, nicht zu den Kennziffern führen, die wir eigentlich dringend bräuchten. Damit will ich noch auf ein anderes Problem hinweisen: Insoweit, Kollege Kretschmer, sage ich, dass Thierse eben nicht falsche Aussagen gemacht hat. Er hat fünf richtige Punkte genannt. Und ich sage ganz deutlich, er hat gesagt, die neuen Länder stehen auf der Kippe, er hat nicht gesagt, sie sind abgekippt. Er hat mahnend den Finger gehoben, hat darauf hingewiesen, dass wir dringend darüber reden müssten, und ich glaube, er hat viele Gründe benannt, warum wir drüber reden müssten. Das ist wie diese Frage mit dem Glas Wasser - ist es nun halb voll oder halb leer. Wenn unser Ministerpräsident und Ihre Partei immer sagen, top Thüringen, wir sind auf dem besten Weg, wir sind schon ein Zahlerland und Ähnliches,

(Beifall Abg. T. Kretschmer, CDU)

(Zwischenruf Abg. T. Kretschmer, CDU: Das haben wir nicht gesagt.)

wunderbar, freuen Sie sich, aber dasselbe Argument benutzen Sie auf einmal bei der Schließung von Bundeswehrdienstposten und anderen Geschichten und sagen: Jetzt fühlen wir uns aber ungerecht behandelt. Also, man muss sich schon einigen, mit welchem Argument man wo auf welcher Ebene eigentlich mitspielen will. Ich glaube, wir sollten uns verständigen darauf, dass die Kennziffern gemeinsam zu bewerten sind und ideologisch gar nicht weit auseinander zu dividieren sind. Wir haben 45 Prozent eigene Steuerkraft nur. Ich glaube, wir sollten alles dafür tun, dass wir tatsächlich deutlich über die 45 Prozent sukzessive weiterkommen, weil keiner von uns ein Interesse daran haben kann, dass wir dauerhaft am Tropf anderer hängen. Und das Bruttoinlandsprodukt in Thüringen ist prozentual konsequent in den letzten vier Jahren überdurchschnittlich gestiegen, überdurchschnittlich zu den anderen neuen Bundesländern, das stimmt, aber es ist niedriger gestiegen als in den Altbundesländern und der Abstand zwischen den alten Bundesländern und den neuen Bundesländern ist größer ge

worden und nicht kleiner. Da bin ich es einfach leid, dass man das alles schönredet und sagt, die Welt wäre nicht so. Ich habe ein bisschen das Gefühl, man hat beschlossen, die Erde ist eine Scheibe und wir machen das so und nutzen das Argument aber mal so und mal so. Ich glaube, es funktioniert nicht. Die Beschäftigungszahlen absolut in Thüringen sind im letzten Monat gesunken. Die Abwanderung hat konsequent weiter stattgefunden und wir konsumieren in diesem Land mehr, als wir selber produzieren. Ich glaube, aus der Spirale müssen wir raus. Und dafür die EFRE- und ESF-Mittel einzusetzen zielgerichtet - funktioniert nur, wenn wir die Akteure, die Menschen in diesem Land, so einbeziehen wie es beim Agenda-Prozess 21 auch geschieht. Ich glaube, Herr Minister, darauf bezog sich meine Kritik. Wenn die Akteure eingeladen sind am 15. zur Sitzung, aber keine Unterlagen haben, dann weiß ich, wovon ich rede und dann kritisiere ich das. Wenn ich höre, dass am letzten Tag bei der Einreichung des OPs die Akteure noch mal zum Mitreden eingeladen werden...

(Zwischenruf Schuster, Minister für Wirt- schaft, Arbeit und Infrastruktur: Noch mal!)

Ich habe mein Redemanuskript abgestimmt mit den Akteuren, Herr Minister, ich habe es einigen Akteuren zum Lesen gegeben. Ja, nicht mit Ihren Claqueuren, sondern mit denen, die darunter leiden, dass sie zwar beisitzen dürfen, aber nicht beteiligt werden. Und auch die Frage der Abstimmungsberechtigung im Beirat ist auch einer der skandalösen Punkte, bei denen ich sage: Es ist mir völlig unverständlich, dass wir die Kräfte des Landes nicht nutzen, um gemeinsam am Aufbau, am konsequenten Fortgang des Aufbaus zu arbeiten. Dafür werbe ich, die Akteure ernsthaft einzubeziehen und nicht nur wie Petersilie zu benutzen. Aus diesem Grund stimme ich all denen zu, die sagen, Überweisung an den Ausschuss, Weiterbehandlung und hier nicht einen Antrag zu stellen, meine Damen und Herren der CDU, bei dem ich das Gefühl habe, es soll von Ihnen nur eine La-O-la-Welle von Ihnen abgefeiert werden nach dem Motto: unser Minister hat es gerichtet. Ich glaube, der Achsenschmied sollte mal darauf achten, dass die Achse breiter und größer ist und mehr Menschen einzubeziehen sind. Vielen Dank.

(Beifall bei der PDS)

Herr Minister Schuster, kleinen Moment, ich habe vielleicht ein Problem. Wir müssen um 14 Uhr spätestens mit der Fragestunde anfangen. Jetzt will ich Sie ja nicht fragen, ob Sie nur bis 14 Uhr reden wollen.

(Zuruf Schuster, Minister für Wirtschaft, Arbeit und Infrastruktur: Reicht aus!)

Okay, dann haben Sie das Wort.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, ich habe so den Eindruck, die Redner der Opposition haben eine allgemeine wirtschaftspolitische Diskussion geführt. Zum Thema Strukturfonds wurde jedenfalls inhaltlich nichts vorgetragen.

(Beifall bei der CDU)

Herr Gerstenberger, natürlich muss man bei jedem Programm, das man plant, über die Werte der Vergangenheit nachdenken. Das ist gar keine Frage und das ist auch geschehen. Wenn ich gesagt habe, wir wollen in bewährter Art und Weise bestimmte Teile unserer Förderung fortsetzen, dann bezog sich das auf die Investitionsförderung. Die Begründung, warum die wichtig ist, habe ich gegeben unter Hinweis auf die Probleme unseres Kapitalstocks. Diese wurden ja einhellig hier immer wieder bestätigt. Wenn Sie, Herr Ramelow, die IFORStudie zitieren, dann sollten Sie die ganz lesen und feststellen, dass diese IFOR-Studie exakt unseren Ansatz bestätigt hat, Investitionen zu fördern, Investitionen in den Sachkapitalstock zu fördern. Es gibt keine Alternative zu diesem Ansatz. Dies, glaube ich, ist klar. Darauf bezog sich, Herr Gerstenberger, meine Aussage.

Im Übrigen habe ich gesagt, dass wir auch neue Ansätze im F- und E-Bereich z.B. bei der Infrastruktur eingebaut haben. Herr Lippmann, wir fördern auch die Technologieinfrastruktur, nicht nur einzelbetriebliche F- und EProgramme mit diesem EFRE-Programm, darum geht es. Dieser Ansatz ist, soweit ich sehe, nirgendwo bestritten. Er wird von der Bundesregierung getragen, er wird von den Ländern getragen. Ich weiß nicht, ob die PDS bundesweit anderer Meinung ist, jedenfalls sehe ich keine Alternative zu diesem Ansatz, deshalb die starke Gewichtung der Investitionsförderung, deshalb die Kopplung zwischen EFRE und GA und deshalb eben auch die Ergänzung der Investitionsförderung durch die Infrastrukturförderung. Auch hier wurden ja deutlich Akzente gesetzt. Ich habe kein Argument von der Opposition gehört, das auf diese Projekte und auf diesen Ansatz zielt. Begleitende Studien wurden natürlich berücksichtigt. Es wurden auch die Akteure angehört.

(Zwischenruf Abg. Gerstenberger, PDS: Informiert.)

Mehrfach beteiligt, aber Herr Ramelow versteht unter "Beteiligung" immer nur, dass er gern das Sagen hätte, was geschieht.

(Zwischenruf Abg. Ramelow, PDS: Erklären Sie mir einmal die "Beteiligung".)

Er hat die Vorstellung, die Landesregierung hat das zu tun, was Herr Ramelow für richtig hält.

(Beifall bei der CDU)

Alles andere akzeptiert er nicht als Beteiligung.

(Beifall bei der CDU)

(Zwischenruf Abg. Ramelow, PDS: Wo Sie Recht haben, haben Sie Recht.)

Was ist das für ein Demokratieverständnis, Herr Ramelow?

(Beifall bei der CDU)

Sie möchten überall dabei sein, ich weiß es. Sie möchten gern mit uns zusammenarbeiten jeden Tag, ich weiß es, aber Sie sind nun einmal Oppositionsabgeordneter, Herr Ramelow.

(Zwischenruf Abg. Ramelow, PDS: Ich würde im umgekehrten Fall gern mit Ihnen zusammenarbeiten.)

(Beifall bei der CDU)

Das, was Sie hier vorgetragen haben, war ein Sammelsurium von Begriffen, die nun insgesamt sehr widersprüchlich sind und die überhaupt nicht klar machen, was Sie eigentlich eigentlich wollen.

Wenn nun gesagt wird, die Dokumente sind nicht rechtzeitig verteilt worden, ich kann Ihnen sagen, mit den Einladungen zu der Sitzung ist auch das Ergänzungsdokument per E-Mail rausgegangen. Ja, bitte schön, ich weiß nicht, ob das nicht ausreicht, es ist jedenfalls rausgegangen. Sie behaupten permanent das Gegenteil, aber das ist nun einmal nicht wahr.

(Zwischenruf Abg. Ramelow, PDS: Na, na, die nicht informiert wurden, sagen, sie haben nichts bekommen.)

Ja, das ist nun einfach nicht wahr. Fragen Sie doch nach! Sie haben dann, Herr Ramelow, den Herrn Berendt zitiert in einer Studie über den Förderzeitraum bis 1996, nämlich den Zeitraum genau von 1994 bis 1996.

(Zwischenruf Abg. Gerstenberger, PDS: Der Zwischenbericht.)

Sie haben gesagt, nehmt doch dies zur Kenntnis. Nehmen Sie bitte zur Kenntnis, Herr Ramelow, dass dieser Zwischenbericht längst ausgewertet ist und Eingang in diese ganzen Programme gefunden hat. Nur, das wissen Sie wiederum nicht.

(Zwischenruf Abg. Ramelow, PDS: Nein, da kann man nichts finden.)

Dann amüsieren Sie sich über die Sprache in dem Operationellen Programm. Natürlich kann man sich darüber amüsieren, aber es ist nicht unsere Sprache und nicht unsere Erfindung, sondern das sind die Vorgaben der EU im Zusammenhang mit der Aufstellung von Operationellen Programmen. Das kann man bedauern, dass die Sprache sich in solche Fachtermini hinein entwickelt hat, aber ändern können wir das auch nicht, Herr Ramelow. Aber das ist auch kein Beitrag zur Sache, denke ich, sondern zur Sache wären andere Argumente zu nennen.

(Beifall bei der CDU)

(Zwischenruf Abg. Ramelow, PDS: Zeigen Sie doch Argumente auf.)