Protocol of the Session on January 26, 2001

(Beifall bei der SPD)

dass es genügend Sozialarbeiter und -arbeiterinnen gibt. Es genügt nicht zu sagen, dass sich der Einsatz von Jugendsozialarbeitern bewährt hat. Ihr gemeinsames Fortbildungsprogramm 2001 zur Prävention gegen Gewalt und Rechtsextremismus - ich habe es mir sehr genau angeschaut - beinhaltet eine Reihe ansprechender Angebote, gerade vom Sozial- und Kultusministerium. Aber über das Wissen, was Sie dort als Angebot vermitteln wollen, müssten normalerweise alle Lehrerinnen und Lehrer, Erzieherinnen und Erzieher verfügen. Das stellen wir immer wieder fest, wenn wir hier Besuchergruppen haben, vor allem

Schülergruppen, was sie für Fragen stellen, wie wenig sie informiert sind, weil sie sicherlich auch diese Fragen nicht in den Schulen beantwortet bekommen. Sie fragen weit darüber hinaus, was eigentlich unseren Landtag betrifft. Und hätten Sie diese Woche von einer Schule, von einem Gymnasium - es waren hintereinander drei zum Teil Doppelklassen, 9., 10. - die Fragefreude miterlebt. Wir haben das Gespräch über eine halbe Stunde darüber hinaus ausgedehnt. Es war äußerst interessant für uns, mit diesen Schülern zu reden und auch zu erfahren, was sie bewegt. Ich denke, das wird sich vielleicht dann auch in den Schulen fortsetzen. Es ist eine Chance. Aber ich muss sagen, eigentlich brauchten die Lehrerinnen und Lehrer nur den Brief dieser Lehrerin an diese Mutter zu nutzen und sie hätten genügend Fortbildungsstoff. Für mich ist es aber unverständlich, dass bei den Seminarangeboten und den Veranstaltungsangeboten in Ihrer Broschüre die Namen der Referenten, besonders die des Kultusministeriums, sehr häufig mit NN verzeichnet sind, d.h., sie stehen noch nicht fest. Ich frage Sie: Ist das ein Beweis dafür, dass man im Kultusministerium die Expertinnen und Experten der Thüringer Hochschulen nicht kennt oder sie nicht einbeziehen will? Auch die Praxiserfahrungen der Beraterinnen und Berater von Beratungszentren für Erziehung, Familie, Frauenhäusern, der Gleichstellungsbeauftragten werden bei der Weiterbildung von Lehrerinnen, Lehrern, Erzieherinnen, Erziehern viel zu wenig genutzt.

Herr Minister, ich kann Sie nur bitten, unterstützen Sie durch Ihr Haus die vielen Angebote, die durch das ThILLM bereitstehen für alle, die für Erziehung und Bildung zuständig sind, aber auch durch Anreize. Denn jeder will wissen, wofür er sich engagiert. Danke.

(Beifall bei der SPD)

Weitere Wortmeldungen? Es liegt eine weitere Wortmeldung vor. Herr Abgeordneter Dewes, bitte schön.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, die bildungspolitische Arbeit, Herr Kollege Emde, im Ausschuss ist auch seitens der Opposition und auch der SPD, denke ich,

(Heiterkeit bei der CDU)

nicht so schlecht, dass man sich vor allem in so abfälliger Weise hier öffentlich über Kollegen artikulieren sollte.

(Beifall bei der SPD)

(Zwischenruf Abg. Emde, CDU: Sie sind ja auch nicht so oft da.)

Ich habe in dieser Zeit den Eindruck gewonnen, in der ich nun dem Bildungsausschuss angehöre, dass in sehr großem Konsens und Übereinstimmung Bildungspolitik gemacht wird, und meine Auffassung ist auch die, dass das gut ist, wenn dies gelingt. Die Regierungserklärung, die Herr Kultusminister Prof. Krapp heute hier abgegeben hat, verdient es, dass man sich inhaltlich mit ihr auseinander setzt, verdient es aber auch, dass man deutlich macht, dass es wichtig ist, nicht nur - und mir ist das aufgefallen - dass auch sehr viele Floskeln verwendet worden sind

(Zwischenruf Dr. Krapp, Kultusminister: Dem widerspreche ich.)

und vor allen Dingen, ich denke, dies ist aus Ihrer Sicht richtig, ich hätte mir gewünscht, dass nicht nur Dankadressen versandt worden wären, sondern auch im Hinblick auf das, was zu tun ist, kritische, auch selbstkritische Worte gebraucht worden wären. Ich stimme mit Ihnen überein, dass Bildungspolitik, Schulpolitik und Hochschulpolitik mit zu den wichtigsten gesellschaftspolitischen Themen unserer Zeit gehören und wer heute über den Standort Deutschland redet, der weiß, dass die Bildungspolitik, die Schulpolitik und die Hochschulpolitik und die Forschung, nicht zu vergessen, die Standortfaktoren höchster Kategorie sind, die letztlich mit darüber entscheiden, ob diese Bundesrepublik Deutschland im Wettbewerb mit anderen Volkswirtschaften innereuropäisch und darüber hinaus eine Chance haben wird und eine Chance haben kann. Deshalb ist es wichtig, dass wir uns intensiv mit diesem Themenfeld beschäftigen. Wir werden uns sehr viel stärker als bisher mit der Frage der Europäisierung unserer Bildungspolitik beschäftigen müssen. Ich sage hier zunächst einmal nicht den gesellschaftspolitisch wichtigen Bildungsauftrag von Schule insgesamt, aber es beinhaltet vor allen Dingen auch die Vergleichbarkeit europäischer Schul- und Hochschulpolitik. Sie haben zu Recht angesprochen, dass wir gemeinsam, und es gibt ja Länder, die es schon umgesetzt haben neben den neuen Bundesländern, ich bin auch sicher, dass Bayern und Berlin, die Sie angesprochen haben, diesen Weg mitgehen, dass das Abitur nach 8 Jahren bereits erreicht werden kann. Wir sind dann immer noch nicht auf dem europäischen Durchschnittsstandard, was die Reifeprüfung angeht. Es ist wichtig, dass hier eine Europäisierung stattfindet und unsere Schülerinnen und Schüler mit der Reifeprüfung nicht zu spät in die Hochschule wechseln können. Herr Emde hat auch zu Recht die Problematik der Hochschule angesprochen. Hochschulgesetze gibt es in den meisten deutschen Bundesländern. Sie werden nur nicht in diesem Sinne als Hochschule umgesetzt. Aber auch hier zeigt der Blick in europäische und außereuropäische Länder, dass mit Schule bei Kindern in der Altersgruppe ab 4 Jahren vor allen Dingen wesentlich früher begonnen wird, systematisch begonnen wird, als dies hier in Deutschland üblich ist. Auch hier gilt es, pädagogisch geschickte und, ich denke, richtige, sensible Wege zu gehen, um Kinder in dieser Altersgruppe, was zumutbar und leistbar ist, bereits in Schule mit einzubinden, weil auch dies etwas mit der Schulentwicklung eines jungen Menschen zu tun hat und

auch etwas mit dem Ziel zu tun hat, junge Menschen möglichst früh zu fördern, zu fordern, aber auch dann möglichst früh den Sprung in die Hochschule schaffen zu können. Ich sage auch ganz deutlich an dieser Stelle, was notwendig ist. Und dies hat etwas mit dem Standortfaktor Deutschland zu tun. Wir müssen Schule und Hochschule in Deutschland noch sehr viel enger mit dem gesellschaftlichen, aber auch dem wirtschaftlichen und wirtschaftspolitischen Bedarf verzahnen, als dies in der Vergangenheit der Fall gewesen ist. Ich weiß, dass dies gesellschaftspolitische Konsequenzen hat, auch gerade für meine Partei. Und wenn es um die Frage von Differenzierung und Integration geht, wird es in den Schulen auch Konsequenzen haben. Das heißt nicht, dass ich einer Bestimmung von Schule und Hochschule und Forschung durch die Wirtschaft das Wort rede, aber ich bin ganz sicher, wir werden unsere Wettbewerbsfähigkeit im Wettbewerb mit anderen Volkswirtschaften nur bewahren und ausbauen können, wenn es uns gelingt, eine wesentlich gesellschaftlich und auch wirtschaftsbezogene Bildung und Ausbildung und insbesondere auch Studium und Forschung zu betreiben.

Was das Schulsystem angeht, wir haben in Thüringen ein belastbares Schulsystem von seinem Aufbau her. Wir haben eine Hochschullandschaft in Thüringen, die in den vergangenen Jahren aufgebaut worden ist, die sich sehen lassen kann. Hier ist Vorbildliches geleistet worden. Diese Entwicklung, insbesondere der Aufbau im Bereich der Fachhochschulen, ist nicht abgeschlossen. Wenn ich die Universitäten nehme, Jena und Ilmenau, um nur die beiden zu nennen, dann kann man trefflich sagen, dass wir uns hier auf gutem Wege befinden

(Beifall bei der CDU, SPD)

und dass hier auch Wettbewerbsfähigkeit mit anderen Standorten in Deutschland hergestellt werden kann. Hier ist nicht nur seit dem Regierungswechsel 1999 gearbeitet worden, ich glaube, hier hat auch die große Koalition von 1994 bis 1999 gerade im Bereich der Hochschulen und der Forschung Vorbildliches auf den Weg gebracht.

(Beifall bei der CDU, SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, zum Thema "Schule und Leistungsfähigkeit der Schule". Herr Kultusminister, was sehr notwendig ist, das ist, dass Schule in Ruhe arbeiten kann. Ich glaube, und das hat der Kollege Döring meines Erachtens zu Recht angesprochen, hier haben wir ein Problem. Ich habe den Eindruck, dass es Ihnen nicht gelungen ist, die notwendige Veränderung im Personalkörper an unseren Schulen im Bereich der Lehrerinnen und Lehrer und auch der Horte, hier ein Konzept auf den Weg zu bringen und auf die Schiene zu setzen, das es erlaubt, dass Schule in aller Ruhe weiterarbeiten kann, dass Pädagogen sich ihrer pädagogischen Arbeit widmen können und dass nicht die Angst die Schulen regiert,

(Beifall bei der PDS, SPD)

dass Lehrerinnen und Lehrer nämlich befürchten müssen, ob sie in ihrem Arbeitsverhältnis bleiben können oder ob sie mit einer Kündigung rechnen müssen. Ich sage es ganz deutlich, es ist mir im Jahr 2001 kein deutsches Bundesland bekannt, in dem in einem Jahr 632 Lehrkräfte aus dem Grundschulbereich und dem Bereich der Horte aus dem öffentlichen Dienst durch Kündigungen entlassen werden. Das ist ein einmaliger Vorgang. Ich werfe hier die Frage auf: Wäre es nicht möglich gewesen, auch im Verhältnis zu denjenigen, die nicht bereit waren, sich in das Floating-Modell zu begeben, sozialverträgliche Lösungen zu finden - Stichwort Änderungskündigung -, die es ermöglicht hätten, nicht nur vor Gericht besser zu bestehen? Ich erwarte, dass Sie vor Gericht erhebliche Probleme mit den Kündigungen haben werden, wenn Sie sie aussprechen. Aber ich hätte erwartet, dass Sie so vorgehen, um insbesondere im Innenleben der Schulen mehr Ruhe zu erreichen und mehr pädagogische Arbeit zu ermöglichen, als dies bei Ihrer Vorgehensweise möglich ist. Und was hinzukommt ist ja, dass keiner so richtig weiß, was im nächsten Jahr auf sie zukommt. Sie haben jetzt hier von diesem Pult aus 632 Kündigungen im Grundschul- und im Hortbereich im Jahr 2001 angekündigt.

(Zwischenruf Abg. Bergemann, CDU: 637.)

Habe ich falsch gerechnet? 637 - Entschuldigung. Sie haben aber noch nicht gesagt und keine Zahlen genannt, was Sie im Jahr 2001 vorhaben und was im Jahr 2003 ansteht, was die anderen Schulformen und Schularten in Thüringen betrifft. Glauben Sie mir, Herr Kultusminister, da bin ich ganz sicher, wenn Sie diese Unsicherheit nicht beseitigen, werden die Thüringer Schulen nicht ordnungsgemäß arbeiten können. Wenn Sie motivierte Lehrerinnen und Lehrer wollen,

(Beifall bei der PDS, SPD)

dann müssen Sie diese Situation verändern, beseitigen, d.h., Sie müssen für diejenigen, die als Lehrerinnen und Lehrer Höchstleistungen erbringen sollen - Herr Emde, und da stimme ich Ihnen zu, wer Höchtsleistungen erbringen soll in der Schule in einem wirklich schwierigen und herausfordernden Beruf, der darf nicht unter diesem Damoklesschwert einer möglichen Kündigung arbeiten müssen. Dies ist nicht der richtige Weg, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Wir haben ein gutes Beispiel in einem Politikfeld, Herr Dr. Krapp, in Thüringen, wo ich meine, dort ist auch Veränderungsbedarf seit Jahren gegeben und man hat es geschafft, dadurch dass man sehr sorgfältig und sorgsam vorgegangen ist und immer noch vorgeht, dass es eben nicht zu Brüchen gekommen ist, weil man die Dinge auf eine Zeitachse gesetzt hat, das ist die Krankenhausplanung. Die Krankenhausplanung in Thüringen und ihre Umsetzung ist für mich ein gutes Beispiel, wie über ein Jahrzehnt hin

weg Krankenhäuser, die geschlossen werden mussten, geschlossen worden sind, dass Krankenhäuser, die man umgewidmet hat z.B. zu Rehabilitationseinrichtungen, umgewidmet worden sind, wo größere Einheiten neu entstanden oder umgebaut worden sind, und wir befinden uns, der Sozialminister, immer noch auf diesem Weg, diese Struktur der Krankenhausversorgung in Thüringen zu verbessern, zu optimieren. Ich hätte mir gewünscht, dass man auch in diesem Bereich der Schulen die Problemlösung im Personalbereich, und das ist ja der größte Personalbereich der Landesverwaltung überhaupt, hier mehr auf eine Zeitschiene gesetzt und dadurch vermieden hätte, dass es zu einer solch unerträglichen, finde ich, und schwierigen und auch negativen Situation für die Schullandschaft, die an sich gute Schullandschaft in Thüringen kommt.

(Zwischenruf Abg. Vopel, CDU: Der Ver- gleich hinkt. Es sind Betten abgebaut worden, das Personal ist geblieben.)

Ich habe Sie nicht verstanden.

Herr Kultusminister, was aus Sicht der Politik wichtig ist, das ist, dass wir in Thüringen ein Schulsystem haben, insbesondere im Bereich der Grundschulen, das nicht nur ein vernünftiges Lehrer-Schüler-Verhältnis gewährleistet, sondern, und da sind die Kinder zwischen sechs und zehn Jahren, dass wir ein wohnortnahes Schulsystem gewährleisten. Thüringen ist ein Bundesland, das dünn besiedelt ist. Die meisten Menschen in Thüringen leben in den dünn besiedelten Bereichen und hier ist es notwendig, dem Grundsatz: kurze Beine, kurze Wege Rechnung zu tragen. Wir wollen nicht,

(Beifall bei der SPD)

dass unsere Kleinsten im Alter von sechs bis zehn Jahren bereits stundenlang jeden Tag durch die Gegend gefahren werden. Das heißt, es ist auch hier notwendig, mit den Kreisen als Schulträger zusammen ein Konzept umzusetzen, das es ermöglicht, dass dies umgesetzt und diesem Anspruch - kurze Beine, kurze Wege - Rechnung getragen werden kann. Deshalb meine Bitte an Sie, diese Absicht, Kündigungen in diesem Umfang auszusprechen, noch mal zu überdenken, zu prüfen, ob es nicht sinnvoll ist, hier zeitlich versetzt und sozialverträglich an die Probleme heranzugehen. Ich bin ganz sicher, wenn Sie dies tun würden, würden Sie den Schulen und ihrem Innenleben, nicht nur den Lehrerinnen und Lehrern, den Schülerinnen und Schülern und ganz sicher auch den Eltern einen großen Dienst erweisen. Ich bitte Sie ganz herzlich, Klarheit zu schaffen, was beabsichtigt ist über das Jahr 2001 hinaus im Bereich der Regelschulen und anderen Schulformen in Thüringen. Die Lehrerinnen und Lehrer, aber auch Schülerinnen und Schüler und Eltern haben einen Anspruch darauf zu erfahren, wie die Konzeption des Landes, d.h. die Konzeption des Kultusministers, in diesem Bereich aussieht. Ich möchte nicht, dass Sie so reagieren müssen, wie der Innenminister gestern reagiert hat, als es

um die Frage des Personalentwicklungskonzepts für die Landesregierung ging - wie er es tun musste, dass er nämlich nicht in der Lage war, einen Sofortbericht zu geben und hier zu sagen, was denn beabsichtigt ist. Es ist wichtig, um vernünftig arbeiten zu können, dass solche Vorgehensweisen hier offen dargelegt werden.

Gestatten Sie mir, dass ich noch einige Bemerkungen mache zu einem Thema, das uns in den vergangenen Monaten nicht nur im Bereich des Bildungsausschusses, sondern auch im Bereich dieses Hauses mehrfach bewegt hat. Es ist die Auseinandersetzung mit dem Thema Toleranz, Gewalt, Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus in unserer Gesellschaft und auch in unseren Schulen. Diejenigen, die heute Vormittag an diesem Festakt hier teilgenommen haben und das Referat des Überlebenden, des Herrn Wolf, gehört haben, die werden auch gehört haben, dass er Folgendes gesagt hat: Er ist der Auffassung, dass vor dem Hintergrund der gesellschaftlichen Situation, dass das Elternhaus zwar nicht seine Funktion ganz eingebüßt hat im Hinblick auf Einflussnahme auf Jugendliche und junge Menschen, dass aber der Einfluss der Elternhäuser und der Familien auf die Jugendlichen zurückgegangen ist, und er hat hier von dieser Stelle aus gesagt, er ist der Auffassung, dass hier Schule eine ganz große Herausforderung zu bewältigen hat. Diese Auffassung teile ich. Wir müssen die Schulen, und zwar von der Grundschule angefangen bis zur Berufsschule, sehr viel stärker, als wir es bisher getan haben, in diese Problematik und Problemlösung mit einbinden.

Herr Kultusminister, Sie haben von diesem Pult aus vor einigen Monaten auf eine Frage, die ich gestellt hatte, es verneint, dass es in Thüringen so genannte Brennpunktschulen gibt, was das Thema "Rechtsextremismus" angeht. Ich hatte gefragt, weil eine Abteilungsleiterin aus Ihrem Hause dieses Wort "Brennpunktschulen" im Zusammenhang mit der Gewaltproblematik in den Mund genommen hatte. Ich habe den Eindruck, das sage ich hier in aller Offenheit, dass auch vor dem Hintergrund sich verschlechternder Zahlen im Hinblick auf Straftaten, die mit Rechtsextremismus und Gewaltverherrlichung an unseren Schulen in Verbindung stehen, die Sie selber dargelegt haben, dass der Versuch gemacht wird, diese Thematik im Zusammenhang mit dem Thema Schule nicht so in der Öffentlichkeit zu diskutieren, wie dieses Thema es verdienen würde. Dies halte ich für falsch. Ich bin nach wie vor der Auffassung, dass ein Konzept her muss, das vorsieht, wie alle Lehrerinnen und Lehrer, und dies ist Bildungsauftrag unserer Schulen, einbezogen werden können in ein solches Projekt gegen Gewalt, für Toleranz und für eine adäquate Aufarbeitung des Nationalsozialismus an unseren Schulen.

Es ist notwendig, dass alle Lehrerinnen und Lehrer, auch die Mathematiklehrer, die Chemielehrer und die Physiklehrer, und nicht nur die Deutschlehrer und diejenigen, die Ethik unterrichten, in dieses Problemfeld mit eingebunden werden.

(Beifall Abg. Becker, SPD)

Und es ist eine gesellschaftliche und gesellschaftspolitische Herausforderung erster Kategorie, dass sich alle daran beteiligen. Wir wissen, und das ist keine Diffamierung der Lehrerinnen und Lehrer, dass viele Lehrerinnen und Lehrer sich bisher, was diesen Punkt angeht, diesem Bildungsauftrag entziehen, und das darf nicht zugelassen werden. Die Lehrerinnen und Lehrer haben hier eine Aufgabe. Sie sind staatliche Bedienstete und sie haben einen Auftrag mitzuhelfen, dass dieses Problem Gewalt, nicht nur an den Schulen, Gewalt in der Gesellschaft durch Jugendliche, und in der Regel sind es Schülerinnen und Schüler, die von der Polizei festgenommen werden, die diese rechtsextremistischen Straftaten begehen. Es sind Schülerinnen und Schüler an den allgemein bildenden Schulen, es sind Schülerinnen und Schüler an den Gymnasien, es sind Schülerinnen und Schüler, die in unseren Berufsschulen zugange sind. Das ist die Hauptgruppe, um die es geht und deshalb ist diese Herausforderung für Schule und ihre Konzeptionen gegeben. Es ist nach wie vor für mich ein Problem, dass nach dem Curriculum erst in den Klassen 9 und 10 in Thüringen das Thema "Nationalsozialismus" behandelt wird. Der Hinweis, den Sie gegeben haben, das Problem wird ja an sich schon in den früheren Jahren behandelt, ich will es nicht ausschließen, dass das auch mit geschieht in Einzelfällen, aber es ist doch eine Herausforderung in der jetzigen gesellschaftspolitischen Situation, diese Thematik systematisch und verpflichtend früher den Kindern und Jugendlichen zu offerieren. Denn wenn sie 15 und 16 sind - und auch dies sehen wir doch, Sie reden doch, die CDU tut dies doch, sie will die Strafmündigkeit von 14 auf 12 Jahre heruntersetzen. Zumindest sind es hauptsächlich Stimmen aus der CDU, die dies fordern, z.B. aus Bayern. Es ist ein schwieriges Problem, über das man nachdenken muss, und es hat etwas damit zu tun, das heißt, die Forderungen haben etwas damit zu tun, dass die Straftäter immer jünger werden. Dies gilt nicht nur für das Thema Gewaltanwendung und Rechtsextremismus. Aber vor diesem Hintergrund wird doch deutlich, dass man sich intensiver mit der Frage beschäftigen muss, müssen wir nicht vor Klasse 9 und 10 bereits das Thema Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus auf die Tagesordnung unserer Schulen setzen.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Hier bin ich nicht bereit zu akzeptieren, wenn sich der Kultusminister hier herstellt und sagt, und Pädagogen haben dies bewertet, und ist es so richtig, und daran wollen wir nichts ändern. Das war nämlich das, was ich hier an dieser Stelle gesagt habe, das ist nicht akzeptabel für Menschen, die dieses Problem ernst nehmen und die der Auffassung sind, dass Schule hier eine besondere Aufgabe zu erledigen hat. Die Schule muss, und jetzt rede ich mal ein Stück so, wie Sie vorhin geredet haben in Ihrer Regierungserklärung, Schild und Schwert demokratischer Abwehrmechanismen

(Unruhe bei der CDU)

ja, Schild und Schwert demokratischer Abwehrmechanismen, die Schule muss Schild und Schwert demokratischer Abwehrmechanismen gegenüber Gewalt, Intoleranz und Verherrlichung des Nationalsozialismus werden. Die Schule muss diese wichtige Rolle wahrnehmen. Das heißt, sie muss in der Lage sein, sie muss Instrument einer demokratisch verfassten Gesellschaft sein, die dies ermöglicht und die dieser Aufgabe sich nicht nur stellt, sondern auch gerecht wird.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich wünsche mir, dass wir zum Thema Schule, aber auch Hochschule in Thüringen in diesem Hause den Versuch machen, weiterhin möglichst zu Konsens und Übereinstimmung zu kommen, vor dem Hintergrund, dass der Standort Thüringen auch etwas mit seinem Angebot im Bildungs- und im Ausbildungsbereich zu tun hat. Ein Standortfaktor erster Kategorie ist das Bildungs-, Ausbildungs- und Hochschulangebot.

Was das Thema Gewalt, Toleranz und Rechtsextremismus angeht, meine sehr verehrten Damen und Herren, da bin ich der Auffassung, dass wir gemeinsam den Versuch machen sollten, nicht nur punktuell in der Schule mit diesem Thema umzugehen. Herr Kultusminister, wenn ich die Zahlen sehe, die Sie vorgelegt haben zum Thema, was tut das Thüringer Institut für Lehrerfortbildung im Zusammenhang mit dem Thema Gewalt und Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus, da muss ich sagen, wenn man die Zahlen dann vergleicht mit dem, was an Lehrerinnen und Lehrern in Thüringen beschäftigt ist, dann sind nicht mal im Jahr 5 Prozent der Lehrerinnen und Lehrer in der Lehrerfortbildung, was dieses Thema betrifft. Wahrscheinlich ist das ThILLM auch gar nicht in der Lage, von seiner Kapazität her dieses umzusetzen. Das heißt, wir müssen auch insoweit neue Instrumente entwickeln, um dies ermöglichen und sicherstellen zu können.

Herr Emde, gestatten Sie mir, dass ich an dieser Stelle noch einen Satz sage zu einer Äußerung, die Sie gemacht haben und die ich nicht billige, die ich für falsch halte. Es sollte von diesem Pult aus nicht der Eindruck erweckt werden, dass gerade in einem neuen Bundesland mit den Problemfeldern, im Bereich insbesondere der 40-, 50- und 60-Jährigen, Arbeitslose und Sozialhilfeempfänger in einer Art und Weise dargestellt werden, die nicht adäquat ist.

(Beifall bei der PDS, SPD)

(Zwischenruf Abg. Emde, CDU: Wollen Sie mich missverstehen?)

Wir gehen, und ich habe das immer in diesem Hause so empfunden, davon aus, dass die große Mehrzahl der Arbeitslosen und Sozialhilfeempfänger in Thüringen bereit ist zu arbeiten, bereit ist sich einzubringen und eben die Voraussetzungen aufgrund dieser schwierigen, immer noch andauernden Umbruchsituation nicht gegeben sind. Und,

dass Firmen, und das gilt für ganz Thüringen, bestimmte Fachkräfte