Okay. Dann schaue ich noch einmal in die Runde, gibt es Nachfragen? Das ist nicht der Fall. Danke schön, Herr Minister Gnauck, die Frage ist damit beantwortet und wir kommen zur Frage in Drucksache 3/1032. Herr Abgeordneter Ramelow, bitte schön.
Am 5. Oktober 2000 wird der Minister in der Staatskanzlei, Jürgen Gnauck, in der Thüringer Allgemeinen (Artikel "Richter und Regierung auf Konfrontation") zitiert, er habe im Pilz-Prozess Akteneinsicht beantragt, um auch die Papiere des Abgeordneten der PDS, Bodo Ramelow, zu sichten. Im Internet ist das einfacher. Er wolle prüfen können, ob diese Papiere "auf strafrechtlich relevante Weise" beschafft worden seien, wird Minister Gnauck wörtlich zitiert. Die "Papiere" des Abgeordneten Bodo Ramelow sind dem Thüringer Landtag seit der Sitzung vom 7. Juli 2000 und über das diesbezügliche Plenarprotokoll auch der Öffentlichkeit bekannt. Die Staatsanwaltschaft Mühlhausen, Schwerpunktabteilung für Wirtschaftsstrafsachen, hat den Abgeordneten Ramelow mit Schreiben vom 15. September 2000 gebeten, sie für das Ermittlungsverfahren gegen Dr. Bohn u.a. wegen Untreue in Kopie zur Verfügung zu stellen. Dieser Bitte ist der Abgeordnete Ramelow nachgekommen.
2. Wenn ja: Hegt die Landesregierung die Befürchtung, dass die Staatsanwaltschaft Mühlhausen eine Prüfung, ob die oben genannten "Papiere" auf strafrechtlich relevante Weise beschafft worden seien, versäumt hat?
3. Beabsichtigt die Landesregierung, selbst Vorermittlungen gegen den Abgeordneten Ramelow zu führen und damit die verfassungsrechtlich verankerte Trennung von Rechtsprechung und vollziehender Gewalt in Thüringen aufzuheben?
4. Sieht die Landesregierung durch die oben genannte Ankündigung von Minister Gnauck die Unabhängigkeit der Justiz, in deren Zuständigkeit und Verantwortung die Prüfung der strafrechtlichen Relevanz von Vorgängen liegt, beeinträchtigt?
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, die Mündliche Anfrage beantworte ich für die Landesregierung wie folgt:
Zu Fragen 1 bis 3: Da es sich um interne Behördenakten handelt, lässt sich nicht ausschließen, dass sie durch rechtswidriges Handeln in die Hände Unbefugter gelangt sind. Deshalb hat der Anwalt der Landesregierung diese Unterlagen der Staatsanwaltschaft Mühlhausen mit der Bitte um Prüfung zugesandt. Alles Weitere liegt in den Händen der Staatsanwaltschaft.
Im Namen der PDS-Fraktion beantrage ich, die Frage und die Antwort an den Justizausschuss zu überweisen.
Wir werden das abstimmen. Wer für die Überweisung der Mündlichen Anfrage an den Justizausschuss votiert, den bitte ich um das Handzeichen. Das reicht. Danke schön. Die Frage ist damit überwiesen und beantwortet und gleichzeitig ist die Fragestunde für heute abgelaufen. Wir schließen den Tagesordnungspunkt 11. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 12 auf
a) auf Antrag der Fraktion der PDS zum Thema: "Veränderte Situation für die kommunalen Augabenträger der Wasserverund Abwasserentsorgung aufgrund der Weisung des Thüringer Innenministeriums zur zwingenden Einbeziehung der Altanschlussnehmer in die Beitragserhebung" Unterrichtung durch die Präsidentin des Landtags - Drucksache 3/1090
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, wieder einmal stehen wir in Sachen Wasserver- und Abwasserentsorgung speziell zur Beitragserhebung vor einem Verwirrspiel ohne Ende.
Nachdem bereits durch die Fünfte Novelle des Thüringer Kommunalabgabengesetzes bei den Aufgabenträgern der Wasserver- und Abwasserentsorgung Irritationen bezüglich der Behandlung von Stundungsanträgen mit Zinsbeihilfen entstanden sind, hat nunmehr das Innenministerium nachgelegt. Mit dem Rundschreiben Nr. 10 vom 29. September diesen Jahres wurden die Kommunalaufsichten darüber informiert, dass bei der Beitragserhebung für Wasser und Abwasser auch die so genannten Altanschlussnehmer einzubeziehen sind. Altanschlussnehmer sind Eigentümer von Grundstücken, die bereits vor 1990 einen Wasser- bzw. Abwasseranschluss hatten. Bisher haben viele Aufgabenträger, insbesondere im Wasserbereich, diese Grundstücke nicht in die Beitragserhebung einbezogen. In dem genannten Rundschreiben wird den Verantwortlichen in den Verbänden bei Nichtbeachtung der Weisung mit dienstrechtlicher und strafrechtlicher Konsequenz sowie mit Schadenersatzforderungen gedroht. Die Weisung erhält dadurch eine besondere Brisanz, weil in sechs Wochen, also am 31.12.2000, die Verjährung für alle bis zum 31.12.1996 fertig gestellten Maßnahmen eintritt. Viele Aufgabenträger sehen es als nicht mehr realisierbar an, diese Weisung des Innenministeriums umzusetzen. Sie fragen sich zudem, weshalb
erst jetzt auf diese Rechtslage hingewiesen wird, die der bisherigen Praxis völlig entgegensteht. Verbände haben die PDS darauf hingewiesen, dass das Innenministerium in der zurückliegenden Zeit genau das Gegenteil als Rechtsauffassung vertreten hat. Vielleicht, Herr Minister, können Sie dazu dann doch etwas sagen. Seit 1996, also seit vier Jahren, weist die PDS-Landtagsfraktion auf dieses Problem hin. Ausgangspunkt waren damals Informationen, die wir aus dem Abwasserzweckverband Mühlhausen und Umland erhielten. Seit 1996 gibt es in diesem Verband massive Proteste von Bürgern der Ortsteile dagegen, dass die so genannten Altanschlussnehmer beitragsfrei bleiben sollen. Diese Proteste hatten die PDS-Landtagsfraktion zur Prüfung der Rechtslage bewogen. Auch wir sind uns bewusst, dass sich hier die Rechtslage kompliziert und nicht eindeutig gestaltet. Ich sehe als rechtliche Bestätigung das Urteil des Verwaltungsgerichts Gera vom Dezember 1998 an ebenso wie das des Greifswalder Oberverwaltungsgerichts. In der Tendenz tragen wir die Rechtsauffassung durchaus mit, dass bei einer Beitragserhebung alle im Verbandsgebiet liegenden Grundstücke zu berücksichtigen sind. Dies ergibt sich aus unserer Sicht aus dem organisatorisch-rechtlichen Einrichtungsbegriff und der Besonderheit, dass erst durch die Investitionen nach der Verbandsgründung eine Herstellung der Anlagen erfolgt. Andererseits macht gerade das Beispiel Mühlhausen sichtbar, welche finanziellen Auswirkungen eintreten, wenn große Teile des Verbandsgebietes bei der Berechnung nicht berücksichtigt werden. Der Mühlhäuser Verband, meine Damen und Herren, hat einen Höchstbeitragssatz von 17 DM pro Quadratmeter gewichtete Grundstücksfläche ermittelt. Dieser ist deshalb so hoch, weil nach Verbandsangaben nur 30 Prozent der Grundstücke beitragspflichtig gestaltet werden. 70 Prozent der Grundstücke sind beitragsfrei, weil sie bereits vor 1990 einen Anschluss hatten. Doch auch diese Grundstücke werden von den Investitionen des Verbandes berührt. Würden alle Grundstücke in Mühlhausen einbezogen werden, wäre der Beitragssatz bei 5 DM. Dies alles ist seit vier Jahren bekannt und die PDS hat hier eine rechtliche Klarstellung eingefordert. Das Thüringer Innenministerium hat sich jedoch geweigert, hier der Forderung der PDS auf Klarstellung der Rechtslage nachzukommen. Vielmehr hat das Innenministerium gewartet, bis wieder einmal die Gerichte entscheiden. Diese Entscheidung gibt es auch - wie von mir bemerkt, aber schon seit zwei Jahren. Dies ist aus unserer Sicht politisch verantwortungslos.
Der PDS-Fraktion geht es hier nicht vorrangig um ein rechtliches Problem bei der Erhebung von Kommunalabgaben, uns geht es vielmehr darum, wie die Landes
regierung mit der kommunalen Ebene umgeht. Immer wieder wird vom Ministerpräsidenten, vom Finanzminister, vom Innenminister behauptet, dass die Thüringer ihre Kommunen besonders gut behandeln. Die Realität straft Sie hier Lügen.
halte ich für verantwortungslos sowohl gegenüber den Wasser- und Abwasserverbänden als auch gegenüber den Beitragszahlern. Sie alle können sich bei Ihnen für dieses vorweihnachtliche Jahrtausendgeschenk bedanken.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, Kritik ist schon berechtigt, zumindest an der Informationspolitik oder wie mit diesen unterschiedlichen Weisungen umgegangen wurde bis zur 10/2000 aus dem Innenministerium. Aber selbst Ihnen, Frau Dr. Wildauer, ist doch bei der bestehenden Rechtslage, ich sage mal, nicht eine der berühmten PDS-Patentlösungen eingefallen, weil es eben keine gibt; Patentlösungen, wie wir sie von Ihnen ja sonst kennen, z.B. aus dem Kommunalabgabenentlastungsgesetz.
Gewiss ist es unsere Aufgabe, hier im Hause Probleme zu lösen, mit zu lösen; aber Lösungen entgegen der bestehenden Gesetzeslage, einer Gesetzeslage, die wir ja selbst hier in diesem Haus herbeigeführt haben, die kann es natürlich nicht geben.
Und die Einbeziehung der so genannten Altanschlüsse in die Beitragsschuld entspricht nun einmal dem vorliegenden und so zu exekutierenden Gesetz. Daran führt kein Weg vorbei. Wenn ich jetzt Lösungsansätze höre, einmal, wir nehmen mal tüchtig Geld in die Hand, und einmal, wir nehmen mal Zeit in die Hand - sprich Verlängerung der Verjährung -, so muss man beide dieser Ansätze kritisch hinterfragen. Geld in die Hand nehmen tangiert ja auch schon das Gesetz, weil ich dann ja eine nicht erbrachte Leistung stütze. Aber es entstehen ja völlig neue Ungerechtigkeiten. Ich habe zu Hause in Altenburg
angerufen, habe mich vergewissert dort, dass diese Altanschlüsse von vorherein in die Rechnung einbezogen waren, die Beitragsschuld von vorherein so berechnet wurde und alle Beitragsbescheide termingerecht raus sind, so dass die Verjährungsfrist überhaupt nicht mehr in Rede steht, heißt, wenn ich jetzt den anderen finanziell helfen würde, würde ich dann zumindest eine ganz schöne Ungerechtigkeit gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern von Altenburg und des Verbandes dort tun, der sich dieser unliebsamen Aufgabe unterzogen hat, dort natürlich keinen Ruhm geerntet hat, sondern jede Menge Haue bekommen hat, aber eben seine Arbeit gemacht hat. Die, die diese Arbeit an dieser Stelle nicht gemacht haben, kann ich nicht noch mit Geld jetzt finanziell unterstützen. Auf der anderen Seite die Verjährungsfrist - selbstverständlich ist hier ein Problem, nur, da müssen wir den Herrn Justizminister, den anwesenden Staatssekretär Herrn Scherer fragen, wie sich das verfassungsrechtlich verhält. Wenn ich eine Ausnahmegenehmigung von einem Gesetz in einer Kette hintereinander vier- oder fünfmal verlängere, um das Gesetz, sage ich mal, ständig an dieser Stelle löchrig zu machen, ich glaube, das lässt sich auch nicht auf die Dauer fortsetzen. Nun stehen wir vor dem Problem und stehen im Moment etwas ratlos da. Aber nun sag ich ja mal, ein Problem lässt sich nicht mit der kompletten Lösung bekämpfen, sondern ich muss ja erst mal eine Analyse haben. Und da kann ich natürlich nicht - aber ich kann mir jemanden vorstellen, der das wissen müsste, nämlich die Landesregierung, wie viel Verbände davon betroffen sind. Ich weiß nicht, wie viele Beitragspflichtige davon betroffen sind, und ich weiß auch nicht, um welche Summen es sich dreht. Und deshalb sind wir uns wieder einig, verehrte Kollegen, der Lösungsansatz kann nicht von uns kommen, weil wir auch die Ausgangsdaten nicht kennen, sondern wir werden uns an dieser Stelle an die Regierung wenden müssen und werden von der Regierung, und ich hoffe, dass das jetzt folgt im unmittelbaren Anschluss an diese Veranstaltung, erwarten müssen, dass der Innenminister als zuständiger Minister uns an dieser Stelle sagt, wie viele betroffen sind, um welche Summen es sich handelt und wie er gedenkt, dieses Problem zu lösen. Wenn er uns einen Lösungsvorschlag vorlegt, der meinetwegen eine neu verlängerte Verjährung fordert, der also die Zustimmung des Thüringer Gesetzgebers benötigt, dann, Herr Minister, werden wir Ihren Vorschlag wohlwollend prüfen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Vielen Dank, Herr Schemmel, wenn Sie nicht so weit links sitzen würden, hätte ich gemeint, die CDU-Fraktion hat Sie fast
nominiert hier zu reden. Dennoch will ich auch von unserer Seite einige Anmerkungen zum Antrag der PDS hier in der Aktuellen Stunde machen.
Meine Damen und Herren, wer in der Kommunalpolitik tätig ist, der weiß, welches Schaudern einen manchmal überfällt, wenn man Rundschreiben der Kommunalaufsicht bekommt. Das mag einigen vielleicht auch hier so gegangen sein mit dem Rundschreiben 10/2000 des Thüringer Innenministeriums. Dennoch, meine Damen und Herren, und da unterscheiden sich doch wesentlich unsere Auffassungen zu dem Rundschreiben, war dieses Rundschreiben notwendig. Es war deshalb notwendig, weil Sie wissen, dass wir hier vor einem Jahr an gleicher Stelle - zum wiederholten Mal offensichtlich, ich bin noch nicht so lange in diesem Hause - die anstehenden Verjährungsfristen verlängert haben. Wir haben sie letztes Jahr erneut zum 31.12.2000 verlängert und wir waren uns alle einig, ich habe die Protokolle nachgelesen, dass die Aufgabe darin bestand, bei den kommunalen Zweckverbänden in dem Bereich der Abwasserentsorgung, dass diese ihre Aufgabe innerhalb des Jahres, bis zum Ablauf der Frist, leisten müssen; so dass alle möglichen Beitragsempfänger ihre Bescheide bis zum Ablauf der Frist erhalten. Es hat sich aber gezeigt, entgegen unserer im Allgemeinen bestandenen Auffassung, zu der Konsens bestand, dass die Beitragsbescheide im Wesentlichen, auch in der nochmaligen Verlängerung der Frist bis zum 31.12.2000, eben nicht den Empfängern zugeleitet wurden. Deshalb hat das Innenministerium, und dafür ist es da mit seiner rechtsaufsichtlichen Pflicht, alle zuständigen Landratsämter des Freistaats Thüringen und die zuständigen Kommunalaufsichten mit dem Rundschreiben 10/2000 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass eben zum 31.12.2000 die Frist abläuft und, das ist das Entscheidende, dass entgegen früherer Rechtsauffassungen die Gerichte in diesem Land auch ihre Auffassung dahin gehend geändert haben, dass zu dem Beitragsbescheid eben auch Alteigentümer heranzuziehen seien.
Das ist die gute Pflicht des Innenministeriums, ausdrücklich auf diesen Zustand hinzuweisen. Wer weiß, meine Damen und Herren, es war ja allenthalben nachzulesen, dass offensichtlich noch ein größerer Beitragsvolumenbescheid aussteht, der sich auf mehrere Hundert Millionen Mark bewegen könnte, muss letztendlich für sich in der politischen Verantwortung die Frage stellen, was ist wichtiger: die offen stehenden Beitragsbescheide eben nicht raussenden zu lassen, weil die Zeit bis zum 31.12.2000 zu kurz ist, oder aber den möglichen, das hat der Herr Schemmel angesprochen, verfassungsrechtlichen Bedenken, dass eine nochmalige Verlängerung der Verjährungsfrist stärker wirken kann, den Vorzug zu geben.
Diese Abwägung steht nun an und es ist an denen, die meinen, der einen oder anderen Lösung den Vorzug geben zu wollen, hier entsprechende Vorschläge zu unterbreiten. Wir denken als CDU-Fraktion - und das ist das Entscheidende - hier zum Rundschreiben des Thüringer Innenministeriums, dass es wichtig war, auf die Sachverhalte hinzuweisen, und vor allen Dingen, dass es wichtig ist, angesichts des hohen ausstehenden Beitragsvolumens die zuständigen Zweckverbände anzuhalten, bis zum Ende des Jahres ihre Beitragserhebung gegenüber den Empfängern geltend zu machen. Vielen Dank.
Danke schön. Es gibt noch eine Wortmeldung. Als Nächste hat sich Frau Abgeordnete Sedlacik zu Wort gemeldet.