Protocol of the Session on October 12, 2000

Ein Wort zu den Kommunen: In der von mir gewünschten sachlichen Debatte zur Haushaltsgestaltung in den nächsten Jahren müssen wir auch fragen, ob eine stärkere finanzielle Eigenverantwortung der Kommunen aus ordnungspolitischen Gründen wünschenswert wäre. Die Städte und Gemeinde können durch ihre größere Nähe zum Bürger besondere Verantwortung dafür tragen, dass der Bürger den Staat, die Gesellschaft, die Demokratie erlebt. Dass er auch erlebt, dass die Mittel des Steuerzahlers, des Bürger selbst, die zur Verfügung gestellt werden, zielführend eingesetzt werden. Deswegen steht fest, die finanzielle Situation der Thüringer Kommunen ist stabil und wird stabil bleiben. So gab es im ersten Halbjahr 2000 einen Finanzierungsüberschuss von 117 Mio. DM gegenüber 38 Mio. DM 1999. Die Tilgungsleistungen am Kreditmarkt lagen mit 171 Mio. DM um mehr als die Hälfte

höher als die Schuldenaufnahme am Kreditmarkt mit 109 Mio. DM. Ich danke an dieser Stelle dem Innenminister und unseren Kommunalpolitikern, die immer wieder dafür einstehen, dass eine solide Kommunalpolitik auch durchgeführt wird. Sie ist die Voraussetzung für die weitere erfolgreiche Entwicklung Thüringens.

(Beifall bei der CDU)

Auch im Blick auf das derzeit stattfindende Volksbegehren: Teilhabe und Teilnahme an der Demokratie ist für die Menschen vor allen Dingen und zuerst erlebbar und erfahrbar auf kommunaler Ebene. Hier gilt es auch, unsere Impulse zu verstärken. Meine sehr verehrten Damen und Herren, aber die Pro-Kopf-Verschuldung der Kommunen beträgt Ende Juni 2.390 DM, zur Erinnerung, weil das vorhin dargestellt worden ist, die Landesschulden werden Ende des Jahres pro Kopf 8.730 DM betragen. Das ist ganz klar, wir brauchen beim Konsolidieren auch den Beitrag der Kommunen, denn das gemeinsame Konzept, das Land voranzubringen, bedeutet auch, dass wir beim Sparen und Gestalten ein gemeinsames Konzept zwischen Land und Kommunen vereinbaren. Im Jahr 2001 wird die Finanzausgleichsmasse ein Volumen von 3,711 Mrd. DM haben. Die Differenz gegenüber dem Vorjahr in Höhe von 72 Mio. DM ist begründet durch die Steuerreform und den damit verbundenen Mindereinnahmen des Landes. Gehen diese Steuereinnahmen infolge der Verbundquote zurück, fließen dadurch notwendigerweise weniger Mittel in die Finanzausgleichsmasse. Es steht fest, wenn wir die haushaltspolitische Handlungsfähigkeit des Landes sichern und für weitere Wirtschaftsdynamik sorgen, dann sichert das sowohl eine ausgewogene Zuweisungspolitik an die Kommunen als auch die eigenen Einnahmen der Kommunen. Um dieses Ziel zu erreichen, sind Anpassungen an die Haushaltsstruktur unumgänglich, wie sie im Rahmen des 4. Gesetzes zur Änderung des Thüringer Finanzausgleichsgesetzes vorgesehen sind. Ich bin überzeugt, dass bei einem Gesamtvolumen an kommunalen Zuweisungen und kommunalem Finanzausgleich und aus Förderprogrammen des Landeshaushalts von rund 6 Mrd. DM eine moderate Reduzierung, nämlich 133 Mio. DM, vertretbar ist, wobei 72 Mio. DM - wie erwähnt - eine Minderung infolge der Steuereinnahmen sind. Das heißt, festzustellen ist:

1. Von der Reduzierung des KFA sind die Investitionsleistungen nicht betroffen.

2. Die Projektförderung wird nicht reduziert.

3. Die Mittel für Investitionen in Kindertagesstätten sowie in Schulen (z.B. auch Computer) werden sogar erhöht.

4. Die Auftragskostenpauschale wird nach tatsächlicher Kostenermittlung und unabhängig von der Steuerkraft geleistet.

5. Ab 2002 wird eine Reduzierung der Steuerverbundmasse zu 50 Prozent durch Erhöhung der Zuführungen

aus dem Landeshaushalt ausgeglichen.

6. Die Pro-Kopf-Zuweisungen Thüringens im Rahmen des KFA sind mit 1.516 DM 2001 und 1.541 DM 2002 die höchsten Zuweisungen aller Länder, kein Grund für Kassandrarufe.

(Beifall bei der CDU)

Frau Neudert, Ihnen empfehle ich, die Thüringer Verfassung Artikel 93 (1) und die Thüringer Kommunalordnung § 3 Abs. 2 zur Kenntnis zu nehmen, dann finden Sie etwas zur Frage, die Sie aufgeworfen haben, Konnexitätsprinzip ja oder nein, es ist rechtlich gesichert. Ihre Anwürfe im Blick auf das Land, es würde Lasten auf die Kommunen überwälzen, ohne die Finanzierung zu sichern, sind nicht nur falsch, sondern sie sind auch gesetzlich nicht begründet.

(Beifall bei der CDU)

Einen wichtigen Beitrag zur Konsolidierung des Haushalts und zur langfristigen Konsolidierung der Landesfinanzen leistet auch die diskutierte Behördenstrukturreform. Auch wenn sie nicht Bestandteil des hier zu verhandelnden Haushalts und des Haushaltssicherungsgesetzes ist, will ich trotzdem ein kurzes Wort dazu sagen. Es muss möglich sein im zehnten Jahr der Wiedervereinigung unseres Vaterlandes, dass man bei einer funktionierenden staatlichen und kommunalen Verwaltung überprüft, ob die staatlichen und kommunalen Aufgaben im Blick auf das Ziel effizient wahrgenommen werden und ob man nicht Veränderungen im Zuschnitt vornimmt, wenn sich ergibt, dass die Effizienz und die Effektivität nicht umfassend gewährleistet sind. Das Verhältnis Einwohner zu Staatsbediensteten beträgt in den alten Ländern aktuell 1.000 Einwohner zu 20,6 Staatsbediensteten und in Thüringen beträgt es 1.000 zu 25, d.h., die CDU-Fraktion trägt selbstverständlich die Entscheidung der Landesregierung mit, den Personalabbau fortzusetzen und für das Jahr 2005 auch die Zielzahl von 56.200 Stellen zu setzen. Die Konsequenz aus dieser Entscheidung muss es sein, eine Behördenstrukturreform durchzuführen. Nicht nur, um zu sparen, sondern auch, um zeitgerecht die Verwaltungsabläufe und die Zuständigkeiten zu überprüfen. Hierfür wünsche ich uns, dass wir eine konstruktive Debatte führen, die diesem Ziel gerecht wird, eine Verwaltung kommunal und auf Landesebene, die dem Auftrag Dienstleistungsverwaltung auch in Zukunft gerecht wird.

(Beifall bei der CDU)

Ein Wort noch zum zu verhandelnden Solidarpakt II und zum Länderfinanzausgleich, weil sie maßgeblich mitbestimmen werden, wie die Finanzausstattung Thüringens in den nächsten Jahren, insbesondere nach 2004, sein wird. Dafür haben wir zum einen gestern die Entequetekommission eingesetzt, nicht um zurückzuschauen, sondern nach vorn zu schauen, das ist übrigens auch die Aufgabe

einer Entequetekommission. Wenn Sie die Arbeit der fünf Wirtschaftsforschungsinstitute einmal in ihrer Analyse und in ihrem Fazit zur Kenntnis nehmen, dann haben wir den Nachholbedarf: 300 Mrd. DM im Infrastrukturbereich; etwa 100 Mrd. DM, um die Wirtschaftskraft vergleichbar zu gestalten und noch einmal 9 Mrd. DM, um die kommunale Finanzkraft auszugleichen. Das ist nur gemeinsam zu meistern. Das ist eine Aufgabe aller Länder Deutschlands, eine Aufgabe des Bundes und es ist eine Aufgabe Thüringens, hier etwas beizutragen. Auch deshalb brauchen wir jetzt unter der Überschrift "Sparen und Gestalten" einen klaren Ansatz, dass wir in der Lage sind, unseren Haushalt auch zu konsolidieren, denn wer Solidarität einfordert, muss erst einmal solide handeln, sonst hat Solidarität keinen Boden.

(Beifall bei der CDU)

Wenn wir heute oder morgen über die Entwicklung der Europäischen Union reden, wer für was zuständig sein wird, wie sich die Union weiter verfassen wird, dann ist eine entscheidende Aufgabe - und dazu tragen wir heute bei -, dass jede Einheit in dieser Europäischen Union, die Kommune, die Länder, die Nationen auch ihre eigene Verantwortung wahrnimmt. Subsidiarität ist nicht von oben zu steuern, Subsidiarität meint, dass wir selbst unsere eigene Verantwortung auch wahrnehmen und das Unsere tun. Das gilt für die Haushaltsgestaltung und das gilt für die politische Gesamtgestaltung. Und genau dazu sind wir auch bereit, auch dazu ist dieser Haushalt vorgelegt und er wird die Weichenstellung zu einer noch eigenverantwortlicheren Landespolitik stellen, damit wir auf die eigenen Beine kommen. Wir wollen mit dazu beitragen, dass mehr Solidarität möglich ist, insbesondere mit Blick auf den Osten Europas, aber auch die vielen Problemregionen der Welt, dafür zu sorgen, dass es mehr Angleichung gibt. Um diese Solidarität zu leisten, ist es wichtig, dass Thüringen den Konsolidierungskurs fortführt und dafür sorgt, dass wir wirtschaftspolitisch eine starke Entwicklung auch in Zukunft nehmen. Wenn wir diese Verhandlungen in den nächsten drei Jahren als Land führen, dann bitte ich auch die Opposition, dazu beizutragen, dass wir mit Glaubwürdigkeit in diese Verhandlungen gehen können, dass wir deutlich machen, dass wir unsere Weichenstellungen hier im Land vornehmen, dass wir nicht wie Sachsen-Anhalt oder auch Mecklenburg-Vorpommern einfach auf die Zukunft setzen und sagen, irgendwer wird schon den Sumpf der Finanzpolitik, den wir angelegt haben, trockenlegen, sondern dass wir unsere Verantwortung ernsthaft wahrnehmen. Sparen und Gestalten meint nicht zuerst Sparen, sondern meint vernünftige Politik des Landes gestalten. Gestalten steht im Mittelpunkt, wer vernünftig gestaltet, weiß, er kann dies nur, wenn er auch eine vernünftige Einnahmeund Ausgabepolitik gestaltet. Deshalb hoffe ich, dass wir zu diesem Dialog hier im Haus und auch mit den vielen, die daran interessiert sind, in der Lage sind. Heute möchte ich mich herzlich bedanken beim Finanzminister, es war, wenn man die Nachtragshaushalte nimmt, der 16., der jetzt vorgelegt ist. Ich möchte mich herzlich bedanken bei dem Finanzministerium.

(Beifall bei der CDU)

Ich möchte mich bedanken bei der Landesregierung. Dieses Gesamtwerk auf den Weg zu bringen ist nicht einfach, ist eine besondere Schwierigkeit, weil es ein umfassendes und dauerhaftes Konzept ist, das vorgelegt ist. Bei aller Kritik, auch aus der CDU-Fraktion, das will ich nicht verhehlen, glaube ich, die CDU-Fraktion ist gewillt, diesen Kurs "Sparen und Gestalten" mitzutragen und aktiv mitzugestalten, weil wir damit auch die Voraussetzungen für eine gute Zukunft Thüringens in den nächsten Jahren legen. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Weitere Redemeldungen sind nicht angezeigt. Ich schließe die gemeinsame Aussprache zu den Tagesordnungspunkten 1 a, b und c. Bevor Sie den Raum verlassen, würde ich gern noch die Ausschussüberweisungen der einzelnen Drucksachen veranlassen, so dass wir dann nach der Frageund Aktuellen Stunde in den Tagesordnungspunkt 2 einsteigen können.

Wir kommen als Erstes zur Überweisung des Haushaltsgesetzes in der Drucksache 3/979 an den Haushalts- und Finanzausschuss. Wer dieser Überweisung zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Danke schön. Gibt es Gegenstimmen? Es gibt keine Gegenstimmen. Stimmenthaltungen? Es gibt auch keine Stimmenthaltungen. Damit ist das Haushaltsgesetz einstimmig an den Haushalts- und Finanzausschuss überwiesen worden.

Wir kommen zur Abstimmung über das Haushaltsbegleitgesetz in der Drucksache 3/1022. Dort ist zunächst die Überweisung an den Haushalts- und Finanzausschuss vorzunehmen und es sind von der PDS-Fraktion noch weitere Fachausschüsse beantragt worden. Wer der Überweisung des Haushaltsbegleitgesetzes an den Haushalts- und Finanzausschuss zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Danke schön. Gibt es Gegenstimmen? Keine. Stimmenthaltungen? Auch keine. Damit ist das auch einstimmig geschehen.

Weiterhin ist beantragt worden, das Haushaltsbegleitgesetz an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit zu überweisen. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Danke schön. Gegenstimmen?

(Zwischenruf Abg. Nitzpon, PDS: Arbeits- verweigerung!)

Das ist eine Mehrheit von Stimmen. Ich habe vorhin schon ausgezählt, wie viele in jeder Gruppe sitzen.

Wer der Überweisung des Haushaltsbegleitgesetzes an den Ausschuss für Bildung und Medien zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke schön. Gegenstimmen?

Danke schön. Das ist ebenso wie die Überweisung an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit abgewiesen.

Wer der Überweisung an den Innenausschuss zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke schön. Die Gegenstimmen bitte. Einer Überweisung an den Innenausschuss ist nicht zugestimmt worden.

Wer der Überweisung an den Justizausschuss zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke schön. Gegenstimmen? Danke schön. Auch der Überweisung an den Justizausschuss wird nicht zugestimmt.

Wer der Überweisung an den Gleichstellungsausschuss zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke schön. Gegenstimmen? Auch der Überweisung an den Gleichstellungsausschuss ist nicht zugestimmt worden.

Herr Abgeordneter Gerstenberger.

Frau Präsidentin, ich bitte eine Erklärung zu meinem Abstimmverhalten abgeben zu dürfen.

Ich werde Ihre persönliche Erklärung nach der Abstimmung zum Tagesordnungspunkt 1 c aufrufen.

Wir kommen im Weiteren zur Überweisung...

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Enthaltung fehlt noch! Sie haben noch nicht danach ge- fragt.)

Die Überweisung an den Gleichstellungsausschuss. Wer sich in Bezug auf die Überweisung an den Gleichstellungsausschuss der Stimme enthalten möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Es gibt dazu 1 Enthaltung. Danke schön.

Nun komme ich zur Abstimmung über die Überweisung der Drucksache 3/1023. Wer der Überweisung an den Haushalts- und Finanzausschuss zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke schön. Gibt es dazu Gegenstimmen? Das ist nicht der Fall. Gibt es Enthaltungen? Das ist auch nicht der Fall. Damit ist diese Drucksache an den Haushalts- und Finanzausschuss überwiesen.

Herr Abgeordneter Gerstenberger zu einer kurzen persönlichen Erklärung.

Frau Präsidentin, ich danke Ihnen. Meine Damen und Herren, ich habe für die Überweisung des Haushaltsbegleitgesetzes an die zuständigen Fachausschüsse gestimmt,

weil ich im Gegensatz zu den Abgeordneten der christlichen Demokraten

(Zwischenruf Abg. T. Kretschmer, CDU: Nicht von uns!)

nicht der Auffassung bin, dass es sich dabei um ein rein fiskalisches Problem handelt. Ich gehe davon aus, dass sich die Mitglieder des Hauses der Geschäftsordnung dieses Landtags bewusst sind, und die besagt, dass die zuständigen Fachausschüsse über sie betreffende Inhalte zu beraten haben.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Ich bin bei meiner Abstimmung davon ausgegangen, dass es sich bei Kindertagesstättenfinanzierung, Landesblindengeldzahlung, Landeserziehungsgeld, Schulgesetzgebung zu Schulen in freier Trägerschaft, Ausführungsgesetz zum Arbeitsgerichtsgesetz, Sozialgerichtsgesetz und Gerichtsverfassungsgesetz um Fachthemen handelt, die nicht in der Hauptverantwortung des Haushalts- und Finanzausschusses stehen.

(Beifall bei der PDS)

Parallel zur gestrigen Darstellung vom Politikstil dieser Landesregierung hatte ich bereits befürchtet, dass so etwas eintritt. Ich muss allerdings nach meiner Abstimmung für mich zur Kenntnis nehmen, dass so wichtige Felder wie die Sicherung der Beschäftigungsvoraussetzung für Frauen, die Betreuung der Kinder, der Zukunftsgeneration des Landes, die Organisation der Gerichtsbarkeit und die Organisation der Schullandschaft in Ermangelung einer inhaltlichen Diskussionsbereitschaft zuallererst und vorrangig von Ihnen als monetäres Problem gesehen werden, ein Problem,

(Zwischenruf Abg. Althaus, CDU: Das ist doch keine Erklärung zum Abstimmverhalten.)