Protocol of the Session on October 12, 2000

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, die SPD-Landtagsfraktion geht nicht ab von ihrer Forderung nach einem Landesprogramm gegen Rechts. Wir werden einen entsprechenden Antrag in Höhe von 1,5 Mio. DM zur zweiten Lesung des Haushalts einbringen und werden diesen inhaltlich untersetzen.

Meine Damen und Herren, die Ausgaben für die Wohnungsbauförderung werden in den kommenden zwei Jahren um 42 bzw. 63 Mio. DM zurückgefahren, davon ist hauptsächlich die Wohnungsmodernisierung betroffen. Gerade vor diesem Hintergrund ist die Diskussion um den Verkauf des Wohnungsbauvermögens zugunsten einer Beteiligung der Helaba nicht nachvollziehbar.

(Beifall bei der SPD)

Circa 30 Mio. DM fließen bisher und jedes Jahr an Zins und Tilgung zurück in diesen Haushalt. Diese werden, wenn der Finanzminister seine Pläne umsetzt, zusätzlich jedes Jahr fehlen. Wir wenden uns daher gegen den Verkauf dieser Anteile.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, eine Wertung des Haushaltsplans 09 lässt nur ein Ergebnis zu: Diese Landesregierung hat den Naturschutz in Thüringen endgültig begraben. Umwelt-, Bildungs-, Verbraucherschutz- und Landschaftspflegeverbände werden weggespart. Hier von einem richtigen Ansatz der Landesregierung zu reden, ist geradezu eine Lachnummer. Gerade von den Verbraucherverbänden haben in den neuen Ländern viele Bürger profitiert. Gleiches gilt für die Landschaftspflegeverbände. Aber anstatt hier das Scharnier zwischen Naturschutz und Landwirtschaft im besten Sinne des Wortes zu schmieren, lassen Sie es verrosten oder - bildlich gesagt - im Regen stehen.

(Beifall bei der CDU)

Sehr geehrter Herr Umweltminister, jeder Zyniker muss Ihnen dankbar sein für Ihren Vorschlag, die Mittel für den Nationalpark Hainich zu halbieren, wird doch endlich denen Recht gegeben, die schon immer behauptet haben, dass der Nationalpark Hainich nie ihr Wille war.

(Beifall bei der CDU)

(Zwischenruf Dr. Sklenar, Minister für Land- wirtschaft, Naturschutz und Umwelt: Sie ha- ben wohl noch nicht mitgekriegt, dass wir nie gesagt haben, dass der Nationalpark Hainich zusätzliche Mittel kriegt, mein Lieber, da müssen Sie mal richtig zuhören.)

Kann ich weitermachen?

(Zwischenruf Abg. Wunderlich, CDU: Er freut sich selbst über seine Rede.)

Ich freue mich immer über Noten.

Meine Damen und Herren, es ist gute Tradition in diesem Hause, dass in der ersten Lesung zu einem Landeshaushalt die Schwerpunkte des Haushalts angesprochen werden. Ich glaube, dieses habe ich getan. Detaillierte Ausführungen zum Beispiel zu den Politikfeldern Justiz und Landwirtschaft, Frauenpolitik usw. erfolgen von Seiten der SPD-Landtagsfraktion traditionsgemäß in der zweiten Lesung. Bekräftigen möchte ich noch einmal, dass unsere erste Wertung der Haushaltsvorlage für den Doppelhaushalt 2001/2002 nichts an Richtigkeit verloren hat: Die großen Verlierer dieses Haushalts sind die Familien, sind die Kinder, sind die sozial Schwachen und diejenigen, die - egal aus welchen Gründen - auf den zweiten Arbeitsmarkt in Thüringen angewiesen sind. Der Bereich Bildung ist in diesem Haushalt nicht als Zukunftsinvestition ausgewiesen. Für meine Fraktion möchte ich für die zweite Lesung insbesondere in diesen Bereichen gegenfinanzierte Änderungsanträge ankündigen. Zwar ist damit zu rechnen, dass die CDU nach bisheriger Manier und wie jedes Jahr alle Änderungsvorschläge zu diesem Haushalt mit ihrer in Thüringen schon sprichwörtlichen Arroganz wegstimmen wird, aber, meine Damen und Herren von der CDU, die SPD wird nicht aufhören, Sie ständig an Ihre gebrochenen Wahlversprechen zu erinnern. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Als nächster Redner hat sich der Abgeordnete Althaus, CDU-Fraktion, zu Wort gemeldet:

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich zitiere: "Die Staatskasse wird gefüllt mit dem Steuergeld der Bürger. Wir stehen für ein verantwortungsvolles Umgehen mit den öffentlichen Finanzen und die Eröffnung neuer Spielräume für die nachfolgenden Generationen. Der Staat muss sparsam mit dem Geld der Steuerzahler umgehen, indem er sich auf seine Kernaufgaben beschränkt. Unser Ziel ist es, die Neuverschuldung von Jahr zu Jahr abzusenken. Nur so können wir weiter politische Handlungsspielräume schaffen."

(Beifall bei der SPD)

Dieses Zitat aus unserem Wahlprogramm im letzten Jahr, die Zusage, stelle ich an den Beginn meiner Rede, weil ich weiß, dass die Opposition dieses nicht hören will, da sie zum einen daraus deutlich erkennen, dass wir einen klaren Wählerauftrag haben, den wir auch im Vorfeld definiert haben, und zum anderen wird die Opposition an ihr Wahltrauma erinnert. Wir nennen aber diese deutlichen Worte aus unserem Wahlprogramm, weil sie auch für die heutige Sitzung deutlich machen, wie unser Fahrplan für diese Legislaturperiode aufgestellt ist, denn mit dem Entwurf des Doppelhaushalts 2001/2002 wird exakt diese Zusage in zukunftsfähige Finanzpolitik umgesetzt. Die klare Aussage lautet: Der Staat muss alle Sparpotenziale nutzen, um den Haushalt zu konsolidieren, um die Nettoneuverschuldung zurückzufahren und daraus Entwicklungsimpulse zu setzen. Zugleich bereiten wir uns auf Aufgaben und Herausforderungen der Zukunft vor, auf die Neuregelung der Länderfinanzbeziehungen, den Solidarpakt II und auch die Neuregelung der Ziel-1-Gebiete.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, sparsam bei den Ausgaben, solide bei der Schuldenbegrenzung und zukunftsorientiert bei den Investitionen, das sind die Haupttöne des Mottos "Sparen und Gestalten", das ist die Basis des vorliegenden Entwurfs. Ich habe diesen Entwurf vor kurzem als ehrgeizige Komposition mit klaren Linien bezeichnet. Der Haushalt 2000 war der erste Schritt zur Konsolidierung, er war die Ouvertüre. Die heute im Landtag vorgelegte Komposition klingt besser und sie muss umgesetzt werden.

(Beifall bei der SPD)

Und was klingt aus den Reihen der Opposition? Misstöne oder nichts Sagendes. Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn Sie weiter nur Misstöne von sich geben, ohne konkret zu werden, sind Sie keine soliden Partner für das Gespräch um den Doppelhaushalt. Aber wir sind es ja gewohnt, dass Sie im Orchester der Vernunft nicht mitspielen, das war schon in der Regierungskoalition mit der SPD so; Sparen und Gestalten war immer ein Ansatz der CDU und wir wurden in der letzten Legislaturperiode entscheidend gebremst. Diesen Blick zurück müssen Sie sich, liebe Mitglieder von der SPD-Fraktion, schon gefallen lassen. Wenn am 30. September 2000, ich habe das gestern schon zitiert, überregional festgestellt worden ist, dass das Land Thüringen in einer ausgezeichneten Wirtschaftssituation ist, und wenn die Daten, die in diesen Tagen durch die Industrie- und Handelskammer Erfurt veröffentlicht worden sind und auch durch die Statistik der Bundesanstalt für Arbeit dies bestätigen, dann beweist das ganz eindeutig, dass Thüringen in einer sehr guten Verfassung ist und dass das Ergebnis solider Politik ist und dass dieser Ausgang auch für die Zukunft gestaltet und fortgesetzt werden muss.

(Beifall bei der CDU)

Das heißt zuallererst, dass wir unsere Ausgabenpolitik, d.h. die Schuldensituation beachten. Die Haushaltspolitik des Freistaats von 1991 bis 1994 war von einem Jahr um Jahr erheblich wachsenden Ausgabenvolumen geprägt. Sie erinnern sich: 13,4 Mrd. DM 1991 und schon 1994 17,3 Mrd. DM. Gleichzeitig stieg aber auch das Haushaltsdefizit von 1,2 Mrd. DM auf 3,9 Mrd. DM allein in vier Jahren. Die Kreditfinanzierungsquote wuchs von 8,9 Prozent auf 22,6 Prozent. Das heißt, die Gesamtverschuldung betrug am Ende dieser 1. Legislaturperiode bereits 10,25 Mrd. DM. Dieser rasante Anstieg der Verschuldung war bedingt durch den enormen Nachholebedarf des Freistaats auf allen Gebieten des Staatswesens. Zugleich war die Finanzierung der jungen Länder aus dem "Fonds Deutsche Einheit" bedeutend geringer als das dann zur Verfügung stehende Paket Länderfinanzausgleich und Solidarpakt ab 1995. Denn dieses ermöglichte eine Reduzierung der Haushaltsdefizite und der jährlichen Nettoneuverschuldung und damit die Senkung die Nettokreditaufnahme von 3,9 Mrd. DM auf 1,6 Mrd. DM 1995. Erinnern Sie sich an die Koalitionsvereinbarung 1994. Es war das Ziel: schrittweise Reduzierung der jährlichen Nettoneuverschuldung. Dabei galt, dass Thüringen auf keinen Fall die durchschnittliche Pro-KopfVerschuldung der alten Flächenländer überschreiten sollte. Diese Zielsetzung der Koalitionsvereinbarung von 1994 konnte in den Haushaltsjahren 1995 bis 1999 nicht realisiert werden. Nach 1,6 Mrd. DM 1995 wuchs die Neuverschuldung 1996 auf einen Höchststand von 2,35 Mrd. DM und lag Ende 1999 bei 1,83 Mrd. DM, also noch über dem Stand von 1995. Die Reduzierung der Nettoneuverschuldung wurde damit nicht realisiert, ebenso wenig das Ziel, die Pro-Kopf-Verschuldung unter der der alten Flächenländer zu halten. Diese Marke wurde 1997 überschritten und wird Ende 2000 die Summe von 8.731 DM erreichen. Hier muss gehandelt werden, wenn wir an die Zukunft und die Gestaltungsfähigkeit für unser Land denken. Die Ausgangsposition Thüringens in der Finanzpolitik hat sich während der großen Koalitionszeit verschlechtert. Das liegt natürlich auch an den in den letzten Jahren ständig hinter den Erwartungen zurückgebliebenen Steuereinnahmen. Thüringen hat erst 1998 wieder die Steuereinnahmen von 1994 erreicht. Das bedeutete für 1995 bis 1997 in Summe 2 Mrd. DM weniger als geplant. Erzielte Thüringen 1991 lediglich 2,7 Mrd. DM an Steuereinnahmen, waren es bis zur Einbeziehung Thüringens in den bundesstaatlichen Finanzausgleich 1994 schon 5 Mrd. DM. 1995 gab es dann durch die Regelung des Finanzausgleichs bereits 8 Mrd. DM und für diesen laufenden Haushalt wird mit 8,8 Mrd. DM Steuereinnahmen gerechnet. Aber es liegt eben auch neben dieser Steuerentwicklung an den finanzpolitischen Misstönen der SPD. Unvernünftige Mehrforderungen in der letzten Legislaturperiode, insbesondere für den zweiten Arbeitsmarkt, haben die Konsolidierung der finanzpolitischen Situation Thüringens gehindert.

Nein, meine sehr verehrten Damen und Herren der Opposition, wenn Sie im Orchester des vernünftigen Sparens und Gestaltens mitspielen wollen, reicht es nicht, Konzepte anzukündigen, wie man sparen kann, sondern Sie

müssen Konzepte vorlegen.

(Beifall bei der CDU)

(Zwischenruf Abg. Pohl, SPD: Wir haben doch Vorschläge gemacht.)

Nicht einen einzigen Vorschlag. Lesen Sie die Rede noch einmal nach.

(Beifall bei der CDU)

Bei der PDS kam ja wenigstens noch der Ententeich, der Landtagsneu- und -erweiterungsbau, aber bei Ihnen kam nicht ein einziger Vorschlag.

(Beifall bei der CDU)

(Zwischenruf Abg. Heß, SPD: Da müssen Sie richtig zuhören.)

Wobei ich glaube, der Ententeich wird nicht ganz ausreichen, um den Haushalt zu konsolidieren - das nur nebenbei.

Erstmals bringt der Doppelhaushalt 2001/2002 eine deutliche Reduzierung der Gesamtausgaben. Seit 1991 - die Gesamtausgaben lagen bei 13,3 Mrd. DM - hat es jährlich Steigerungen der Gesamtausgaben gegeben. Nun sinken sie von 19,1 Mrd. DM 2000 um 176 Mio. DM 2001 und 145 Mio. DM 2002. Dabei bleibt Thüringen - und das ist entscheidend - mit Investitionsquoten von 23,8 Prozent 2001 und 22,5 Prozent 2002 hinter Sachsen an der Spitze im Vergleich aller Länder.

(Beifall bei der CDU)

Da die Investitionsausgaben zu 50 Prozent auf EU-, Bundund Länderprogrammen beruhen, ist dieses leichte Absinken der Investitionsquote auf verminderte Zuweisungen aus diesen Programmen zurückzuführen. Das heißt, das Motto ist ganz klar; wir investieren in den weiteren Aufbau unseres Landes und stärken die Wirtschaftskraft des Landes. Das ausgearbeitete Personalentwicklungskonzept orientiert sich ebenfalls am Vergleich der Länder. So wird verhindert, dass Tariferhöhungen und steigende Versorgungslasten zu einer Erhöhung der Personalausgaben führen. Die Nettoneuverschuldung wird mit dem vorgelegten Doppelhaushalt konsequent zurückgeführt, obwohl - auch das verhehle ich nicht - wir uns eine noch stärkere Reduzierung der Nettoneuverschuldung gewünscht hätten.

(Beifall bei der CDU)

Das heißt, es steht auch zukünftig die Aufgabe, weitere Strukturreformen zu diskutieren, die staatlichen Aufgaben zu überprüfen und alles zu tun, damit die Steigerung der Steuereinnahmen im Mittelpunkt der Politik des Landes steht. Das heißt, es muss mittelfristig in den nächsten Jahren gelingen, ohne Nettoneuverschuldung Haushalte

zu gestalten. Ich denke, dass mit dem Doppelhaushalt dieser Kurs eingeleitet wird. Gut, dass wir nicht nur einen Haushalt vor der Beratung haben, sondern gleichzeitig ein Haushaltsbegleitgesetz, das die Überprüfung von Standards und Aufgaben auch konkret macht und gleichzeitig eine Behördenstruktur im Land diskutieren, die für diese dauerhafte Konsolidierung die richtigen Weichen stellt.

(Beifall bei der CDU)

Noch einmal - vollkommen klar - das vorgelegte Gesamtkonzept wird für alle betroffenen Gruppen, auch für die Opposition, Einschnitte bringen, ganz unstreitig. Es wird zur Stabilisierung der Haushalte in Thüringen beitragen, und wir werden damit die Weichenstellung vornehmen, die mittelfristig vorgenommen werden muss, damit unsere Haushalte auch die Entwicklungsimpulse des Landes in Zukunft stärken können und nicht unter Konsumlasten und Personalausgabenlasten zusammenbrechen.

(Beifall bei der CDU)

Dass dieser Weg zwingend ist, wissen Sie alle, wenn Sie die Zahlen zur Kenntnis nehmen, denn unsere finanzpolitischen Spielräume werden durch Zins- und Tilgungslasten immer geringer. Künftige Haushalte sind durch Verpflichtungsermächtigungen, eingegangene Verbindlichkeiten, durch alternativ finanzierte Investitionen, Bürgschaften und Garantien ohnedies schon stark vorbelastet. Dabei steht Thüringen gegenüber den Rekordschuldenmachern wie Sachsen-Anhalt und Brandenburg immer noch gut da, aber das darf uns nicht beruhigen. Auch wenn inzwischen in Brandenburg eine Umkehr in der Finanzpolitik vorgenommen worden ist, so gelingt es uns jetzt in der absoluten Mehrheit erstmals, eine Haushaltsgestaltung vorzulegen, die eben nicht z.B. auf das Prinzip globale Minderausgabe zurückgreift.

(Beifall bei der CDU)

Wir haben die Kraft, den Mut und auch die Freiheit, Ihnen einen Haushalt vorzulegen, der mit klaren Entscheidungen ein klares Konzept bietet.

(Beifall bei der CDU)

Wenn der Staat die Bürger zur Kasse bittet, aber selbst nicht in der Lage ist, durch eine solide Finanzpolitik die eigenen Probleme zu lösen, wird er unglaubwürdig. Die Bundesregierung, die vorhin begeistert von der SPD bejubelt wurde, tut dies aber genau, denn die Ökosteuer tut nichts anderes, als die Menschen in einer ganz falschen Form zu belasten.

(Beifall bei der CDU)