Protocol of the Session on October 12, 2000

(Unruhe bei der CDU)

(Zwischenruf Abg. Althaus, CDU: Die Mehr- heit ist nicht Wassersuppe.)

Ich würde Ihnen empfehlen nachzuschauen, wenn Sie immer vorwerfen, dass andere Länder so entsetzlich schlechter sind. Das Land Thüringen orientiert sich gegenwärtig mit seinen Verschlechterungen an denen, die schlechter sind, als wir.

(Beifall bei der PDS)

(Zwischenruf Dr. Pietzsch, Minister für Sozi- ales, Familie und Gesundheit: Nennen Sie einmal bessere.)

Frau Abgeordnete Thierbach, Ihre Redezeit ist um.

Ja, Herr Minister, ich nenne Ihnen bessere. Das Saarland gegenwärtig CDU-regiert.

(Zwischenruf Dr. Pietzsch, Minister für Sozi- ales, Familie und Gesundheit:... CDU- regiert....)

Der Kindertagesstättenplatz wird den Eltern das Jahr vor dem Schuleintritt unentgeltlich ermöglicht. Und, Sie sagen, Sachsen-Anhalt.

(Zwischenruf Dr. Pietzsch, Minister für Sozi- ales, Familie und Gesundheit: Ein Jahr!)

Ein Jahr, das ist so ein wichtiges Jahr. Sie wollen ja noch nicht einmal dieses regeln.

(Beifall bei der PDS)

Frau Abgeordnete, bitte kommen Sie zum Schluss.

Sie werfen hier immer um sich herum mit Sachsen-Anhalt und den Kosten. Sagen Sie auch dazu, dass es in SachsenAnhalt einen Anspruch von 0 bis 12 Jahre gibt? Sie sind überhaupt nicht bereit, das zu erwähnen - von 0 bis 12. Dann sind das bei 210 DM durchschnittlich 20 DM weniger, als das, was Eltern zu bezahlen haben, bei uns bei einem Rechtsanspruch ab drittem Lebensjahr bis zur Schuleinführung.

(Zwischenruf Abg. Bergemann, CDU: Die Zeit ist um.)

Frau Abgeordnete Thierbach, bitte jetzt...

Ich kann Ihnen nur bestätigen, dass wir bereit sind, die öffentliche Unruhe in öffentlichen Protest umzuwandeln, damit dieses Gesetz im Landtag gekippt wird.

(Zwischenruf Abg. Arenhövel, CDU: Das ist das einzige, was Sie können.)

(Beifall bei der PDS)

Als Nächste hat sich Frau Abgeordnete Pelke zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich denke, zu dem Thema muss man doch noch einige Wahrheiten sagen. Zunächst einmal, Herr Minister, diese ganzen Vergleiche mit anderen Bundesländern nerven mittlerweile, weil sie immer nur so von Ihnen benutzt werden, wie Sie es gerade brauchen.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Ansonsten messen wir uns auch immer und sagen, wir müssen unter wirtschaftlichen Aspekten ganz nach vorn kommen, wir wollen die Position Nummer 1 haben. Im Kindertagesstättenbereich haben wir sie und jetzt sind wir daran interessiert, sie aufzugeben. Das müssen Sie mir einmal erklären.

(Zwischenruf Dr. Pietzsch, Minister für Sozi- ales, Familie und Gesundheit: Nein, wir sind vorn.)

(Beifall bei der PDS, SPD)

Meine Damen und Herren, wir reden hier über Kinder. Im Wesentlichen wird ja alles unter fiskalischen Aspekten diskutiert. Kinder sind aus unserer Sicht keine fiskalische Manövriermasse. Sie müssen hier einmal sagen, worum es geht. Es geht im Klartext darum, dass Sie im Haushalt 17 Mio. DM weniger ausgewiesen haben. Reden Sie doch nicht drumherum, 17 Mio. DM weniger. Dies hat Auswirkungen.

(Beifall bei der PDS, SPD)

(Zwischenruf Abg. Wunderlich, CDU: Das sind... Prozent.)

Sie haben es im Wahlkampf und im Wahlprogramm ganz anders betitelt. Und, meine Damen und Herren, es liegt ja immer nahe, auch den Ministerpräsidenten zu zitieren, der in seiner Regierungserklärung gesagt hat: "Wir wollen dienen und nicht herrschen, ohne Überheblichkeit und ohne Arroganz." - ein genialer Satz. Aber mit dem, was Sie hier machen, meine Damen und Herren, wenn Sie in diesem Bereich kürzen wollen, dann hat das nichts mit Dienen zu tun, dann haben Sie den Bürgerinnen und Bürgern einen schlechten Dienst erwiesen. Und, wer schlechte Dienste erweist, der hat ausgedient, meine Damen und Herren.

(Zwischenruf Abg. Jaschke, CDU: Sie ent- gleisen jetzt.)

(Unruhe bei der CDU)

(Beifall bei der PDS, SPD)

Ich entgleise überhaupt nicht, weil ich im Moment nicht mit dem Zug unterwegs bin.

Sie müssen auch in der ganzen Diskussion alles sagen. Sie reden, wir müssen Standards überprüfen, wir müssen beispielsweise Standards verändern. All das soll ohne Niveauverschlechterung vonstatten gehen? Das müssen Sie einmal erläutern. Denn, wenn man es mit der Diskussion ernst meint, wenn man über Einsparungen redet, die dazu zwangsläufig notwendig sein werden, dann hat das letztendlich irgendwo einmal etwas mit der Frage der Gruppengröße zu tun und mit der Frage des Personalschlüssels. Das sehen nicht nur wir so, das sieht auch die ÖTV und der DGB so. Da muss man auch einmal offen darüber reden. Ja, Sie sind ja nicht bereit, zu reden. Sie wollen auch dieses wieder einmal auf die Schnelle durchziehen, so nach dem Motto "Ihr werdet schon sehen, was kommt." und letztendlich wir als CDU machen alles richtig. Nein, meine Damen und Herren, das ist zu wenig. Mit den Betroffenen, mit dem Fachpersonal, mit den Eltern, im Vorfeld mit den Trägern reden, das wäre der richtige Weg gewesen, deswegen fordern wir als SPD-Fraktion eine Anhörung aller Betroffenen vor Beschlussfassung. So wird ein vernünftiger Schuh daraus und so macht man ehrliche Politik.

(Beifall bei der PDS, SPD)

In diesem Zusammenhang kann ich ganz herzlich denen - innerhalb Ihrer Fraktion - danken, die sich anders positioniert haben. Das ist ja nicht so ganz einfach, habe ich mir sagen lassen, in vielen Fällen, aber jedenfalls haben sich hier Leute zu Wort gemeldet, die die Diskussion in Ihrer Fraktion anders sehen, und das, denke ich einmal, verlangt schon eine ganze Menge Hochachtung.

Frage integrativer Bereich: Genau dort wird es ja dann auch interessant. Wenn man das will, so wie man das ganz genau beschrieben hat - im Prinzip haben Sie es ja ansatzweise gemacht, Herr Minister -, dann wissen wir, dass eine Veränderung des Fachpersonalschlüssels im integrativen Bereich, eine Veränderung der Gruppengröße, das Aus ist für die integrativen Einrichtungen. Das muss man dann auch sagen.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Dann sind Sie so ehrlich und sagen, wo Sie hin wollen und fordern hier keinen Abbau auf Raten heimlich, still und leise, hinten durch die Brust ins Auge.

Nun kommen wir einmal dazu, wie auch von Ihrer Seite zitiert wird, wenn es immer um die Ehrlichkeit in diesem Hause geht. Man wollte ja auch immer alles richtig zitieren, dann zitiert Herr Fraktionsvorsitzender Althaus aus einem Schreiben des Gemeinde- und Städtebundes und zitiert in dem Bereich, wo sich der Gemeinde- und Städtebund beispielsweise über Regelgruppengrößen äußert und was man tun könnte und dass man durchaus über das eine oder andere reden könnte. Aber was er beispielsweise nicht zitiert - und jetzt zitiere ich aus diesem Schreiben des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen an die CDUFraktion bezüglich des Haushaltbegleitgesetzes, und da

steht dann drin - ich zitiere mit Genehmigung -: "Die von der Landesregierung angedachten Änderungen sind allerdings aus unserer Sicht sozial unausgewogen." Das haben Sie nicht gesagt. Dann geht es weiter: "Sofern die Kommunen die Vorstellungen der Landesregierung umsetzen würden, würde dies tatsächlich fast eine Verdoppelung der bisherigen Elternbeiträge bedeuten." - und ich zitiere weiter - "Die Kommunen werden aber keine andere Wahl haben," - was das Anheben der Beiträge angeht "da sie nicht nur die Verringerung der Landeszuweisungen in Höhe von 17 Mio. DM für Kita-Einrichtungen, sondern weitere Belastungen von über 200 Mio. DM durch Einsparungen im geplanten Doppelhaushalt, zusätzliche Aufgabenübertragung ohne entsprechenden finanziellen Ausgleich und Steuermindereinnahmen durch die Steuerreform der Bundesregierung zu verkraften haben."

(Beifall bei der PDS, SPD)

Ich zitiere hier vollständig, meine Damen und Herren, weil ich mich nicht geniere ordentlich zu zitieren im Gegensatz zu Ihnen und das finde ich auch nicht fair, wenn, dann sagen Sie richtig, was Ihnen zugetragen worden ist.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Frau Abgeordnete.

Ich komme sofort zum Schluss. Und dann gibt es Berechnungsbeispiele einer Gemeinde, z.B. Crawinkel, Kosten Kindertagesstättenplatz: 650 DM rund, Elternbeitrag bisher 120 DM, mittlerweile unter den neuen Regelungen wären das rund 220 DM. Sie können ja nun sagen, das muss nicht eingefordert werden, aber Sie wissen genau, wenn so eine Kommune angewiesen ist auf Bedarfszuweisungen, Fördermittel muss sie alles ausschöpfen bis zum Ende, weil sonst der Haushalt nicht durchgeht und das Landesverwaltungsamt sich äußert, also sagen Sie doch, worum es hier geht.

Meine Damen und Herren, wir werden diese Änderungen nicht mittragen, wir unterstützen ein soziales Bündnis in diesem Land, damit die sozialen Ungerechtigkeiten hier nicht zum Tragen kommen, und ich darf Sie nur bitten - abschließend der letzte Satz - noch einmal Bezug nehmend auf das Zitat von Herrn Ministerpräsident Vogel: "Wir wollen dienen und nicht herrschen, ohne Überheblichkeit und ohne Arroganz". Was viel schlimmer ist, ist Ihre Ignoranz.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Sie ignorieren Sachkritik, Fachkritik von den Betroffenen.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Frau Abgeordnete.