Ich möchte nicht noch einmal die Verfahrensweise vom 14. Juli bewerten. Ich muss das ja bewundern, der Coup, der dem Bundeskanzler gelungen ist. Das ist eine neue Form der Politik, dass ich mir über Haushaltsmittel Stimmen im Bundesrat einkaufe. So wie das am 14. Juli dort gelaufen ist, denke ich, ist das nicht der richtige Weg für die Zukunft. Aber bei genauer Betrachtung sind das, was jetzt im Steuersenkungsergänzungsgesetz vorgelegt wird, im Wesentlichen die Punkte, die die Union im Rahmen des Vermittlungsverfahrens eingebracht hat. Es ist uns gelungen, dem Bundesfinanzminister die Zusage abzuringen, für Betriebsveräußerungen bzw. Betriebsaufgaben für aus dem Berufsleben ausscheidende Unternehmer den halben Steuersatz wieder einzuführen. Das steht im Steuersenkungsergänzungsgesetz. Damit wird eine enorme Schlechterstellung durch die ersten Reformversuche der Regierung Schröder endlich beseitigt. Wir stellen nämlich den Rechtsstand vor 1999 wieder her. Im Übrigen, meine Damen und Herren, in einem ist die Bundesregierung Spitze: Mit der Geschwindigkeit, mit der sie schlechte Gesetze reparieren muss, schlägt sie alle vorherigen Bundesregierungen.
Das jetzige Steuersenkungsergänzungsgesetz repariert ein Gesetz, was noch nicht einmal in Kraft getreten ist.
1. Durch steuerneutrale Umstrukturierung von Unternehmen wird das Steuersenkungsgesetz nur teilweise ermöglicht. Teile, wie z.B. die Auflösung einer Personengesellschaft und die Abfindung der Gesellschafter mit
2. Kapitalgesellschaften können Beteiligungen an andere Kapitalgesellschaften steuerfrei veräußern, das ist gar nicht zu kritisieren. Was wir kritisieren ist, dass für Personenunternehmen dies nicht möglich ist. Hier muss über eine steuerfreie Rücklage die Benachteiligung gerade des Mittelstandes beseitigt werden. Wir werden diesen Punkt im Rahmen des Ergänzungsgesetzes erneut deutlich zur Sprache bringen.
Und, meine Damen und Herren, die Gesamtbeurteilung über die wirtschaftliche Anreizwirkung der Steuerreform wird erst in einigen Jahren realistisch erfolgen können. Sie wird aber ganz entscheidend davon abhängen, ob sich das Wachstum im Wesentlichen auf die alten Bundesländer konzentriert oder ob es uns gelingt, den Wachstumsimpuls auch für die neuen Länder und gerade für den Freistaat Thüringen zu reklamieren. Wenn sich die steuerlichen Anreize in dieser Zeit auf große Kapitalgesellschaften, die ihren Sitz überwiegend in den alten Bundesländern haben, konzentrieren, ist das ein weiterer Beweis dafür, dass der jetzige Bundeskanzler sich vom Aufbau Ost mit einer ganz anderen Unternehmensstruktur verabschiedet hat und gerade für diese Aufgabe, die entscheidend ist für die unmittelbar bevorstehende Zukunft für uns und für den Freistaat Thüringen. Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, man kann bestimmt mit Fug und Recht behaupten, dieser 14. Juli 2000 war ein historischer Tag für Deutschland.
Nach langen Jahren der Diskussion, der Stagnation - dieses Steuersenkungsgesetz, der letzte Baustein für die größte Steuerreform in der Geschichte der Bundesrepublik, wurde vom Bundesrat mehrheitlich angenommen.
Ein Signal für Europa - und ich behaupte auch, für die Welt - für die wirkliche Reformfähigkeit Deutschlands unter der Regierung Schröder.
Und, meine Damen und Herren, es war eine der wenigen Tage in der Geschichte des Bundesrats, wo eine Reform überwiegend parteiübergreifende Zustimmung gefunden hatte. Von der dringenden Notwendigkeit einer funktionierenden, und ich betone funktionierenden Steuerreform, überzeugt, haben einige Ministerpräsidenten des von mir aus gesehen anderen politischen Lagers aus meiner Sicht völlig legitim und völlig nachvollziehbar die Gelegenheit genutzt, die eine oder andere Million für ihr Land zu ergattern oder das eine oder andere Projekt stärker zu puschen.
Meine Damen und Herren, für Thüringen war es aus dieser Sicht betrachtet ein schwarzer Tag. Weil es unser Ministerpräsident vorgezogen hat, die Interessen des Landes auf einem zweifelhaften Altar der Parteiräson zu opfern.
Wo war denn der Kampf, Herr Trautvetter und Herr Dr. Vogel, auch wenn er nicht hier ist, wo war denn der Kampf für ihr Lieblingsprestigeobjekt? Ja, ich meine den ICE, das wäre doch eine günstige Gelegenheit gewesen. Oder die noch schnellere Realisierung der Autobahnprojekte, wie das andere Bundesländer gemacht haben. Nein, Sie wollten Millionen aus dem UMTS-Topf, das war ihr Anliegen gewesen.
Übrigens, ich verstehe die Aufregung nicht, das sind doch die Tatsachen, die Sie in die Welt gesetzt haben. Im Übrigen darf ich Sie mal an die Eichel'sche Definition des Begriffs "UMTS" erinnern: Unverhoffte Mehreinnahme zur Tilgung der Staatsschulden. Das müsste Ihnen eigentlich bekannt vorkommen, Herr Finanzminister. Und wissen Sie, meine Damen und Herren, es gibt noch einen anderen Aspekt von jenem Tag. Ich habe mir an dem Abend die Berichterstattung von dieser Bundesratssitzung sehr intensiv angeschaut und ich hatte eine spontane Erinnerung. Vor kurzem hatte ich einen alten Filmbericht gesehen von der UNO in New York, es muss Anfang der 60er Jahre gewesen sein, da hat ein gewisser Chruschtschow vor lauter Wut seinen Schuh ausgezogen und hat das Rednerpult malträtiert. Es hätte nicht viel gefehlt und unser Ministerpräsident hätte es ihm gleich getan.
Und im Übrigen, Herr Kollege Trautvetter, scheinen Sie wirklich schon ein ziemlich schwaches Gedächtnis zu haben. Erinnern Sie sich wirklich nicht an die Zeit des
Ministerpräsidenten Vogel in Rheinland-Pfalz, wo er doch auch so manchen Deal mit Onkel Helmut im Bundesrat durchgezogen hat; im Interesse seines damaligen Landes natürlich. Das verurteile ich doch gar nicht. Aber Sie sollten und vor allen Dingen Herr Dr. Vogel sollte in ähnlichen Augenblicken mit anderen politischen Vorzeichen doch die Relationen und vor allem die Contenance wahren.
Zum Glück für Deutschland ist Ihre Rechnung nicht aufgegangen. Die Protagonisten in Ihrer Partei haben den Parteisoldaten eine längst fällige Lehre erteilt. Und auch die Bevölkerung weiß sehr genau die Verhaltensweise der CDU im Steuerstreit zu werten. Man braucht sich nur die Umfragewerte Juli/August anzuschauen. Immer wieder wurde von Ihnen in den vergangenen Monaten vor der Beschlussfassung im Bundesrat versucht, diese Steuerreformvorschläge, die ja im Grunde genommen - und da seien Sie bitte mal ganz ehrlich - selbst von Ihnen nicht in ihrer Wirksamkeit bestritten werden konnten, schlecht zu reden. Heute wissen wir, das waren alles nur Grabenkämpfe, Schaufensterreden, pure Ideologie und zuweilen Demagogie. Hätten Sie mal lieber die Warnungen und Empfehlungen an die CDU aus den Reihen der Wirtschaftsinstitute, der Unternehmerverbände und vieler Größen aus dem Management und Verwaltungen ernster genommen. Ihnen wäre wahrscheinlich ein großes Desaster erspart geblieben. Aber was kümmert mich das. Mir tut es Leid, dass Thüringen von diesem Kuchen nicht einmal ein paar trockene Krumen abbekommen hat.
Meine Damen und Herren, an dieser Stelle ist es Zeit, ein paar Fakten zur Reform noch einmal zu wiederholen, die der Finanzminister in seinem Bericht nicht dargelegt hat. Der steuerbefreite Grundbetrag steigt im Zuge der Reform auf 15.000 DM im Jahr. Der Eingangssteuersatz wird schrittweise bis auf 15 Prozent im Jahre 2005 sinken, der Spitzensteuersatz wird 2005 nur noch 42 Prozent betragen, und das ab einem zu versteuernden Einkommen von 102.000 DM. Ein sehr wichtiger Baustein, die Körperschaftssteuer, wird ab 2001 auf einheitlich 25 Prozent gesenkt und das auch von Fachleuten als unbestritten europataugliche Halbeinkünfteverfahren wird eingeführt. Die Liste der Verbesserungen ließe sich an dieser Stelle noch fortführen.
Meine Damen und Herren, es ist in den letzten Monaten dieser Diskussion immer wieder und von der CDU mit besonderem Nachdruck, von einer Benachteiligung des Mittelstandes geredet worden. Und sehen wir uns die Protokolle auch zu diesem Thema aus diesem Hause an, so finden wir auch dort entsprechende Aussagen aus Ihren Reihen. Ich kann mich auch noch gut daran erinnern, als auf Bundesebene der zweite Baustein der Einkommensteuerreform, das Steuerentlastungsgesetz 1999/2002, diskutiert wurde. Damals ging das Geschrei in eine ganz andere Richtung. Da wurde nämlich von den gleichen Leuten beklagt,
die SPD mache die Großunternehmen kaputt. Damals gab es in der Tat eine steuerliche Belastung von netto rund 12 Mrd. DM für die großen Unternehmen. Betrachtet man sich nun die Be- und Entlastungswirkungen aller bisherigen Reformstufen rotgrüner Steuerpolitik, dann muss man konstatieren, dass der Vorwurf der Vernachlässigung des Mittelstandes nicht stimmt. Man darf nur nicht - wie so häufig geschehen - die Einzelmaßnahmen isoliert betrachten, sondern man muss alle seit 1998 beschlossenen Reformstufen dabei berücksichtigen, denn im Gegensatz zur früheren Steuerpolitik à la Waigel steht hinter den Steuerplänen von Rotgrün ein langfristiges Konzept.
Zurück zu den Gesamtentlastungswirkungen, meine Damen und Herren, aller Reformstufen. Es ergeben sich für das Entstehungsjahr für die Privathaushalte Nettoentlastungen in Höhe von 65,3 Mrd. DM, für den Mittelstand eine Nettoentlastung in Höhe von 29,8 Mrd. DM und für Großunternehmen eine Belastung in Höhe von 1,7 Mrd. DM. Glauben Sie nicht? Ich kann Ihnen die Zahlen liefern, sie liegen vor. Damit ist, so denke ich, auch endgültig der Vorwurf von der Bevorzugung großer Unternehmen und der Vernachlässigung des Mittelstandes ein für alle Mal ausgeräumt. Im Übrigen, wessen Politik hatte denn erst die Benachteiligung des Mittelstandes zu verantworten? Die ist doch nicht erst in zwei Jahren Rotgrün entstanden. Die Bundesregierung hat nämlich diese Schieflage in der Belastung mit dieser Steuerreform erst korrigiert.
(Zwischenruf Abg. Dr. Zeh, CDU: Sie haben die Benachteiligung zu verantworten, weil Sie jahrelang die Steuerreform blockiert haben.)
Das scheinen Sie immer gerne zu vergessen, Herr Dr. Zeh. Insgesamt, auch wenn Sie es nicht wahrhaben wollen, führt das im Juli beschlossene Gesetzeswerk im Entstehungsjahr zu einer Entlastung in Höhe von 65,5 Mrd. DM und nimmt man die vorangegangenen Stufen der Einkommenssteuerreform hinzu, ergibt sich ein Gesamtvolumen an Entlastung in Höhe von 93 Mrd. DM. Diese Entlastung - das ist völlig unbestritten - muss natürlich für alle öffentlichen Haushalte erst einmal verkraftet werden. An dieser Stelle komme ich dann auch einmal zu dem Krebsschaden des auch von Thüringen maßgeblich propagierten und eingebrachten CDU/CSU-Vorschlags zur Steuerreform. Selbst Ihre eigenen Länder haben kalte Füße bekommen ob der enorm größeren Steuerausfälle und das ist ja auch, das müssen Sie sich auch selbst hinter die Ohren schreiben, einer der wahren Gründe für das Scheitern der Blockade im Bundesrat. Aber leider wollen Sie das nicht zugeben.
(Zwischenruf Dr. Sklenar, Minister für Land- wirtschaft, Naturschutz und Umwelt: Weil sie gekauft worden sind.)
Dies zu erkennen, das wäre im Übrigen einmal eine dankbare Aufgabe für Sie, meine Damen und Herren. Ihr Gesetzentwurf war eine reine Schaufenstervorlage, der, in die Praxis umgesetzt, viele Länder, vermutlich auch Thüringen, handlungsunfähig gemacht hätte. Und, Herr Trautvetter, ich muss Ihnen das sagen, ich habe Ihnen das schon in einer vergangenen Debatte erklärt, da hilft auch kein Schönrechnen in einer Hochglanzbroschüre, vor allem nicht, wenn man wichtige Faktoren wie den Länderfinanzausgleich einfach ausblendet bei der Bewertung beider Modelle.
Meine Damen und Herren, die Reform ist beschlossen. Das ist gut so, weil die Reform gut ist. Das wissen auch Sie, auch wenn es schwer fällt es zuzugeben. An Aussagen von Vertretern der Wirtschaft und Presse, das kann man ja möglicherweise noch überlesen und ich verzichte an dieser Stelle auf Zitate aus den diversen Zeitungen, Wirtschaftszeitschriften, entsprechende Fachorgane, das können Sie alles selbst genauso gut tun. Aber an einem Fakt kommen auch Sie nicht vorbei, die Konjunktur läuft so gut wie seit dem Nachwendeboom nicht mehr. Das ist auch genau der Punkt, den man immer ganz gerne vergisst, wenn Sie, Herr Trautvetter, die Steuerausfälle, die ja gewollt sind bei einer Steuerreform, selbst bei Ihrer Steuerreform sind Steuerausfälle für die Körperschaften gewollt, wenn man diese Gegenrechnung ganz einfach außer Acht lässt. Wer wollte denn bestreiten, dass sich zurzeit die Konjunktur in einer Phase befindet, wie wir sie in Deutschland seit Jahren nicht mehr gehabt haben. Selbst die Binnenkonjunktur - von Ihnen immer wieder bestritten - und nicht nur der Export entwickeln sich zu einer soliden Stütze der Gesamtkonjunktur.
Wenn man sich Ihre jetzt vorgelegten Haushaltseckdaten vornimmt, dann gehen selbst Sie davon aus, dass die Wirkungen der Steuerreform peu à peu positiv sein werden, denn wie anders ist es denn zu erklären, dass Sie bereits für das Jahr 2002 wieder mit einer kräftigen Steigerung innerhalb des Minderungsbetrags des Steueraufkommens ausgehen, und bei den Kommunen wird noch eine Schippe draufgelegt ab dem Jahr 2002. Letztendlich werden mittelfristig gesehen demzufolge auch für Thüringen, um beim Ausgangspunkt Ihres Antrags wieder anzukommen, diese positiven Auswirkungen spürbar werden.
Zum Schluss, meine Damen und Herren, lassen Sie mich an dieser Stelle noch einen kleinen Dank aussprechen an Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU-Fraktion, dass ich aufgrund Ihres Antrags hier die Gelegenheit bekommen habe, doch noch einmal einige Fakten zur Steuerreform darzulegen, auch einiges richtig zu stellen. Das wäre mir sonst vor diesem hohen Hause nicht vergönnt gewesen, also vielen Dank.
Herr Abgeordneter, Sie geben mir damit für das ordnungsgemäße Verfahren die Möglichkeit zu sagen, dass natürlich die Aussprache auf Verlangen der Fraktionen erfolgt ist. Das hatte ich vorhin nicht so deutlich gesagt. Wir haben das jetzt nachgeholt und Sie haben mir eine gute Brücke dafür gebaut. Als Nächster hat sich der Abgeordnete Zeh, CDU-Fraktion, zu Wort gemeldet.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, die Einnahmesituation für den Doppelhaushalt 2001/2002 wird durch die beschlossene Steuerreform erheblich verschärft. So wie der Finanzminister eben dargestellt hat, muss Thüringen mit Steuerausfällen von in Summe 548 Mio. DM für die Jahre 2001/2002 rechnen.
Meine Damen und Herren, was das heißt, liegt auf der Hand. Unsere Sparanstrengungen sind nicht nur deshalb nötig, weil in der vergangenen Legislaturperiode mit der großen Koalition Sparen nicht eben gerade möglich war, sondern weil auch Bundesgesetze der rotgrünen Regierung uns dazu zwingen. Wenn Sie also, verehrte Kollegen von der SPD, sich gelegentlich im Land vernehmen lassen, die CDU würde das Land kaputtsparen, dann vergessen Sie bitte nicht hinzuzufügen, dass auch Bundesgesetze Ihrer Kollegen in Berlin die Ursache dafür sind, dass wir sparen müssen. Nicht, dass wir eine Steuerreform nicht wollten. Im Gegenteil! Wir sind froh, Herr Schuchardt, dass die Vernunft bei der SPD nun endlich gesiegt hat. Wir sind ja froh, dass die SPD nun endlich positiv begriffen hat, was sie in der Oppositionszeit durch Blockaden ständig verhindert hat,
nämlich dass Steuersenkungen die Betriebe entlasten und damit Wachstumsimpulse ausgelöst werden und letztendlich durch Wirtschaftswachstum wieder Steuermehreinnahmen entstehen. Leider ist das Gesetz, das die Regierung in Berlin vorgelegt hat, zu kurz geraten und ich sage Ihnen, Herr Höhn, Sie haben eben den Ministerpräsidenten angesprochen: Wenn die CDU mit Ministerpräsident Bernhard Vogel im Bundesrat nicht solche Nachbesserungen durchgesetzt hätte, dann wäre doch das Gesetz viel schlechter gewesen.