Protocol of the Session on September 15, 2000

Meine Damen und Herren, beim Landeserziehungsgeld leisten Thüringen und die meisten anderen CDU-regierten Länder mehr als die anderen Bundesländer und dessen sind wir uns bewusst und das machen wir ganz bewusst so. Es ist auch eine Tatsache, die man nachverfolgen kann, dass überall dort, wo Sozialdemokraten an die Regierung gelangten und eine Erziehungsgeldregelung vorfanden, meistens, ich sage meistens - wir haben es in der großen Koalition in Thüringen beibehalten -, abgeschafft haben. Wir meinen, dass dieses Geld, das wir in die häusliche Erziehung unserer Kinder investieren, als das Zukunftskapital Thüringens reiche Zinsen bringen wird.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, wir werden auch in den nächsten Jahren unverändert die Kindergärten unterstützen. In den nächsten zwei Jahren wird das Land Thüringen jeweils rund 225 Mio. Mark dafür einsetzen, um die laufenden Kosten der über 1.400 Kindertagesstätten mitzufinanzieren. Das heißt, wir bekennen uns dazu, aus dem Landeshaushalt ca. ein Drittel der laufenden Betriebskosten der Kindertagesstätten in unserem Land zu tragen, aber von größter aktueller Bedeutung sind die noch vorhandenen baulichen Defizite bei den Kindertageseinrichtungen.

(Beifall bei der CDU)

Die Landesregierung hat den Vorsatz, die notwendigen Sanierungsmaßnahmen bei den über 1.400 Tagesstätten Thüringens in dieser Legislatur zu einem vorläufigen Abschluss zu bringen. Meine Damen und Herren, ich bin vorsichtig mit der Aussage, deswegen sage ich: vorläufig.

Wir kennen noch nicht alle Anforderungen, die im Lande bestehen. Dieses Ziel haben wir uns aber vorgenommen und der Ministerpräsident Dr. Vogel hat bereits in seiner Regierungserklärung am 13. Oktober 1999 dieses Ziel genannt. Zurzeit liegen uns rund 250 Anträge auf Landeszuschüsse mit einem Gesamtvolumen von rund 35 Mio. DM vor. Da die Vergabegrundsätze für Sanierungsmaßnahmen eine hälftige Beteiligung der Gemeinden vorsehen, ergibt sich rechnerisch ein Sanierungsgesamtbedarf von rund 75 Mio. DM. Aber ich habe Ihnen ja schon gesagt, dass uns noch nicht alle Sanierungsnotwendigkeiten mitgeteilt worden sind.

Auch wenn dieses Problem in erster Linie zuständigkeitshalber im Pflichtaufgabenbereich der Gemeinden zu lösen ist und sich daher die Kreise und kreisfreien Städte im erforderlichen Maße einbringen müssen, so wollen wir doch durch Bereitstellung von Fördermitteln für die Sanierung hier Schritt für Schritt vorankommen, meine Damen und Herren, ohne in anderen Bereichen, z.B. Feuerwehrgerätehäusern, sparen zu müssen.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Gnade Gott, wir brauchen beides.)

Herr Abgeordneter Fiedler! Das habe ich erwartet, dass er droht. Um das Ziel der Sanierung der Kindertageseinrichtungen zu erreichen, werden wir 2001 und 2002 die Mittel für dementsprechende investive Förderung von in diesem Jahr 5,65 Mio. DM auf 10,65 Mio. DM jährlich erhöhen.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, die 5,65 Mio. DM in diesem Jahr, das ist auch das erste Mal, dass ein eigenständiger investiver Titel eingestellt war.

(Beifall bei der CDU)

Beim Thema "Hilfe für die Familien ihren Erziehungsauftrag zu erfüllen" kommt sicherlich auch der Familienbildung und Beratung eine herausgehobene Bedeutung zu. Wir haben deshalb die Mittel für Familienbildung deutlich angehoben, was sicherlich auch etwas mit Programm gegen rechts zu tun hat. Die Förderung von Maßnahmen freier Träger im Rahmen der Familienbildung nimmt in Thüringen bereits seit Jahren einen wichtigen Platz im Bereich der Familienförderung ein. Die Richtlinie zur Förderung der Familienbildung ist in diesem Jahr geändert worden, so dass es möglich ist, eine sozialpädagogische Fachkraft je Familienferienstätte bis zu 35.000 DM vom Land fördern zu lassen. Diese Fachkraft ist ausschließlich für die sozialpädagogische Betreuung von Familien während der Familienerholungs- und -bildungsmaßnahmen zuständig. Das Land fördert deshalb bis zu einem Drittel der Ausgaben für Familienbildungsmaßnahmen. In diesem Jahr sind rund 200 Bildungsmaßnahmen von 30 verschiedenen Trägern beantragt und durchgeführt worden.

Familienbildungsmaßnahmen finden vorrangig in Familienerholungs- und -bildungsstätten sowie innerhalb der Kirchgemeinden statt. Die Angebote der Familienbildung sind hinsichtlich der Themen und Zielgruppen sehr breit gefächert. Sie reichen, um nur einige Themen zu nennen, von täglichen Familienfragen wie Schule, Kindergarten, Umgang mit Säuglingen und Kleinkindern über Fragen partnerschaftlicher Beziehungen und sozialpolitische Themen bis hin zu meditativen Veranstaltungen. Der Familienbildung kommt in einer Zeit mit erhöhtem Orientierungsbedarf für Eltern und Jugendliche eine gesteigerte Bedeutung zu.

Die Unterstützung sozial schwacher Familien ist ein wichtiger Schwerpunkt der Politik der Landesregierung. Ich möchte hier fünf Maßnahmen zur Unterstützung von Familien, insbesondere Familien in schwierigen Situationen, nennen.

Zum Ersten unsere bereits seit 1992 bestehende Stiftung "Nothilfe für die Familie - Hilfe für schwangere Frauen in Not": Die Landesregierung gewährleistet die Kontinuität der Stiftung und die stetige Erhöhung des Grundstockvermögens mit dem Ziel, dass diese Stiftung eines Tages auf

eigenen Beinen steht und keines Landeszuschusses mehr bedarf. Zweck der Stiftung ist es, werdenden Müttern und Familien, die ihren Wohnsitz in Thüringen haben, in Not- und Konfliktsituationen ergänzende finanzielle Hilfe zu gewähren oder ihnen diese für die Zeit nach der Geburt des Kindes zuzusagen, um sozialen oder wirtschaftlichen Schwierigkeiten während und nach der Schwangerschaft zu begegnen. Zur Förderung dieses Stiftungszwecks stehen der Stiftung neben eigenen Mitteln auch die auf Thüringen entfallenden Leistungen aus der Bundesstiftung "Mutter und Kind - Schutz des ungeborenen Lebens" zur Verfügung. Außerdem vermag die Stiftung Hilfen an Familien in außergewöhnlichen Notlagen zu vergeben, denen mit dem Instrumentarium staatlicher Leistungsgesetze oder vorhandener Richtlinien nicht oder nicht rechtzeitig begegnet werden kann. Für den Stiftungszweck der Schwangerenhilfe - es gibt ja diese beiden Stiftungszwecke Schwangerenhilfe und Familienhilfe - wurden in ca. 35.000 Fällen durch die Stiftung bisher Mittel einschließlich Bundesmittel in Höhe von rund 48 Mio. DM bewilligt. Der Stiftungszweck der Familienhilfe wurde in bisher rund 3.700 Fällen in Höhe von rund 6,6 Mio. DM gefördert.

Zum Zweiten: Nicht minderbedeutend sind auch die Zuschüsse zum Urlaub für Familien mit geringem Einkommen, für die wir den Mittelansatz auf 500.000 DM erhöht haben. Ich glaube, es war Frau Abgeordnete Bechthum - oder war es Frau Thierbach, bitte sehen Sie es mir nach, wenn ich das nicht mehr genau weiß -, die gesagt hat, es gibt eben Familien, die haben seit Jahren keinen Urlaub mehr gemacht. Diese Familien wollen wir gerade mit diesem Geld unterstützen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU)

Zum Dritten: Wichtig ist uns aber auch die Unterstützung der Selbstorganisation der Familien in Thüringen. Schon bald nach der Wende haben sich Familienverbände in Thüringen gegründet und zu einer Arbeitsgemeinschaft im Rahmen des Arbeitskreises Thüringer Familienorganisationen zusammengeschlossen. Ich möchte an dieser Stelle danken für das Engagement dieser verschiedenen Familienorganisationen, dem Engagement der Evangelischen Arbeitsgemeinschaft für Familienfragen, des Landesverbandes des Deutschen Familienverbandes, der Gemeinschaft christlicher Eltern, des Katholischen Familienbundes im Land Thüringen und des Landesverbandes des Verbandes allein erziehender Mütter und Väter. Durch den Zusammenschluss in den Familienorganisationen können familienpolitische Anlagen und Interessen gebündelt und wirksam vertreten werden. Damit sie diese wichtige Aufgabe auch in Zukunft wahrnehmen können, brauchen die Verbände natürlich staatliche Unterstützung. Die ebenfalls ausgebaute Förderung der Familienverbände dient also nicht nur der materiellen Unterstützung von Familien. Für die fünf Familienverbände wenden wir in diesem Jahr etwa 300.000 DM an Unterstützung auf. Ich denke, auch diese sind gut angelegt. Es ist übrigens der höchste Betrag, der den Familienverbänden in Thüringen bisher zur Verfügung

gestellt werden konnte. Die Familienverbände sind ebenso wie Frauenverbände, der Landesjugendhilfeausschusses und andere mit Familien, Frauen und jugendpolitischer Verantwortung betraute Verbände und Institutionen Mitglied im Beirat für Familien und Frauen, der die Landesregierung in den sozialen, rechtlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Fragen berät, die Frauen und Familien in besonderem Maße betreffen.

(Beifall Abg. Althaus, CDU)

Zum Vierten: Auch die Einrichtungen der Familienzentren sind bedeutend als Selbsthilfestrukturen und zur Verbesserung der lokalen Lebensbedingungen der Familie. Mit dem Aufbau von multifunktionalen Familienzentren ist ein an den Bedürfnissen von Familien orientiertes Instrument entwickelt worden, das Bedeutung hat für die Verbesserung der Lebensbedingungen der Familien der Region, Bedeutung hat für die Entwicklung von Selbsthilfestrukturen und Bedeutung hat für die Familienorientierung der Kommunalpolitik. Die Förderung von Familienzentren, die Orte zum Kontakt, Erfahrungs- und Meinungsaustausch sind, soll zur Unterstützung, Entlastung und Verbesserung des Lebensumfeldes von Familien beitragen. Seit 1998 fördert der Freistaat Thüringen anteilige Personal- und Sachausgaben von Familienzentren. Familienzentren als Orte der Begegnung, Kommunikation und für Freizeitaktivitäten der Familien stellen eine wesentliche Bereicherung der Familienpolitik Thüringens dar. 1998 waren es nur zwei Familienzentren, im Jahre 2000 sind es bereits zehn und zwei weitere Familienzentren sind im Entstehen.

(Beifall bei der CDU)

Dieses ergänzt sich durch das Angebot der Frauenbeauftragten der Thüringer Landesregierung mit 14 Frauenzentren, bei denen es sich zum Teil eben um Frauen- und Familienzentren handelt.

Zum Fünften: Familien in Krisen und mit Problemen der Lebensgestaltung stellen wir die Hilfe der Erziehungs-, Ehe-, Familien- und Lebensberatungsstellen zur Verfügung. Die 41 Einrichtungen wurden 1999 und 2000 jeweils mit etwa 3,3 Mio. DM gefördert.

Meine Damen und Herren, gesetzlich vorgegeben ist die Schwangerenkonfliktberatung. Sie entspricht den Vorgaben des Schwangerschaftskonfliktgesetzes und sie ist in allen Thüringer Regionen gewährleistet. Das Netz staatlich geförderter Schwangerschaftsberatungsstellen und Konfliktberatungsstellen wurde unter Beachtung der Kriterien Wohnortnähe und Pluralität des Angebots aufgebaut. Derzeit werden 35 Schwangerschaftsberatungsstellen mit 10 Außenstellen aus Landesmitteln gefördert. Schwangerschaftsberatungsstellen in freier Trägerschaft erhalten dabei eine 100-prozentige Förderung der Personalausgaben des Trägers. Und Schwangerschaftsberatungsstellen kommunaler Träger erhalten eine 90-prozentige Förderung der Personalausgaben. Zusätzlich bekommen

diese Beratungsstellen eine Pauschale für Sachkosten in Höhe von 9.000 DM pro Beratungsfachkraft. Sie wissen alle, die Diözese Erfurt hat im Frühjahr erklärt, dass sich die katholischen Beratungsstellen ab 01.01.2001 aus der Schwangerschaftskonfliktberatung nach §§ 5 bis 7 Schwangerschaftskonfliktgesetz zurückziehen und nur noch Beratungsaufgaben nach § 2 wahrnehmen. Von Seiten der Landesregierung wird auch in Zukunft gewährleistet, dass es zu keiner Einschränkung in den Beratungsangeboten in den betreffenden Regionen kommen wird. Ebenso wird darauf hingewirkt, dass das plurale Trägerangebot in Thüringen in dieser Konstellation erhalten bleibt. Gegenwärtig wird geprüft, ob der Landesverband Donum Vitae Thüringen in die Schwangerschaftskonfliktberatung eintreten kann.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich an dieser Stelle, an der es ja auch um spezifische Leistungen des Staates speziell für die Ehe geht, noch kurz Stellung nehmen zu einem ganz aktuellen Problem, die Diskussion um so genannte registrierte Partnerschaft für gleichgeschlechtliche Paare. Meine Damen und Herren, nach Auffassung der Landesregierung darf die Ehe nicht durch den Gesetzgeber zur Disposition gestellt werden.

(Beifall bei der CDU)

Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Rechtsprechung mehrfach deutlich gemacht, dass die Ehe verfassungsrechtlich geschützt ist, um die rechtliche Absicherung der Partner wegen ihrer Möglichkeit zur Gründung einer Familie zu gewährleisten. Und es gibt auch keinerlei Hinweise darauf, dass die Lebensperspektive einer kinderlosen Ehe von einem nennenswerten Teil der Bevölkerung in Umfragen als ein Ideal angesehen wird, im Gegenteil, dass nach allgemeiner Auffassung die Partnerschaft der Ehe immer auch die grundsätzliche Möglichkeit von Kindern einschließt. Ich hatte dieses zum Anfang schon ausgeführt. Zwar sollten Menschen, und das muss ganz klar sein, die außerhalb einer Ehe zusammengehören wollen, sich auch Dritten gegenüber als Angehörige behandeln dürfen. Homosexuelle Menschen und Lebensgemeinschaften haben in unserer Gesellschaft Anspruch auf Achtung ihrer persönlichen Lebensplanung und müssen vor Diskriminierung geschützt werden. Das dürfte wohl allen klar sein. Aber, meine Damen und Herren, damit besteht kein Grund und schon gar kein Anspruch auf spezielle Förderung solcher Partnerschaften. Nur Ehe und Familie haben einen in der Verfassung verankerten Anspruch auf den besonderen Schutz durch die staatliche Ordnung.

(Beifall bei der CDU)

Nach einem Gesetzentwurf der Berliner Regierungsfraktionen sollen künftig die Rechtsinstitute Ehe und registrierte Partnerschaft sozusagen zulässige Alternativen und somit vergleichbar werden. Die Ehe und die so genannte eingetragene Partnerschaft sind aber schon deshalb voneinander grundsätzlich verschieden, weil die Ehe von ihrem Wesen her auf die Möglichkeit der Familiengründung und

der Kinderbetreuung angelegt ist, die geplante eingetragene Partnerschaft aber gerade nicht. Die auf Dauer angelegte Ehe ist auch die beste Grundlage dafür, dass Frau und Mann partnerschaftlich füreinander und als Mutter und als Vater für ihre Kinder Verantwortung übernehmen und für das Wohl der Kinder sorgen. Das ist übrigens auch der Grund, weshalb der Artikel 6 des Grundgesetzes und Artikel 17 der Thüringer Verfassung den Staat verpflichten, Ehe und Familie besonders zu schützen und zu fördern. Diese angemessenen besonderen Rechte werden angetastet, wenn man der Ehe unter Nichtbeachtung ihrer einmaligen Bedeutung für Staat und Gesellschaft ein gleichsam konkurrierendes zweites Leitbild zur Seite stellt. Auf die absehbaren Weiterungen, die die Einführung einer solchen eingetragenen Partnerschaft mitbringen könnte, will ich hier nur ganz kurz hinweisen. Es erhebt sich nämlich dann die Frage, ob nicht auch heterosexuelle unverheiratete Paare im Sinne der Gleichbehandlung eine Ehe zweiter Ordnung für sich einfordern könnten. Dann gäbe es künftig auch unter heterosexuellen Paaren Ehen erster und Ehen zweiter Ordnung. Es scheint gleichfalls nahe zu liegen, dass bei einer Einführung der eingetragenen Partnerschaft sich als nächster Schritt die jetzt auszuklammernde Frage ergibt, ob in einer anerkannten homosexuellen Partnerschaft Menschen nicht auch ein Recht auf Kinder geltend machen können. Schon heute wird die Frage diskutiert, ob es ein Recht des Staatsbürgers auf Adoption oder auch auf künstliche Befruchtung gibt. Meine Damen und Herren, hier muss ich sagen: nein. Denn die Frage kann sinnvollerweise nur aus der Perspektive des Kindswohls beantwortet werden und nicht aus der Perspektive der Erwachsenen.

(Beifall bei der CDU)

Menschen haben verständlicherweise Kinderwünsche und ich habe vorhin betont, wie schlimm es ist, wie sehr ich es nachempfinden kann - ich kann es nicht selber -, wenn Kinderwünsche nicht erfüllt werden. Kinderwünsche sind verständlich, aber es gibt keinen Anspruch darauf Kinder zu haben. Das gilt für heterosexuelle Paare genauso wie für homosexuelle. Der Gesetzentwurf der Berliner Regierungskoalition verstößt demnach gegen Artikel 6 des Grundgesetzes. So wird sich die Landesregierung auch im Bundesrat verhalten, das kann ich heute schon ankündigen.

(Beifall bei der CDU)

Ich denke, mit verfassungswidrigen Gesetzesnovellierungen ist niemandem gedient.

Meine Damen und Herren, trotz aller Maßnahmen der Hilfen für Familien und Kinder lassen sich Krisen oder Situationen, die gerade von Kindern als Krisen erlebt werden, nicht immer vermeiden - ich sage ganz bewusst: von Kindern als Krisen erlebt werden. Nicht jede Situation, die ein Kind als Krise empfindet, ist wirklich eine Krise. Aber sie wird empfunden, denn Krise kann auch sehr subjektiv sein. In dieser Situation Hilfe anzubieten ist das Anliegen des Kinderschutzes. Als Beispiel einer di

rekten Krisenintervention durch den Staat möchte ich an dieser Stelle die mir ausgesprochen wichtige Maßnahme des Kinderschutzes nennen. Der Freistaat Thüringen hat die 13 Kinderschutzdienste in 12 Städten in den vergangenen Jahren mit erheblichen Mitteln gefördert. Für das Jahr 2000 verausgabt mein Ministerium etwa 1 Mio. DM an Fördermitteln. Aus Mitteln meines Ministeriums wurde von 1995 bis 1998 im Wege der Anteilfinanzierung von Personalausgaben auch das Modellprojekt Kinderschutzwohnungen mit jeweils rund 260.000 DM pro Jahr gefördert. Darüber hinaus haben wir in Thüringen ein Kinder- und Jugendsorgentelefon mit 12 Zieltelefonen in neun Städten eingerichtet. Ein Angebot an Hilfe suchende junge Menschen, das landesweit unter einer einheitlichen und kostenlosen Rufnummer zu erreichen ist.

Meine Damen und Herren, eine beachtliche Zahl - 1999 waren es fast 55.000 Gespräche, die über dieses Telefon geführt wurden. Ein Dank - es ist keine Werbung -, es ist nur ein ganz einfacher Dank an die Telekom, dass die Kosten für diese Telefonleitungen von der Telekom übernommen worden sind.

(Beifall bei der CDU)

Aber besonders hervorheben möchte ich, dass in Gera und in Meiningen Jugendliche am Sorgentelefon als Gesprächspartner sitzen. Eine großartige Leistung von jungen Menschen, die eine Ausbildungszeit hinter sich gebracht haben und die als Partner Jugendlichen und Kindern gegenüber stehen, die meinen, sie seien in einer Krisensituation. Das ist schon eine großartige Leistung und, meine Damen und Herren, wenn wir von unserer Jugend heute reden, von Rechtsextremismus, Gewalt usw., dann sollten wir auch das im Auge haben, dass sich junge Menschen verantwortlich fühlen für ihre gleichaltrigen Mitbürger.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, nunmehr zu dem besonders bedeutenden Bereich der Jugendpolitik: Bereits § 1 des Achten Sozialgesetzbuchs Kinder- und Jugendhilfe formuliert als allgemeines Ziel der Jugendhilfe die Erziehung junger Menschen zu eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeiten. Die Förderung der Maßnahmen der Jugendhilfe wurde seit der Wiedergründung des Freistaats Thüringen ganz erheblich ausgebaut. Im Jahr 2000 werden wir über 53 Mio. DM aufwenden. Für den Bereich der Jugendarbeit und der Jugendverbandsarbeit setzt Thüringen umgerechnet auf die Einwohnerzahl damit 13,56 DM pro Einwohner ein. Meine Damen und Herren, Sie werden sagen, für die Jugend pro Einwohner nur 13,56 DM - schauen Sie sich bitte vergleichbare Zahlen in anderen Ländern an. Ich nenne sie nicht, damit nicht von einigen der Appetit zu groß wird, da mal zuzugreifen. Ich denke, wir können uns mit dem, was wir in diesem Bereich leisten im Verhältnis zu anderen Bundesländern, durchaus gut sehen lassen. Eine der strukturell

bislang bedeutendsten Maßnahmen war sicherlich die Einführung der Jugendpauschale, die einvernehmlich von den beiden demokratischen Parteien SPD und CDU getragen wurde. Die Landesregierung legt größten Wert auf die Erhaltung dieses Jugendprogramms. Und mit der Umsetzung der Jugendpauschale nimmt der Freistaat Thüringen qualitativ und quantitativ im Vergleich zu anderen Bundesländern eine herausragende Stellung ein. Ich sehe aber nach wie vor keinen Grund für eine gesetzliche Fixierung der Jugendpauschale, wir haben uns hier im Parlament darüber unterhalten. Die Jugendpauschale hat sich auch in der jetzigen Form als sehr verlässliches Förderinstrument für Landkreise und kreisfreie Städte erwiesen, um in deren originärem Zuständigkeitsbereich die zahlreichen Angebote der Jugendarbeit sowie Sozialarbeit und der ambulanten erzieherischen Hilfe mit bedarfsgerecht fest angestelltem Personal abzusichern. Wir haben ab dem Jahr 2000 die erforderlichen Landesmittel hierfür in einem eigenen Haushaltstitel festgelegt. Mit der Jugendpauschale ist es aber auch gelungen, die Jugendförderplanung in allen Landkreisen und kreisfreien Städten voranzutreiben und die örtlichen Angebote der Jugendhilfe auszubauen. Das Ziel der Stabilisierung und des bedarfsgerechten Ausbaus von Angeboten der Jugendarbeit, der Jugendsozialarbeit, des erzieherischen Kinder- und Jugendschutzes sowie vieler ambulanter erzieherischer Hilfen ist durch die Förderung von nahezu 900 Personalstellen erreicht worden. Besonders hervorheben möchte ich aus den zahlreichen Maßnahmen der Jugendhilfe die arbeitsweltbezogene Jugendsozialarbeit. In Thüringen hat sie insbesondere durch die in der 1. Legislaturperiode getroffene Regelung in § 19 des Thüringer Kinder- und Jugendhilfeausführungsgesetzes sowie im Programm Jugendberufshilfe Thüringen bereits eine gute Tradition und nimmt auch fachlich unter allen Bundesländern eine Vorbildfunktion ein. Dies gilt sowohl für die Zusammenarbeit der öffentlichen und freien Träger der Jugendhilfe, der Schulen, der Arbeitsverwaltung, der Kammern und Gewerkschaften als auch für die individuellen Hilfen für Jugendliche zur beruflichen Eingliederung. Jedem Jugendlichen soll damit eine Chance zur Berufsausbildung geboten werden. Die Jugendhilfe soll helfen, Benachteiligungen abzubauen. Gemeinsam mit dem Kultusministerium ist es gelungen, die Finanzierung von Personalstellen für Sozialpädagogen an Berufsschulen durch den Europäischen Sozialfonds abzusichern, und wir prüfen gegenwärtig, ob eine Ausweitung dieses Projekts auch auf Regelschulen möglich ist.

(Beifall bei der CDU)

Damit steht ein wichtiges Bindeglied an der Nahtstelle zwischen Jugendhilfe und Schule zur Verfügung. Die Landesregierung hat ihren Wunsch deutlich gemacht, im Rahmen der ihr zur Verfügung stehenden Möglichkeiten Jugendlichen berufliche Chancen zu eröffnen und sie nicht ins soziale und auch politische Abseits geraten zu lassen. Das gilt selbstverständlich für alle von uns geförderten Angebote der Jugendhilfe. Der Landesjugendförderplan, den wir in

seiner seit der 1. Legislaturperiode entwickelten Förderstruktur weiter erhalten wollen, ist ein klares Zeichen dafür, dass in Thüringen Jugendliche nicht alleingelassen werden und eine Vielzahl von unterschiedlichen Angeboten für Jugendliche besteht, auch um gewissermaßen Jugendliche von der Straße zu holen. Mit dem Landesjugendförderplan kommt der Freistaat als überörtlicher Träger der Jugendhilfe seinen gesetzlichen Zuständigkeiten und Verpflichtungen nach. Einen ausgesprochenen Schwerpunkt nimmt hierbei die Unterstützung der landesweit tätigen Jugendverbände ein.

Meine Damen und Herren, Jugendverbände, die mit ihrem Selbstverständnis, ihrer Werte- und Normvermittlung und einer starken Selbstorganisation nicht nur Alternativen zu Konsumangeboten darstellen, sondern der breiten Masse der - ich sage mal so - normalen und nicht krisenbelasteten Jugendlichen Angebote unterbreiten; das erscheint mir wichtig. Und ich bin dankbar, dass es so viele Jugendliche sind. So haben an den Landesjugendspielen der Thüringer Sportjugend in diesem Jahr 9.000 Thüringer Kinder und Jugendliche teilgenommen, am Landesjugendsonntag der Evangelischen Jugend Thüringens rund 2.000 junge Menschen, um nur einige Beispiele zu nennen.

Ein weiterer Schwerpunkt ist die außerschulische Bildung. Hier werden seit Jahren über 20 Jugendbildungsreferenten bei Verbänden und Einrichtungen sowie Seminaren und Veranstaltungen gefördert. Internationale Jugendarbeit ist ein Bereich, der auch in nächster Zeit immer mehr an Bedeutung gewinnen wird. Direkte und intensive Kontakte mit Jugendlichen anderer Herkunft, Hautfarbe und Einstellung haben einen nachhaltigen Einfluss auf die persönliche Entwicklung junger Menschen, der insbesondere mit Blick auf die Entwicklung persönlicher Toleranz nicht unterschätzt werden sollte und nicht unterschätzt werden darf. Unter Einbeziehung aller Förderprogramme, die durch mein Haus koordiniert und umgesetzt werden, wurden jährlich um die 100 internationale Jugendbegegnungsmaßnahmen direkt finanziert oder mitfinanziert.