Protocol of the Session on September 14, 2000

Vielen Dank, Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, der Wortlaut des Themas dieser Aktuellen Stunde "Rechtsextreme Denk- und Verhaltensweisen

unter Thüringer Schülern" signalisiert für mich Zweifel der Antragsteller an der Demokratiefähigkeit unserer Schülerinnen und Schüler. Demgegenüber möchte ich in Erinnerung rufen, dass es vor allem Thüringer Schülerinnen und Schüler waren, die in diesem Sommer spontan und engagiert gegen rechtsextrem motivierte Übergriffe auf die Straße gingen.

(Beifall bei der CDU)

Selbstverständlich nehme ich jeden Zweifel ernst, warne aber vor pauschalen Vorverurteilungen und Aktionismus. Der Rechtsextremismus ist eine politische Herausforderung. Er ist aber keine Überforderung, auch nicht für Thüringer Schulen. Das Thema Rechtsextremismus ist auch kein alleiniges ostdeutsches Thema, sondern muss auch im Lichte allgemeiner Jugendpsychologie gesehen werden. Schließlich gibt es heute kaum noch Tabus, die sich von, aus welchen Gründen auch immer, frustrierten und isolierten Jugendlichen wirksam und mit Erwartung einer öffentlichen Resonanz verletzen lassen. Aufgrund der spezifisch belasteten deutschen Vergangenheit ist der rechtsextreme Tabubruch insofern in der Logik der jugendlichen Täter besonders "Erfolg versprechend". Wir müssen allerdings auch einräumen, unter manchen ehemaligen DDR-Bürgern gibt es immer noch eine spezifische Anfälligkeit für Extremismus, die sich auch auf Kinder übertragen kann, die diese Zeit selbst nicht bewusst erlebt haben. Die vom SED-Staat produzierte "Lawand-order-Mentalität" war die schlechtest mögliche Vorbereitung auf eine Gesellschaft mit offenen Grenzen und starker Dynamik. In der DDR gab es kein Asylrecht, von Integrationspolitik ganz zu schweigen. Hinzu kam, dass ideologisch motivierter Hass explizite Kategorie der staatlichen Erziehung war.

Nach wie vor gilt trotzdem, dass rechtsextreme Gewalt und Delikte, wie das Tragen von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen an Thüringer Schulen, kein Phänomen mit weitreichender Verbreitung sind. 1998 sind uns 14 einschlägige Vorkommnisse bekannt geworden, 1999 waren es 25 und in diesem Jahr gibt es bei über 280.000 Schülern insgesamt bislang 32 gemeldete Vorkommnisse. Es handelt sich dabei im Wesentlichen um Hakenkreuzschmierereien und das Nachahmen des so genannten Hitlergrußes, um Eintragungen von fremdenfeindlichen oder rassistischen Sprüchen und Parolen in Hausaufgabenheften o.ä. Soweit zum aktuellen Sachstand.

Selbstverständlich stehe ich, wie grundsätzlich alle Lehrerinnen und Lehrer an den Thüringer Schulen, in der Verantwortung, alles an den Schulen Mögliche zu tun, um rechtsextremistischen Erscheinungen entschieden entgegenzutreten und vor allem entsprechend präventiv zu wirken. Dazu möchte ich noch einige Ausführungen machen.

Lassen Sie mich zunächst die Lehrpläne an den Thüringer Schulen ansprechen. Die in Thüringen seit Jahren bestehende fächerübergreifende Themenstellung "Erziehung

zu Gewaltfreiheit, Toleranz und Frieden" ist in den Lehrplänen deutlich gekennzeichnet als GTF. Hierin sind Anregungen auch schon für den Unterricht in der Grundschule enthalten. So werden im Fach Heimat- und Sachkunde insbesondere regionale Bezüge aufgegriffen, beispielsweise ein jüdischer Friedhof in der Gemeinde, oder es werden öffentliche Gedenktage altersgerecht im Unterricht thematisiert. Im Unterricht der Klassenstufen 5 und 6 ist z.B. das "Tagebuch der Anne Frank" Thema des Deutschunterrichts. Im Zuge der thematisch chronologischen Behandlung wird die Zeit des Nationalsozialismus in Klassenstufe 9 und die deutsche Frage und ihre Lösung in der Klassenstufe 10 ausführlich behandelt. Darüber hinaus gibt es im Rahmen des rechtskundlichen Unterrichts Möglichkeiten, gegen Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit gezielt vorzugehen. Der Einsatz von Juristen im rechtskundlichen Unterricht ist eine gemeinsame Initiative des Thüringer Justiz- und Kultusministeriums. In der Themenreihe "Materialien" ist hierzu inzwischen eine Broschüre erschienen. Auch in der gymnasialen Oberstufe sind einschlägige Themenstellungen in den Lehrplänen vorgeschrieben. Die Reihe ließe sich fortsetzen. Die Thüringer Lehrpläne sind also in Ordnung.

Was die Lehrerin oder der Lehrer im Rahmen ihrer pädagogischen Verantwortung und Freiheit aus den Vorgaben des Lehrplanes machen, das kann ein Kultusministerium nicht im Einzelfall vorgeben. Entscheidend ist, die Lehrerinnen und Lehrer für die Behandlung dieses Themenfeldes in angemessener Breite und methodischer Vielfalt weiterhin zu sensibilisieren und fortzubilden. Das geschieht durch das ThILLM, hier werden gezielte Bildungs- und Qualifikationsmaßnahmen auf unterschiedlichen Ebenen angeboten. Das geschieht in der innerschulischen Fortbildung, in der regionalen und landesweiten Fortbildung. Auch mit Partnern, wie etwa der Landeszentrale für politische Bildung oder dem Landesjugendring, werden Veranstaltungen durchgeführt, die dem Ziel der Demokratieerziehung und der politischen Bildung dienen. Aus aktuellem Anlass haben Kollege Dr. Pietzsch und ich ein gemeinsames Fortbildungsangebot von ThILLM und Jugendhilfe vereinbart. Lehrerinnen und Lehrer nutzen zudem auch Angebote von freien Trägern der Erwachsenenbildung sowie die Angebote der Volkshochschulen. Gerade haben wir in der Reihe "Materialien" eine neue ThILLM-Broschüre in Druck gegeben. Es handelt sich um das Heft 42 mit dem Titel "Sehen, verstehen und verarbeiten - KZ Buchenwald von 1937 bis 1945, KZ Mittelbau Dora von 1943 bis 1945". Mit diesem Material können Lehrerinnen und Lehrer den Besuch der beiden genannten Gedenkstätten noch effektiver vor- und nachbereiten.

Meine Damen und Herren, über den Unterricht im engeren Sinne hinaus, spielen Projektarbeiten an Thüringer Schulen eine wichtige Rolle. Das beginnt schon in der Grundschule. Ein Projekt trägt zum Beispiel dort den treffenden Namen "Es fängt mit einem Lächeln an". Ein Projekt zusammen mit dem Ausländerbeauftragten wird der

Frage "Was ist ein Fremder?" nachgehen. Zu den Projekten an weiterführenden Schulen gehören beispielsweise Jugendbegegnungen und Schüleraustausch ebenso wie die Beschäftigung mit den Gedenkstätten Buchenwald, Mittelbau Dora oder Auschwitz. Dazu gehört die Beschäftigung mit der Verstrickung der Erfurter Ofenbaufirma Topf & Söhne mit Auschwitz. Dazu gehören eine multimediale Recherche zum Widerstand der Geschwister Scholl, Theatervorstellungen, ein Jiddisch-Workshop, Erforschung des Schicksals jüdischer Familien und nicht zuletzt die kritische Auseinandersetzung mit der nationalsozialistischen oder realsozialistischen Geschichte der eigenen Schule. Ich könnte hier noch viele Beispiele nennen.

Im Haushaltsentwurf 2001/2002 wurden die entsprechenden Projektmittel noch einmal um 100.000 DM aufgestockt. Ferner ist Thüringen das Sitzland des bundesweiten Förderwettbewerbs "Demokratisch Handeln". Hier werden auch in Form von länderübergreifenden Workshops Arbeiten mit Schülerinnen und Schülern zum demokratischen Handeln, zur Zivilcourage unterstützt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, sehr wichtig ist mir in diesem Zusammenhang auch die Kooperation mit der Landeselternvertretung und mit der Landesschülervertretung, die auf der Freiwilligkeit und dem Engagement der Beteiligten aufbaut. Völlig richtig haben beide demokratischen Vertretungen auf Subsidiarität gesetzt und bereits in den Sommerferien die Schulkonferenzen aufgefordert, der Situation vor Ort entsprechend das Thema Rechtsextremismus auf die Tagesordnung zu setzen. Die Schulkonferenzen können am besten die Situation analysieren und gegebenenfalls Maßnahmen einleiten. Dass sie im Bedarfsfall jede Unterstützung der Schulämter und des Thüringer Kultusministeriums erwarten können, ist eine Selbstverständlichkeit. Erwähnen möchte ich in diesem Zusammenhang auch die besonderen Angebote für Eltern und Familien von freien Trägern der Erwachsenenbildung und die Volkshochschulen sowie von der Landeszentrale für politische Bildung. Auch die Elternakademie am ThILLM macht auf Wunsch spezielle Kursangebote.

Besonders ermutigend empfinde ich es auch, dass die Landesschülervertretung den Vorsitzenden der Jüdischen Landesgemeinde zu ihrem nächsten Politiktag eingeladen hat. In diesem Zusammenhang möchte ich abschließend an alle Eltern, Vereine, an die Kommunen und die Kirchgemeinden appellieren: Kümmern Sie sich nach dem Unterricht um die Schüler, machen Sie ihnen sinnvolle Freizeitangebote, damit sie nicht extremistischen Rattenfängern anheim fallen. Auch unsere Schulen werden sich dazu, wo immer dies gewünscht ist, noch weiter öffnen. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Danke, Herr Minister Krapp. Als Nächster hat sich Herr Abgeordneter Dewes zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, Herr Kultusminister, ich bin ganz froh, dass ich nach Ihnen reden darf, denn das, was Sie vorgetragen haben, hat bestätigt, wie wichtig es war, dass wir diese Aktuelle Stunde beantragt haben, denn Sie haben genau das fortgesetzt, was Sie im Bildungsausschuss auch zu diesem Thema gesagt haben. Die SPD hat keineswegs Zweifel an der Demokratiefähigkeit der Thüringer Schülerinnen und Schüler geübt, aber - und ich sage es hier in aller Deutlichkeit und versuche es auch prägnant zu sagen ich bin der Auffassung, dass Sie verharmlosend mit diesem Thema umgehen, und wer Ihnen zuhört ist der Auffassung, dass in diesem Lande alles getan worden ist und alles getan wird, um an den Thüringer Schulen mit diesem wichtigen Problem adäquat umzugehen. Das ist nicht so.

(Beifall bei der SPD)

Ich will es auch an einigen Punkten deutlich machen. Sie haben eine ganze Reihe von Projekten aufgezählt und Sie haben vor Aktionismus gewarnt. Die Aufzählung von Projekten ist schön und gut und wenn sich die Landesschülervertretung mit Herrn Nossen trifft, dann ist dies gut, aber dies ändert im Ergebnis zunächst einmal für sich genommen allein gar nichts, sondern es ist die Frage, wie können Schulen flächendeckend, diese 250.000 Schülerinnen und Schülern mit ihren 26.000 Lehrerinnen und Lehrern, als Gesamtprojekt gezielt und organisiert in eine Kampagne der Prävention eingebunden werden. Das ist doch das Thema und darüber ist doch im Bildungsausschuss geredet worden. Wenn Herr Prof. Goebel das Thema "Polizei" angesprochen hat und gesagt hat, die Lehrerinnen und Lehrer seien nicht mit der Polizei vergleichbar, man könne nicht - so habe ich das verstanden - anordnen, was geschieht. Ich muss Ihnen sagen, Herr Prof. Goebel, da bin ich anderer Auffassung. Lehrerinnen und Lehrer sind genauso Landesbedienstete wie Polizeibeamtinnen und -beamte und sie haben ihre Aufgabe und Pflicht zu erfüllen, nicht mehr und nicht weniger. Sie werden gut dafür bezahlt. Es gibt keine so große Personengruppe im öffentlichen Dienst wie die Lehrerinnen und Lehrer es sind, die machen etwa 40 Prozent der beim Land beschäftigten Personen aus. Ich möchte, dass sie in die Pflicht genommen werden, weil ich den Eindruck habe, dass Lehrerinnen und Lehrer - gerade was dieses Thema angeht, ich rede gerne nicht über Weiterbildung, ich rede über Fortbildung, ich sage einmal Qualifizierung, Herr Dr. Krapp - sich nicht nur fachbezogen weiterqualifizieren, das tun sie ohnehin nicht genug, sondern dass sie sich vor allen Dingen, was Bildung und Erziehung angeht, weiterqualifizieren und vor allen Dingen diese Aufga

be zu Toleranz und Demokratie.

Ich will auch einige Fragen ansprechen, von denen ich der Auffassung bin, dass sie einfach zu kurz kommen, nämlich Schülerinnen und Schüler zu sozialer Kompetenz zu erziehen, zum offensiven Umgang mit anders Denkenden, Menschen anderer Religionen und Hautfarbe. Das ist das Problem und ich fordere Sie einfach auf, die Schulen mehr hier einzubinden. Als ich im Ausschuss gefragt habe, welche Straftaten es denn sind, um die es geht, so haben Sie heute zwar gesagt, es sind überwiegend Propagandadelikte. Ich möchte wissen - und Sie haben das zugesagt, bis heute ist das nicht erfolgt -, wie diese 14 Straftaten in Schulen in 1998, die 25 in 1999 und bis August die 32 in 2000 aussehen; inwieweit es sich da um Körperverletzungen handelt, inwieweit es sich da um Sachbeschädigungen handelt.

Wenn Ihre Abteilungsleiterin im Ausschuss von Brennpunktschulen in Thüringen redet, da muss ich sagen, da sind bei mir alle Ohren hochgegangen und ich muss sagen, was sind denn Brennpunktschulen in Thüringen? Das ist zu definieren und ich möchte wissen, wo sich diese Brennpunktschulen befinden, wie Sie mit diesem Thema umgehen.

Herr Kultusminister, die meisten Täter im rechtsextremistischen Bereich sind nicht Täter, die diese Taten in Schulen vollbringen und ausüben, aber es sind überwiegend Schülerinnen und Schüler, Berufsschülerinnen und -schüler z.B. und das, was der Innenminister heute hier gesagt hat, dass es sich überwiegend um Straftäter handelt, die sich in Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnissen befinden als Jugendliche, aber es sind Kinder und Jugendliche, die sich noch im schulischen Bereich und Einzugsfeld befinden. Deshalb diese Zahl 32, die Sie nennen einmal von der Dunkelziffer ganz abgesehen -, das ist nur die Spitze des Eisberges und deshalb ist Schule in diesem Feld weit mehr gefordert als Sie es hier beschrieben haben.

Als ich angefragt habe, wie es denn mit dem Vorschlag der Landeselternvertretung ist, nämlich auf Schulkonferenzen dieses Thema zu diskutieren und gesagt habe, tun Sie etwas dafür, dass das auf allen Schulkonferenzen verbindlich geschehen muss und lassen Sie sich auch berichten, was dort diskutiert worden ist, was wir den Schulbehörden berichten, dass man auch den Dingen nachgehen kann, wo sich die Problemfelder in diesem Lande befinden. Wenn ich mich recht entsinne, ist in diesem Zusammenhang der Ausdruck von Ihnen gefallen, wir sind doch kein Obrigkeitsstaat. Wenn hier eben von Demokratie geredet worden ist, Herr Prof. Goebel, auch im Verhältnis zur Polizei, dann muss ich Ihnen sagen, es hat schon etwas mit Demokratie zu tun, wenn öffentlich Bedienstete, Angestellte, Beamtinnen und Beamte angehalten werden, ihre Pflicht zu tun in diesem Sinne. Wenn ich einen Betrieb hätte als Unternehmer, dann würde ich von meinen Angestellten und meinen Arbeitnehmerinnen und Ar

beitnehmern erwarten, dass sie sich der Weiterbildung und Fortbildung unterziehen und ich würde dies auch überwachen und würde dies anordnen. Wer dies nicht tut, der hätte mit Konsequenzen bis zur Entlassung zu rechnen, um dies in aller Deutlichkeit hier zu sagen.

(Beifall bei der SPD)

Herr Abgeordneter Dr. Dewes, bitte kommen Sie zum Schluss.

Ich komme zum Schluss. Noch ein Wort zum 9. Schuljahr. Sie haben gesagt, dass schon in der Grundschule und vorher das Thema "Erziehung zu Toleranz und Demokratie" in den Lehrplänen enthalten ist. Aber Sie haben auch konstatiert, und ich halte das für ein Problem, dass über die jüngere deutsche Geschichte, über den Nationalsozialismus erst in Klasse 9 in allen Lehrplänen der Thüringer Schulen behandelt und gehandelt wird, denn das sind die Altersgruppen, nämlich die 15- und 16-Jährigen, die z.B. den Brandanschlag auf die Synagoge durchgeführt haben, und das sind die Täterinnen und Täter, mit denen wir es im Wesentlichen zu tun haben. Sie waren nicht bereit, auf uns einzugehen, als wir den Vorschlag gemacht haben, einmal darüber zu reden, ob es nicht sinnvoll wäre, mit pädagogisch geeigneten Mitteln auf geeignete Weise dieses Thema jüngerer deutscher Geschichte, vor allem Nationalsozialismus, früher zu behandeln als dies heute der Fall ist. Ich halte dies für notwendig.

(Beifall bei der SPD)

Als Nächster hat sich Herr Abgeordneter Emde zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, es reizt schon, hier noch einige Worte zu entgegnen. Erst einmal, Herr Dr. Dewes, ich habe das schon im Ausschuss mit großer Verwunderung zur Kenntnis genommen, dort haben Sie noch viel drastischere Worte gewählt. Ihrer Behauptung, die Sie hier geäußert haben, dass sich die Lehrer nicht genügend fortbilden, müsste ich doch auf das Schärfste widersprechen.

(Beifall bei der CDU)

Ich halte das für eine absolute Unterstellung und ich stelle mich da auch vor meine Lehrerkollegen.

Herr Dr. Dewes, es mag vielleicht das eine oder andere schwarze Schaf geben, das gibt es überall, aber vielleicht ist es auch an Ihnen, sich einmal ein bisschen fortzubilden bei dem Thema Bildungspolitik. Da bleibe ich aber auch dabei, Ihnen das nicht zwangsweise zu verordnen, sondern eben darauf zu setzen, dass die Kollegen genügend Anreize haben. Im Übrigen ist es auch so, dass die Schulleiter durchaus rechtliche Möglichkeiten haben auf die Kollegen einzuwirken. Aber vielleicht einmal zur Sache: Frau Dr. Stangner sprach auch wie viele andere von der Verdopplung von Zahlen. Die Anzahl der Vorfälle wurde genannt. Wir reden hier von einer Steigerung von 0,05 Prozent auf 0,1 Prozent. Da bin ich gleich bei dem Wort "Verharmlosung", weil das hier angesprochen wurde. Frau Dr. Stangner, ich gehe einmal einfach davon aus, dass Sie uns nicht unterstellen, dass wir das Thema verharmlosen. Ich glaube auch, die Diskussion hat gezeigt, wie viele Maßnahmen getroffen sind, damit dieses Thema eben keiner Verharmlosung unterliegt, und rechtsextremistisches Verhalten an Schulen muss natürlich diskutiert und ihm muss entgegnet werden.

Da sind wir bei der Frage der Lehrpläne. Herr Dr. Dewes, vielleicht sollten Sie in den Lehrplänen einfach einmal lesen und zur Genese sage ich Ihnen, dass diese Lehrpläne in jahrelanger Arbeit von Lehrern, von Eltern, von Schülern, von Wissenschaftlern, auch unter Einfluss von Erkenntnissen nationaler und auch internationaler Curriculumforschung so entstanden sind. Die wirft man nicht von heute auf morgen einfach über den Haufen. Ganz oben in diesen Lehrplänen werden Grundfragen behandelt. Dort steht ganz am Anfang dieser Lehrpläne, dass sie sich orientieren sollen an den Grundwerten menschlichen Zusammenlebens und der Untersuchung ihrer Gefährdung und auch dem friedlichen Zusammenleben unterschiedlicher Kulturen, Religionen und Gesellschaftsformen, das steht dort ganz oben an. Diese Leute werden sich schon begründete Gedanken gemacht haben, warum die Lehrpläne so aussehen. Deswegen bin ich nicht bereit, nur weil Sie gerade ein Thema hochheben, dort Schnellschüsse loszulassen,

(Zwischenruf Abg. Döring, SPD: Das hat doch keiner gesagt; hören Sie doch einmal zu.)

was nicht heißt, dass wir am Ende über diese Dinge reden.

Herr Döring, da komme ich gleich zu Ihnen, Sie haben ja selbst gesagt, keine Schnellschüsse etc., aber im selben Moment fordern Sie ein Sofortprogramm. Das ist für mich ein Schnellschuss.

(Zwischenruf Abg. Schemmel, SPD: Das sind doch keine Schnellschüsse.)

(Zwischenruf Abg. Döring, SPD: Ein Landes- programm haben wir gesagt.)

Damit wir vielleicht wieder zu einer gemeinsamen Verfahrensweise kommen und Sie ein bisschen ruhiger werden, darf ich Sie daran erinnern, dass wir ja gemeinsam gesagt haben, wir wollen auch mit den anderen Ausschüssen ein Anhörung machen. Wir haben dort Fragen unterbreitet, die zu behandeln sind und da werden wir sicherlich zu Ergebnissen kommen und sollten die dann umsetzen. Wenn wir dann noch ein Programm brauchen, sei das einmal dahingestellt. Auf alle Fälle bin ich dafür, dass wir erst einmal in Ruhe mit den Beteiligten reden und dann können wir immer noch Maßnahmen ergreifen.

(Beifall bei der CDU)

Es liegen mir keine weiteren Wortmeldungen - Herr Minister Krapp, bitte.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Auf die emotional vorgetragenen Vorwürfe von Dr. Dewes drei kurze sachliche Antworten.

Die Fragen aus dem Bildungsausschuss haben Sie auch formuliert als Mündliche Anfragen. Sie können mir nicht vorwerfen, dass ich heute noch nicht geantwortet habe, weil die Tagesordnung das nicht erlaubt hat. Ich werde morgen auf diese Fragen antworten.

Zur Frage "Brennpunktschulen": Der Begriff "Brennpunktschulen" ist ein Begriff, der schon längere Zeit existiert und er beschreibt soziale Brennpunkte. In diesem Sinne hat es auch meine Abteilungsleiterin benutzt.

Hinsichtlich des Alters der Täter beim Synagogenanschlag sollten Sie sich noch mal genau erkundigen. Das Alter, was Sie genannt haben, ist zu niedrig. Vielen Dank.

Jetzt frage ich noch mal in die Runde: Gibt es weitere Wortmeldungen? Das ist nicht der Fall. Dann können wir den Tagesordnungspunkt "Aktuelle Stunde" abschließen und ich rufe den Tagesordnungspunkt 4 auf

Gesetz über den Verdienstorden des Freistaats Thüringen (Thüringer Ver- dienstordensgesetz - ThürVOG -) Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 3/744 dazu: Beschlussempfehlung des Innenausschusses - Drucksache 3/946 ZWEITE BERATUNG

Berichterstatter ist Abgeordneter Dittes. Wir befinden uns in der zweiten Beratung. Herr Abgeordneter Dittes, bitte.

Meine Damen und Herren, es entbehrt natürlich nicht einer gewissen Pikanterie, dass ausgerechnet mich