Protocol of the Session on September 14, 2000

(Zwischenruf Abg. Böck, CDU: Meinen Sie mit Maßnahmen, Ihre Maßnahmen?)

Das meine ich überhaupt nicht. Ich meine überhaupt nicht unsere Maßnahmen. Ich meine Maßnahmen, die nämlich von außerhalb kommen und die gar nicht zuerst nur von der PDS gefordert werden. Das scheinen Sie immer zu vergessen. Sie scheinen immer nur zu glauben, dass die PDS sich irgendwo in ein stilles Kämmerlein setzt, sich was ausdenkt, um Sie zu ärgern und nicht, dass wir etwas aufgreifen würden, was in der öffentlichen Diskussion ist.

Frau Abgeordnete, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ja bitte.

Frau Kollegin, geben Sie mir Recht, dass Ihr Fraktionskollege vorhin deutlich gesagt hat, dass unsere Aussage, gegen den politischen Linksextremismus und Rechtsextremismus gleichmäßig zu kämpfen, ein Ablenkungsmanöver wäre? Und geben Sie mir auch Recht, dass in dem gemeinsamen Antrag, den wir im Mai verabschiedet haben, genau diese Gemeinsamkeit formuliert worden ist?

Geben Sie mir dann auch Recht, wenn ich Sie bereits damals darauf aufmerksam gemacht habe, dass das genau nicht unsere Position ist. Dass wir genau aufmerksam gemacht haben, dass wir zwar die Formulierung "Extremismus" mittragen. Wir machen aber deutlich, dass diese Gleichsetzung von Linksextremismus, von dem Sie uns in Thüringen noch jeglichen genauen Nachweis schuldig geblieben sind, mit Rechtsextremismus angesichts dieser Entwicklung meilenweit von den Realitäten entfernt ist. Dann hätten Sie uns damals auch zuhören müssen und nicht nur einfach jetzt etwas hineininterpretieren müssen. Ich stehe zu der Aussage von Steffen Dittes.

Gestatten Sie eine weitere Frage?

Eine noch.

Geben Sie mir Recht, dass man eine Zustimmung nicht im Nachhinein relativieren kann? Entweder man stimmt einem Antrag zu oder nicht.

Ich gebe Ihnen Recht, dass wir sie nicht relativieren. Deshalb haben wir aber trotzdem darauf aufmerksam gemacht, worin unsere Position besteht und das wird ja wohl selbstverständlich nach wie vor unsere Möglichkeit sein.

(Beifall bei der PDS)

Meine Damen und Herren, Herr Innenminister, Sie haben darauf aufmerksam gemacht, und das wurde ja auch von Kollegen der CDU-Fraktion betont, dass mit dem Haushalt 2001/2202 insbesondere der Bereich der inneren Sicherheit weiter gestärkt wird. Sie haben aber auch im...

(Zwischenruf Köckert, Innenminister: Im Haushaltsentwurf? Ich habe kein Wort vom Haushalt gesagt.)

Ja gut, aber Ihre Kollegen haben darauf aufmerksam gemacht, haben das begrüßt, dass das angekündigt ist usw. Sie haben in Ihrem Bericht darauf hingewiesen, dass es außerhalb des Innenministeriums weitere Verantwortlichkeiten und weitere Programme gibt. Sie haben darauf aufmerksam gemacht, wie wichtig beispielsweise die einzelne Verantwortung auch in den einzelnen Ressorts ist. Ich werde Ihnen hiermit nur ankündigen, dass wir den Haushalt 2001/2002 genau an diesen Aussagen Ihres Berichts messen werden, inwieweit nämlich Kürzungen in Bereichen stattfinden, die das, was Sie vorher angemahnt haben, dass es eine präventive Arbeit, dass es Jugendsozialarbeit, dass es ein breites jugendkulturelles Angebot geben muss, dass im Bildungsministerium eine Verantwortung liegt, in Frage stellen. Wir werden Sie daran messen, wie das mit den Realitäten der Haushaltsgestaltung 2001/2002 übereinstimmt.

(Beifall bei der PDS)

Aus unserer Sicht gibt es dann nämlich keine Begründung mehr dafür, wieso Tausende Stellen, insbesondere im öffentlichen Dienst, speziell auch im Bereich der Bildung, abgebaut werden sollen. Danke schön.

(Beifall bei der PDS)

Es gibt eine Wortmeldung der Frau Abgeordneten Pelke, SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, als wir seinerzeit hier über einen gemeinsamen Entschließungsantrag diskutiert haben, muss ich sagen, war die Diskussion der Situation angepasst. Was sich teilweise heute hier abgespielt hat, ist ideologisch, parteipolitisch und der Sache

in keiner Weise angemessen.

(Beifall bei der SPD)

Herr Althaus, wenn Sie jetzt beginnen, das gemeinsame Papier, diesen Entschließungsantrag von CDU, SPD und PDS, herunterzureden, weil man den Kollegen von der PDS unterstellt, sie haben es ja gar nicht so ernst gemeint, dann finde ich das schon ziemlich schlimm.

(Unruhe bei der CDU)

(Zwischenruf Abg. Dr. Zeh, CDU: Sie hat es doch bestätigt.)

Nun hören Sie doch einmal zu. Der problematischste Gesprächspartner in diesem gemeinsamen Antrag oder beim Zustandekommen waren Sie und nicht andere. Stehen Sie doch dazu, denn genau diese Auseinandersetzung um die Begrifflichkeit links- oder rechtsextrem kam ja von Ihnen und es steht auch nicht Linksextremismus in diesem Papier. Sie sollten es noch einmal nachlesen,

(Beifall bei der PDS, SPD)

es wird ausschließlich von Extremismus geredet, weil wir genau gesagt haben an diesem Punkt, worüber reden wir denn. Was ist denn die letzte Zeit passiert? Entschuldigung, der Innenminister hat es doch deutlich dargelegt. Wir reden in Größenordnungen über rechtsextremistische Vorkommnisse und letztendlich war Zielsetzung dessen, dass es hier einmal einen Zwischenbericht gibt vom Innenminister und dass es einen gemeinsamen Antrag gibt, dass wir uns darüber verständigen, welche Konzeptionen wir auf den Tisch legen können und nicht vor jungen Menschen, die da oben sitzen und uns beobachten, wie wir als Vorbilder miteinander umgehen, lediglich dem jeweils anders Denkenden auf die Ohren zu hauen. Das kann doch nicht die Konsequenz sein.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Wir haben ein Landesprogramm eingefordert, das ja der Ministerpräsident in der Öffentlichkeit schon abgelehnt hatte, obwohl keiner im Moment weiß, wie denn die Schwerpunkte eines solchen Landesprogrammes zusammengesetzt sein sollen, weil wir demnächst eine Anhörung haben werden, eine gemeinsame Anhörung einiger Ausschüsse, wo wir genau diejenigen eingeladen haben, die eigentlich wissen müssen und die auch abfordern sollen, was denn ein solches Programm beinhaltet. Wir haben ja auch gar nicht vor, dass dort nur Jugendverbände eingeladen werden, weil Rechtsextremismus wirklich nicht nur allein ein Jugendproblem ist, sondern wir werden Vertreter der Wirtschaft und aus allen Bereichen aus der Schule einladen und daraus muss ein vernetztes Konzept entstehen, sonst werden wir in zwei Jahren wieder an derselben Stelle stehen und nach Gemeinsamkeiten und nach Vernetzung fragen.

Im Übrigen hat Herr Fiedler das auch sehr deutlich dargestellt. In seiner Dankesrede gegenüber allen Ministerien hat er sehr deutlich gemacht, dass an jeder Ecke etwas läuft, nur die Frage ist, wie läuft es denn zusammen? Genau das haben wir bei der letzten Diskussion hier schon festgestellt.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Ich bitte Sie ganz herzlich die Diskussion so zu führen, mit denen, die vor Ort, seien es die Kirchen, seien es die Wirtschaftsverbände, seien es die Jugendverbände, genau wissen, was die Situation ist. Herr Fiedler, bei aller Wertschätzung dessen, was Sie vor Ort erleben und bei Ihrem Schwerpunkt auf den jugendpolitischen Bereich heute, den ich im Übrigen sehr gut finde, aber offen eingestehen müssen wir, dass Jugendpolitik oder Einbindung von Jugendlichen sich bei weitem nicht darauf beschränkt, ihren musikalischen Interessen entgegenzukommen. Da gehört eine ganze Menge mehr dazu.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Ich habe einmal ein Beispiel genannt.)

Wir müssen aber die Diskussion führen und müssen die Aspekte, die notwendig sind, in ein Landesprogramm zusammenbinden, denn die Frage, was in den Jugendeinrichtungen passiert, was in der Schule passiert und so ganz so schönreden, bitte, ich mache auch keine Lehrerschelte, aber ganz so schönreden, was an Schulen passiert, da brauchen wir uns ja nichts vorzumachen. Wenn wir offenkundig Probleme an Thüringer Schulen hier ansprechen, dann heißt das nicht, dass wir Lehrer schlecht machen, sondern dass wir einfach ein Problem erkennen und dies gemeinsam mit Lehrern, gemeinsam mit den Verantwortlichen sehen, wie wir dem Problem begegnen können, nicht mehr und nicht weniger und so ehrlich sollte man doch hier in diesem Haus auch sein.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Ich bitte Sie deshalb diese Diskussion so zu führen und in einem angemessenen Rahmen. Gerade an diesem Thema sollte und müsste es möglich sein doch einmal - das hat ja auch dieses gemeinsame Papier gezeigt - über ideologische, parteipolitische und möglicherweise persönliche Befindlichkeiten in diesem Haus hinwegzusehen und eine vernünftige Diskussion zu führen. Danke.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Herr Minister Dr. Birkmann, bitte.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich habe mich deshalb zu Wort gemeldet, Frau Abgeordnete Zimmer,

weil ich meine, dass man Ihre Behauptung, Sie, die PDS, sei es gewesen, die dazu geführt habe, dass das Thema "Rechtsradikalismus" ein Thema hier im Landtag und ein Thema für die Landesregierung sei, dass man dies so nicht im Raum stehen lassen kann.

(Zwischenruf Abg. Thierbach, PDS: Das kommt, wenn Justizminister falsch hören.)

Sie haben dabei übersehen und ich würde so etwas als falsch bezeichnen und persönlich und den Abgeordneten gegenüber als beleidigend, Demokraten gegenüber zu behaupten, die Gefahr des Rechtsradikalismus auch aus der geschichtlichen Betrachtung heraus nicht gesehen zu haben und ihr nicht zu begegnen. Es ist meines Erachtens beleidigend aber darüber hinaus auch falsch. Ich darf darauf hinweisen, dass z.B. bereits durch eine Rundverfügung der Generalstaatsanwaltschaft aus dem Jahre 1994 diese angewiesen war, rechtsextreme, fremdenfeindliche Straftaten mit besonderem Nachdruck und besonderer Eilbedürftigkeit zu behandeln. Ich möchte Ihnen an dieser Stelle - das kann ich sehr gut tun, weil ich zu der Zeit nicht in Verantwortung war - sagen, was z.B. im Bereich der Justiz, der Innenminister hat dies im Einzelnen aufgeführt, an Aktivitäten gelaufen ist. Wir haben Jugendbegegnungswochen gehabt: Wir haben Jugendbegegnungswochen in Essex gehabt. Wir haben internationale Ferienfreizeiten gemacht. Wir haben Jugendbegegnungswoche in Buchenwald gemacht, wir haben Jugendbegegnungswoche in Buchenwald 1999, wir haben internationale Jugendbegegnungswoche in 2000. Ich meine, wenn Sie diese Aktivitäten der Landesregierung sehen, die jeweils von den Regierungskoalitionsparteien und jetzt von der Regierungspartei getragen werden, dann geht Ihr Hinweis, Sie hätten hier erst auf die Gefahren des Rechtsradikalsmus hingewiesen und dies zum Gegenstand der Diskussion gemacht, völlig fehl und dies möchte ich zurückweisen.

(Beifall bei der CDU)

Herr Minister, Frau Abgeordnete Neudert wollte eine Nachfrage stellen.

Geben Sie mir Recht, Herr Minister, dass all die Aktivitäten, die Sie hier aufgeführt haben und die sicherlich zur Bekämpfung des Rechtsradikalismus einiges beigetragen haben, nichts mit einer Debatte im Landtag zu tun gehabt haben, auf die sich Frau Zimmer bezogen hatte?

(Zwischenruf Abg. Scheringer, PDS: Sehr richtig.)

Frau Zimmer hat die Behauptung aufgestellt, dies sei hier erst problematisiert worden. All diese Aktivitäten wachsen ja aus unserer Befassung mit der Politik des Landes und sie sind dann hervorzurufen, wenn sie aktuell werden. Es war in der Tat aufgrund der Ereignisse Ende Februar angezeigt, dass sie dann hier im Landtag erörtert wurden, da gebe ich Recht. Aber es ist nicht so, als wenn dieses Problembewusstsein erst geschaffen wurde, das ist doch der Vorwurf, der hinter dieser Aussage steht.

(Beifall bei der CDU)

Nun liegen keine weiteren Redemeldungen aus der Mitte des Hauses vor. Der Innenminister hat signalisiert, noch einmal das Wort ergreifen zu wollen.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, zur verbalen Gewalt im parlamentarischen Nahraum von Herrn Scheringer will ich einmal nichts sagen. Man muss nur aufpassen, dass man ernsthafte Debatten nicht zu Faschingsveranstaltungen ausarten lässt.

(Beifall bei der CDU)