Protocol of the Session on July 7, 2000

(Zwischenruf Abg. Kretschmer, CDU: Das habe ich schon gelesen.)

Natürlich, es stand ja in der Thüringer Zeitung. Nein, ich habe nicht nur allein zugearbeitet. Es gibt noch mehr, die im Moment am Zuarbeiten sind, und die Frage, ich werde dazu gleich noch einmal kommen.

(Zwischenruf Schuster, Minister für Wirt- schaft, Arbeit und Infrastruktur: Pilz- Anwälte.)

Das mag ja sein. Entweder sagen Sie, die Dokumente sind alle falsch. Es ist doch egal, ob die von Pilz-Anwälten, ob die von Journalisten oder sonst wem im Umlauf sind, die Frage ist

(Zwischenruf Abg. Wunderlich, CDU: Wann?)

- ja, auch dazu komme ich gleich noch -, wenn es Originaldokumente sind, dann ist irgendwann die Frage, wer glaubt uns denn noch, wenn wir gleichzeitig sagen, es war alles so nicht und in den Dokumenten steht etwas anderes.

Am 14.07.1994, Briefkopf "Thüringer Ministerium für Wirtschaft und Verkehr", ein Schreiben an Herrn Gerstner, Firma Pilz: "Sehr geehrter Herr Gerstner, Bezug nehmend auf ein Gespräch mit Frau Pollack vom heutigen Tag bitte ich, mir den aktuellen Verfahrensstand, Firma Pilz mitzuteilen." Das war ein Brief an die Aufbaubank. "Möglichst so rechtzeitig, dass wir den uns gesetzten Termin noch einhalten können. Frau Pollack hat mich telefonisch bereits darüber in Kenntnis gesetzt, dass das Investitionsvorhaben der Firma Pilz abgeschlossen sei und ein geprüfter Verwendungsnachweis vorliege."

Als nächstes 18.07., das Schreiben der Thüringer Aufbaubank an das Ministerium: "Die Verwendungsnachweise vom 01.06./04.06. wurden geprüft." Wenn sie falsch sind, frage ich mich, wie sie geprüft worden sind. "Die bei der Prüfung aufgetretenen Beanstandungen konnten zwischenzeitlich geklärt werden. Das Errichtungsvorhaben schließt mit förderfähigen Investitionen in Höhe von 264 Mio. DM ab. Bei dem Erweiterungsvorhaben wurden 39 Mio. DM förderfähige Investitionen abgerechnet. Die Richtigkeit der Angaben im Verwendungsnachweis sowie die Ergänzungen zu den Verwendungsnachweisen wurden durch den Steuerberater Kollmann in München bestätigt."

Dann kommt das Schreiben von den Rechtsanwälten Behrendt an die Thüringer Industriebeteiligung, wo die den Auftrag erhalten haben, festzustellen, wie man Pilz aus seinem Vorkaufsrecht hinauskatapultieren kann, also ein Auftrag, der - ich zitiere: "Will man Pilz ein Vorkaufsrecht nicht ausüben lassen, muss man die Vertragsgestaltung so wählen, dass entweder ein relativ hoher Kaufpreis verhandelt wird, bei stärkerer Entschuldung, eine Variante, die Pilz wohl aufgrund seiner Liquiditätslage nicht problemlos bewerkstelligen kann, oder man findet weitere nicht durch Pilz erfüllbare Vertragsklauseln." Ich frage mich, warum man es nicht geschafft hat, Herrn Pilz auf diese Art loszuwerden, so dass wir ihn wirklich los gewesen wären, um dann losgelöst von Kranzberg möglicherweise den Weg über die Insolvenz, die dann 1995 der richtige Zeitpunkt gewesen wäre, zu gehen.

Die TIB schreibt an die CDA Compact Discs Albrechts an Herrn Pusch am 17.08.1995: "Es sprechen Umstände dafür, dass CD Albrechts möglicherweise überschuldet ist." Das ist ein Schreiben aus dem Jahr 1995, schon wieder die Überschuldung, und wir haben eine interne Notiz am 11. September 1995 von Herrn Pusch an Herrn Hoffmann-Becking, dass ihm die Freistellung nicht reicht. Er möchte auch gegen Einsprüche Dritter freigestellt werden und er möchte freigestellt werden für die Kosten von Strafverteidigung. In der Lesart geht es weiter.

Es kommt am 11. Juni 1997 - Herr Minister Schuster, dort sind Sie dann am Zuge - zu einem Schreiben. Sie haben eben in dem Vortrag an das Parlament davon geredet dass Herr Pilz in Anspruch genommen worden ist

persönlich und seine GbR, also die Kinder von ihm, mit 32 Mio. DM in der Rückbürgschaft, wo ich sage, jawohl, finde ich richtig, aber das Problem ist, dass man gleichzeitig am 11. Juni 1997 ein Schreiben des Ministeriums hat, indem der Firma CDA (Compakt Discs Albrechts GmbH) mitgeteilt wird: "Wir verpflichten uns hiermit, Ihnen gegenüber und zugleich als Vertrag zugunsten Dritter auch gegenüber der Gesellschaft unwiderruflich uns zustehende Ansprüche auf Rückforderung gewährter Investitionen von der Gesellschaft dauerhaft zu stunden." Das heißt, wir fordern das Geld, aber wir fordern es nicht ab, aber gleichzeitig sagen wir, Herr Pilz wird in Haftung genommen dafür und dieses Papier gerät dann offenkundig in die Hände von Herrn Pilz. Diese Stillhalteverpflichtung - pactum de non petendo gilt auch für den Fall der Übertragung der Geschäftsanteile an der Gesellschaft auf Dritte. In dieser Stillhalteverpflichtung liegt kein dinglich wirkender Erlass der Forderung. Das heißt, gegenüber der EU-Kommission wird mitgeteilt, das Geld ist zurückgefordert worden. Gleichzeitig bekommt die Firma aber mitgeteilt, wir fordern es nicht, weil wir es stunden. So sind drei weitere Schreiben, alle gefertigt in Ihrem Haus, in Ihrem Namen, vom Rangrücktritt bis hin zu der persönlichen Freistellung gegenüber Herrn Pusch, damit er nicht in Haftung genommen werden kann. Dann gibt es einen Vorgang, dass noch einmal geprüft wird, ob die gesamte Investition richtig oder falsch bewertet worden ist. Die Firma PWC Deutsche Revisionsaktiengesellschaft stellt fest, dass sie nicht feststellen kann, dass die Bewertungen in der Bilanz falsch seien.

Meine Damen und Herren, der Beginn in der Gründungsphase, da würde ich der Meinung sein, ja, wir haben es mit jemandem zu tun, der eine sehr schillernde Person ist. Es wäre schön für das Land Thüringen gewesen, er wäre uns erspart geblieben. Wenn Herr Pilz so behandelt worden wäre bei uns, wie ihn die Dresdner Bank behandelt hat, daraus möchte ich aus einem internen Vorgang von Herrn Pfarreut, dem heutigen Vorsitzenden der Dresdner Bank, zitieren, dann wäre uns allen und den Arbeitnehmern, den Steuerzahlern viel erspart geblieben. Herr Pfarreut schreibt am 17. Juni 1991 an seinen Vorsitzenden der Dresdner Bank - am 17. Juni 1991, also vor dem ganzen Drama sozusagen, über das wir infolge dann später reden: "Ich bin weiterhin sehr skeptisch gegenüber dem 'Unternehmer Pilz'. Bin mir mit Dr. Heydmann völlig einig, dass wir unser 'Kranzberg-Engagement' so weit wie möglich abbauen sollten (die CD-Werkfinanzierung ist stand alone). Von daher sollte" - deswegen sage ich, ich sehe eine Mitschuld der Dresdner Bank auch an dem, was wir als Ärger jetzt ins Haus bekommen - "meines Erachtens Pilz nicht die Chance eingeräumt werden, sich mit Herrn Dr. Röller", dem damaligen Vorsitzenden, "oder Ihnen zu schmücken etwa auf Pressefotos oder im Fernsehen." Das schreibt der heutige Chef der Dresdner Bank seinem damaligen Chef der Dresdner Bank. Jetzt kommt ein zweiter Vermerk: "Mit Herrn Walter wird darüber gespro

chen, wie die Konsortialführerschaft der Dresdner Bank organisiert wird, um den Kredit freizumachen, mit dem anschließend die Bürgschaften des Landes, der Treuhand und des Bundes erreicht werden." Und jetzt kommt das, warum ich sage, die Dresdner Bank ist hier genauso schändlich vorgegangen wie Herr Pilz. Die Dresdner Bank hat nämlich geschrieben in Kenntnis, dass sie dem Herrn Pilz selber nicht trauen und in Kenntnis, dass sie ihn schon hoch kreditiert haben: "Die Absprache wegen Rückführung über die übrigen Kredite bleibt unverändert." Das heißt, der Joint Venture in Thüringen kreditiert als Konsortialführer bis man die öffentlichen Bürgschaften hatte. Und als man sie hatte, hat man die Kreditlinie in Kranzberg zurückgeführt, weil man ja wusste, dass man über den stand alone in Thüringen abgesichert ist durch offenkundig die Treuhandanstalt. In der Konsequenz kann ich nur sagen, wenn man sich anschaut, was die Kommission im Amtsblatt am 15.12.1998 ausführt, dann gibt es ein paar Fragen, die für mich massiv offen bleiben. Die Kommission hat dem entsprechend beschlossen, in Bezug auf jegliche, dem JointVenture beliebige Unternehmen der Pilz-Gruppe oder der CDADatenträger Albrechts GmbH unabhängig von der gegenwärtigen Namen- oder Rechtsform der Unternehmen gewährte Beihilfen das Verfahren nach Artikel 93 Absatz 2 EG-Vertrag einzuleiten. Die Kommission bezieht ausdrücklich alle möglicherweise im Zusammenhang mit der Errichtung der CDA-Datenträger Albrechts GmbH und der anschließenden Übernahme des Anlagevermögens vom Joint Venture gewährten Beihilfen ein. Schon 1998 hat man klar gesagt, es wird komplett einbezogen, egal, was dort geschieht. Da bleibt für mich die Frage: Wie will man garantieren, dass man den Durchgriff abgesichert hat von der Pilz Albrechts GmbH auf die CDA Compact Discs Albrechts GmbH, die dann gewandelt wurde in LCA bei gleichzeitiger Neugründung der Mediatec Datenträger GmbH 1996, die dann umgewandelt wird 1998 in CDA Datenträger Albrechts, die scheinbar den gleichen Namen hat, wie die abgebende Firma. Man testiert dann in der Bilanz der CDA: "Die CDA ist eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der TIB, und zwar die CDA neu." Die TIB stellt keinen Konzernabschluss auf, da sie hierzu nach Vorschriften des Publizitätsgesetzes nicht verpflichtet ist. CDA ist im Verhältnis zu LCA und zur TIB ein verbundenes Unternehmen. Das heißt, aus eigenen Dokumenten und Bilanzen geht hervor, dass man es immer mit ein und denselben Gesellschaftern zu tun hat, die nur leicht variieren. Mal ist es 2 Prozent TAB und 98 TIB und mal ist es 100 Prozent TIB. Und dann versucht man, der EU gegenüber zu sagen, das sind alles neue Firmen, die nichts miteinander zu tun haben.

Ich glaube, es wäre der bessere Weg gewesen, das deutsche Insolvenzrecht zum richtigen Zeitpunkt anzuwenden, auch wenn es für alle Beteiligten kurzfristig eine harte Entscheidung gewesen wäre. Simson hat gezeigt, dass man irgendwann den Schnitt machen muss, weil ich glaube, nur das Insolvenzrecht gibt eine Chance, die

Trennung vorzunehmen. Sie können abwinken, Herr Wunderlich, Sie können abwinken.

Es hat im Sommer letzten Jahres ein Gutachten gegeben der KPNG, die hat CDA neu geprüft und sollte feststellen, ob ohne Risiko CDA neu an einen Investor verkauft werden kann. Die KPNG hat festgestellt, der Verkauf ist nicht ohne Risiko respektive nur mit einem erheblichen Risiko, dass auch der neue Käufer alles bezahlen muss, behaftet. Interessanterweise war dieses KPNG-Gutachten dem Beirat der TIB bis gestern nicht bekannt. Seit gestern soll es im Hause TIB vorhanden sein. Deswegen, meine Damen und Herren, sage ich, ich habe den Eindruck, dass wir noch einige Leichen im Keller haben. Ich habe den Eindruck, dass die gute Idee des Thüringer Industriebeteiligungsfonds leider Gottes so umgebaut worden ist, dass sie mich eher an ein Kombinat erinnern, und zwar an ein schlechtes. Ich habe den Eindruck, dass es hier einen staatlichen Leiter gibt, der Hoffmann-Becking heißt, einen Parteisekretär oder zwei, die könnten Trautvetter und Schuster heißen. Und der BGL-ler der heißt Frank Spieth und, meine Damen und Herren, ich fordere im Namen der PDS-Fraktion die Auflösung des Kombinates TIB und tatsächliche Lösung auch gegenüber Brüssel mit Brüssel zusammen. Albrechts muss leben, Henneberg muss leben und die anderen TIB-Firmen müssen auch leben. Wir werden, Herr Wunderlich, auf jeden einzelnen Punkt kommen, wenn Graf Henneberg verhandelt wird, wenn SAMAG verhandelt wird, werden wir darauf zurückkommen. Und dann werden wir Ihre Kompetenz sehen. Meine Damen und Herren, ich denke, es ist Schluss mit dem Kombinattyp

(Zwischenruf Abg. Wunderlich, CDU: Nach Ihren Vorstellungen würden...)

(Unruhe bei der CDU)

(Beifall bei der PDS)

Es hat jetzt das Wort der Abgeordnete Lippmann, SPDFraktion.

(Unruhe bei der CDU)

So, jetzt hat das Wort der Abgeordnete Lippmann.

Jetzt haben erst einmal noch die Kollegen das Wort. Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, es ist natürlich jetzt schwierig....

(Unruhe bei der CDU)

So, der Redebeitrag von Herrn Ramelow war beendet, jetzt hat Herr Lippmann das Wort.

Es ist natürlich jetzt schwierig nach einer derartigen Fülle von Informationen, auch amtlichen Dokumenten, noch sehr viel Neues zu sagen. Ich will es deshalb auch bei einigen Anmerkungen belassen, von denen ich glaube, dass sie schon in diesem Zusammenhang unerlässlich sind. Es geht nicht darum, ob wir eine finanzielle Konsequenz, die die EU-Kommission hinsichtlich Beihilfen beschlossen hat, gemeinsam missbilligen oder eben nicht missbilligen. Ich glaube, wir missbilligen sie alle, da sind wir uns einig. Es gibt keinen in diesem Haus, ob vorn oder hinten sitzend, der nicht sagt, wir wünschen diese Verfahren nicht. Diese gibt es nicht und das muss man vorausschicken. Es geht vielmehr darum, meine sehr verehrten Damen und Herren, ob diese ganzen Vorgänge vermeidbar gewesen wären oder nicht. Das ist der Punkt und der Bericht, den heute der Wirtschaftsminister gegeben hat, der hat mir überhaupt nicht gefallen können und der hat Ihnen wahrscheinlich auch mehrheitlich nicht gefallen können, weil er ganz einseitig die Schuld bei der EU sucht. Und das ist nicht richtig.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Es gibt eine Rechtsordnung bei der EU-Kommission in Brüssel. Die kann man für gut halten oder man kann sie auch missbilligen. Eins ist unstrittig, wir müssen uns daran halten.

(Zwischenruf Schuster, Minister für Wirt- schaft, Arbeit und Infrastruktur: Welche mei- nen Sie denn?)

Ich will Ihnen das sagen. Ich habe es deshalb auch aufgeschrieben, damit mir kein Fehler passiert. Nach den Bestimmungen des EG-Vertrags und auf dieser Grundlage erlassenen Beihilfevorschriften müssen geplante Beihilfen, gleich aus welcher Kasse - also das können bitte schön Bürgschaften sein, es können Kredite sein, das kann Geld von der BvS sein, das kann Geld von den Ländern oder dem Land sein -, vor ihrer Gewährung notifiziert werden. Nach der Notifizierung hat die Kommission zwei Monate Zeit, eine Entscheidung zu treffen. Ob sie die dann in Anspruch nimmt oder nicht, ist eine ganz andere Frage. Hat die EU-Kommission Zweifel an der Vereinbarkeit der Beihilfen mit dem gemeinsamen Markt, so ist sie berechtigt, das beihilferechtliche Hauptprüfverfahren zu eröffnen. In diesem Fall CDA wurde das Prüfverfahren gemäß Artikel 88 EG-Vertrag am 03.06.1998 eingeleitet. Dabei wird der die Beihilfe gewährende Mitgliedsstaat einbezogen, Fragen zu beantworten und zweckdienliche Informationen zu liefern. Ich bitte Sie, sich das auf der Zunge zergehen zu lassen.

Zweckdienliche Informationen zu liefern, das ist das, was die EU-Kommission gegenüber Deutschland - wir werden ja nicht einzeln angeführt - immer beklagt hat. Diese zweckdienlichen Informationen haben nie zur Gänze und zur Zeit in Brüssel vorgelegen. Das ist eine Schuld für die Sie verantwortlich gemacht werden müssen, Herr Schuster.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Kommt ein Mitgliedsstaat dieser Aufforderung nicht nach, wird ein formelles Auskunftsbegehren unter Fristsetzung eingeleitet. Wird dem nicht nachgekommen, entscheidet die Kommission aufgrund des ihr bekannten Tatbestands. Das ist der Ablauf beihilferechtlicher Prüfverfahren. Es ist also angezeigt, und das ist jetzt nun die Schlussfolgerung, die man daraus ziehen muss, vor allen Dingen dann, wenn es schnell gehen muss. Ich habe ja auch Verständnis für Fälle, wo wir schnell handeln mussten. Wir, meine ich in Thüringen mit Unternehmen. Es ist also angezeigt, sich in allen Fällen zur Notifizierung der Beihilfe rechtzeitig mit der EU ins Benehmen zu setzen. Das tut man, wenn man von jemandem etwas will, nämlich eine Genehmigung will.

(Zwischenruf Schuster, Minister für Wirt- schaft, Arbeit und Infrastruktur: Das sind doch Vergangenheitsfälle, Herr Lippmann.)

Das hat doch damit überhaupt nichts zu tun. Sie hatten damals mit van Miert einen Partner, dem gewiss nicht vorzuwerfen war, dass er den neuen Bundesländern nicht zugetan gewesen wäre. Das ist bei Monty sicherlich auch so, aber bei van Miert war es auf jeden Fall so. Im Vorfeld müsste das gemacht werden und nicht erst im Nachhinein. Im Vorfeld wäre es viel wichtiger gewesen. Genau dies ist nicht geschehen, Herr Schuster. Im Nachhinein haben Sie sich wohl bemüht, aber als das Kind, nein, der ganze Kindergarten in den Brunnen gefallen war, da war es zu spät. Sie haben es für überflüssig gehalten, Herr Schuster, dies zu tun.

(Zwischenruf Schuster, Minister für Wirt- schaft, Arbeit und Infrastruktur: Herr Lippmann, wen meinen Sie denn konkret?)

Herr Schuster, Sie sind gleich wieder dran. Lassen Sie mich meine wenigen Überlegungen zu Ende bringen. Unbestritten ist, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass in erster Linie Thüringen und Sachsen-Anhalt von EU-beihilferechtlichen Verfahren betroffen sind, natürlich alle anderen auch, aber vorrangig. Im Übrigen betreffen die Beanstandungen in Thüringen nicht nur Unternehmen, die der Kollege Ramelow soeben aufgezeigt hat - ich könnte die Liste fortsetzen, die Ihnen sicherlich auch bekannt ist -, sondern Programme. Was das bedeutet an Imageverlust für dieses Land, was das bedeutet an Wasser auf die Mühlen derer, die da immer sagen, die Ostländer sind viel zu fett ausgestattet finan

ziell, das ist unbestritten. Unbestritten ist, dass das Unternehmen Pilz, seines Zeichen erstes Joint Ventures, glaube ich, im Freistaat, hier nicht eben zu den Vorzeigeobjekten in Thüringen zählt. Und es ist sicher, dass ein Großteil der damals gezahlten Beihilfen, welcher Art auch immer, ganz oder überwiegend in das Cash-Management der Pilz Beteiligungs GmbH geflossen ist. Unbestritten ist, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass die Rückforderungen in diesem Fall ein Nachfolgeunternehmen treffen, das diese Zuwendungen nicht erhalten hat, zumindest nicht direkt erhalten hat. Das ist das Ungerechte und hier sind wir uns auch einig. Unbestritten ist, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass das Wirtschaftsministerium und die TIB diese Entscheidung der EU schon seit langem erwartet haben, nämlich seit 1994. Die Überraschung, die Sie heute dargelegt haben, die verstehe ich überhaupt nicht. Bis heute hat es Deutschland versäumt - ich spreche jetzt von Deutschland, weil das das Land ist, mit dem die EU verhandelt -, eine klare und präzise Darstellung der finanziellen Mittel vorzulegen - der Kollege Ramelow hat es vorhin zitiert -, zumindest ein Umstrukturierungskonzept vorzulegen, das muss ich noch mal erwähnen, auch wenn es schon mal gesagt worden ist, ein Umstrukturierungskonzept vorzulegen, auf das die EU heute noch wartet. Es ist bis heute noch nicht geschehen. Das ist aus meiner Sicht zumindest grob fahrlässig. Für diese Situation, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist nicht die Europäische Kommission, sondern sind Sie, Herr Schuster, verantwortlich. Unbestritten ist, dass der Fall Pilz/CDA das aufgedeckt hat, was dem Hause Schuster nicht nur von der Opposition schon seit Jahren zum Vorwurf gemacht wird, erstens schlampig zu informieren, blumig und mit großen Gesten zu verharmlosen, sich großzügig über bestimmte Gepflogenheiten, auch über beihilferechtliche Verfahren hinwegzusetzen. Die Fülle der anhängigen Verfahren ist nicht allein den Turbulenzen und Schwierigkeiten der Anfangsjahre, die zweifelsohne vorhanden waren, geschuldet. Wenn man vom Wirtschaftsministerium, meine sehr verehrten Damen und Herren, Aufklärung über einen bestimmten Sachverhalt, das ist jetzt nicht abgeschwiffen, wenn Sie so wollen, aber in diesem Zusammenhang muss es genannt werden. Wenn man vom Wirtschaftsministerium Aufklärung über einen bestimmten Sachverhalt fordert, bekommt man nie präzise Antworten; selbst dann nicht, wenn

(Beifall bei der PDS, SPD)

es überhaupt nichts zu verbergen gibt. Das ist hier im Parlament so, das ist in den Ausschüssen so und das ist in Zusammenarbeit mit der Europäischen Kommission auch so. Für Sie, Herr Schuster, ist die Europäische Union und die Europäische Kommission eine nicht ernst zu nehmende Institution gewesen und vielleicht auch jetzt noch, die zu genehmigen und die zu sanktionieren hat, auch im Nachhinein. Für Sie, Herr Schuster, ist dieses Parlament hier nur ein notwendiges Übel, das es nicht

wert ist, korrekt und zeitnah informiert zu werden.

(Beifall bei der SPD)

Das betrifft nicht nur die in Rede stehende Förder- und Beihilfepraxis, auch andere, viel schlichtere Dinge. Ein Beispiel: Die Antworten Ihres Hauses auf bestimmte Mündliche Anfragen im Parlament und auch im Ausschuss sind - ich kann Beispiele nennen, ich will darauf verzichten -, lesens- und hörenswert. Sie sind Muster an präziser Desinformation. Schlimm ist nicht nur, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass hier ganz offenbar schwere Managementfehler in der Behandlung speziell mit diesem Fall in Ihrem Hause vorliegen. Schlimmer daran ist, dass diese selbstgefällige und gutsherrliche Art und Weise im Umgang mit der EU Unternehmen in Schwierigkeiten bringt, die das weder verursacht noch verdient haben, das Land nicht, die Unternehmen nicht und deren Mitarbeiter nicht. Vielen Dank.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Für die CDU-Fraktion hat sich der Abgeordnete Kretschmer zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, Herr Lippmann, ich bin etwas verunsichert; ich weiß nicht, was das jetzt sollte. Bei Herrn Ramelow, da sage ich noch was dazu, kann ich es mir jetzt vorstellen. Aber dass Sie den Berichterstattungsantrag der PDS-Fraktion zum Vorgang CD-Werk Albrechts zu einer, sage ich mal, pathetisch vorgetragenen Generalabrechnung mit dem Wirtschaftsminister genutzt haben, das geht mir nicht in den Sinn. Das verstehe ich nicht.

(Unruhe bei der PDS, SPD)

Vor allen Dingen, ich sage es Ihnen erst noch mal, wir haben es ja auch im Wirtschaftsausschuss schon festgestellt, es kann doch nicht so sein, dass Sie Antworten nur akzeptieren, wenn Sie den erwünschten bzw. beabsichtigten Inhalt haben. Und wenn das nicht eintritt, dann sagen Sie, es wird nicht ordentlich informiert und Sie werden außen vor gehalten.

(Zwischenruf Abg. Lippmann, SPD: Ich bin mit Ihrer Antwort zufrieden, wenn sie eine inhaltlich saubere...)