Protocol of the Session on May 18, 2000

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Aussprache und wir kommen damit zur Abstimmung. Es ist ein Überweisungsantrag an den Innenausschuss gestellt worden, darüber stimmen wir zunächst ab. Wer mit der Überweisung an den Innenausschuss einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Gegenprobe? Enthaltungen? Mit Mehrheit abgelehnt.

Damit kommen wir zur direkten Abstimmung über den Antrag der Fraktion der PDS in Drucksache 3/637. Wer dem Antrag zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Gegenstimmen? Enthaltungen? Mit Mehrheit - bei entsprechender Zustimmung zum Antrag und Enthaltung - abgelehnt. Damit schließe ich den Tagesordnungspunkt 12 und wir kommen zum Aufruf des Tagesordnungspunkts 13

Zusätzliche Forderung an die Novellierung des Altschuldenhilfe-Gesetzes Antrag der Fraktion der PDS - Drucksache 3/638

Begründung durch den Antragsteller wird gewünscht. Es ist dies der Abgeordnete Dittes.

Meine Damen und Herren, in der gestrigen Aktuellen Stunde und auch in der eben zu Ende gegangenen Debatte zum vorherigen Antrag der PDS-Fraktion wurde die Situation der Thüringer Wohnungswirtschaft dargestellt und diskutiert und die von der PDS-Fraktion dargestellte Situation der Wohnungswirtschaft in Thüringen wird wesentlich durch die Altschuldenproblematik bestimmt. Zurzeit läuft im Bundestag ein Gesetzgebungsverfahren zur Novellierung des seit 1993 geltenden AltschuldenhilfeGesetzes. Herr Köckert, in diesem Fall können Sie nicht behaupten, dass Sie schneller gewesen sind als die PDS. Die PDS-Fraktion lehnt dieses Gesetz seit Anbeginn ab. Aber wir geben Ihnen die Möglichkeit, mit der Zustimmung zur Forderung einen Schlussstrich unter die Privatisierungspflicht zu ziehen, hier mit der PDS-Fraktion gleichzuziehen. Die Privatisierungspotenziale, meine Damen und Herren, sind in Thüringen nahezu ausgeschöpft. Weitere sinnvolle Privatisierungen sind kaum noch möglich. Deshalb erheben auch Wohnungswirtschaft und Mieterverbände eine gleiche bzw. ähnliche Forderung.

Meine Damen und Herren, die Wohnungswirtschaft braucht Rechtssicherheit und neue Bedingungen für die wirtschaftliche Entwicklung, und sie braucht insbesondere Rechtssicherheit für die Investitionstätigkeit. Die beim Vollzug des Altschuldenhilfe-Gesetzes aufgetretenen Probleme müssen in das laufende Gesetzgebungsverfahren einfließen, und dies betrifft die so genannten Negativrestitutionen und die Altschulden auf dauerhaft leer stehende Wohnungen. Der Wohnungsleerstand, meine Da

men und Herren, fordert eine völlig andere Bewertung der Altschuldenproblematik. Herr Köckert, hier müssen Sie sich gar nicht so falsch verstanden fühlen, auch wenn Sie es am gestrigen Tag anders gemeint haben, unter den Bedingungen des Leerstandes können die Altschulden die Existenz von Wohnungsunternehmen gefährden. Durch das Altschuldenhilfe-Gesetz sollte aber gerade die Wohnungswirtschaft gestärkt werden.

Meine Damen und Herren, dieses ursprüngliche Ziel ist mehr als in Frage gestellt, wenn nicht endlich der Schlussstrich unter das Altschuldenhilfe-Gesetz gezogen wird. Die Landesregierung ist aufgefordert, die berechtigten Interessen der Thüringer Wohnungswirtschaft im laufenden Gesetzgebungsverfahren zu vertreten. Deshalb bitte ich Sie, meine Damen und Herren, dem Antrag der PDS-Fraktion "Zusätzliche Forderung an die Novellierung des Altschuldenhilfe-Gesetzes" vor dem nachvollziehbaren zeitlichen Hintergrund in der heutigen Sitzung zuzustimmen. Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der PDS)

Es hat jetzt der Abgeordnete Wetzel, CDU-Fraktion, das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, wir beraten jetzt über Drucksache 3/638 und wenn Herr Dittes dem Innenminister vorhin richtig zugehört hat, dann hat der Innenminister ihm ja eigentlich eine Brücke gebaut. Die Brücke hieß, dass wir gemeinsam daran arbeiten sollten, damit wir unsere Altschulden aus dem Erblastentilgungsfonds irgendwo finanziert bekommen. Dann können wir wieder viele Dinge mehr machen und sicherlich auch einige Dinge, die Sie angesprochen haben, in den Wohnungsbauunternehmen wieder besser finanzieren und auf finanztechnische Füße stellen. Aber das ist wirklich so; der Zug ist längst in Fahrt und das, was Sie mit der Drucksache 3/638 in Szene setzen wollen - Sie stehen an einem Punkt, wo kein Haltepunkt ist. Sie können nur winken, der Zug fährt schon.

(Beifall bei der CDU, SPD)

Es ist auch völlig egal, wo Sie an welchem Bahndamm stehen, aber winken können Sie noch.

(Zwischenruf Abg. Döring, SPD: Man kann die Notbremse ziehen.)

Aber uns gestern hier an dieser Stelle vorzuwerfen, dass die Politik in den letzten 10 Jahren nichts getan hat, das ist schon irgendwo nebelkrähenhafter Blindflug; das muss ich schon so sehen. Zu sagen, dass das AltschuldenhilfeGesetz zum Fluch der Wohnungspolitik erklärt wird, das ist

ja noch größerer nebelkrähenhafter Blindflug. Das ist ein Segen für die wohnungswirtschaftlichen Unternehmen der ostdeutschen fünf neuen Bundesländer gewesen. Wenn Sie genau die Bücher lesen und wissen, dass 28 Mrd. DM damit letztendlich auch in den Erblastentilgungsfonds eingeflossen sind, dass aber auch die Wohnungsbauunternehmen damit in Eigenkapitalanteile gekommen sind, durch diesen Druck - natürlich, ein Stück Zwang gehört vielleicht immer dazu, das wissen wir aus unseren eigenen familiären Situationen; wenn es nicht immer an das Portemonnaie gebunden ist, dass man dann vielleicht auch nicht unbedingt immer dem Zwang und dem Druck nachgeben muss. Aber wenn wir das so sehen, dann muss ich schon sagen, war das Altschuldenhilfe-Gesetz eine sehr hilfreiche Sache.

(Zwischenruf Abg. Ramelow, PDS: Na ja!)

Die Eigenkapitalanteile unserer momentanen Wohnungsbauunternehmen sind natürlich geschwächt durch diese Geschichte, die wir in die Reihe bekommen müssen. Wenn wir rufen, dass es am 31.12.1997 auslaufen solle, dass wir diese AHG-Geschichte nun in diese rückwirkende Leistung bringen, dann wissen wir auch, wenn wir dafür kämpfen, dass es dann aus dem Erblastentilgungsfonds finanziert wird.

Meine Damen und Herren, ich denke, es ist heute und auch gestern schon sehr viel zu diesen Dingen der Wohnungspolitik und der Wohnungswirtschaft gesagt worden. Aber die vor wenigen Tagen stattgefundenen Thüringer Wohnungstage und der 10. Jahrestag des VDW in Suhl, wo doch einige von uns zugegen waren, ließen klar erkennen, dass die Thüringer Unternehmen bis zu 80 Prozent mittlerweile ihrer Privatisierungsverpflichtung nachgekommen sind. Ich verstehe nicht, was Sie mit Gleichmacherei versuchen, über einen Kamm zu scheren und zu sagen, der, der nichts getan hat, der wird nun auch schnell einmal mit entschuldet. Sie können uns nicht vorwerfen und sagen, dass wir in strukturschwachen Regionen nicht andere Maßstäbe angelegt haben. Das wird wohl nicht gelingen. Aber dass wir in nicht strukturschwachen Regionen dann auch Untätigkeit gegenüber denen, die sehr fleißig gearbeitet haben und ihren Verpflichtungen nachgekommen sind, belohnen, das wäre unredlich.

(Beifall bei der CDU)

Natürlich können wir diese Wunschbilder an die Wand malen und hoffen, dass wir die Privatisierungsverpflichtungen auf zwei Jahre rückwirkend noch ins Gesetz bekommen. Aber ich denke, das wird schwer sein, denn die Gelder, die wir in den letzten 10 Jahren in der Wohnungspolitik zur Verfügung hatten, die sind drastisch gesunken. Ich weiß nicht, wir müssten dann vielleicht an unsere Kollegen aus der SPD appellieren, dass sie sich da im Lenkungsausschuss im Bundesrat und im Bundestag vor allen Dingen mit stark machen. Aber eines dürfen Sie wissen: Die Freikaufsregelung ganz abzusenken, wird

wohl nichts werden. Dass wir sie absenken sollten, das ist unbestritten. Aber dass wir die Punkte 2 bis 4, die Sie mit aufgenommen haben, auch in Verhandlung liegen, das ist auch unbestritten. Aber Sie können sicher sein, dass wir bei diesem Gesetzeswerk mit aufpassen werden, dass es keine Wettbewerbsverzerrung und keine sozialistische Gleichmachereiversuche geben darf, die das nämlich dann zur Folge hätten. Ebenso, denke ich, hat - um das nun nicht noch einmal aufzuwärmen - aber der Minister das gestern deutlich klar gemacht und die Presse hat es heute nicht ganz so deutlich herübergebracht; es liegt im Moment in Thüringen kein Wohnungsunternehmen in einer schrägen Lage, so dass wir sagen müssten, wir haben morgen Insolvenzantragstellungen zu erwarten. Das ist einfach die Tatsache. Das sind wieder diese Eulen durch Athen und es sind wieder diese Schweine durch die Thüringer Gassen getrieben; diese Angstmache mit dem Wohnungsproblem. Deshalb, meine Damen und Herren, lehnen wir die Drucksache 3/638 ab. Ich bedanke mich für Ihr Zuhören. Danke.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat jetzt Frau Abgeordnete Doht, SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, Herr Wetzel, ich habe eigentlich keinen gesehen, der hier in letzter Zeit Schweine durchs Dorf getrieben hat. Aber eines sollten auch Sie wissen, dass die so genannten Schweinezyklen auch in der Wohnungswirtschaft systematisch sind. Dann hat man eben Zeiten, in denen Wohnungen fehlen und danach kommen wieder Perioden, wo Wohnungsleerstand ist, und genauso werden wir vielleicht in ein paar Jahren wieder darüber reden, dass uns Wohnungen fehlen. Zumindest hat die Vergangenheit gezeigt, dass dies gesetzmäßig so abläuft. Und, Herr Köckert, deswegen brauchen Sie mir hier auch nicht zu erzählen, dass ich gelernt hätte. Als wir 1994 hier anfingen, da war die Situation halt eine ganz andere als heute.

Aber, kommen wir zum Altschuldenhilfe-Gesetz zurück: Dieses Gesetz ist in der Vergangenheit wohl wie kaum ein anderes Gesetz umstritten gewesen und so kontrovers diskutiert worden. Dabei hat das AltschuldenhilfeGesetz - und das sollte man durchaus auch sagen - neben den negativen Seiten auch einen positiven Effekt, denn die Kappung der Altschulden auf 150 DM/m² hat letztendlich erst die Investitionsfähigkeit der ostdeutschen Wohnungswirtschaft gewährleistet. Zu kritisieren sind natürlich der Zwang zur Privatisierung und die Erlösabfuhr; aber die meisten Wohnungsunternehmen haben mit sehr viel Einsatz versucht, diese Auflagen zu erfüllen. Im Freistaat Thüringen haben die Wohnungsunternehmen die Privatisierungsauflage zu ca. 80 Prozent erfüllt. Darüber hi

naus wird kaum eine Privatisierung mehr möglich sein; darüber sind wir uns einig. Deshalb ist es richtig, jetzt eine Schlussregelung für dieses Gesetz zu treffen. Die Vorziehung des Schlussbescheids für diese Unternehmen auf 1999 ist die konsequente Antwort darauf. Die betroffenen Wohnungsunternehmen erhalten damit Sicherheit über ihre Bilanzen. Im Übrigen haben 66 Prozent der Thüringer Wohnungsunternehmen nach den Angaben des parlamentarischen Staatssekretärs im Bundesbauministerium, Herrn Großmann, inzwischen diesen Schlussbescheid erhalten. Bei all den Gründen für eine abschließende Regelung dürfen wir jedoch nicht neue Ungerechtigkeiten schaffen. Es wäre ungerecht gegenüber den Unternehmen, die sich ehrlich um eine Privatisierung bemüht haben, wenn diejenigen, die dies nicht getan haben, jetzt zwar die Kappung der Altschulden mitnehmen, aber keine Erlöse abgeführt haben.

Die Freikaufsregelung halten wir daher - im Gegensatz zur PDS - für einen Akt ausgleichender Gerechtigkeit und wollen an ihr festhalten. In diesem Punkt waren sich auch die Sachverständigen in der Anhörung des Bauausschusses des Bundestages in der vergangenen Woche einig. Eine völlige Aufhebung der Privatisierungspflicht ist nicht gerecht. Bestraft würden die Unternehmen, die sich um die Privatisierung bemüht haben. Auch die Stichtagsregelung zu den so genannten Negativrestitutionen wollen wir so belassen. Eine weitere Rückdatierung auf den 31. Dezember 1998 - wie sie von der Wohnungswirtschaft verständlicherweise gefordert wird - würde auch eine ganze Reihe von Wohnungsunternehmen erfassen, die aus betriebswirtschaftlicher Sicht nicht darauf angewiesen sind. Wir halten hier eine Einzelfallprüfung, so, wie sie auch angekündigt wurde, für besser, die den Wohnungsunternehmen Erleichterung bringt, die aufgrund sehr umfangreicher restitutionsbehafteter Bestände in ihrer wirtschaftlichen Existenz gefährdet sind.

Als Gesellschafter der KFW ist der Bund außerdem in der Lage, über Stundung und Niederschlagung von Forderungen von dieser Seite zu entscheiden. Darüber hinaus wird es im Ergebnis der Anhörung eine Ermächtigung für eine Rechtsverordnung im Altschuldenhilfe-Gesetz geben, die sicherstellt, dass Härtefallregelungen bei strukturellem Leerstand möglich sind, z.B. um Abriss zu regeln und die Unternehmen finanziell zu unterstützen. Das Problem des strukturellen Leerstands in Ostdeutschland allein mit der Novelle des Altschuldenhilfe-Gesetzes regeln zu wollen, ist jedoch illusorisch. Hohe Arbeitslosigkeit, Bevölkerungsrückgang und ein zunehmender Wohnungsleerstand bedrohen die Existenz einzelner Wohnungsunternehmen. Hier sind wir uns einig, hier ist der Bund in der Pflicht. Ich hatte das im vergangenen Tagesordnungspunkt bereits benannt, dass dies Folgen der deutschen Teilung und wir damit der Auffassung sind, dass hier der Erblastentilgungfonds in Anspruch genommen werden sollte. Wir fordern, dass dort, wo aus strukturellen und städtebaulichen Gründen ein Abriss erforderlich ist, die Altschulden nicht bei den Wohnungsun

ternehmen verbleiben, sondern durch den Erblastentilgungsfonds übernommen werden.

Frau Doht, ohne Punkt und Komma. Sie sehen den Abgeordneten Schwäblein.

Ich würde gerne erst ausreden.

Diese konkrete Forderung vermisse ich allerdings in den Anträgen der PDS. Wir begrüßen die geplanten Änderungen im Altschuldenhilfe-Gesetz und wollen die vorliegende Novelle nicht mit weiteren Forderungen überfrachten. Den Antrag der PDS lehnen wir daher ab.

Das Thema Hilfe und Unterstützung für die ostdeutsche Wohnungswirtschaft ist damit für uns aber nicht abgehakt. Es steht weiter auf der Tagesordnung und die SPD wird sich diesem Thema stellen.

So, wenn der Herr Schwäblein mich jetzt noch fragen möchte, dann kann er es gerne tun.

Herr Schwäblein, Sie haben das Wort.

Frau Abgeordnete Doht, da Sie diesen strukturellen Leerstand so häufig angeführt haben, frage ich Sie: Sind Sie sich bewusst, dass gerade Sie auch persönlich in den letzten Jahren mit Ihren strikten Forderungen auf weitere Ausweitung des sozialen Wohnungsbaus sehr maßgeblich hier zu diesem strukturellen Leerstand beigetragen haben?

(Beifall bei der CDU)

Herr Schwäblein, Sie haben anscheinend nichts begriffen. Ich hatte gestern die Zahlen benannt, die 1994, als von uns diese Forderung nach sozialem Wohnungsbau kam, besagten, dass 70.000 Wohnungen im Freistaat Thüringen fehlten. Danach war die Politik in der Pflicht, Wohnungen...

(Heiterkeit bei der CDU)

(Zwischenruf Abg. Wetzel, CDU: Ja, das war die DDR.)

(Zwischenruf Trautvetter, Finanzminister)

Herr Finanzminister, das waren Angaben, die aus dem Hause Ihres Kollegen Schuster kamen. Im Übrigen, Herr Schwäblein, sind im Freistaat Thüringen etwa 10.000 Sozialwohnungen gebaut worden. Die werden Sie wohl kaum für diese hohen Leerstände verantwortlich machen können.

(Zwischenruf Abg. Wetzel, CDU: Viele leer stehende...)

Da müssen wir über Sonderabschreibungen und all diese Dinge reden, was im frei finanzierten Wohnungsbau gelaufen ist, und zwar Jahre zu lang, was anfangs sicherlich auch richtig war.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Im Übrigen möchte ich noch mal auf das verweisen, was ich am Anfang gesagt habe: Es gibt auch in der Wohnungswirtschaft diese Zyklen und danach muss sich die Politik auch ausrichten, nämlich flexibel das zu tun, was zum Zeitpunkt angebracht ist.

(Zwischenruf Abg. Böck, Abg. Schwäblein, CDU: Jawohl, jawohl.)

(Beifall bei der SPD)