Protocol of the Session on April 14, 2000

Ich könnte mir auch vorstellen, dass zu dieser Problematik eine Anhörung im Ausschuss durchgeführt wird. Frau Arenhövel, Sie sehen nicht begeistert aus. Sehr geehrte Damen und Herren, ich möchte Sie bitten, dem Punkt 1 Ihre Zustimmung zu geben, denn es ist für mich sowie für meine Fraktion nicht hinnehmbar, dass die Schwächsten dieser Gesellschaft weiterhin finanziell geschröpft werden.

(Beifall bei der PDS)

Es hat jetzt das Wort Frau Abgeordnete Heß, SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, mit dem Thüringer Altenpflegegesetz sind die Voraussetzungen für eine umfassende und auf qualitativ hohem Niveau stehende Ausbildung in der Altenpflege geschaffen worden. In der letzten Wahlperiode gab es dazu umfangreiche Beratungen und eine Anhörung im Ausschuss zur Umlagefinanzierung. Ich möchte deshalb dies hier nicht alles wiederholen, sondern noch einmal betonen, wer gut ausgebildete Fachkräfte haben möchte, der muss auch in der Ausbildung eine Vergütung an die Auszubildenden zahlen. Das gilt sowohl für die Betreiber der stationären als auch für die der ambulanten Einrichtungen. Ein Brief des

Deutschen Schwerhörigenbundes, in dem bemängelt wird, dass Hörschädigungen von Senioren im Altenheim oft gar nicht erkannt bzw. als geistige Immobilität fehlinterpretiert werden, führt bei den Betroffenen zu einem erheblichen Verlust an Lebensqualität. Dies ist nur eines von vielen Argumenten, um für gutes Fachpersonal zu sorgen.

Welche Alternativen zur Ausbildungsumlage gibt es denn?

Erstens: Jede ausbildende Einrichtung zahlt für den praktischen Teil nach eigenem Ermessen; der Schulteil wird, wie auch in Thüringen, vom Staat finanziert. Dieses Modell gibt es z.B. in Bayern. Was ist die Folge davon? Die Ausbildungsbereitschaft wird abnehmen und der Beruf der Altenpflege wird, was wir mit dem Altenpflegegesetz verhindern wollten, deklassiert. Langfristig ist so nicht Qualität in der Ausbildung und damit auch in der Pflege zu sichern. Die andere Möglichkeit, dass das Land die Ausbildungskosten übernimmt, wie es hier von der PDS vorgeschlagen wird, würde einen Präzedenzfall schaffen, denn noch ist es so, dass die Branchen sich ihren gut ausgebildeten Nachwuchs selbst heranziehen. Die dritte Möglichkeit, eine freiwillige Vereinbarung der Träger für eine gemeinsame Finanzierung der Ausbildung in der Altenpflege, wäre vielleicht die beste Lösung. Aber leider konnte die damalige Ministerin Ellenberger den Finanzminister Trautvetter, er ist leider nicht hier, nicht dazu bewegen, einer solchen Vereinbarung zuzustimmen. Durch solch eine Vereinbarung hätten Klagen vermieden werden können und auch die finanziellen Defizite wären in dieser Größenordnung erst gar nicht entstanden. Eine Bundesratsinitiative halten wir zum gegebenen Zeitpunkt auch nicht für sinnvoll. Das Bundesgesetz über die Berufe in der Altenpflege ist zurzeit im Bundestag in der Ausschussberatung. Wären die Länder an einer einheitlichen Lösung interessiert, so besteht immer noch auf dem ganz normalen parlamentarischen Weg die Möglichkeit, entsprechende Regelungen als Gesetzesänderung einzubringen. Unsere Kritik richtet sich an die Art und Weise, wie die zu Pflegenden über die zusätzliche Belastung durch die Thüringer Altenpflegeausbildungsvergütungsverordnung informiert wurden. Uns ist bekannt, dass es nicht alle Pflegefälle betrifft. Aber es trifft oftmals besonders alte Menschen, unsichere Menschen und selten vermögende Menschen. Unserer Meinung nach hätte vor dem Versenden der Bescheide eine umfangreiche Information an alle Beteiligten gehen müssen. Es geht einfach nicht, dass den Betroffenen am 29. Februar gesagt wird, entweder du zahlst ab 1. März mehr Geld oder du bekommst weniger Pflegeleistungen. Hier wären rechtzeitige Gespräche angebracht gewesen, in denen auch über die Möglichkeit der Kostenübernahme durch das Sozialamt hätte informiert werden können. Das Argument, dass der genaue Betrag erst Ende Februar feststand, kann nicht gelten, denn die ungefähre Größenordnung war ja wohl bekannt. Wie aus § 25 b - Berichtspflicht - des Altenpflegegesetzes zu ersehen ist, ist die Umlage eine Sonderfinanzierung. Diese Form steht aufgrund von Klagen aus anderen Bundesländern beim Bundesverfassungsgericht auf dem Prüfstand. Die SPD-Fraktion

stellt deshalb folgenden Entschließungsantrag: Die Landesregierung wird aufgefordert, den sofortigen Vollzug der Thüringer Altenpflegeausbildungsverordnung vom 16.12.1999 bis zum Vorliegen des Entscheids des Bundesverfassungsgerichts zur Umlagefinanzierung auszusetzen. Nach dem hoffentlich baldigen Entscheid des Bundesverfassungsgerichts muss dann gesehen werden, ob Änderungen am Gesetz nötig sind.

(Beifall bei der SPD)

Es hat jetzt das Wort die Landesregierung, Herr Minister Dr. Pietzsch.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist hier in den Vorreden mit viel Sachverstand argumentiert worden und es ist gut, dass es zwar emotional war, weil es um zu Pflegende geht, aber auch sehr realistisch diskutiert wurde. Nur eins, in einem Fall ist nicht realistisch diskutiert worden, liebe Frau Heß, was das Bundesverfassungsgericht angeht. Da habe ich nicht die große Hoffnung, dass schnell entschieden wird, wenn ich z.B. an die Angelegenheit denke über die zusätzlichen Entschädigungen für Abgeordnete und wenn ich daran denke, wie oft es dazu Versprechen und Aussagen gegeben hat, dass es noch in diesem Jahr zu einer Entscheidung kommen wird, und "dieses Jahr" hieß 1995, hieß 1996, hieß 1997, 1998 und 1999. Ich glaube, auf diese Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, ich würde mich wundern, sollten wir nicht warten.

Meine Damen und Herren, Ziel dieses Landtags und der Abgeordneten dieses Landtags und, ich glaube, fraktionsübergreifend, war es, die Altenpflege auf sichere Füße und auf qualitativ hochrangige Füße zu stellen. Deswegen haben wir 1993 das Altenpflegegesetz verabschiedet. In diesem Altenpflegegesetz, und es hat niemanden, niemanden in diesem Jahr 1999 überraschen dürfen, ist diese Umlagefinanzierung festgeschrieben gewesen. Weil es gesetzliche Probleme gegeben hat, hat dieser Landtag vor etwa einem Dreivierteljahr eine Novellierung des Gesetzes vorgenommen. Die Ausbildungsvergütung, das muss man auch mal sagen, die Umlage, richtet sich nicht primär an den Pflegenden, sondern richtet sich primär an den Träger. Und wenn gesagt wird, dass man die zu Pflegenden besser hätte informieren sollen und rechtzeitig, dann geht diese Bitte und diese Aufforderung wirklich an die Träger, denn es hat mit der Liga der Wohlfahrtsverbände Gespräche gegeben, ausreichend, Frau Kollegin Ellenberger, Sie nicken, ich vermute, also auch zu Ihrer Zeit schon intensive Gespräche in dieser Hinsicht, was die Umlage angeht. Deswegen ist es ja auch u.a. nicht zu dieser einvernehmlichen Lösung gekommen.

Meine Damen und Herren, ich glaube, wir können nicht einfach so tun als würden wir den Kopf in den Sand stecken und sagen, wir setzen das erst einmal aus und es wird von Seiten des Landes bezahlt. Das bedeutete auch, wenn ich dieses machen würde, Rechtsbruch und die PDS fordert mich sozusagen zum Rechtsbruch auf, denn der § 25 des Thüringer Altenpflegegesetzes ist Realität und ich habe dieses umzusetzen.

Deswegen ist auch diese Verordnung erlassen worden, wo nicht drinsteht, dass die zu Pflegenden soundso viel zu zahlen haben, sondern die zu Pflegenden sind insofern genannt worden, als dieses eine Basis für die Berechnung ist, aber nicht mehr. Die Kosten der Altenpflegeausbildung aus Mitteln des Landeshaushalts zu tragen, meine Damen und Herren, das ist nicht sinnvoll und es widerspricht auch unseren Gesetzen. Es gibt keinen Grund, Ausbildungsvergütungen von Lehrberufen - und es ist ein Lehrberuf - durch das Land Thüringen zu übernehmen, wenn es sich denn nicht um die öffentliche Verwaltung handelt. Deswegen, meine Damen und Herren, es ist schon angeführt worden, weshalb soll die Ausbildungsvergütung im Bereich der Altenpflege anders finanziert werden, und zwar staatlich finanziert werden, während fast die gleiche im Bereich der Krankenpflege oder im Bereich der Physiotherapie eben nicht vom Land finanziert wird,

(Beifall bei der CDU)

sondern wenn hier diese Ausbildungsvergütung beispielsweise von den Krankenhäusern über ihr Budget mitgetragen werden.

Ein Antrag der PDS, dass die Landesregierung durch eine Bundesratsinitative sicherstellen möge, dass die Ausbildungsvergütung nach bundeseinheitlichen Maßstäben aus Mitteln SGB XI getragen wird, meine Damen und Herren, es gibt im SGB XI eine bundeseinheitliche Festlegung und das ist der § 82 a. An dem haben wir uns orientiert. Hier ist die Ausbildungsvergütung normiert, also können wir gar nicht anders, als dass wir uns danach halten und wir haben uns danach gerichtet. Die Kosten sind so zu tragen: nach einheitlichen Grundsätzen gleichmäßig auf alle zugelassenen ambulanten, teilstationären und stationären Pflegeeinrichtungen, die Altenheime im Land. Das ist Voraussetzung, dass es überhaupt verfassungsrechtlich abgesichert ist. Das ist ja gerade das Thema in BadenWürttemberg gewesen, weshalb in Baden-Württemberg das Landesverfassungsgericht das dortige Gesetz aufgehoben hat, weil eben nicht von allen an der Pflege beteiligten Einrichtungen diese Umlage erhoben worden ist. Frau Kollegin Heß, Sie haben es völlig klar und deutlich gesagt, es würde eine Reduzierung der Qualität bedeuten. Sollen wir wirklich nur einige, die die Altenpfleger ausbilden, die Finanzierung der Altenpflegeausbildungsvergütung übernehmen lassen, dann käme auf die gerade ein noch höherer Budgetbedarf, eine noch höhere Finanzierung zu. Die würden das auf ihre zu Pflegenden umlegen, das heißt, dort würden die Pflegeplätze noch wesentlich

teurer werden.

Meine Damen und Herren, Sie haben etwas von der Meinung des VdAK gesagt, das kann ich nachvollziehen, aber der VdAK würde sich massivst darüber beklagen, wenn wir alles nur durch die Pflegeversicherung - denn der VdAK ist ja Träger der Pflegeversicherung - bezahlen lassen würden. Nichts wäre mir lieber als wenn die Pflegeversicherung das mit den Ausbildungsstellen abmachen würde und das Land Thüringen wäre nicht als Vermittler, als Kosteneinnehmer, als Kostenausgeber. Herr Abgeordneter Nothnagel, auf der Ausgabenseite haben wir eine Position von 17,5 Mio. DM, aber wir haben es auf der Einnahmenseite auch. Wenn wir nur auf der Ausgabenseite die 17,5 Mio. DM und auf der Einnahmenseite nicht haben, dann ist der Haushalt nicht mehr gedeckt, dann ist er nämlich nicht mehr stimmig, also müssen wir schon die Einnahmen letzten Endes erbringen.

Meine Damen und Herren, ich glaube, diese Regelung der Umlagefinanzierung, ich gebe Ihnen unumwunden zu, ich halte sie noch nicht für optimal, wir werden weiter daran arbeiten, aber ich halte sie für im Augenblick den gangbarsten und auch gerechtesten Weg zwischen den einzelnen Trägern und letzten Endes auch bei den zu Pflegenden.

Meine Damen und Herren, wir können natürlich sofort das Umlageverfahren aussetzen. Die Ausbildung bezahlt ohnehin das Land. Das will ich einmal deutlich sagen. Es wird immer behauptet, das Land müsste die Ausbildung übernehmen, die Ausbildung liegt ohnehin beim Land, die finanziert auch das Land. Es ist die Vergütung, was die Umlage angeht.

Meine Damen und Herren, wenn wir diese Umlage nicht erheben, dann sind morgen tausend Auszubildende ohne Vergütung. Ich denke, das wollen wir auch nicht, sondern wir wollen Auszubildende haben. Wir haben extra auch im Altenpflegegesetz festgeschrieben, dass nicht auf Teufel komm raus ausgebildet wird, sondern nach dem Bedarf. Wir wollen diese Ausbildung und wir wollen diese Ausbildung auf hohem Niveau. Wir wollen, dass diese jungen Menschen, die sich dort ausbilden lassen, auch eine ausreichende Vergütung haben, damit wir auch in Zukunft gute Altenpfleger für unsere Pflegeeinrichtungen haben. Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe damit die Aussprache. Wir kommen zunächst zur Abstimmung zum Antrag der PDS in Drucksache 3/522. Es wurde Ausschussüberweisung an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit beantragt. Ich frage von daher, wer stimmt der Ausschussüberweisung zu, den bitte ich um sein Handzeichen. Danke. Gegenstimmen? Enthaltungen? Bei einer Mehrheit von Gegenstimmen abgelehnt.

Damit kommen wir unmittelbar zur Abstimmung über den Antrag.

(Zuruf Abg. Dr. Pidde, SPD: Zuerst über den Entschließungsantrag.)

Wie? Ich dachte, dann den Entschließungsantrag im Anschluss. Dr. Pidde, da waren wir hier richtig. Zunächst der Antrag der PDS-Fraktion - unmittelbare Abstimmung darüer. Ich frage auch hier: Wer gibt diesem Antrag in Drucksache 3/522 seine Zustimmung, den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? Bei einer Mehrheit von Gegenstimmen und einer Zahl von Enthaltungen ist auch dieser Antrag abgelehnt.

Wir kommen damit zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Fraktion der SPD in Drucksache 3/565. Ausschussüberweisung war hier nicht beantragt. Wir kommen insofern auch unmittelbar zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Fraktion der SPD. Ich frage auch hier: Wer gibt dem Entschließungsantrag der Fraktion der SPD - Drucksache 3/565 - die Zustimmung, den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? Das ist nicht der Fall. Bei einer Mehrheit von Gegenstimmen abgelehnt. Damit schließe ich den Tagesordnungspunkt.

Wir kommen zum Aufruf des Tagesordnungspunkts 12

Bedarfsorientierte Abgabe von Rohwasser Antrag der Fraktion der PDS - Drucksache 3/523

Wird hier Begründung durch den Antragsteller gewünscht? Das ist der Fall. Herr Abgeordneter Gerstenberger.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, wenn man so will, ist der Antrag der PDS-Fraktion ein rein formaler Akt, der zur Zustimmung des Landtags führen sollte. Grund für diese Annahme ist, dass ein Antrag der Fraktionen von CDU und SPD eine gleich lautende Forderung im Frühjahr 1995 an den Landtag gestellt hatte, die dieser in seiner Sitzung im Juni 1995 auch beschlossen hatte. Zu Ihrer Erinnerung beinhaltete der damalige Antrag mit dem Titel "Weiterbau der Talsperre Leibis" in Punkt 2 - ich darf zitieren: "..., dass für nicht benötigte Rohwassermengen aus Talsperren im Sinne der Daseinsvorsorge die Finanzierung im Landeshaushalt erfolgt, um sozialverträgliche Wasserpreise zu sichern.", in Punkt 3: "..., dass die gegenwärtige Verrechnung für Roh- und Fernwasser nach dem Vorhalteprinzip auf abnahmeorientierte Bestellmengen umgestellt wird."

Meine Damen und Herren, wie Ihnen sicherlich bekannt sein dürfte, sind diese Anforderungen an die Thüringer Landesregierung in den fünf Jahren seit der Beschlussfassung nicht umgesetzt worden, so dass nunmehr dieser Be

schluss mit der Wahl zum Thüringer Landtag der Diskontinuität anheim gefallen ist und die PDS-Fraktion, die sich hinter diese Forderungen stellt und die die Umsetzung in den vergangenen Jahren zu den unterschiedlichsten parlamentarischen und außerparlamentarischen Anlässen auch immer wieder eingefordert hat, nunmehr der Formalie genügen will, eine gleich lautende Position des Thüringer Landtags erneut einzufordern.

Die Punkte 1 und 2 des Ihnen heute vorliegenden Antrags der PDS-Fraktion sind inhaltlich identisch mit dem damaligen Antrag der Fraktionen von CDU und SPD, das vielleicht an die Personen der mittelsten Reihen. Mit Ihrem heutigen Abstimmungsverhalten werden Sie also einen in der damaligen Debatte entstandenen Vorwurf bekräftigen oder entkräften können, nämlich den, dass die Forderung nach einer bedarfsorientierten Abgabe und damit auch Verrechnung in den damaligen Antrag nur hineingekommen ist, um einigen Abgeordneten die schwerwiegende Entscheidung zum Weiterbau der Talsperre entgegen fachlicher und sachlicher Bedenken zu erleichtern.

Meine Damen und Herren, der Umstand, dass der Entscheidung des Landtags in der in dem Antrag konkret benannten Richtung keine Umsetzung folgte, hat die Ausgangslage nicht unbedingt verbessert. Durch die bisherige Festsetzung der zu bezahlenden Fernwassermenge sind nicht nur die schlussendlich vom Verbraucher abverlangten Wasserpreise bereits zum Teil erheblich gestiegen bzw. sollen weiter steigen. Andererseits wurde die Entscheidung zum Verzicht auf eine ökologisch sinnvolle Nutzung örtlicher Dargebote vorangetrieben.

Meine Damen und Herren, wie Sie bemerken und wie mein Kollege Tilo Kummer in der Diskussion noch ausführen wird, ist es eben keine formale Entscheidung, sondern eine Entscheidung für eine, vor allem ökologisch und sozial zukunftsfähige Wasserpolitik in Thüringen. Eine Änderung der bisherigen Praxis der Verrechnung von Rohwasser ist unseres Erachtens unumgänglich. Das gebietet die soziale Verantwortung und das gebietet die weitere Verbesserung der Standortfaktoren in Thüringen. Danke schön.

Damit eröffne ich die Aussprache. Zu Wort hat sich gemeldet der Abgeordnete Krauße, CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, der hier von der PDS-Fraktion eingebrachte Antrag hat keineswegs den gleichen Inhalt wie der, den wir 1995 eingebracht haben. Herr Gerstenberger, Sie wissen sehr genau, dass es eine Verhandlungssache zwischen beiden Fernwasserverbänden und den Abnehmern, den örtlichen Verteilern, ist und dass wir in diese Vertragsgestaltung nicht ohne Weiteres eingreifen können, eigentlich über

haupt nicht eingreifen können. Und wenn Sie die 35 Pfennige pro Kubikmeter Rohwasserpreis vergleichen, diese 35 Pfennige sind vom Land gestützt mit über 14 Mio. DM jährlich, mit diesen 35 Pfennigen haben wir einen Prozentsatz nach Ihren eigenen Angaben von 4,48 DM durchschnittlichem Wasserpreis, einen Anteil von weit unter 10 Prozent. Würden wir Ihrem Antrag folgen, dann müssten wir eine Totalsubventionierung vornehmen, noch einmal rund 20 Mio. DM drauflegen und der Verbraucher hätte am Ende sehr, sehr wenig davon, denn Sie wissen ganz genau, zumindest hoffe ich, dass Sie das ganz genau wissen, wo die eigentlichen Kosten für den Verbraucher denn am Ende stecken. Sie wissen ganz genau, dass diese 35 Pfennige pro Kubikmeter, die der Talsperrenverband verlangt, eine fast unerhebliche Größe in diesem Zusammenhang ist. In dem Endpreis stecken die Verwaltungskosten, da stecken die Kosten für den Kapitaldienst drin und weitere Kosten. Wir können auch die Talsperrenverwaltung nicht nach dem Motto betreiben, wenn wir Wasser brauchen, dreht mal den Hahn auf und wenn wir kein Wasser brauchen, dann dreht den Hahn zu - die Stadt Jena versucht ja Ähnliches -, sondern es muss, und Sie wissen wie ein Talsperrensystem funktioniert, eine möglichst planbare und eine möglichst kontinuierliche Wasserabgabe möglich sein. Die Verträge zwischen den Verbänden laufen noch bis 2003. Natürlich sind wir auch interessiert, dass die Verbände sich einigen und dass man Modalitäten findet, wie man die Frage der Wassermenge, der Abgabemenge und der Abnahmemenge, der Bestellmengen regulieren kann. Dieses können wir als Land aber nicht leisten. Wir können das anregen und das haben wir mit unserem damaligen Antrag auch getan. Ich hoffe nur, dass Ihr Antrag nicht letztendlich darauf zielt, dass man sozusagen über die Hintertür das Steckenpferd des BUND reitet und in Leibis weiterhin einen Baustopp durchsetzen will.

(Zwischenruf Abg. Gerstenberger, PDS: Fra- gen Sie die Bürger, informieren Sie sich doch erst einmal.)

Wenn Sie das wollen, dann bitte formulieren Sie es auch so klar und deutlich in Ihrem Antrag. Namens meiner Fraktion empfehle ich, den Antrag der PDS abzulehnen. Danke.

(Beifall bei der CDU)

Es hat jetzt das Wort, Frau Abgeordnete Becker, SPDFraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, zuerst das Positive, meine Damen und Herren der PDS-Fraktion, wir werden Ihrem Antrag zustimmen

(Beifall bei der PDS)

und wir gehen auch davon aus, dass er überwiegend identisch ist mit dem Antrag von 1995, anders wie Herr Krauße das eben sagte.

(Unruhe bei der PDS)

In zwei Punkten ist er identisch, das ist vollkommen klar. Nur im ersten Punkt ist er natürlich anders, weil mit dem ersten Punkt damals die große Koalition ja den Weiterbau der Talsperre Leibis beschloss. Wir haben damals als SPDFraktion dem Talsperrenbau zugestimmt, weil wir diese bedarfsorientierte Abgabe von Rohwasser wollten, weil das in der Anhörung, in allen Vorbereitungen immer gewünscht wurde, von allen. Sie können jetzt nicht so sagen, Herr Krauße, als ob das nur ein Wunsch von uns war, das war ein Ausgangspunkt, dass wir zustimmen, dass Leibis weitergebaut wird. Dieser Punkt ist nicht umgesetzt worden seit 1995, genauso natürlich nicht wie der Weiterbau der Talsperre Leibis. Das wissen wir ja alle. Als eine Grundlage zum Weiterbau der Talsperre Leibis war ja auch der zügige Weiterbau und das Sachverständigengremium von damals hat ausgesagt, dass nur der zügige Weiterbau dies rechtfertigt weiterzubauen. Das wissen Sie auch, das war der erste Punkt. Aber die anderen beiden Punkte, die sind identisch mit dem Antrag der PDS-Fraktion und das rechtfertigt auch unsere Zustimmung heute, denn das Ziel des Antrags von damals und von heute ist es, Rohwasser aus Talsperren nach Bestellmengen abnahmeorientiert zu verrechnen und genau das haben wir immer gewollt und Sie auch, Herr Krauße. Für nicht benötigte Rohwassermengen sollte das Land im Sinne der Daseinsvorsorge die Kosten übernehmen, hat es ja auch gemacht, aber es muss jetzt neu berechnet werden. Unser Anliegen war es damals schon, sozialverträgliche Wasserpreise zu sichern und die Neuorientierung der Fernwasserzweckverbände vom Kostenumlageverfahren zum Abnahmeverfahren. Das wurde bis heute nicht umgesetzt und wir müssen das wieder versuchen, neu in Gang zu bringen, das ist wichtig.

(Zwischenruf Abg. Krauße, CDU: Dann schwimmen Sie doch weiter auf Ihrer Wassersuppe.)

(Unruhe bei der SPD)