Jetzt kommen wir zu einem anderen Bereich. Wir müssen wohl feststellen, dass offensichtlich unsere Lohn- und Gehaltsspanne in Deutschland nicht groß genug ist. Unsere Spitzenkräfte oben - da muss man ehrlich miteinander sein -, die wandern, ohne dass das groß in Statistiken erscheint, durchaus nach Australien, Kanada und Nordamerika, überhaupt in die USA aus. Die gehen leise davon, weil wir Ihnen hier nicht die Entwicklungschancen auch finanziell ermöglichen. Andererseits haben wir eben ein Heer von 4 Millionen Arbeitslosen, bei denen dann die Frage aufkommen muss: Ist denn die Lohnspreizung nach unten überhaupt ausreichend, um Jobs zu bekommen, oder ist unser System von Sozialleistungen dort kontraproduktiv? Die Frage muss erlaubt sein. Wenn jetzt neben dieser Red/Green Card - ich komme gleich noch einmal darauf zurück - für Informatiker nun auch der Ruf aus der Wirtschaft erschallt, man möge doch in ähnlichem Maße bei den Bereichen der Gastronomie und weiterer verfahren; wenn wir unter 4 Millionen nicht mehr genügend Leute finden, die in der Gastronomie bedienen können, dann ist etwas faul in diesem Lande. Das kann einfach nicht wahr sein.
Ich weiß sehr wohl, Herr Schuster, Sie hatten es schon angeführt, es werden in Deutschland etwa 70.000 Informatikspezialisten gesucht. Dort sind nicht alles Hochschulabsolventen darunter, aber wir haben auch - so sagen es ja die Statistiken - über 37.000 arbeitslose Informatiker in Deutschland, das sind Deutschlandzahlen. Nun habe ich in meinem früheren Beruf auch schon einmal, zumindest was meine direkten Aufgaben anbetraf, programmiert und glaube da doch mit einem gewissen Sachwissen hier zu argumentieren. Ich sage denen, die es noch nicht verstanden
haben, durchaus auch dem Herrn Bundeskanzler, der da offensichtlich sehr wenig Ahnung hat, wenn man einmal das Programmieren erlernt hat, so ist man in relativ kurzer Zeit in der Lage, auch neue Programmsprachen zu begreifen und sie umzusetzen. Das verlernt sich so wenig, wie ein Sprachmittler, der fremdsprachenbegabt ist, auch in relativ kurzer Zeit eine weitere Fremdsprache dazu lernen kann. Es ist für mich und auch viele meiner Kollegen nicht einzusehen, wieso die Wirtschaft heute mit Inbrunst und - wenn es nicht anders geht, dann nur aus dem Ausland - 25-jährige Spezialisten verlangt mit 20-jähriger Berufserfahrung. Das wertet die Lebensqualität und die Ausbildungsqualität all derer ab, die jetzt schon 35, 40, 45, vielleicht auch 50 sind. Darunter ist ein Ganzteil sehr dynamisch geblieben. Ich kann mir durchaus vorstellen, dass es dann 50-, 55-Jährige gibt, die sich dem Programmierstress nicht mehr aussetzen können und wollen. Das ist anstrengend oder schlaucht, selbstverständlich, aber wie gehen wir denn mit Lebensläufen um, wenn wir heute sagen, wir lassen zu, dass die nicht mehr gefragt sind, und das in Anbetracht einer allgemeinen Haltung, die heute davon ausgeht, dass jeder im Laufe seines Erwerbslebens zwei bis drei Berufe erlangen soll. Soll er die denn alle gleichzeitig mit 25 haben? Oder wird nicht irgendwann auch von der Wirtschaft tatsächlich dann verlangt, den 35-Jährigen erneut zu nehmen, wenn er sich denn in ein neues Berufsbild eingearbeitet hat? Hier bin ich mit der Unternehmenskultur, die derzeit in Deutschland herrscht, wahrlich nicht zufrieden. Eine Unternehmens- und auch Unternehmerkultur, die in den letzten Jahren, als eine Wirtschaftskonjunkturflaute herrschte, eine Delle war, auch gerade den Ingenieurbereich über die Maßen abgebaut hat. Siemens hat ja Hunderte und Tausende Ingenieure rausgesetzt oder bei Altersausscheiden nicht wieder ersetzt und klagt heute wie verrückt, dass der Bedarf nicht wieder gedeckt werden kann.
Auch von unseren Thüringer Hochschulen sind in dieser Phase Anfang bis Mitte der 90er unsere Informatikspezialisten nur mit Mühe zu vermitteln gewesen. Es hat, Frau Dr. Kaschuba, beileibe nicht am Staat gelegen, auch wenn Sie es heute wiederholt unterstellt haben.
Die Wirtschaft hat hier kurzfristig gehandelt. Wenn von der Wirtschaft in diesen Tagen erfreulicherweise das Signal kommt, jetzt in Kürze 25.000 junge Menschen auszubilden, so trifft das ja nicht den Hochschulbereich, sondern den Bereich der dualen Ausbildung und die Frage muss erlaubt sein, warum hat sie nicht schon zwei oder drei Jahre früher damit angefangen, dann wären diese Spezialisten bereits heute am Markt.
Das ist schwerhin nicht zu akzeptieren. Wenn man programmiert hat - und es sind mehrere unter uns, denen das bereits früher vergönnt war -, dann weiß man, welches Ar
beitsgebiet das eigentlich ist. Solche richtig freakigen Programmierer gehen frühmorgens um 8.00 Uhr an den Monitor und sitzen teilweise abends 23.00 Uhr immer noch davor. Das kann auch süchtig machen, wenn da ein Problem richtig lockt und man ist dicht dran, die Gefahren sind wahrlich groß, aber die sind auch sehr motiviert. Es muss doch trotzdem einmal die Frage erlaubt sein, und da bin ich bei dem Red/Green-Card-Vorgehen der jetzigen Bundesregierung: Ist es denn nicht egal - und das hat nichts mit Ausländerfeindlichkeit zu tun, ich muss das vorher warnend sagen -,
ob diese Programmierer ihren Monitor in Indien, in Russland, in Bulgarien oder in Deutschland stehen haben? Es ist ziemlich egal, so wie das eben auch die Deutsche Bank gesehen hat, die mittlerweile 800 indische Programmierer unter Vertrag hat - selbstverständlich. Wenn Sie einmal realisieren, Frau Kollegin, wie viele Entwicklungsteams heute bei großen Projekten in der Weltraumforschung, in der Flugzeugindustrie, auch in der Automobilforschung weltweit arbeiten und an sich rund um die Uhr entwickeln und in den seltensten Fällen auch körperlich zusammenkommen, dann ist es auch möglich, in verstärkterem Maße als jetzt die Lücken, die sich jetzt aufgetan haben, durch Kooperation mit Firmen außerhalb Deutschlands wenigstens partiell zu schließen.
Ich bin überhaupt nicht dagegen, dass man Spezialisten ins Land holt. Nur habe ich die große Sorge und ich weiß mich da mit meiner Fraktion einig, dass es möglicherweise dazu kommen kann, dass bei der nächsten Konjunkturdelle auf einmal die jungen Leute, die wir jetzt mit Inbrunst ausbilden, erneut keine Chance bekämen. Hier müssen wir doch bereits wenigstens dieses Problem in den Blick nehmen. Es ist dann auch nicht ausgeschlossen, dass man dann Ausländer, die möglicherweise mit anderen Sozialstandards oder mit etwas geringen Gehältern zufrieden sind, leichter in den Betrieb lässt und die teuren deutschen Spezialisten als Erstes raussetzt. Die Gefahr des Lohn- und Sozialdumpings darf nicht an dieser Stelle weggeredet werden.
Genau deshalb sollte sich Herr Schröder Gedanken machen, was er da jetzt anrührt. Jetzt komme ich noch einmal auf den Aspekt, den der Wirtschaftsminister zu Recht eingeführt hat. Die Green Card ist doch Augenwischerei. Der Bedarf an Spezialisten kann bereits jetzt mit den geltenden Ausländergesetzen erfüllt werden.
Dort, wo man die Zeichen der Zeit erkannt hat, insbesondere in Baden-Württemberg und Bayern, wird von diesen Ausnahmeregelungen reichlich Gebrauch gemacht. Die
haben dann diese Probleme viel weniger als anderswo hier in Deutschland. Es braucht diese Änderung der Ausländerpolitik eigentlich nicht, aber es wird zum Vehikel genommen, um auch grundsätzlich - und die Grünen helfen da ja kräftig mit - unsere Einwanderungsproblematik ganz anders zu sehen. Das gehört für uns schon mit zu diesem Thema. Ich sage jetzt schon einmal, weil das auch nicht mit einer Diskussion abzutun sein wird, weil das, was hier begonnen wird, sehr weit in die Zukunft reicht, werden wir beantragen, unseren Antrag an den Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kunst - federführend -, an den Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Strukturpolitik - begleitend - und an den Innenausschuss - begleitend - zu überweisen. Mit dem, was man hier Green Card nennt, ist ja längst nicht das verbunden, was in den USA damit geschieht, nämlich mit dem Erteilen der Green Card ist sofort die dauernde Einwanderung verbunden, inklusive des Mitziehens oder Nachziehens der Familie. Man tut im Moment noch so, als könnte man das in Deutschland umgehen. Die Kraft des Faktischen wird uns etwas anderes beweisen. Gut, hier haben wir nicht die Situation der 60er Jahre, wo bei faktisch Vollbeschäftigung ein riesiger Fachkräftemangel in Deutschland war. Ich wiederhole es gerne noch einmal, wir haben über vier Millionen Arbeitslose und bevor wir das Potenzial, das dort drin steckt, nicht auch wirklich offensiv ausnutzen... Hier ist die Arbeitsverwaltung des Bundes zuallererst gefragt, sie können uns konsultieren, aber es ist ihre Verantwortung, für die Umschulung zu sorgen, nicht die des Wirtschaftsministers in Thüringen, Frau Dr. Kaschuba, ich weiß gar nicht, wo sie jetzt hingegangen ist,
ach hinter mir, gut. Mir ist die Fähigkeit des Doppelgesichtes nicht gegeben, insofern habe ich das jetzt übersehen. Hier müssen wir tatsächlich Verantwortung ganz klar unterscheiden. Wir werden uns, mit der Bundes-CDU sind wir da schon abgestimmt, nicht darauf einlassen, dass jetzt ein Strom von Fachkräften zusätzlich zu dem, was jetzt schon jährlich nach Deutschland einwandert, noch obendrauf gesattelt wird. Wenn überhaupt, müssen wir generell neu über Einwanderungspolitik nachdenken, das geht aber einher möglicherweise bis zur Änderung der Asylgesetzgebung. Das geht wirklich so tief und wir brauchen uns da keine Gedanken zu machen, wir müssen ernsthaft darüber diskutieren, ob wir dann noch nach Bedürftigkeit nach Deutschland einreisen lassen und nach möglicherweise auch Verfolgungsdruck, sondern nach dem Fachkräfte- und sonstigen Bedarf, den wir in Deutschland haben. Dies scheint nichts Unmoralisches zu sein, weil es schon eine Vielzahl von Ländern so handhabt.
Ich sage bloß, es scheint nichts Unmoralisches zu haben. Mir, Frau Kollegin Wolf, passt das nicht - verstehen Sie
mich recht -, weil es schon sehr fragwürdig ist, ob wir den aufstrebenden Entwicklungsländern tatsächlich die Leistungseliten wegkaufen sollten.
Das wird die Wirtschaft dort nachhaltig schädigen und wird den Wanderungsdruck auf die reichen Länder, auch auf uns, wahrlich nicht geringer werden lassen. Deshalb sollten wir uns gut überlegen, ob wir diese Art des Herangehens auch in Deutschland wollen. Aber die Diskussion sollte zuerst geführt werden und nicht à la Green Card in Form eines Schnellschusses auf der CeBIT auf einmal diese Grundsätze in Frage stellen. Sie haben es in unserem Antrag lesen können, es darf ja nun heute noch einmal angefragt werden, wieso der Bundesarbeitsminister auf Anfrage dem Bundestag im Januar noch erklärt, also zusätzliche Spezialisten aus dem Ausland wird es nicht geben, und kurz darauf auf einmal Herr Schröder seine Green Card als Schnupftuch aus der Tasche zieht. Diese unstete Herangehensweise ist nicht neu, man hatte geglaubt nach Lafontaine's Salto rückwärts hätte es ein bisschen nachgelassen. Beileibe, es ist nicht der Fall, die Bundesregierung ist in weiten Teilen nach wie vor chaotisch. Das darf so bleiben und die jüngste Debatte, das darf so bemerkt werden, um die Qualifikation der Spezialisten hat es nun wieder einmal gezeigt, der Arbeitsminister sagt, nur Hochschulabschluss, der Bundeskanzler sagt, es bleibt nicht so und dann streitet man sich erst einmal heftig.
Meine Damen und Herren, diese Aspekte müssen wirklich langfristig beleuchtet werden und wir sollten das mit der Ausschussüberweisung tun, das Thema fortgesetzt behandeln und dann tatsächlich wieder aufrufen. Hier in Thüringen tun wir, was wir leisten können; was der Staat zu leisten in der Lage ist, geschieht, aber wir sollten auch mit unserer Wirtschaft ins Gespräch kommen, welche Ausbildungsprofile denn jetzt tatsächlich gefordert sind, welche Spezialisten sie denn brauchen. Der Ruf, der am Rande der CeBIT erschallte, war ja hier auch schon zu hören, dass im Werkzeugmaschinenbereich natürlich genauso Spezialisten fehlen, dass Chemiker fehlen, und das wird vertiefend zu behandeln sein. Wir werden dann im Ausschuss beantragen, dass wir eine Anhörung dazu machen werden, sowohl mit den Gewerkschaften als auch mit den Industrie- und Handelskammern, mit Wirtschaftsvertretern, weil wir auch mit der Wirtschaft ins Gespräch kommen müssen dazu. Dass es die Regierung tut, ist gut, aber das Parlament sollte es auch tun, denn wir bestimmen ja einen Großteil der Landespolitik tatsächlich mit hier als Parlament. Wir sind herzlich eingeladen mit uns unseren hohen Ausbildungsstand zu wahren und mit uns über Chancen, insbesondere auch von Thüringern, egal welchen Alters, zu reden. Jeder, der eine gute Ausbildung hat, hat das Recht darauf, auch in diesem Beruf zu arbeiten. Man sollte ihm die Chance einräumen. Ich danke Ihnen.
Herr Schwäblein, Sie haben ausgeführt, dass es Ihnen egal ist, ob der Monitor in Indien oder hier steht. Das kann ich in gewisser Weise nachvollziehen. Aber ist es Ihnen damit auch egal, ob die Lohnsteuer von nicht gering verdienenden Menschen in Indien oder hier bezahlt wird, und ist es Ihnen damit auch egal, ob die von Herrn Jagoda immer genannten fünf Arbeitsplätze, die daraus entstehen, aus einem qualifizierten Menschen oder drei, das sind immer verschiedene Zahlen im Gespräch, ob die in Indien dann geschaffen werden oder hier in Deutschland?
Es hat sich erwiesen, dass bei Kooperationen, und das hier ein Teil der Globalisierung, mit ausländischen Firmen das auch nachhaltig Beschäftigungswirkungen im Inland hat. Das ist bereits jetzt schon belegt und insofern muss ich die Leute nicht aus ihrer sozialen und sonstigen Umgebung herausholen, um sie hier nach Deutschland zu bringen, aus diesem Grund allein. Ich darf Ihnen zumindest meine Zweifel hier vermelden, der größte Teil der indischen Spezialisten ist in zwölfmonatigen Lehrgängen ausgebildet worden. Ein Großteil der indischen Spezialisten, die hier ja auch begehrt werden, insofern, Kollege Kretschmer, ist ja gerade auch der Disput entstanden, ob denn bei der so genannten Green-Card-Aktion jetzt nur Hochschulabsolventen hier reinkommen dürfen. Genau das ist nämlich der Grund. Herr Jurist Kretschmer, es ist in diesem Bereich längst nicht immer ein Hochschulstudium erforderlich, um trotzdem Spezialist auf diesem Gebiet zu sein. Ja, das hängt viel mit Begabung und Fähigkeiten zusammen und nicht längst immer der Abschluss rechtfertigt dann auch diese Geschichte und daher sehe ich diesen Nachfolgebeschäftigungseffekt mit Faktor 3 und Faktor 5 beileibe nicht gegeben. Wenn wir so verfahren würden wie die in Australien, die sagen, Hochschulqualifikation plus soundso viel Bargeld mit ins Land, damit die Leute auch realistisch eine Existenz gründen können, ja dann hätten Sie Recht, aber wenn wir das von den Indern verlangen, dass die noch jede Menge Bargeld mitbringen, um hier eine Existenz zu gründen, ich glaube, das ist überzogen. Deshalb kann ich Ihnen das so kräftig hier beantworten, das ist mir wirklich egal, wo der Monitor steht, die Leistung für die Firmen muss erbracht werden können und das ist bei den heutigen Kommunikationsmöglichkeiten wirklich egal. Schauen Sie mal, die Firmen rühmen sich in Deutschland mittlerweile zu Recht, auch Frauen, die Kinder geboren haben, in der Ersterziehungsphase der Kinder die Teilhabe am Erwerbsleben dadurch zu ermöglichen, dass sie ihnen die Arbeit nach Hause stellen in Form des Monitors, der über den Draht
mit der Firma verbunden ist. Der Elektronik ist es wahrlich egal, ob der Draht 2 Kilometer oder 2000 Kilometer lang ist. Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, Nebel und Nebenkriegsschauplätze sind uns jetzt eröffnet worden, einmal von Herrn Wirtschaftsminister und einmal von Herrn Schwäblein. Von Ihnen bin ich enttäuscht, ich habe immer gerne Ihren Reden zugehört und habe Sie auch geschätzt, aber heute haben Sie sich disqualifiziert bei diesem Thema.
Der oberflächliche Leser unseres Antrags könnte möglicherweise auf den Gedanken kommen oder den Eindruck haben, es ginge uns nur darum, die Position der Landesregierung, die zudem nicht einheitlich ist, zum Sofortprogramm der Bundesregierung zu hinterfragen. Da aber diese Maßnahmen gelegentlich in einigen Fragen bei den Aufenthaltserlaubnissen der Zustimmung des Bundesrates bedürfen, ist dieses allein schon legitim. Aber es geht um mehr. Es geht darum, Deutschland im 21. Jahrhundert zu einem Land zu machen, das in der Informations- und in der Kommunikationstechnik wirklich führend ist. Dies ist eine Aufgabe der Wirtschaft, da haben Sie Recht, dies ist eine Aufgabe des Bundes und dies ist eine Aufgabe der Länder, da dort die Bildungshoheit ist. Das aktuelle Problem ist, dass wir momentan in einer Situation sind, wo die Chancen im IT-Bereich, auf dem Weltmarkt tätig zu werden, auf den Weltmärkten Fuß zu fassen, jetzt verteilt werden und nicht in 3 Jahren. Das macht die Sache kompliziert. In den vergangenen 10 Jahren haben sowohl die Wirtschaft als auch die Vorgängerregierung im Bund diese Anstrengungen, den Arbeitskräftebedarf im eigenen Bereich zu befriedigen, nämlich durch Bildung und Ausbildung, auch Weiterbildung, klar vermissen lassen. Dies gilt es festzustellen. Ich glaube, da sind wir uns fast einig, dass hier ein Nachholbedarf ist. In der Informations- und Kommunikationswirtschaft liegt ein Potenzial für die nächsten Jahre nach 350.000 neuen zukunftssicheren Arbeitsplätzen allein in Deutschland. Die Wirtschaft und der Verband BytCom bezeichnen das fehlende Arbeitskräftepotenzial, das sagte der Wirtschaftsminister korrekt, mit gegenwärtig etwa 75.000 Spezialisten. Jeder weiß, dass in diesem schnelllebigen
Industriebereich kurzfristig Engpässe personeller Art geschlossen werden müssen. 1999 sind 37.000 neue Arbeitsplätze in diesem Bereich geschaffen worden. Das sind zusätzliche Jobs gewesen zu denen, die sowieso schon im IT-Bereich beschäftigt waren. Zurzeit sind etwa, damit ein allgemeiner Eindruck entsteht, 7.000 Computerfachkräfte aus der EU in Deutschland beschäftigt und gleichermaßen ist es da selbstverständlich, dass auch deutsche Fachkräfte in den Staaten, in Kanada oder sonst wo im europäischen Ausland beschäftigt sind. Es hängt immer nur für diese Leute von zwei Dingen ab: erstens vom technischen Zustand des Landes, das ist nicht unerheblich, und zweitens von der Bezahlung. Das ist doch völlig logisch. Der technische Zustand dieses Landes, also Deutschland, ist nicht immer der beste gewesen in diesem Bereich. Software-Entwicklungen haben im Gegensatz zu traditionellen Industrieerzeugnissen, Dienstleistungen und Produkten ein Umschlagszyklus von sechs bis neun Monaten. Das muss man sich einmal vorstellen. Wenn die durchschnittliche Studienzeit etwa fünf bis sechs Jahre beträgt als Informatiker bei der Umschlagszeit von sechs bis neun Monaten, kann man sich vorstellen, was das für ein Potenzial und was das für eine Differenz ergibt am Ende. Hier entstehen Arbeitsplätze im Grunde genommen am Fließband und ohne Fördermittel, Herr Schuster. Das ist ein ganz besonderer Umstand. Wir erkaufen uns hier jeden Industriearbeitsplatz, wenn wir denn glücklicherweise gerade einmal einen zur Verfügung haben, mit etwa 200.000 bis 400.000 DM an Fördermitteln, nur an Fördermitteln. Das ist ja korrekt so. Dort entstehen sie praktisch zum Nulltarif für das Land und für die öffentlichen Hände.
Ja, das ist doch selbstverständlich so, Herr Schwäblein. Ich will nur auf die grundsätzliche Systematik aufmerksam machen. Das ist ein bemerkenswerter finanzieller Umstand, auch für die öffentliche Hände. Das ist im Grunde genommen der Tatbestand, den es eigentlich bisher nur zu registrieren gilt. Die deutsche Bundesregierung hat nun gehandelt und ein Aktionsprogramm "Innovation und Arbeitsplätze" in der Informationsgesellschaft im 21. Jahrhundert, D 21
Moment, das ist vorhin alles falsch, unkorrekt, nicht vollständig dargestellt worden, ich werde es Ihnen gleich sagen - in Abstimmung mit der Industrie- und Wirtschaft beschlossen und im Übrigen 3 Mrd. DM bis zum Jahr 2005 nebenbei mit zur Verfügung gestellt. Als Ziel wurde festgelegt, bis zum Jahr 2005 zusätzlich 250.000 Arbeitnehmer für IT-Aufgaben zu gewinnen und auszubilden. Dieser Initiative D 21 sind in der Zwischenzeit mehr als 100 namhaf
te Unternehmen der Branche beigetreten und am 13.03. ist das durch den Bundeskanzler in Berlin vorgestellt worden.
Es ist ein Modell, das aus zwei Säulen besteht. Ich glaube, jetzt werden wir uns wieder einig hier in diesem Haus und wir müssen es auch werden. Das Erste ist die kurzfristige Deckung durch Werbung von bis zu 20.000 Spitzenkräften. Da ist möglicherweise noch ein Differenzstandpunkt da aus dem nicht europäischen Ausland. Die Bundesregierung wird hierfür befristet für drei Jahre die notwendigen Änderungen in der Rechtsverordnung des Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigungsrechts vornehmen. Die Bundesregierung wird auf die Bundesländer mit dem Ziel zugehen, das Aufenthaltsgenehmigungsverfahren zu beschleunigen. Im Übrigen, die IT-Fachkräfte wählen ja ihren Arbeitsplatz ohnehin auf dem globalen Markt aus. Aber die Schwierigkeiten, hierher zu kommen, sind natürlich größer. Wir in Deutschland wollen nur gleichberechtigte Anbieter sein - nur dies, darum geht es. Allein in den Staaten sind 10 Prozent aller Stellen als Programmierer, Systemanalytiker und Computertechniker nicht besetzt. Der Markt ist leergefegt. Wenn wir hier nicht etwas tun, werden wir kurzfristig keine Spezialisten bekommen. Das zu der kurzfristigen Deckung in der ersten Säule.
Die zweite Säule, und da werden wir uns einig, ist die weit wichtigere, nämlich die mittel- und langfristige Deckung durch eine konzentrierte Qualifizierungs- und Ausbildungsoffensive hier in Deutschland. Letztere betrifft sowohl den Berufsbildungsbereich als auch den Hochschulbildungsbereich.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Anwerbungen kann Ausbildung nicht ersetzen. Darüber sind wir uns einig. Ziel ist, künftig mit einheimischen Experten den steigenden Bedarf zu befriedigen. Diese zweite Säule wird getragen. Jetzt kommen die Einzelheiten, die die Wirtschaft und die Arbeitsverwaltung zugesagt haben. Zusagen der IuK-Wirtschaft im Bereich bis zum Jahr 2003 mindestens weitere 20.000 über die bereits im Bündnis für Arbeit zugesagten 40.000 Ausbildungsplätze anzubieten. Das ist ein Angebot der Wirtschaft, auf das wir sehr gerne und sicherlich mit großer Freude zurückkommen. Zweitens hat die Wirtschaft zugesagt, die innerbetriebliche Weiterbildung im Hinblick auf internetrelevante Technologien nachweisbar unter Einbeziehung auch älterer Arbeitnehmer zu steigern. Das sind die Fragen, die den Zustand des Arbeitsmarkts jetzt berühren. Diese zweite Säule wird aber auch noch getragen durch ergänzende Maßnahme in der Aus- und Weiterbildung der Bundesanstalt für Arbeit, und zwar werden dort IT-Maßnahmen von bisher 36.000 auf 40.000 erhöht. Zu dieser zweiten Säule gehört auch die gemeinsame Aktion der Bundesregierung und der Bundesländer - jetzt kommt eigentlich der Punkt, der für uns wichtig ist - für die Hochschulen. Es geht hier im Einzelnen um die Erhöhung der Zahl der Studienplätze als Informatiker, also in den IT-Disziplinen, die Schaffung zusätzlicher Lehrkapazitäten, das ist wieder ein finanzielles Problem, und eine stärkere Internationalisierung der Studiengänge. Gesamt