Protocol of the Session on March 15, 2000

Steuerreform Antrag der Fraktion der CDU - Drucksache 3/391

Die antragstellende Fraktion wünscht Begründung durch den Abgeordneten Jaschke. Sie können die Begründung vornehmen.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, die Steuervorschläge der Bundesregierung veranlassen uns, da sie die Lebensinteressen auch unserer Thüringer Bürgerinnen und Bürger, aber auch unsere Thüringer Unternehmen und nicht zuletzt auch unsere Thüringer Kommunen sowie den Landeshaushalt betreffen, zu einer näheren Betrachtung.

Nachbessern, das war und ist das Leitmotiv dieser rotgrünen Regierung in Berlin. Nichts ist zu sehen von einer Steuerreform aus einem Guss. Das, was Herr Eichel vorgelegt hat, kann man nur als Flickwerk bezeichnen, die Weichen sind falsch gestellt. Die versprochene Nettoentlastung möchte ich kurzum als Mogelpackung bezeichnen.

(Beifall bei der CDU)

Was dem Bürger als Nettoentlastung verkauft wird, zieht rotgrün ihm über die so genannte Ökosteuer zum großen Teil wieder aus der Tasche. Die Steuersystematik bleibt auf der Strecke. Selbstverständlich, schaut man sich die Vorschläge zur Reform der Unternehmensbesteuerung an, kann man leicht feuchte Augen bekommen und denken, toll, Absenkung der Körperschaftssteuer auf 25 Prozent, Belastung nur der halben Dividende, Entlastung von Personengesellschaften durch Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Einkommenssteuer und Absenkung des Einkommenssteuertarifs sowie steuerfreie Veräußerungsgewinne. Schaut man jedoch genauer hin, meine Damen und Herren, dann werden aus den feuchten Augen Tränen der Mutlosigkeit.

(Heiterkeit bei der SPD)

(Beifall bei der CDU)

Die Reform erfüllt nur in wenigen Teilen die Erwartungen, die an eine umfassende Steuerreform gestellt werden und die den Standort Deutschland wieder an die Weltspitze bringen. Sie richtet sich in erster Linie gegen den Unternehmer, während im Unternehmen das angesammelte Kapital zwecks Einrichtung zusätzlicher Arbeitsplätze geschont werden soll.

(Zwischenruf Abg. Kretschmer, SPD: Ente!)

Diese Weichenstellung hat die Reform jedoch unnötig verkompliziert und in den verschiedenen Teilen ist sie wahrscheinlich sogar verfassungswidrig. Dies gilt insbesondere für die starke Tarifspreizung zwischen einbehaltenen und ausgeschütteten Gewinnen und anderen Einkünften für die Einführung einer so genannten Betriebsunternehmenssteuer und die Abschaffung des Anrechnungsverfahrens.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, eine durchgreifende Steuerreform muss einfach und gerecht sein und niedrige Steuersätze haben.

(Beifall bei der CDU)

Die Steuerpflichtigen müssen gleich behandelt werden. Diese Grundsätze verletzt der vorgelegte Entwurf der Bundesregierung. Die Optionsmöglichkeit, bei der keiner weiß, welche Risiken sie bringt, mit der Einführung einer Doppelbesteuerung durch das Halbeinkünfteverfahren und mit einer verfassungsmäßig riskanten Anrechnung der Gewer

besteuer führt zu viel Unsicherheit bei den Betroffenen.

Sehr geehrte Damen und Herren, ich möchte feststellen: Das Modell der Bundesregierung ist eine Steuersenkung in Trippelschritten, von denen keine nennenswerten Impulse auf die Wirtschaft ausgehen.

2. Der unverhofft starke Kurssprung an den deutschen Börsen nach Bekanntwerden der Pläne zur Steuerbefreiung von Veräußerungsgewinnen aus Kapitalbeteiligungen zeigt, wem diese Vorhaben nutzen - den großen Kapitalgesellschaften. Die Unternehmensstruktur in Deutschland besagt jedoch, dass ca. 85 Prozent der Unternehmen keine Kapitalgesellschaften sind. Auch in Thüringen spiegelt sich diese Struktur wider, ca. 83 Prozent der Thüringer Unternehmen sind Personenunternehmen.

3. Statt durch eine durchgehende und kräftige Senkung der Einkommenssteuersätze sollen diese Unternehmen durch neue Sondertatbestände wie der Optionsmöglichkeit zur Körperschaftssteuer und der Gewerbesteueranrechnung, die das ohnehin komplizierte deutsche Steuerrecht weiter komplizieren, entlastet werden. Der Haken daran ist jedoch der, dass gerade die vielen Kleingewerbetreibenden mit Gewinnen unter 48.000 DM pro Jahr, die keine Gewerbesteuer zahlen und somit auch nicht anrechnen können, keine nennenswerte Entlastung erfahren. Denn auch eine Option ist für diese Unternehmen nicht sinnvoll.

(Beifall bei der PDS)

4. Das Halbeinkünfteverfahren belastet den Durchschnittsaktionär. Selbst wenn der steuerpflichtige Teil der Dividenden aufgrund des Sparfreibetrags nicht besteuert wird, erhöht sich der persönliche Steuersatz durch die Einbeziehung des steuerfreien Dividendenteils in den Provisionsvorbehalt und damit die steuerliche Belastung.

5. Großunternehmen in der Rechtsform von Kapitalgesellschaften, die nach Fusionen Tausende von Arbeitsplätzen streichen, erhalten dagegen noch das Steuergeschenk der Steuerbefreiung für die Veräußerung ihrer Kapitalbeteiligungen.

Herr Abgeordneter Jaschke, die Zeit für die Begründung beträgt 5 Minuten, die ist bereits überschritten.

Lassen Sie mich, wenn die Zeit so drängt, zum Schluss kommen.

(Zwischenruf Abg. Dr. Zeh, CDU: Die letz- ten zehn Seiten kannst du weglassen.)

Wir wissen, dass es bei den Verhandlungen im Bundesrat dank des Wählerwillens doch eine Situation gibt, die uns merklich auf diese Probleme aufmerksam machen lässt. Und ich gehe davon aus, dass das, was jetzt die Bundesregierung vorgelegt hat mit den Steuerbeschlüssen, die wir vor drei Jahren bereits als Union vorgelegt haben, doch hier an der Stelle zu einem soliden Kompromiss kommen kann und das verhilft uns weiter...

Herr Abgeordneter Jaschke, ich folge Ihnen mit unendlicher Geduld, aber die Zeit ist jetzt wirklich zu Ende.

Ich bin schon zu Ende.

(Beifall bei der CDU)

Als Begründung sind nur 5 Minuten vorgesehen. Ich eröffne die Aussprache zum Tagesordnungspunkt 6 und rufe als ersten Redner den Abgeordneten Dr. Pidde, SPD-Fraktion, auf.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, Herr Jaschke hat zwar lang und breit über die Steuerpolitik der Bundesregierung geschimpft und eigene Vorschläge hier vorgetragen; warum wir uns im Landtag aber mit einem solchen Antrag befassen sollen, hat er nicht genannt, sicher hat jetzt die Zeit dazu gefehlt.

(Unruhe bei der CDU)

(Zwischenruf Abg. Böck, CDU: Weil es auch die Thüringer betrifft.)

Meine Damen und Herren, die Bundesregierung hat im Interesse der Zukunftsfähigkeit Deutschlands eine Trendwende in der Steuer- und Finanzpolitik in Gang gesetzt.

(Beifall bei der SPD)

Wir haben auf der einen Seite die Haushaltskonsolidierung und auf der anderen Seite die Senkung von Steuern und Abgaben

(Zwischenruf Abg. Primas, CDU: Wo denn?)

(Unruhe bei der CDU)

(Beifall bei der SPD)

und das sind die beiden Leitplanken für eine zukunftsweisende Strategie, die einerseits für nachhaltiges Wachs

tum der Wirtschaft steht und andererseits für die Schaffung und Erhaltung von Arbeitsplätzen.

(Zwischenruf Abg. Böck, CDU: Früher konn- ten Sie bessere Märchen erzählen.)

(Beifall bei der SPD)

Herr Abgeordneter Pidde, einen kleinen Moment bitte, wir lassen den Saal wieder zur Ruhe kommen, damit Ihren Ausführungen gefolgt werden kann.

Und wenn Sie sich noch so aufregen, die Steuerreform ist eine Reform, die ihrem Namen Ehre macht.

(Zwischenruf Abg. Wunderlich, CDU: Darin sind wir uns einig. Ja, genauso sehe ich es auch, jetzt haben wir ein Chaos.)

(Beifall bei der SPD)

Wenn ich an Kohl'sche Reformen denke - Gesundheitsreform oder Ähnliches -,

(Heiterkeit und Unruhe bei der CDU)

wenn ich an die Reformen denke, da haben sich die Bürger zuallererst die Taschen zugehalten, weil jede Reform ein Griff an ihre Geldbörse war.

(Beifall bei der SPD)

Und jetzt, ob Sie es wahrhaben wollen oder nicht, jetzt kommt die steuerpolitische Trendwende und es kommen weit reichende Steuerentlastungen und Abgabenentlastungen für Arbeitnehmer und für Arbeitgeber und das können Sie auch nicht wegreden.