Protocol of the Session on April 1, 2004

(Beifall bei der CDU)

Ich kann mir vorstellen, dass Sie das nicht haben wollen. Ich möchte aber mal die Debatte im Thüringer Landtag erleben, wenn ein suizidgefährdeter Mensch gesucht wird, und wir haben die Möglichkeit, über diese technischen Nachforschungen den Standort ausfindig zu machen und wir nutzen es nicht und der Suizid wird nicht verhindert, obwohl wir ihn hätten verhindern können. Den Aufschrei der Opposition sehe ich hier im Landtag schon sehr deutlich vor mir.

(Beifall bei der CDU)

Zwar ist die präventive Telekommunikationsüberwachung auch ein schwerer Eingriff, dessen Gewicht jedoch deutlich hinter den heimlichen Kenntnisnahmen von Handlungen und Äußerungen, die nach dem Willen der Beteiligten in der Wohnung bleiben sollen, zurückbleibt. Schon deshalb kann und sollte die präventive Telekommunikationsüberwachung nicht in die Nähe der Wohnraumüberwachung gerückt werden.

(Zwischenruf Abg. Dittes, PDS: Da gibt es auch den privaten Kernbereich.)

Wir haben einen Fall der Wohnraumüberwachung gehabt in Thüringen, da streite ich mich nicht, ob großen oder kleinen Lauschangriff. Es handelt sich um einen Mord an einem vierzehnjährigen Mädchen.

(Zwischenruf Abg. Wetzel, CDU: Na bitte.)

Übrigens ist die Wohnraumüberwachung bei dieser Straftat auch durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts gedeckt, weil gerade in einem solchen Fall die Wohnraumüberwachung für zulässig erklärt worden ist.

(Beifall bei der CDU)

Natürlich werden wir bei der jetzigen Rechtslage sehr restriktiv damit umgehen und wir werden sie bis zu den neuen gesetzlichen Regelungen nicht anwenden. Man sieht ja auch, dass es in vielen Fällen gar nicht notwendig ist und auch nicht gemacht wird. Aber deswegen gibt es keinen Grund, so etwas zu streichen. Es ist, wie mit dem 3. Punkt des Antrags gefordert, nicht sinnvoll, bis zum 28. Mai schriftlich zum Ergebnis der verfassungsrechtlichen Prüfung der Sicherheitsgesetze Stellung zu nehmen. Das Bundesverfassungsgericht hat dem Bundesgesetzgeber mit dem 30. Juni 2005 eine lange Frist für die Umsetzung der verfassungsgerichtlichen Vorgaben gegeben. Die im Antrag der PDS vorgenommene kurze Fristsetzung ist mit Blick auf diesen Termin der Karlsruher Richter nicht nachvollziehbar.

(Beifall bei der CDU)

Es bleibt festzuhalten, dass der notwendige Änderungsbedarf im Polizeirecht derzeit unter Zusammenwirkung aller Länder und des Bundes festgestellt wird, und erst nach Vorliegen der Ergebnisse kann und sollte über Gesetzesänderungen entschieden werden.

(Beifall bei der CDU)

Mir liegen keine weiteren Redeanmeldungen vor. Damit schließe ich die gemeinsame Aussprache der Tagesordnungspunkte 5 und 12. Wir kommen zur Ausschussüberweisung des Gesetzentwurfs der Fraktion der SPD in der Drucksache 3/4105, hier ist die Ausschussüberweisung beantragt worden. Wer dieser zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Danke schön. Die Gegenstimmen. Das ist eine Mehrheit von Gegenstimmen. Gibt es Stimmenthaltungen? Das ist nicht der Fall. Die Ausschussüberweisung ist abgelehnt. Nun kommen wir zur Abstimmung zum Antrag der Fraktion der PDS in der Drucksache 3/4117 Neufassung -. Hier ist namentliche Abstimmung beantragt worden, Ausschussüberweisung nicht. Ich bitte, die Stimmkarten einzusammeln für die namentliche Abstimmung. Frau Abgeordnete Nitzpon?

(Zuruf Abg. Nitzpon, PDS: Namentliche Abstimmung ist korrekt, aber nur für den Punkt 1 des Antrags.)

Das ist vorhin in der Rede anders angesagt worden. Dann also namentliche Abstimmung zum Punkt 1 aus dem Antrag der Fraktion der PDS in Drucksache 3/4117 - Neufassung -.

Ich nehme an, es hatte jeder die Gelegenheit, seine Stimmkarte abzugeben. Ich schließe damit die Abstimmung und bitte um das Auszählen.

Mir liegt das Ergebnis der namentlichen Abstimmung zu Punkt 1 des PDS-Antrags vor. Hier wurden 67 Stimmen abgegeben, mit Ja haben 25 gestimmt, mit Nein 42. Damit ist die Nummer 1 aus diesem Antrag abgelehnt (na- mentliche Abstimmung siehe Anlage 5).

Und wir stimmen nun über die Punkte 2 und 3 aus der Drucksache 3/4117 ab. Wer diesen zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Danke schön. Gegenstimmen? Es ist eine Mehrheit von Gegenstimmen. Stimmenthaltungen? Es gibt einige Stimmenthaltungen. Damit sind die Punkte 2 und 3 auch abgelehnt und damit der ganze Antrag.

Ich schließe den Tagesordnungspunkt 5 in Verbindung mit dem Tagesordnungspunkt 12 und komme zum Aufruf des Tagesordnungspunkts 6

Viertes Gesetz zur Änderung des Thüringer Kinder- und Jugendhilfe-Ausführungsgesetzes (Fami- lienförderungsgesetz) Gesetzentwurf der Fraktion der SPD - Drucksache 3/4129 ERSTE BERATUNG

Die einreichende Fraktion hat angekündigt, dass Frau Abgeordnete Bechthum die Begründung vornimmt.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, Ihnen liegt ein Gesetzentwurf vor, der die erforderlichen Leistungen der Familienförderung sowohl auf der Ebene der Landkreise und kreisfreien Städte als auch auf der Ebene des Landes konkretisiert. Ein Gesetzentwurf, der außerdem den Kinderschutz und die Kinderschutzdienste als bewährtes Instrument der Jugendhilfe, vor allen Dingen aber als bewährtes Schutzangebot für Hilfe suchende Kinder und Jugendliche gesetzlich verankert. In § 19 a und 19 b geht es also in erster Linie um die präventive Familienarbeit und Familienförderung, die als gesetzliche Pflichtleistung verankert werden soll. In § 20 a hingegen wird durch die gesetzliche Verankerung des Kinderschutzes den Kindern, bei denen häufig, aber nicht nur, innerhalb der Familien eine Gefährdung des Kindeswohles vorliegt, konkrete Hilfe angeboten. Mit diesem Gesetz greifen wir Neues auf und beziehen uns dennoch auf bewährte Erfahrungen innerhalb der Jugendhilfe. Neues deshalb, weil der Bundesgesetzgeber uns immerhin seit dem 3. Oktober 1990 den Auftrag, zumindest aber die Option mit § 16 des Kinderund Jugendhilfegesetzes gegeben hat. Dort wird in Absatz 3 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass das Nähere über den Umfang und Inhalt der Aufgaben, und gemeint ist hier die Familienförderung, durch Landesrecht zu regeln ist. Wir haben dies bereits im Oktober 2002 angeregt und die Landesregierung aufgefordert, dem Landtag einen entsprechenden Gesetzentwurf vorzulegen, damals leider ohne Erfolg, aber wir geben die Hoffnung nicht auf. Nun hat sogar der Ministerpräsident angekündigt, in der nächsten Legislaturperiode ein Familiengesetz einzubringen, welches die Leistungen für Familien bündeln soll. Deshalb bringen wir einen Gesetzentwurf jetzt ein. Sie erkennen daran, dass wir eine konstruktive und ideenreiche Opposition sind.

(Zwischenruf Abg. Schwäblein, CDU: Ach, herrje!)

(Beifall bei der SPD)

Mit diesem Gesetzentwurf wird erstens der Grad der Verbindlichkeit für Angebote der Familienförderung entscheidend erhöht und zweitens mit dem Kernelement der Familienförderplanung sowohl auf der Ebene der Landkreise und kreisfreien Städte als auch auf der Landesebene rücken wir alle - ja alle - Angebote der Familienförderung

in den Blickpunkt der politischen Auseinandersetzung.

Eine letzte Anmerkung zum Kinderschutz: Meine Damen und Herren, lassen Sie uns mit der Verankerung des Kinderschutzes und der Kinderschutzdienste im Ausführungsgesetz dafür sorgen, dass nicht erst nach skandalösen Missständen hektische Aktivitäten unternommen werden. Wir haben hier darüber genügend gesprochen. Sie alle kennen die entsprechenden Gerichtsverfahren. Sie alle wissen oder ahnen, welche Dramen sich immer wieder bei Missbrauch von Kindern und Gewaltanwendung gegenüber Kindern abspielen. Mit der gesetzlichen Verankerung geben wir uns und den Landkreisen und kreisfreien Städten eine Verpflichtung, die Aufgabe des Kinderschutzes zumindest weiterhin ernst zu nehmen, hoffentlich sogar ernster zu nehmen als bisher.

Meine Damen und Herren, ich darf Sie um die Überweisung dieses Gesetzes an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit bitten, und ich darf Sie nach den Beratungen natürlich um Zustimmung zu diesem Gesetz bitten. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Ich eröffne die Aussprache zu diesem Gesetzentwurf. Für die CDU rufe ich den Abgeordneten Panse auf.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrte Kollegen von der SPD, ich verhehle es ja gar nicht, der Antrag hat durchaus zwiespältige Gefühle bei mir ausgelöst. Zwiespältige Gefühle, das will ich auch deutlich machen, zum einen, weil ich es vernünftig und richtig finde, dass die SPD-Fraktion sich intensiv dem Thema "Familie" widmet. Ich glaube, das ist etwas, was allen Fraktionen hier im Haus gut zu Gesicht steht, zum anderen aber auch, und das muss ich ehrlich sagen, weil es sich ein Stück weit dabei natürlich um einen durchaus durchschaubaren Wahlkampffensterantrag handelt.

(Zwischenruf Abg. Bechthum, SPD: Ach, das kann nicht wahr sein!)

Und ich sage das ganz ehrlich, Frau Kollegin Bechthum,

(Zwischenruf Abg. Bechthum, SPD: Mehrfach gesagt.)

Ihnen kann man das verzeihen, weil Sie natürlich durchaus das Interesse bekunden, zu sagen, wir bringen hier einen Familienantrag ein, weil Sie in der nächsten Legislaturperiode nicht wieder für den Thüringer Landtag kandidieren. Allerdings den übrigen Kollegen Ihrer Fraktion muss ich schon sagen, es wäre dem Anliegen der Familien besser gedient, wenn wir nach gründlicher Beratung

einen umfassenden Antrag zum Thema "Familienförderung" hier vorgelegt hätten, denn so, wie er uns in der jetzigen Fassung vorliegt, verdient er nicht den Titel "Familienförderungsgesetz", den Sie darüberschreiben. Er ist letztendlich ein Stück weit Wahlkampfrhetorik und leider auch ein Stück weit ein Schnellschuss.

(Unruhe bei der SPD)

(Zwischenruf Abg. Schemmel, SPD: Wie kommen Sie denn auf so was?)

Ich mache Ihnen das deutlich, Herr Kollege Schemmel, es fehlen wichtige familienfördernde Bereiche.

(Beifall bei der CDU)

Insbesondere Fragen der Situation allein Erziehender, aber auch zur Schwangerschaftskonfliktberatung finden sich in Ihrem Familienförderungsgesetz an keiner einzigen Stelle wieder.

(Beifall bei der CDU)

Insofern vermisse ich auch sehr die Erfahrungen aus dem Landesbündnis für Familie, was begonnen hat zu arbeiten, wo es Anregungen gab. Ich vermisse auch die Anregungen aus den Enquetekommissionen. Alles das hätte wohl in ein Familienförderungsgesetz hineingehört. Ich denke, wir werden auch darüber noch sprechen müssen, in welchem Umfang dies sich wiederfinden kann.

Gleichwohl sind es die vorgeschlagenen Änderungen in § 19 a und b durchaus wert, diskutiert und aufgegriffen zu werden. Ich sage es ganz ehrlich, auch ich wünsche mir, dass wir die Familienförderung rechtlich klar erkennbar verankern. Sie wissen, wir haben, was die Familienförderplanung angeht, durchaus die gleiche Forderung als CDU-Fraktion. Wir machen diese Forderung im Übrigen auch auf kommunaler Ebene auf, wo es am wichtigsten ist. Es fehlt aber in Ihrem Gesetzentwurf der Bezug zu den im Kinder- und Jugendhilfegesetz klar definierten Jugendhilfeausschüssen, die sich letztendlich ja auch mit der Jugendförderplanung, aber eben auch mit der Familienförderplanung beschäftigen sollen. Und da reicht es eben nicht, wenn Sie es, wie in Ihrem Gesetzentwurf beschrieben, darauf beschränken, dass Sie die Jugendämter oder das Landesjugendamt verpflichten wollen, einen Förderplan zu erstellen und dabei die Träger nur zu beteiligen. Nein, diese Diskussion muss mit den Trägern stattfinden und die Beschlussfassung muss letztendlich in den Jugendhilfeausschüssen, in den Sozialausschüssen, natürlich dann auch in den Kreistagen und Stadträten stattfinden, denn letztendlich sind die für die kommunale Familienpolitik auch originär zuständig.

Es ist die Klarstellung und die rechtliche Verankerung der Pflichtleistung bei der Familienförderung gefordert. Ich hatte gesagt, das ist zu begrüßen und natürlich auch

der zweite Teil, wenn es um den Kinderschutz geht. Auch das ist zu begrüßen, auch hier haben wir im Landtag mehrfach dazu bereits diskutiert. Es ist eben leider so, der Kinderschutz funktioniert nicht in allen Kreisen. Im Land haben wir, was die Familienförderung und den Kinderschutz angeht, klare Regelungen getroffen. In den aufgelisteten Bereichen, die Sie in Ihrem Gesetzentwurf haben, die Familienhilfe, die Bildungsmaßnahmen, die Familienzentren und die Familienerholungsstätten, dies alles hat im Land bereits jetzt höchste Priorität. Sie wissen, dass wir trotz der angespannten Haushaltslage, die wir haben, seit 1999 eine jährliche Steigerung zu verzeichnen haben. Wir sind inzwischen, nachdem es im Jahr 2002 1,8 Mio.  für diesen Bereich waren, im letzten Jahr 2,1 Mio.  diesem Jahr bei 2,5 Mio.  "& ' ( dafür aufwendet. Ich finde das richtig und notwendig. Insofern ist Familienfreundlichkeit in Thüringen eben doch kein leeres Wahlkampfthema, Frau Kollegin Pelke, wie Sie es in der Pressemitteilung beschrieben haben, sondern es ist schlichtweg Realität. Wir haben durchaus auch bundesweit anerkannt ausgezeichnete Betreuungsangebote im Kindertagesstättenbereich.

(Beifall bei der CDU)

Ich weiß, dass wir im Bereich der Angebote unterhalb des Rechtsanspruchs mehr machen können, mehr machen wollen, mehr machen müssen, aber wir haben eben sehr gute Betreuungsangebote. Wir haben darüber hinaus mit dem Landeserziehungsgeld ein hervorragendes Instrument, wir haben die Jugendpauschale, wir haben die FamilienCard. Dies alles gehört für mich zur Familienfreundlichkeit dazu. Insofern kann man eben nicht davon reden, dass es sich nur um Wahlkampfgetöse handelt, wenn wir über Familienförderung sprechen.

(Beifall bei der CDU)

Ich möchte sehr gern auf den zweiten Teil Ihres Antrags eingehen, auf den Teil, wo Sie sich auf die Kinderschutzdienste beziehen. Die Kinderschutzdienste hatten wir in den letzten Jahren mehrfach hier zum Thema, aber - und das erleben wir in den Diskussionen vor Ort - die Kinderschutzdienste sind nicht zuallererst dadurch gefährdet, weil die landesgesetzlichen Verankerungen fehlen, sondern - und das sage ich hier ganz deutlich - die Kinderschutzdienste sind dann gefährdet, wenn kommunale Verantwortungslosigkeit damit einhergeht. Wir haben dies bei der Schließung des Kinderschutzdienstes in Saalfeld/Rudolstadt erlebt, wir haben dies bei den Diskussionen im Unstrut-Hainich-Kreis erlebt, und ich denke, wir sollten alle als Landespolitiker, aber auch als Kommunalpolitiker mit darauf hinwirken, dass die Kinderschutzdienste vor Ort erstens erhalten bleiben, zweitens aber auch in hoher Qualität arbeiten können. Das Land leistet seinen Beitrag dazu mit einer 50-prozentigen Förderung der Personalstellen in den Kinderschutzdiensten. Selbstverständlich erwarten wir, dass dies die kommunale Ebene ganz genauso tut.