Ich habe eine Frage an die geschätzte Kollegin in der Parlamentarischen Kontrollkommission. - Frau von Angern, Sie haben gerade gesagt, Sie könnten sich nicht vorstellen, welche Inhalte denn in einer öffentlichen Sitzung debattiert werden könnten. Ist Ihnen die Praxis aus dem Land Berlin bekannt, wo Rot-Rot-Grün gemeinsam das öffentliche Tagen eines Ausschusses für Verfassungsschutz durchgesetzt und organisiert hat? - Dort wird natürlich regelmäßig auch über die Arbeit des Verfassungsschutzes berichtet. Es gibt also entsprechende Inhalte.
Ich habe wahrscheinlich zu schnell geredet. Ich hatte auf dem Papier zu viele Worte stehen, also nicht vorbereitet, aber im Kopf. - Herr Striegel, natürlich weiß ich das. Aber ich habe den Satz noch weitergeführt, indem ich gesagt habe: Dinge, die nicht auch im Innenausschuss öffentlich beraten werden könnten.
fehlt mir einfach die Fantasie, um mir vorzustellen, was wir darüber hinaus in dem zukünftigen PKGr - auf Seite 11 des Gesetzentwurfes ist fälschlicherweise noch die Rede von der Parlamentarischen Kontrollkommission - öffentlich beraten könnten. Wir werden es ausprobieren. Aber das ist nicht das entscheidende Moment, weshalb wir schlussendlich den Gesetzentwurf ablehnen werden, Herr Kollege Striegel.
Ich sehe keine weiteren Fragen. Deswegen werden wir in der Debatte fortfahren. Für die SPDFraktion spricht der Abg. Herr Erben.
Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich fange mit dem Punkt 5 b) an, nämlich mit dem Antrag der AfD-Fraktion. Ich glaube, nach dem überaus souveränen Auftritt des Herrn Roi muss ich sicherlich keine weiteren Argumente mehr vortragen, warum wir den Antrag nachher ablehnen sollten.
Zum Gesetzentwurf. Wir ziehen mit dem Gesetzentwurf die Konsequenzen aus dem NSU, insbesondere aus den Empfehlungen des zweiten NSU-Untersuchungsausschusses.
Nun muss man ehrlich sagen: Der Bericht ist bereits im Jahr 2015 erstellt worden. Auf der Bundesebene ist das Verfassungsschutzgesetz auch schon damals geändert worden. Wir setzen jetzt, im Jahr 2020, den Koalitionsvertrag um, den wir im April 2016 beschlossen haben. Wir machen damit nicht mehr und nicht weniger, als darin damals vereinbart wurde.
Mittlerweile hat sich aber auch die Welt weiter gedreht. Insofern unterstütze ich die Anmerkungen des Innenministers zum Thema Messengerdienste, auch wenn die technische Ausführung durchaus nicht unumstritten ist. Aber wir müssen natürlich auch aufpassen, dass sich Verfassungsfeinde nicht über den Verfassungsschutz kaputtlachen. Und an dieser Stelle tun sie es.
Ich bin mir sicher, bei der Anhörung im Innenausschuss, in den der Gesetzentwurf nachher sicherlich überwiesen werden wird, wird das eine Rolle spielen. Wir müssen auch die entsprechenden Entwicklungen in diesem Bereich zur Kenntnis nehmen.
Das heißt aus meiner Sicht nicht, dass wir noch ewig über diesen Gesetzentwurf beraten sollen und können. Denn wir stärken die parlamentarische Kontrolle. Ich glaube, wir wollen noch in dieser Wahlperiode zeigen, was diese Änderungen in der Praxis bedeuten. Deswegen ist aus meiner Sicht Eile geboten.
Zur Rechtssicherheit bei der Anwendung nachrichtendienstlicher Mittel muss ich an dieser Stelle sicherlich nicht weiter ausführen; denn das gehört zu dem Komplex, den ich zu Beginn genannt habe, nämlich die Umsetzung der Konsequenzen aus dem NSU. - Herzlichen Dank.
Herr Vorsitzender, vielen Dank. - Sehr geehrte Kollegen im Landtag! Als Bürger, der in der DDR aufgewachsen ist, habe ich natürlich eine besondere Sensibilität entwickelt, wenn es um den Inlandsgeheimdienst geht. Es ist auch gut so, dass wir aufmerksam darauf schauen.
Der Gesetzentwurf wird sicherlich in den entsprechenden Ausschüssen behandelt werden, wie es Herr Erben eben schon angekündigt hat. Dem schließen wir uns an.
Dort werden wir über Sicherheitsüberprüfungen von Personen diskutieren, über sensible Bereiche, Altersgrenzen für die Beobachtung und datenschutzrechtliche Vorschriften, die bei der Übermittlung nach Berlin und zurück beachtet werden müssen. Das werden wir kritisch diskutieren und als Opposition begleiten.
Solange der Verfassungsschutz neutral ausgerichtet und als Mittel zum Schutz unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung eingesetzt wird, solange findet er auch die 100-prozentige Unterstützung der AfD-Fraktion.
Gefährlich wird es aber, wenn immer lauter werdende Stimmen zu hören sind, wie etwa die in einem Zitat aus der Zeitschrift „Die Zeit“, in dem Politiker eines immer stärker werdenden Schlages gegenwärtig fordern: Politiker wollen keine AfDMitglieder im Staatsdienst dulden. Wer AfD-Mitglied sei, dürfe nicht im öffentlichen Dienst tätig sein, sagen Politiker von CDU, SPD und FDP. Weiter heißt es, die Partei habe eine demokratiefeindliche Grundhaltung. - Ich bitte Sie! Wer legt denn so etwas fest? - Nachzulesen ist dies in
Oder denken Sie an unseren Innenminister Holger Stahlknecht, der zufällig vor wichtigen Wahlen die Opposition zum angeblichen Prüffall macht und damit den Verfassungsschutz zur Erniedrigung oder Diffamierung der Opposition instrumentalisiert.
Warum also das Ganze? - Um Mitglieder, Kandidaten oder auch Sympathisanten der AfD vor Wahlen stark zu verunsichern und abzu
schrecken, an der politischen Gestaltung teilzunehmen. Der Verfassungsschutz darf auf keinen Fall dafür vereinnahmt werden, die politische Opposition zu diffamieren, zu zersetzen, einzuschüchtern, um gegebenenfalls eingefahrene, alte politische Strukturen zu schützen.
Früher gab es einmal eine Richtlinie des MfS mit der Nr. 1/76, in der es zur Diffamierung des politischen Gegners um das Anlegen von operativen Vorgängen ging.
Das wollen wir nicht wiederhaben. Aber man muss, wenn man im Osten geboren ist, zwangsläufig an so etwas denken, wenn man die gegenwärtige Entwicklung beobachtet. Dazu passt auch eine Parlamentsreform, über die am Freitag abgestimmt werden soll.
Eine neue Honecker-Mielke-Ära wollen wir auf keinen Fall wiederhaben. Sehe ich das falsch? - Das wollen wir nicht, oder? - Sehen Sie! Bei einer Beobachtung von Bürgern, nur weil sie eine von der Koalition abweichende politische Überzeugung vertreten, bekommen wir bei uns in der Fraktion gleich das Honecker-Mielke-Sodbrennen. Das wollen wir nicht.
Werfen wir einen Blick in den Gesetzentwurf, dann fällt einem auf, dass bei den Begrifflichkeiten zu den Gefahren für die Gesellschaft nirgends der Begriff „linksextrem“ zu finden ist. Ich habe ihn jedenfalls nicht gefunden. Vielleicht ist er aber irgendwo versteckt.
Es ist die Rede vom „Rechtsextremismus, von islamistischem Extremismus und von anderweitigen Feldern des Extremismus“. Was sind denn anderweitige Felder des Extremismus? - Das kann doch nur der Linksextremismus sein, oder? Warum wird er dann nicht mit Namen und Adresse in diesem Gesetzentwurf genannt? Warum hat man diese begriffliche Umschiffung gefunden?
Ist der Linksextremismus etwa schon in der Koalition angekommen, so frage ich mich. Wird er deshalb begrifflich vermieden, um Busenfreunde oder Koalitionen nicht zu verärgern? - Das kann ja sein. All das erweckt den Eindruck, dass sie
immer stärker alle Mittel nutzen, um mit linken Extremisten immer enger zu paktieren und um uns als konservative Opposition mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln zukünftig auszuschalten. Das kann es irgendwie nicht sein.
Dazu passt auch, wie gesagt, die Parlamentsreform. Das ist so ein Gesamtpaket, mit dem man die Oppositionsrechte zukünftig beschneiden will. Das geht überhaupt nicht! Dazu darf auch nicht gehören die Ausnutzung des Verfassungsschutzes oder die Entfernung von Personen, die der AfD angehören, aus dem öffentlichen Dienst.
Wir sehen hier künftig einen sehr starken Eingriff in die Oppositionsrechte. In diese Richtung kann es sich nicht weiter entwickeln. Dieser Appell richtet sich auch an die CDU. All das ist ein Gesamtpaket und lässt bei uns natürlich die Alarmglocken läuten.
Wir unterstützen einen Verfassungsschutz - das habe ich schon gesagt -, der die Errungenschaften unserer meinungsvielfältigen freiheitlichdemokratischen Grundordnung schützt. Wir lehnen ihn aber ab, wenn er die politischen Gegner im Visier hat, die sich gegen den vorgegebenen politischen Meinungseinheitsbrei, den wir mittlerweile überall finden, wehren.
Wir werden also kritisch auf die Behandlung des Gesetzentwurfes im Ausschuss achten. Ich sage Ihnen: Denken Sie an unsere Worte, die ich heute mahnend in den Raum stelle. Denn jeder von Ihnen, der heute noch mitjubelt, könnte morgen vielleicht nachdenken und linienuntreu werden und übermorgen unter der Lupe des Verfassungsschutzes stehen. Wer weiß, was mit Lars-Jörn Zimmer zukünftig noch passieren wird? - Wir werden schauen, wie schnell das gehen kann. Wir haben Sie gewarnt.
Deshalb bitte ich darum, den Gesetzentwurf in den Ausschuss zu überweisen - auch wir sind dafür -, und dort werden wir ihn kritisch diskutieren. - Vielen Dank.
Ich sehe keine Fragen. Deshalb fahren wir fort in der Debatte. Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht der Abg. Herr Striegel. Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Verfassung, Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit zu schützen ist kein Job, den wir einer Behörde allein überlassen können. Das ist eine Aufgabe für jeden Einzelnen und jede Einzelne von uns. Das ist Aufgabe einer
demokratischen Zivilgesellschaft. Das ist Aufgabe von staatlichen Behörden, besonders der Polizei, aber auch des Verfassungsschutzes.
Die Verfassungsschutzbehörden haben sich in diesem Land in den vergangenen Jahrzehnten nicht immer über jeden Zweifel erhaben gezeigt. Die Geschichte des Bundesamtes ist auch eine Geschichte von NS-Verstrickungen. Zu lange nach 1990 hat sich in der Behörde die Mentalität von kalten Kriegern gehalten. Die Gefahr des Rechtsextremismus hat der Verfassungsschutz über Jahrzehnte hinweg unterschätzt.
Herr Maaßen illustriert seit Monaten, nachdem er nicht mehr Chef ist, was im Verfassungsschutz falsch gelaufen sein muss, wenn ein Verschwörungstheoretiker und ein Rechtsextremismus-Verharmloser jahrelang die Behörde leiten konnte.
Mit Blick auf den NSU, der nur durch Selbstenttarnung aufflog, wurde uns allen vor Augen geführt, dass beim Verfassungsschutz etwas aus dem Ruder gelaufen war. Und wir korrigieren jetzt.
weiter den Beweis erbringen, dass sie in ihrer heutigen Form nachhaltig dem Schutz der freiheitlich-demokratischen Grundordnung dienen. Als GRÜNE sehen wir weiteren Reformbedarf und favorisieren eine Neugründung. Ein Konzept dafür hat unsere Bundestagsfraktion im vergangenen Jahr vorgelegt.
Wir warten aber nicht einfach zu, sondern bemühen uns um positive Reformschritte innerhalb der bestehenden Strukturen und wir machen deutlich - das will ich hier glasklar sagen -, dass wir heute beim Verfassungsschutz auch gute Arbeit geleistet sehen. Ich erinnere daran, wie gerade die Gruppe Somogyi aufgedeckt wurde. Ich bin mir sicher, daran hat der Verfassungsschutz einen entscheidenden Anteil.