Protocol of the Session on January 30, 2020

(Zustimmung bei der LINKEN)

Ich will an dieser Stelle nicht unerwähnt lassen, dass ein kommunaler Träger einer stationären Pflegeeinrichtung, in die auch ein ambulanter Pflegedienst integriert ist, seit Anbeginn seiner Existenz den öffentlichen Tarif zahlt, bei den Heimkosten ähnliche Erfahrungen in Richtung Sozialamt erlebt und nicht ohne Stolz berichtet hat, keine Probleme in der Gewinnung von Fachkräften zu haben, die gern im Unternehmen arbeiten, und dies, werte Kolleginnen und Kollegen, im ländlichen Raum unseres Landes.

Lassen Sie uns diesen mutigen und lohnenden Schritt der Einführung eines Pflegewohngeldes gehen. Lassen Sie uns mehr über die Ausgestaltung streiten und nicht mehr so sehr über das Ob. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich sehe keine Fragen. Dann danke ich Frau Zoschke für die Einbringung des Antrages. Für die Landesregierung spricht jetzt Ministerin Frau Grimm-Benne. - Frau Ministerin, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Der Antrag der Fraktion DIE LINKE fordert eine Bundesratsinitiative zur Reform der Pflegeversicherung und die Einführung eines Pflegewohngeldes.

Gestatten Sie mir eine Vorbemerkung. Der Landesregierung ist die schwierige Problemlage der immer weiter steigenden Eigenanteile in der Pflege nicht nur bekannt, sondern sie versucht auch schon jetzt, gegenzusteuern.

Es ist auch nicht so, dass bisher nichts getan worden ist. Vielmehr haben sich die Sozialministerinnen der Länder mehrfach und sehr intensiv mit der Notwendigkeit einer Pflegereform auseinandergesetzt. Zuletzt hat die Arbeits- und Sozialmi

nisterkonferenz im November zu diesem Thema einen sehr wegweisenden Beschluss gefasst.

Darin ist eine unüblich deutliche Aufforderung an den Bund enthalten, eine Reform der Pflegeversicherung einzuleiten und die Länder an diesem Prozess intensiv zu beteiligen. So muss die Bundesregierung die im geltenden Koalitionsvertrag auf Bundesebene enthaltenen Vereinbarungen zur Begrenzung der finanziellen Eigenbelastung Pflegebedürftiger und ihrer Angehörigen zeitnah umsetzen.

Neben der erfolgten Begrenzung des Rückgriffs der Sozialhilfeträger auf das Einkommen der Kinder von pflegebedürftigen Eltern sind insbesondere die Sachleistungen der Pflegeversicherung kontinuierlich an die Personalentwicklung anzupassen. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die zu erwartenden und bereits heute spürbaren Entwicklungen bei den Personalkosten im Pflegebereich deutlich über der Inflationsentwicklung liegen, sodass kurzfristig eine pauschale Einmalanhebung der Leistungen der Pflegeversicherung ebenso erforderlich ist wie ein grundsätzliches und deutliches Mehr an Verbindlichkeit und Regelmäßigkeit in der gesetzlichen Dynamisierungsregelung des § 30 SGB XI.

Es dürfte jedoch Konsens bestehen, dass eine Weiterentwicklung der Pflegeversicherung vor dem Hintergrund der bestehenden Herausforderungen von einer erheblichen Dringlichkeit gekennzeichnet ist.

Die Länder sind deshalb dabei, sich zusammen mit dem Bund in die Pflicht zu nehmen. In diesem Sinne halte ich jedenfalls zum jetzigen Zeitpunkt einen Antrag Sachsen-Anhalts im Bundesrat zur Reform der Pflegeversicherung für nicht zielführend.

Meine Damen und Herren Abgeordneten! Zum Pflegewohngeld will ich nur so viel ausführen: Die geforderte Einführung eines Pflegewohngeldes wäre letztlich auch nur ein Herumdoktern an den Symptomen. Es beseitigt aber nicht die Ursache.

(Zustimmung von Dr. Verena Späthe, SPD)

Ich betone noch einmal: Neben dem kurzfristig notwendigen Bundeszuschuss aus Steuermitteln ist angesichts weiter steigender Leistungsausgaben der Pflegeversicherung insgesamt eine tragfähige Finanzierungsgrundlage der sozialen Pflegeversicherung zwingend notwendig.

Lassen Sie uns nicht abwarten! Hubertus Heil hat gestern den Mindestlohn für Ost und für West festgelegt. Sie wollen gucken, ob sie das allgemeinverbindlich regeln bzw. ins Gesetz gießen. Ich weiß auch, dass Jens Spahn in Kürze vorstellen wird, wie er aufgrund dieser Kosten die Pflegeversicherung reformiert. Ich denke, daran sollte

man den Bund messen. Man sollte ihn aktiv begleiten, um dann zu schauen, wie wir den Bund in die Verantwortung nehmen, um auch auf der Länderebene in der finanziellen Situation zu Entlastungen zu kommen. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Ministerin. Ich sehe keine Fragen. Dann danke ich Frau Ministerin für die Stellungnahme der Landesregierung. - Für die CDU spricht der Abg. Herr Krull. Herr Krull, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Landtagspräsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der vorliegende Antrag greift ein wichtiges Thema auf, nämlich die Besorgnis vieler Menschen, die in stationäre Pflegeeinrichtungen kommen, ob das Geld reicht, um die notwendigen Eigenleistungen zu finanzieren.

Die Sorge betrifft nicht nur die 30 000 zu Pflegenden, die in den mehr als 600 Einrichtungen unseres Landes sind, sondern vor allem auch die Familien. Lieb gewonnene Hobbys und Rituale können nicht mehr durchgeführt werden, weil die finanziellen Mittel fehlen.

Dieses Thema begegnet mir nicht nur immer wieder in Gesprächen vor Ort und bei Besuchen, nein, ganz persönlich muss ich feststellen, dass in Familien diskutiert wird, welche die richtige Einrichtung für Angehörige ist und ob das Geld dafür tatsächlich reicht.

Die Eigenanteile in Sachsen-Anhalt liegen zwischen 1 300 € und 1 400 € im Monat, damit deutlich unter dem, was in anderen Bundesländern gezahlt wird. Dabei sind derzeit die Menschen - es klang schon an - in Einrichtungen, die häufig noch über relativ gute Renten verfügen.

Zunehmend werden aber auch Menschen in Einrichtungen kommen, die gebrochene Erwerbsbiografien haben. Das Land hat auf diese Entwicklung bereits reagiert und hat entsprechend Haushaltsvorsorge getroffen. So sind die Haushaltsansätze für die Hilfe zur Pflege in Einrichtungen im Doppelhaushalt 2020/2021 von ehemals 31,6 Millionen € für das Jahr 2020 auf 44 Millionen € und für das Jahr 2021 auf 47,6 Millionen € gestiegen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Bundesregierung hat ein ganzes Maßnahmenbündel im Rahmen der Konzertierten Aktion Pflege auf den Weg gebracht, um die Situation in diesem Bereich zu verbessern. Dazu gehört, dass der Mindestlohn angehoben und bundeseinheitlich geregelt werden soll.

In dieser Woche gab es eine Einigung in der Pflegekommission, sodass wir zum 1. September 2021 in diesem Bereich einheitliche Löhne in Ost und in West haben werden.

(Zustimmung bei der CDU)

Ich denke, es besteht Einigkeit darüber, dass diejenigen, die in der Pflege arbeiten, gute Löhne mehr als verdient haben.

Diese und zahlreiche weitere Maßnahmen sind natürlich nicht zum Nulltarif zu haben. Das haben auch die zuständigen Bundesministerien erkannt. Die Minister haben in einer gemeinsamen Stellungnahme Folgendes erklärt: „dass eine Verbesserung der Entlohnung eine verbesserte Finanzausstattung der Pflegeversicherung erforderlich macht“ und „eine finanzielle Überlastung der Pflegebedürftigen durch steigenden Eigenanteil zu verhindern ist“.

Auf den Beschluss der Arbeits- und Sozialministerkonferenz ist die Ministerin bereits eingegangen. Weitere Vorschläge existieren bereits, darunter nicht nur der, der hier vorgebracht worden ist, sondern auch weitere wie die Deckelung der Eigenanteile und die Restfinanzierung durch Bundeszuschüsse.

Aus meiner Sicht ist es auf jeden Fall notwenig, dass die Leistungen der Pflegeversicherung dynamisiert werden. Wir müssen aber gleichzeitig daran denken, dass das alles finanziert wenden muss und der Faktor Arbeit nicht durch Sozialversicherungsabgaben zu teuer werden darf. Im Übrigen bedeutet die Erweiterung des Kreises derjenigen, die in die Versicherung einzahlen, automatisch auch, dass sich der Kreis der Leistungsberechtigten vergrößert.

Die genannten und viele weiteren Aspekte sollen im zuständigen Ausschuss für Arbeit, Soziales und Integration beraten werden. Deshalb bitte ich um entsprechende Überweisung des Antrages. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Ich sehe keine Fragen. Dann danke ich Herrn Krull für den Redebeitrag. - Bevor wir in der Debatte fortfahren, begrüße ich Schülerinnen und Schüler der Integrierten Gesamtschule Regine Hildebrandt aus Magdeburg. Seien Sie herzlich willkommen!

(Beifall im ganzen Hause)

Für die AfD spricht jetzt der Abg. Herr Siegmund. Herr Siegmund, Sie haben das Wort.

Herzlichen Dank, Herr Präsident. - Liebe Kollegen! Eine der größten Befürchtungen von uns

allen ist es, pflegebedürftig zu werden, auf die Hilfe Fremder angewiesen zu sein, auf die Hilfe von Angehörigen, von Ärzten, von Pflegekräften. Dieser Hilfe ausgeliefert zu sein, das stellen sich viele schrecklich vor. Noch schrecklicher stellen sich viele Menschen den Gedanken vor, in ein Heim abgeschoben zu werden.

Wir plädieren dafür - das muss ich in diesem Zusammenhang noch mal sagen -, dass es unser aller Anspruch als Politiker sein muss, diesen Zustand so gut es geht zu verhindern und den Menschen, die es möchten, eine Pflege im häuslichen und vertrauten Umfeld zu ermöglichen.

Nun aber zum Antrag. Sie möchten ein Pflegewohngeld, also eine Subventionierung für eine Unterbringung im Heim einführen. Die Grundidee, sie klingt nicht verkehrt. Doch sehen wir hinter dieser Idee konkret für unser Bundesland noch einige offene Fragezeichen.

Die monatlich zu zahlenden Entgelte in einem Pflegeheim setzen sich, wie wir wissen, aus den Kosten für die Unterkunft und die Verpflegung, den Pflegeleistungen gestaffelt nach dem Grad der Pflegebedürftigkeit sowie der Ausbildungsumlage zusammen. Gerade bei der Ausbildungsumlage wissen wir, dass hier noch exorbitante Kostensteigerungen bevorstehen werden. Auf die weiteren Kostensteigerungen möchte ich gar nicht weiter eingehen.

Pflegewohngeld ist also ein bewohnerorientierter Zuschuss zur Finanzierung der betriebsnotwendigen Investitionsaufwendungen vollstationärer

Dauerpflegeeinrichtungen. Dieses Wohngeld gibt es nicht in allen Bundesländern. Das ist ein Zuschuss, der freiwillig erfolgt, der je nach Bundesland unterschiedlich ist. Hier gilt es, genauer hinzugucken, warum sich das eine Bundesland dafür und das andere nicht dafür entschieden hat.

Das Pflegewohngeld, von dem Sie hier sprechen, ist in unseren Augen - das muss man auch sagen - ein Tropfen - leider, muss ich dazusagen - auf den heißen Stein und wird in keiner Weise das Grundproblem der demografischen Situation, das Grundproblem in der Pflege, in der Versorgung, auch bei den Mitarbeitern lösen; das wissen wir alle. Trotzdem kann es eine Lösung sein, im Einzelfall wirklich Abhilfe zu schaffen.

Wir betrachten den Ausstieg Hamburgs, Niedersachsens und des Saarlandes kritisch, wollen uns einmal näher damit beschäftigen, was der Hauptgrund war, warum diese Länder wieder aus dem Pflegewohngeld ausgestiegen sind, warum sie es wieder abgeschafft haben, und sehen hierfür als guten Ort den Sozialausschuss an. Wir plädieren daher dafür, diesen Antrag in den Sozialausschuss zu überweisen, damit wir uns damit fach

politisch noch einmal auseinandersetzen können. - Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Ich danke Herrn Siegmund für den Redebeitrag. Für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat jetzt Frau Lüddemann das Wort. Frau Lüddemann, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Sie alle wissen, wir GRÜNE stehen voll und ganz hinter dem Konzept der Bürgerversicherung. Sie wissen aber auch: Das sehen nicht alle unsere Koalitionskollegen so. Natürlich können Sie, verehrte LINKE, dieses Bundesthema hier spielen. Aber, ehrlich gesagt, es ist schon manchmal ein bisschen schwierig und ermüdend, weil voraussehbar ist - Sie nicken; also mit voller Absicht -, wo wir hier enden werden.

Die Kenia-Koalition vertritt eben verschiedene Auffassungen in diesem Bereich der Pflegepolitik. Da wir das eben auch nicht zu entscheiden haben, braucht es hier nicht abschließend geklärt zu werden. Wir werden mit einem „Wir haben darüber geredet“ wieder auseinandergehen. Daher erspare ich mir an dieser Stelle eine argumentative Befassung mit der Pflegebürgerversicherung.