Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Der heutige Antrag der Koalition widmet sich liebevoll einem Teilaspekt der Kommunalfinanzen, nämlich der Gewerbesteuer. Die Gewerbesteuer ist die wichtigste originäre Einnahmequelle der Gemeinden in Deutschland. Allerdings ist das Aufkommen in den einzelnen Kommunen unstet und großen Schwankungen unterworfen. Der Antrag soll in zwei Detailfragen Erleichterung schaffen.
Der erste Punkt des Antrages zielt auf eine veränderte Verfahrensweise bei der Gewerbesteuerzerlegung ab. Nicht mehr die Löhne sollen als Maßstab herangezogen werden, sondern die tatsächliche Wirtschaftskraft. Wir wollen damit den strukturellen Nachteilen begegnen, die wir als östliches Bundesland aufgrund unserer Wirtschaftsstruktur mit vielen verlängerten Werkbänken haben, deren Geschäftszentralen vielfach nicht bei uns angesiedelt sind.
Der zweite Punkt zielt auf den Sonderfall der Gewerbesteuer für Windkraft und Solarstrom ab. Die Gewerbesteuer soll sich demnach zukünftig nicht mehr nach dem Buchwert der Anlagen bemessen, der durch die Abschreibungen naturgemäß sinkt, sondern nach der installierten Leistung.
Die Hoffnung hinter der Initiative ist, dass davon gerade unsere energiestarken Gemeinden profitieren und die Anlagen sich damit für die Gemeinden ganz praktisch lohnen. Als Nebeneffekt kann man auf eine verbesserte Akzeptanz der Anlagen hoffen, wenn sich die Anlagen stärker in der Gemeindekasse bemerkbar machen.
ges haben Sie genau diesen Punkt erwähnt und haben dazu etwas ausgeführt. Dann sind Sie umgeschwenkt und haben gesagt: Weil das einmal vom Bund abgelehnt wurde, ist es jetzt ganz schrecklich, dass wir das noch einmal machen. Aber gerade wenn der Bund es abgelehnt hat und man es trotzdem für richtig hält,
dann muss man das doch noch einmal versuchen und danach noch ein weiteres Mal, wenn es nötig ist. Genau das tun wir doch.
Beide Punkte sind als Initiative auf Bundesebene gedacht. Denn bei dieser liegt die Regelungskompetenz. Wir wissen, dass die Punkte, da sie in der Konsequenz auf eine veränderte Aufteilung der Gewerbesteuer über die Ländergrenzen hinweg hinwirken sollen, nicht ausschließlich auf Begeisterung, insbesondere westlicher Bundesländer, stoßen werden. Es wird daher auf der Bundesebene kein Selbstläufer sein. Wir wollen trotzdem den Anstoß geben. Der Finanzminister hat dazu dankenswerterweise auch etwas ausgeführt.
Das grundsätzliche Problem der Kommunalfinanzen, sowohl in Sachsen-Anhalt als letztlich auch in Deutschland insgesamt, wird damit aber nicht gelöst. Wir haben auch weiterhin das Problem, dass im administrativen Aufbau der Bundesrepublik die Aufgaben, also die Kosten, anders verteilt sind als die Einnahmen. Während sich der Bund über die schwarze Null freut, haben viele Kommunen eine Null - gleich welcher Farbe - länger nicht gesehen.
Ich finde es auch immer wieder befremdlich, wenn der Bund mit Spendierhosen durch das Land läuft und für Aufgaben der Länder und der Kommunen Programme auflegt. Das ist einerseits natürlich schön, da wir notwendige Dinge machen können. Andererseits legt er dabei mit Aufgaben und Kofinanzierungspflichten goldene Zügel an, damit die vermeintlich unzuverlässigen Landes- und Kommunalpolitiker nicht gleich wieder das ganze Geld durchbringen. Das ist natürlich Unfug. Die Haushälter im Bund sind nicht per se besser als die in den Ländern oder in den Kommunen.
- Da spricht der Haushälter. - Die Finanzausstattung des Bundes scheint nur im Verhältnis zu den Aufgaben deutlich besser sein, als das vor allem bei den Kommunen der Fall ist.
Die Gewerbesteuer wird nicht die Lösung bringen. Dazu bedarf es zum Beispiel einer Änderung - das meint eine Erhöhung - des kommunalen Anteils an der Umsatzsteuer.
Vielen Dank, Herr Meister. Auch hierzu sehe ich keine Wortmeldungen. - Wir kommen zum nächsten Debattenredner. Für die Fraktion DIE LINKE spricht der Abg. Herr Knöchel Sie haben das Wort, Herr Knöchel.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Meine Damen, meine Herren! Sie, meine Damen und Herren von der Koalition, haben wahrscheinlich an vorweihnachtliche Harmonie gedacht, als Sie diesen relativ unstrittigen Antrag eingebracht haben. Ja, wir haben ein Problem mit der Zerlegung der Gewerbesteuer. Wir haben es deutschlandweit. Die Windkraftanlagen scheinen mir dabei der geringste Teil des Problems zu sein. Nichtsdestotrotz können wir Ihrem Anliegen zustimmen.
Wir haben uns aber etwas gefragt: Wenn Sie schon über die Gewerbesteuer reden, wenn Sie schon darüber reden, dass sie verändert werden muss, dann sollten wir richtig über die Gewerbesteuer reden.
Steuerquelle zur Verfügung, die sie mit einem eigenen Hebesatz versehen können. Als solche Steuer wurde - das ist ein Kontinuum in der Bundesrepublik Deutschland - die Gewerbesteuer bestimmt. Die Gewerbesteuer ist eine Steuer, die für Gewerbetreibende konzipiert worden ist, um einen Ausgleich für den örtlichen Verbrauch zu schaffen, den die Gewerbebetriebe tatsächlich erzeugen. Sie stammt aus der Mitte der 30er-Jahre, in denen die wesentlichen Wirtschaftsströme in Deutschland tatsächlich noch durch den klassischen, örtlich geprägten Gewerbebetrieb geprägt waren.
Die Zerlegungsregeln, die Sie hier ansprechen, waren damals völlig unproblematisch, weil der Konzern, der über mehrere Gemeinden verteilt ist, zu der Zeit kaum vorkam. Damals gab es höchstens einmal dann Streit, wenn ein Betrieb über eine Gemeindegrenze hinausging. Tatsächlich war damals auch der Lohn das Kriterium, mit dem sich die Wertschöpfung am besten abbilden ließ, weil der Faktor Lohn an der Gesamtwertschöpfung den größten Anteil hatte.
Die selbständige Arbeit, die auch noch eine Rolle spielt, war damals eher unbedeutend und hatte nicht den Anteil an der gesamten Wirtschaft innerhalb einer Gemeinde, wie sie ihn heute hat.
Dennoch ist die Gewerbesteuer ein Anachronismus. Sie ist eine Belastung für Gewerbebetriebe geworden und sie ist dringend reformbedürftig. Die Kommunen rufen immer: Lasst die Finger davon! Das ist wahrscheinlich durch ihre Erfahrung mit Reformen in diesem Land bedingt. Reformen haben meist nicht zu einer Verbesserung geführt. Dennoch ist die Gewerbesteuer in der Form, wie wir sie haben, nicht mehr zumutbar. Die Bemessungsgrundlage muss deutlich verbreitert werden. Wir haben deshalb einmal aufgeschrieben, wie es sich DIE LINKE vorstellt, auch weitere Zweige der Wirtschaft einzubeziehen. Wir denken hierbei vor allem an die selbständige Arbeit, aber eben auch an alle nachhaltigen Betätigungen im allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr.
Bei der Lohnsummenzerlegung wird es etwas schwieriger. Diese hat auch noch das Wirtschaftsmodell der 30er-Jahre vor Augen. Löhne waren das prägende Merkmal der ganzen Wirtschaft. Die Löhne machen aber an der Gesamtwertschöpfung der Unternehmen in den letzten Jahrzehnten einen immer geringeren Anteil aus. Die Aufteilung nach Löhnen führt zunehmend zu einem falschen Ergebnis. Das können wir in Sachsen-Anhalt ganz besonders mit der verlängerten Werkbank sehen. Hier werden wesentliche Deckungsbeiträge der Gesamtwertschöpfung der Unternehmen erarbeitet. Allerdings sind die Löhne bei uns relativ gering. Denn es war eine Strategie unserer Landesregierung, Sachsen-Anhalt zu einem Niedriglohnland zu machen.
Deswegen ist der Faktor Lohn an dieser Stelle nicht der richtige. Wir brauchen tatsächlich den Faktor Wertschöpfung. Wir müssen die Anlagenintensität einbeziehen.
Kurz und gut: Es hilft nicht, an einem kleinen Stellrädchen zu drehen, sondern von Sachsen-Anhalt aus sollte nach unserer Auffassung die Initiative für eine komplette Überarbeitung der Gewerbesteuer im Interesse der Kommunen ausgehen.
Es sollte nach unserer Auffassung so bleiben, dass sie weiter auf die Einkommensteuer anrechenbar bleibt, weil dies ein Stück weit den Bundesgesetzgeber treibt, die Kommunen finanziell vernünftig auszustatten.
Wir werden Ihrem Antrag zustimmen, machen Ihnen aber auch das Angebot, einmal insgesamt über die Gewerbesteuer zu reden und über die Frage, wie wir die Finanzen unserer Kommunen auf eine solide Basis stellen können. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Knöchel. Es gibt keine Wortmeldungen. - Wir kommen zum nächsten Debattenredner. Für die CDU-Fraktion spricht der Abg. Herr Heuer.
Danke, Frau Präsidentin. - Zum Redebeitrag des Abg. Herrn Olenicak von der AfD hat der Kollege Meister schon einiges gesagt. Dem braucht man nichts hinzuzufügen. Die zweite Hälfte des Redebeitrages war komplett am Thema vorbei.
Vieles von dem, was Herr Knöchel gesagt hat, teile ich. Darüber können wir uns gern im Finanzausschuss unterhalten.
In der Vergangenheit und zuletzt vorgestern bei der Einbringung des Doppelhaushaltes haben wir immer wieder über die Stärkung der Kommunen diskutiert. Das ist richtig und wichtig. Ein wichtiger Baustein sind die Steuereinnahmen und die Binnenverteilung. Die wichtigsten Steuern in der Reihenfolge sind nun einmal die Gewerbesteuer, der Gemeindeanteil an der Einkommensteuer, die Grundsteuern und der Gemeindeanteil an der Umsatzsteuer.
Die Bundesregierung hat im Juli 2018 die Kommission „Gleichwertige Lebensverhältnisse“ eingesetzt, welche sich am 26. September 2018 konstituierte. Aufgabe dieser Kommission ist die Entwicklung von Handlungsempfehlungen hinsichtlich der unterschiedlichen regionalen Entwicklungen der Demografie und der Wirtschaftskraft. Diese unterschiedliche Entwicklung der Regionen macht einen gerechten Finanzausgleich zwingend.
- Okay. - Die Gewerbesteuer als wichtigste Steuer der Kommunen ist stark konjunkturabhängig und stellt die Gemeinden zyklisch vor große finanzielle Probleme.
Dazu kommen die Probleme der strukturschwachen Regionen. Viele Regionen unseres Bundeslandes sind davon sehr stark betroffen. Die Gemeinden in diesen Regionen dienen auch als verlängerte Werkbank für Unternehmen mit einem Stammsitz in anderen Bundesländern oder gar in der EU.
(Cornelia Lüddemann, GRÜNE: Es knattert ganz furchtbar; das lenkt von Deinem wert- vollen Redebeitrag ab! Entschuldigung! - Heiterkeit und Beifall bei der CDU)