Wer sich zu internationaler Schutzverantwortung und Krisenprävention bekennt, der erkennt auch an, dass Soldatinnen und Soldaten unserer Parlamentsarmee nicht unvorbereitet in Krisengebiete entsandt werden können.
Es ist eine gute und professionelle Ausbildung nötig. Es ist folgerichtig, dass die Bundeswehr auf ihren Standorten bestmögliche Ausbildungsvoraussetzungen schafft. Truppenübungsplätze der Bundeswehr gehören dazu und sollten nicht per se verteufelt werden.
Allerdings sind wir GRÜNEN auch nicht erbaut, wenn Bomben über dem Truppenübungsplatz Altengrabow abgeworfen werden sollen. Bei derartigen Übungen sollte es stets Abwägungen geben, an welchem Standort was vertretbar ist, um Mensch und Natur so wenig wie möglich zu belasten.
Die Fraktion DIE LINKE stellt mit ihrem Antrag Forderungen auf, denen wir in Teilen zwar zustimmen können. Insgesamt wird der Antrag aber der Geschichte und der heutigen Situation nicht gerecht. Wir lehnen ihn deshalb ab und stimmen der Beschlussempfehlung zu.
Lassen Sie uns einen Blick in die Vergangenheit werfen, Herr Gallert. 1997 wurde unter Federführung der rot-grünen Landesregierung in einem schwierigen und mühseligen Verfahren mit allen Beteiligten ein Kompromiss zur Zukunft der Colbitz-Letzlinger Heide gefunden. Der sogenannte Heidekompromiss sah vor, dass der südliche Teil der Colbitz-Letzlinger Heide bis 2006 aus der militärischen Nutzung genommen und in eine zivile Nutzung überführt werden sollte. Geplant war die Einrichtung eines Naturparks als Grundlage einer touristischen Nutzung der Heide.
Nach der Wahl 1998 hat es Rot-Rot, also die SPD-Minderheitsregierung, in vier Jahren nicht vermocht, einen Naturpark Colbitz-Letzlinger Heide einzurichten. Dies machte es Schwarz-Gelb ab 2002 leicht, den Heidekompromiss vollends aufzulösen. Sie von der LINKEN sehen also, dass Sie nicht gänzlich unbeteiligt an der Situation sind, die Sie heute beklagen.
Wir GRÜNEN stellen klar, dass wir alle Initiativen unterstützen, die das zivile Entwicklungspotenzial der Heide nutzen wollen. Wir fordern nach wie vor, dass der Südteil für den Naturschutz reserviert und endlich für den Tourismus und damit für die wirtschaftlich nachhaltigste Entwicklung erschlossen wird.
Wir müssen aber heute von den Verhältnissen ausgehen, auch in Hinterlassenschaft linker Regierungstolerierung, die wir heute eben vorfinden.
Mit schönen, aber unrealistischen Forderungen kommt die Colbitz-Letzlinger Heide an dieser Stelle nicht voran. Wenn wir da Änderungen wollen, dann müssen wir die Diskussionen erneut führen, um einen solchen Kompromiss, wie wir ihn damals ausgehandelt haben, erneut auf den Weg zu bringen. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Frederking. Es gibt eine Nachfrage. Möchten Sie sie beantworten? - Herr Gallert, bitte.
Frau Frederking, Sie als Mitglied einer Koalition sind jetzt bereits in die Erfahrungswelt eingetaucht, was Sie als Koalitionspartner alles mittragen müssten. - Punkt 1.
Punkt 2. Wir haben uns immer gegen den Heidekompromiss ausgesprochen, weil wir ihn als halbherzig empfunden haben. Wir haben immer ausdrücklich darauf gedrungen, dass es eine ausschließlich zivile Nutzung der Colbitz-Letzlinger Heide sowohl im Norden als auch im Süden geben soll. Wir als Tolerierungspartner haben aber nicht die Chance gehabt, eine Landesregierung zu zwingen, dies durchzusetzen. Das gehört zur Wahrheit.
Aber eines können Sie uns nicht vorwerfen: Wir sind in dieser Haltung immer konsequent und eindeutig geblieben. Wir haben zu Tolerierungszeiten gesagt: Wir wollen ausschließlich eine friedliche Nutzung der Colbitz-Letzlinger Heide. - Dies haben wir auch danach gesagt.
Frau Frederking, zu sagen: „Weil ihr das damals nicht durchgesetzt habt, müssen wir jetzt der militärischen Nutzung der Colbitz-Letzlinger Heide als Truppenübungsplatz für Interventionsarmeen zustimmen“, ist eine weite Flucht vor der Verantwortung.
Frau Frederking, das war doch eine Intervention und keine Frage. Vielen Dank. - Wir kommen somit zum nächsten Debattenredner. Das ist der Abg. Herr Schulenburg von der CDU-Fraktion. Sie haben das Wort. Bitte, Herr Schulenburg.
Meine sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Bundeswehr hat vielfältige Aufgaben. Sie sind in der Verfassung, aber auch im Weißbuch festgeschrieben.
Vor vielen Jahren waren es noch die Risiken und Bedrohungen durch Kommunisten an der Ostgrenze, die die deutsche Sicherheitspolitik geprägt haben. Heute sind es internationale Konflikte, die die Bundeswehr immer wieder fordern: UN- oder EU-Missionen, NATO-Einsätze, Ausbildungs- und Überwachungsmaßnahmen in der Luft, im Mittelmeer, aber auch in der Wüste von Afrika.
Das Erstarken des internationalen islamistischen Terrorismus stellt eine stetige Bedrohung auch für uns in Sachsen-Anhalt dar, wo der Einsatz der Bundeswehr zwingend erforderlich ist.
Werte Mitglieder der Linksfraktion, Sie alle können gerne mit Ihren weißen Friedenstauben und Ihren roten Luftballons nach Syrien, Afghanistan oder in den Irak fliegen, sich mit dem IS an einen Tisch setzen und über Frieden debattieren.
Aber eine Unterstützung der Bundeswehr bei dieser Reise werden Sie bestimmt nicht erhalten; denn Sie entziehen mit Ihrem Antrag den Streitkräften die Arbeitsgrundlage.
Die Bundeswehr hat einen verfassungsmäßigen Auftrag. Für den Verteidigungsfall muss sie vorbereitet sein. Dafür braucht die Bundeswehr Truppenübungsplätze.
Sie können der Bundeswehr noch 1 000-mal Danke sagen, dass sie uns bei den Hochwassereinsätzen 2002 und 2013 oder bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise unterstützt hat. Aber es ist absolut scheinheilig, wenn Sie im gleichen Atemzug der Bundeswehr die Arbeitsgrundlage entziehen und Truppenübungsplätze schließen wollen.
Deshalb werden wir Ihrem Antrag nicht zustimmen. Wir folgen der Beschlussempfehlung des Innenausschusses.
Vielen Dank, Herr Schulenburg. Herr Schulenburg, es gibt eine Nachfrage oder eine Zwischenintervention. - Herr Gallert.
Herr Schulenburg, Sie haben gerade gefragt, was wir gegen den IS machen würden, wenn wir die Bundeswehr - was weiß ich - nicht in Schnöggersburg üben lassen würden. Es ist mir übrigens neu - ich weiß nicht, ob Sie andere Erkenntnisse haben -, dass die Bundeswehr gerade gegen den IS im Einsatz wäre. Das Einzige, was ich kenne, sind die Flugüberwachungseinheiten an der Südgrenze der Türkei, die zurzeit dem türkischen Militär Bilder liefern, mit deren Hilfe sie Kurden bombardieren können. Das ist zurzeit die Situation. Da brauchen Sie mir nicht zu kommen nach dem Motto: Wie wollen Sie sich denn mit dem IS auseinandersetzen?
Herr Schulenburg, der grundsätzliche Irrtum dabei ist, dass gerade die militärische Intervention der NATO-Staaten sehr wohl mit dazu geführt hat, dass es eine extreme Radikalisierung und Militarisierung in diesem Raum gegeben hat. Jede militärische Intervention von außen - das sehen Sie gerade in Syrien -, gerade aus den NATO-Staaten, ist die nächste Motivation für die Radikalisierung und Militarisierung in diesem Bereich. Es ist nicht die Lösung; es ist zum großen Teil leider die Ursache. Da gehen wir grundsätzlich auseinander, Herr Schulenburg.
Herr Gallert, nur einen kleinen Hinweis: Es ist die CDU gewesen, die Ihre kommunale linke Basis auf Ihren linken Antrag hingewiesen hat. Soweit ich mich erinnern kann, waren es sowohl Ihr linker Bürgermeister als auch Ihre ehemalige Fraktionskollegin, die für den Truppenübungsplatz in Klietz gekämpft haben.
- Herr Gallert, wenn Sie einen linken Bürgermeister in Letzlingen oder in Altengrabow hätten, würde er genauso argumentieren.
Sehr geehrte Frau Präsidentin Brakebusch, ich bin sehr gerührt, dass ich heute meine ersten drei Minuten hier unter Ihrer Leitung sprechen darf.
Kleine weiße Friedenstaube, fliege übers Land. Allen Menschen groß und klein bist du wohl bekannt. - Das sollte man meinen. In der letzten Sitzung im Landtag haben wir hehre Worte aus allen Fraktionen gehört, die sich für den Frieden in der Welt ausgesprochen haben. Im Gedächtnis geblieben sind mir hier besonders die Worte von Frau Pähle:
„Wer die Ursachen von Krieg nicht kennt, läuft Gefahr, in den nächsten hineinzulaufen. Wer die historischen Ursachen von Kriegen verklärt und das Ausmaß der begangenen Verbrechen leugnet, der hilft mit, neue Kriege vorzubereiten.“