Protocol of the Session on September 29, 2016

(Minister Marco Tullner: Ihre Redezeit, Herr Scheurell! - Heiterkeit auf der Regierungs- bank)

- Meine Redezeit, ja. Meine Lebenszeit noch nicht. Das wollen wir nicht. Aber leider meine Redezeit.

Ich kann Ihnen zu diesem Ding sagen: Das unterstützen wir natürlich nicht. Das wollen wir dann irgendwie im Ausschuss begraben. Deswegen wünsche ich mir, dass Sie alle dem Antrag der Koalitionsfraktionen zustimmen und den Antrag unserer LINKEN dann in den Ausschuss überweisen. - Jetzt wird das auch noch rot, Mensch! Seit wann ist denn das bei den LINKEN? Die Uhrzeit ist gefärbt!

(Heiterkeit bei der CDU und bei der AfD)

Herr Scheurell, ich kläre Sie nachher über die Funktionsweise der Technik auf.

Versuchen Sie, zum Ende zu kommen, und dann bekommen wir das hin.

Ich versuche das mit Mühe und es wird mir gelingen.

(Birke Bull, DIE LINKE: Egal ob mit oder ohne - mach!)

- Also, Frau Bull, das hat mir jetzt eben irgendwie gefehlt. Sie haben mir jetzt den richtigen Drall verschafft.

(Heiterkeit bei der CDU und bei der AfD)

Wir werden das dann auf jeden Fall irgendwie totreden, im Ausschuss begraben, erster Klasse. Dabei hoffe ich auf die Mitwirkung aller. - Danke.

(Zustimmung bei der CDU - Beifall bei der AfD)

Herr Scheurell, bevor wir zum technischen Ablauf hier vorn kommen, gibt es noch die Möglichkeit, dass Sie Herrn Schmidt eine Frage beantworten.

Sehr geehrter Herr Jan Wenzel Schmidt - -

Herr Schmidt, Sie haben das Wort.

Danke schön. - Ich würde gern Ihre restlichen Ausführungen hören und möchte wissen, was Sie noch zur Windenergie sagen wollten.

(Heiterkeit bei der AfD - Minister Marco Tullner: Nein!)

Ich finde das sehr rührend. Ich würde jetzt noch ein bisschen erzählen können - nicht aus der Opern- oder Operettenwelt, sondern aus dem wahren Leben -, aber das war ja keine konkrete Frage, leider, Herr Schmidt. Deswegen darf ich das nicht tun. Sonst sagt der Präsident hinter mir: Herr Scheurell, ich muss Ihnen nicht nur die Technik, sondern auch die Geschäftsordnung er

klären. Und dazu möchte ich ihn nicht auffordern. - Habe ich recht?

Das ist gut antizipiert, Herr Scheurell. - Nun noch einmal zur Technik. Ich wundere mich, dass Herr Scheurell sich wundert. Wenn dort vorn die mitlaufende Zeit rot wird, bedeutet das, dass man über die entsprechende Redezeit hinweg ist. Allerdings traf das vorher schon auf die Ministerin zu und das schlage ich dann jeweils bei den anderen auf.

Herr Scheurell, da Ihre Ausflüge in die Operettenwelt natürlich auch eine gewisse Relevanz für die Redezeit hatten, hätte ich Ihnen sogar noch 30 Sekunden gegeben. - So weit erst einmal zu der Technik, die wir dort vorn haben. Sie können auch sicher sein: Der Einzige oder die Einzige, der oder die Ihnen das Wort hier vorn abdrehen kann, ist derjenige oder diejenige, der oder die hier sitzt, und niemand anders.

Punkt 2. Wir haben keinerlei Festlegung in unserer Geschäftsordnung über die Kleiderordnung von Abgeordneten oder Mitgliedern der Landesregierung. Daher war Ihre These, dass die Ministerin nur in Form einer bestimmten Anzugsordnung hier vorn sprechen kann, falsch. Ich bitte den Fraktionsvorsitzenden der CDU oder möglicherweise auch andere Fraktionsvorsitzende, ihre Fraktionen darüber zu informieren.

Damit haben wir die entsprechenden Rahmenbedingungen für die heutige Diskussion, glaube ich und hoffe ich, weitestgehend geregelt.

(Minister Marco Tullner: Beeindruckend!)

Wir kommen nunmehr zum nächsten Redner. Das ist der Abg. Herr Raue von der AfD. Herr Raue, bitte, Sie haben das Wort.

(Minister Marco Tullner: Wenn es rot blinkt, ist over!)

Die Uhr läuft ja schon. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das EEG ist nach wie vor kein gutes Gesetz. Die Anreize, um zu einer vernünftigen und begrüßenswerten Energiewende zu kommen, haben zu einer Marktüberreizung geführt. Die Stromkunden in Deutschland werden genötigt, nicht erbrachte Leistungen zu finanzieren. Dies ist eine einseitige Kapitalverlagerung hin zu den wenigen Anlagenbetreibern und zur Kreditwirtschaft, für die dieses Geschäft vollständig risikolos und gewinnbringend renditestark ist.

In Deutschland kostet der Strom mit bis zu 30 Cent pro Kilowattstunde inzwischen 50 % mehr als im europäischen Durchschnitt und doppelt so viel wie

in den Industrieländern Frankreich und Großbritannien.

Gerade die Windenergie und die Solarenergie sind wegen ihrer Inkonstanz die größten Kostentreiber bei der Energiewende. Windenergie ist mit einem Anteil von 12 % an der Gesamtenergieversorgung in Deutschland die Hauptquelle des regenerativen Stroms. In Sachsen-Anhalt beträgt der Anteil bereits 30 % an der Grundversorgung. Damit ist Sachsen-Anhalt im bundesweiten Vergleich also bereits überproportional repräsentiert.

Unser Bundesland gehört aber nicht nur zu den Vorreitern bei der Erzeugung regenerativer Energie, sondern ist damit auch bei den Strompreissteigerungen zum Vorreiter geworden. Für Letzteres im Namen der Bürger recht vielen Dank!

Warum ist das so? - Durch die wachsende Bedeutung erneuerbarer Energien werden neue Anforderungen an die Elektrizitätsnetze gestellt. Anders als bei konventioneller Stromerzeugung unterliegt die Stromerzeugung durch Windenergieanlagen starken Schwankungen. Wurde Strom bisher regional und verbrauchernah erzeugt, so muss er heute und in Zukunft weiter zunehmend aus erzeugungsstarken, aber verbrauchsschwachen Regionen im Norden über lange Wege in die Verbrauchszentren in der Mitte und im Süden Deutschlands transportiert werden.

Diese großen Strommengen erfordern erweiterte Netzkapazitäten, die zurzeit fehlen und erst geschaffen werden müssen. Aktuell kommt es in den vorhandenen Leitungsnetzen deshalb häufig zu Netzengpässen infolge von Überproduktion an windreichen Tagen.

Um das Stromnetz stabil zu halten und allerorts eine zuverlässige Stromversorgung zu gewährleisten, gleichen die Übertragungsnetzbetreiber diese Disharmonie zwischen Stromerzeugung und -abnahme ununterbrochen durch milliardenteure Steuerungseingriffe aus. Konventionelle Kraftwerke müssen hoch- und wieder heruntergefahren werden. Windkraftwerke müssen vom Netz und wieder ans Netz.

Netzeingriffe und Netzgebühren steigen somit proportional zum Ausbau inkonstanter Energieerzeugungsanlagen wie eben der Windkraft. Dies führt regelmäßig - so auch in diesem Jahr wieder - zu Kostensteigerungen durch zusätzliche Netzentgelte infolge des Netzmanagements. Netzausbau ist und bleibt deshalb von zentraler Bedeutung bei der Verteilung und der Nutzung des erzeugten Stroms, kommt aber leider nur langsam voran.

Der Gesetzgeber hat das EEG im Jahr 2014 novelliert, um dieses Ungleichgewicht zwischen den Erzeugern und den Stromtrassen durch lang

sameres Wachstum bei den Erzeugern zu verringern und damit die Kosten zu dämpfen. Sie haben in Ihr Landesentwicklungsgesetz 2015 die Regelungen zum Repowering im Wesentlichen übernommen, um eben diesen Ausbau richtungsweisend und richtigerweise zu bremsen.

Hauptsächlich profitieren neben den Anlagenbetreibern vor allem EEG-umlagebefreite Großunternehmen in Deutschland sowohl von der Befreiung selbst als auch von reduzierten Preisen an der europäischen Strombörse. Andere Profiteure sind ausländische Stromkunden, die vom Abgabedruck der Windenergieerzeuger bei uns profitieren. Diese können Strom zum günstigen Preis verkaufen oder sogar verschenken, weil der deutsche Stromkunde über seine EEG-Umlage den Rest zum kalkulierten Preis drauflegen muss.

Zudem müssen wegen fehlender Grundlastfähigkeit für die errichteten Windkraftanlagen konventionelle Reservekraftwerke im gleichen Leistungsbereich vorgehalten werden, um eine zuverlässige Energieversorgung abzusichern. Auch dies kostet Milliarden und ist vollständig unökonomisch.

Die Energiewende wird nur dann sicher und zu vernünftigen wirtschaftlichen Bedingungen zu haben sein, wenn es gelingt, den Strom in großen Mengen zu speichern oder mittels Elektrolyse und Sabatier-Prozess ökonomisch in Methan, einen leicht speicherbaren Energieträger und ein leicht in das öffentliche Netz einspeisbares Gas, umzuwandeln. Hier ist tatsächlich die Überlegung sinnvoll, aus verantwortlicher strategischer und nationaler Vorsorge über die regionale dezentrale Energieproduktion speicherbares Windgas als zusätzliche Energiereserve herzustellen.

Deshalb sollten Sie die Landesregierung lieber auffordern zu ergründen, was sie unternehmen kann, um die Forschung auf den Gebieten Speichertechnologie und Energieumwandlung so zu beschleunigen, dass hier zeitnah tragfähige Lösungen entstehen. Vorher gibt es keinen Grund, die Repowering-Regel zu lockern und jede Windkraftanlage im Verhältnis 1 : 1 zu ersetzen.

Herr Raue, kommen Sie bitte zum Ende.

Ja. - Am Ende führt dieser Weg nur zu neuen Belastungen für die privaten Stromkunden sowie für kleine und mittelständische Unternehmen. So begrüßenswert der Umstieg auf eine saubere Energieerzeugung auch ist, so unsinnig ist es, diesen mit ökonomischen Dummheiten zu erzwingen. Deshalb lehnen wir diesen Antrag ab.

(Beifall bei der AfD)

Danke. - Wir können in der Debatte fortfahren. Es spricht für die Fraktion der SPD Frau Abg. Schindler. Bitte sehr.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Zu den Regularien, gesetzlichen Vorschriften und Vorgaben zum Repowering hat die Einbringerin Frau Frederking viel ausgeführt. Ich möchte an dieser Stelle vor allen Dingen die Festlegungen aus unserem Landesentwicklungsplan von 2015 darstellen, der bereits zitiert worden ist. Darin haben wir uns das Ziel gesetzt - so ist es festgehalten -, Repowering zu fördern und das Ersetzen von Altanlagen entsprechend zu unterstützen.

In den Grundsätzen haben wir festgehalten, dass wir das Repowering deshalb durchführen wollen, um es den Gemeinden zu ermöglichen, entsprechende Eignungsgebiete auszuweisen. Zudem können wir einen positiven Effekt in der Ausweisung von Eignungsgebieten für Repowering erzielen, wenn es zu einer Konzentration von Energieanlagen kommt. Weiterhin sind die Verringerung der Anzahl der Anlagen und die bessere Einordnung der Standorte in Freiraum und Siedlungsstruktur festgeschrieben. - So viel zu den Zielen und Grundsätzen des Landesentwicklungsplans.

Wir wissen aber auch - das ist von meinen Vorrednern schon mehrfach gesagt worden -, dass es in der 1990er-Jahren durch die Regelung des Baugesetzbuches zu einer unkontrollierten Entwicklung der Windenergie kam; denn gemäß § 35 des Baugesetzbuches sind Windenergieanlagen privilegierte Anlagen im Außenbereich. Dadurch, dass wir zu jenem Zeitpunkt noch nicht die Festlegung hatten, uns auf Eignungs- und Vorranggebiete zu konzentrieren, konnten diese Anlagen im Land dort, wo es möglich war, errichtet werden.

Dies und die spätere Festlegung von Eignungsgebieten - das haben meine Vorrednerinnen auch schon ausgeführt - hatte zur Folge, dass jetzt ca. 1 400 Anlagen außerhalb von Eignungsgebieten stehen. Das war nach § 35 Abs. 1 des Baugesetzbuches zwar berechtigt, aber wir wollen jetzt zunehmend steuern, dass es nur noch Energieanlagen in Vorrang- und Eignungsgebieten gibt. Dieses Ziel - wir benötigen auf dem Weg der Energiewende auch weiterhin Windenergie - wollen wir vorrangig durch Repowering erreichen.

Auch in unserem Landesenergiekonzept bis 2030 haben wir festgehalten, dass das Land SachsenAnhalt beim Ausbau und bei der Nutzung regenerativer Energien weiterhin führend bleiben will. Dazu wollen wir als Flächenland gegenüber anderen Ländern in der Bundesrepublik Deutschland unseren Beitrag leisten.