Wir haben inzwischen ein reales Problem in der Frage der politischen Debattenkultur. Was ist eigentlich Grundlage unserer Analyse? Sind es Fakten oder sind es Empfindungen? Sind es wissenschaftliche Erhebungen oder ist es das Argument „Ich kenne jemanden, der so ein Auto fährt“? - Die ganze Debatte, die wir zurzeit bei uns führen - ob zu sozialpolitischen, ökonomischen oder klimapolitischen Fragen -, leidet daran, dass ein Empfinden Fakten ersetzt. Ich sage mit aller Deutlichkeit: So kann Politik keine Probleme lösen; das haben Sie gerade super und in einer erschreckenden Art und Weise demonstriert.
Um das noch einmal auf den Punkt zu bringen - ich habe es beim letzten Mal bereits gesagt -: 85 % aller neu zugelassenen Audi A6 sind Dienstwagen, 95 % aller neu zugelassenen Audi A8 sind Dienstwagen, 95 %, also fast 100 %, aller neu zugelassenen Porsche Cayenne sind Dienstwagen.
Na, lohnt es sich nicht auf dieser Ebene? Warum sind denn 95 % aller neu zugelassenen Porsche Cayenne Dienstwagen, wenn es sich nicht lohnt? - Nein, es ist ein Supergeschäft. Deswegen muss es abgeschafft werden. Es ist eine Umverteilung von unten nach oben.
Der einfache Arbeiter mit dem kleinen Auto finanziert den Porsche Cayenne über eine Steuerumverteilung von 3 bis 5 Milliarden € jedes Jahr mit. Das kann man gut finden; das kann man richtig gut finden, wenn man für die Leute mit dem Porsche Cayenne eintritt. Wir treten für die Leute da unten ein, die das finanzieren. Deswegen wollen wir diese Dienstwagenregelung abschaffen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Wenn der Herr Rausch, anstatt hier vorne über seine eigenen Witze zu lachen, den Änderungsantrag wenigstens einmal gelesen hätte, in dem es uns nämlich wirklich um die Pflegekraft im ambulanten Pflegedienst geht, die mit dem kleinen Opel Corsa als Dienstwagen mit privater Nutzung fährt, dann wäre ihm vielleicht aufgefallen, dass
wir für diese Pflegekraft 0,5 % haben wollen. Sie behaupten immer, Sie seien eine Arbeiterpartei. Aber wir machen Politik für diese Menschen, und zwar genau für die Pflegekraft im ambulanten Pflegedienst. Deswegen steht das im Änderungsantrag auch so.
Das ist auch ökologisch, weil sich die Pflegekraft im ambulanten Pflegedienst mit ihrem kleinen Opel-Corsa-Verbrenner in der CO2-Bilanz und beim ökologischen Fußabdruck tausendmal besser verhält als derjenige, der mit seinem PorscheCayenne-Hybridmodell durch die Gegend fährt und damit das X-fache an CO2-Emmissionen rausbläst.
Natürlich sind wir extrem unzufrieden mit der vorliegenden Beschlussempfehlung. Wir sind unzufrieden, weil sie unverbindlich ist. Sie ist unverbindlich, weil sie von CO2-neutralen Fahrzeuge spricht. Der Elektrokarren in Deutschland ist kein CO2-neutrales Auto.
Wir haben deswegen einen Änderungsantrag vorgelegt, der konkrete Forderungen enthält. Ich wäre verdammt froh, wenn in diesem Landtag wieder einmal mehr über Fakten und nicht über Empfindungen diskutiert werden würde. - Danke.
Sehr geehrter Herr Gallert, es gibt zwei Wortmeldungen. Zuerst spricht der Abg. Herr Farle und dann der Abg. Herr Heuer. - Herr Farle, bitte.
Vielen Dank. - Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich gebe Ihnen völlig recht, dass man nicht über Empfindungen, sondern über Fakten diskutieren sollte. Ihr Redebeitrag war eigentlich ein überzeugender Beweis dafür, wie es nicht geht. Sie haben nur über Empfindungen geredet, aber nicht über Fakten.
Wenn die Besteuerung der großen Wagen ansteht, die sehr, sehr teuer sind, dann ist bei der 1 %-Regelung auch die Steuer sehr hoch. Wenn ein neues Auto beispielsweise einen Listenpreis von 100 000 € hat und jeden Monat mit 1 % besteuert wird, dann sind das nach Adam Riese
1 000 €. Der persönliche Steuersatz beträgt bei den reichen Leuten, die Sie im Auge haben, etwa 400 € bis 500 €, wenn man es genau nimmt. Das heißt, eine solche Person zahlt im Jahr für die Besteuerung seines dicken, fetten, großen Autos zwölfmal mindestens 400 €. Das sind - - Rechnen Sie es sich selbst aus; das ist mir jetzt scheißegal, denn ich bin inzwischen ein bisschen müde. - Dies sind die Fakten. Den genannten Mindestbetrag zahlt der Betreffende die ganze Zeit über. Auch wenn das Auto schon halb kaputtgefahren ist, zahlt er noch immer diesen Betrag.
Da Herr Schmidt keine Ahnung davon hatte, warum die Leute das so machen, kann ich Ihnen das gern erklären: Es geht in erster Linie gar nicht um das Geld oder irgendetwas, sondern die Leute haben die Schnauze voll davon, immer nur in Bürokratie zu leben.
(Zustimmung bei der AfD, von Frank Bom- mersbach, CDU, von Eduard Jantos, CDU, und von Holger Hövelmann, SPD)
Jede kleine Fahrt mit dem Auto von zu Hause zum Supermarkt oder irgendwohin müsste man im Fahrtenbuch penibel vermerken. Wenn die betreffenden Leute den ganzen Tag schon genug zu tun haben, dann werden sie das nicht auch noch machen wollen. Deswegen machen die Leute das nicht. Die kleine Krankenschwester bekommt ihr Auto in der Regel von der Firma gestellt.
- Ja, das ist so! - Sie bezahlt dann nämlich für dieses Auto gar nichts und braucht es nur nach der 1%-Regelung zu versteuern.
Ihr ganzer Vortrag ist durch Mangel an Sachkunde und durch eine Emotionalität in der Neiddebatte gekennzeichnet.
Ich versuche, in der Hälfte der Redezeit von Herrn Farle darauf einzugehen und frage mich, womit Sie vorher Ihr Geld verdient haben.
Nehmen wir einmal das Beispiel mit den 100 000 €. Das sind 1 000 €, die pro Monat steuerlich geltend zu machen sind. Sie haben völlig richtig gesagt: Nach Spitzensteuersatz inklusive Soli haben wir damit eine Belastung von 450 €. Schauen Sie einmal in alte ADACZeitungen; manche besitzen diese noch, andere können sich woanders informieren. Es geht hier um eine Belastung von 450 € pro Monat für ein 100 000 € teures Auto. Schauen Sie sich bitte einmal an, welchen Kosten ein Auto, zum Beispiel ein normaler VW Golf, durch Abschreibung, Versicherung und sonstiger Dinge, die damit verknüpft sind, pro Monat verursacht.
Es handelt sich um einen Betrag zwischen 600 und 700 €. Ich rede von einem normalen VW Golf. Wenn Sie das wissen, dann erkennen Sie auch, dass derjenige, der dieses Auto privat kaufen müsste, wenn er es nicht über die in Rede stehende Variante bekommt, eine monatliche Belastung hätte, aufgrund der man sein Gehalt, wenn man es adäquat rechnen würde, in etwa auf 1 700 € bis 1 800 € erhöht werden müsste, damit er sich dieses Auto leisten kann.
Herr Farle, Sie haben nicht einmal verstanden, worum es geht. Sie haben das beste Modell der Berechnung vorgelegt und gezeigt, wie supergünstig die Abzocke in diesem Bereich ist. Das haben Sie genau mit Ihrem Beispiel gezeigt. Das ist es.
Herr Abg. Heuer, jetzt haben Sie die Möglichkeit, Ihre Frage zu stellen oder eine Kurzintervention vorzubringen. Bitte.
Danke, Frau Präsidentin. - Sehr geehrter Kollege Gallert, es mag sein, dass 80 % der in Deutschland zugelassenen SUVs Dienstwagen sind. Da bin ich relativ nah bei Ihnen. Aber wenn wir schon bei Fakten sind, dann frage ich Sie: Wie hoch ist denn der Anteil der SUV-Dienstwagen an der gesamten Dienstwagenflotte in Deutschland? - Das ist doch die eigentliche Frage. Das begründet ein Stück weit auch die Neiddebatte. Wir reden hier über ein ganz kleines Segment im Vergleich zu allen anderen, die einen Dienstwagen fahren.
Mein letzter Dienstwagen - - Das Auto, das ich draußen stehen habe, ist übrigens mein Privatfahrzeug; ich bezahle jeden Monat dafür; es ist kein Dienstwagen. Ich will Ihnen nur sagen, dass es hier letztlich um diese Frage geht: Wie wollen Sie denn von den kleinen Leuten, die im Außendienst tätig sind und beispielsweise den Kofferraum ihres Ford Mondeo oder ihres Opel Insignia voller Fliesen haben, 3 % nehmen? - Das war ja Ihr Ursprungsvorschlag.
Diese Frage stellt sich doch. Hinsichtlich der oberen Gehaltsklassen könnte man vielleicht noch darüber reden. Aber wir reden hier über ein kleines Segment an Dienstwagen und nicht über die breite Masse der arbeitenden Bevölkerung, die Dienstwagen beruflich braucht, um beispielsweise Arbeitsmaterialien im Kofferraum zu transportieren.
Also, fangen wir noch einmal von vorn an. Wenn Sie schon in unseren ersten Antrag hineingeschaut haben, dann werden Sie festgestellt haben, dass er mit unserem Änderungsantrag ein bisschen vereinfacht, ein bisschen abgespeckt worden ist.