Protocol of the Session on November 21, 2019

Doch was ist ein Abfallwirtschaftsplan? - Die Bundesländer sind gemäß § 30 Abs. 1 des Kreislaufwirtschaftsgesetzes verpflichtet, für ihr Gebiet Abfallwirtschaftspläne aufzustellen und gemäß § 31 Abs. 5 mindestens alle sechs Jahre auszuwerten und bei Bedarf fortzuschreiben.

Das Landesverwaltungsamt hat diesen Abfallwirtschaftsplan 2017 in zwei Teilsachgebiete fortgeschrieben. Der Abfallwirtschaftsplan enthält eine Prognoseberechnung für zehn Jahre.

Was können wir nun mit diesen unverbindlichen Rahmenbedingungen anfangen? - Genau das sollten sich das Land und die Landesregierung fragen. Es mag sein, dass die CDU die Meinung vertritt, dass die Einrichtung der Deponien eine Art der Wirtschaftsförderung darstellt.

(Siegfried Borgwardt, CDU: Wer erzählt denn so etwas?)

Aber soll eine derartige Herangehensweise dazu führen, dass Sachsen-Anhalt die Nummer eins in der Abfallablagerung werden soll? Ist das wirklich eine erstrebenswerte Zielsetzung, die sich unsere Bürger wünschen?

Werte CDU, überall, wo Deponien entstehen, möchte sich niemand niederlassen. Überall, wo Deponien entstehen, sinken die Werte der Grundstücke. Überall, wo Deponien entstehen, ist das Leben nicht mehr so lebenswert und die Lebensqualität sinkt.

(Beifall bei der AfD)

Langfristig gesehen entwickeln sich bereits Überkapazitäten in den unteren Deponieklassen. Marktwirtschaftlich betrachtet heißt das, die Preise je Tonne Abfall sinken. Dann lohnen sich schon einmal lange Lkw-Transporte bis nach Sachsen-Anhalt.

Dieser Effekt bezieht sich übrigens auch auf die Müllverbrennungsanlagen. Andere Bundesländer schicken auch hier bereits den Müll zu uns. Modern gedacht entsprechend unserem Landesslogan ist das nicht. Stattdessen könnte bald an den Autobahnen die Besucher unseres Landes ein Schild mit dem Slogan begrüßen: „Sachsen-Anhalt - Abfall ist unser Leben“.

(Beifall bei der AfD)

So vermüllt, wie unsere Autobahnraststätten und Parkplätze aussehen, wäre das die ideale Werbung, von deren Wahrheit sich jeder schnell überzeugen kann, zumal er dann auch noch beim Wandern über illegale Müllhaufen stolpert oder beim Angeln ein Autowrack am Haken hat. Bei einer derartigen Entwicklung konstatiere ich: Das ist nicht mehr mein Land, wie ich es mir vorstelle.

Aus der Landtagssitzung am 22. November 2018 möchte ich die Frage des Abg. Ulrich Thomas in Erinnerung bringen und zitiere aus dem Transkript:

„Frau Ministerin Dalbert, man kann Ihren Internetseiten entnehmen, dass wir, wenn es um die Deponiekapazitäten in SachsenAnhalt geht, hervorragend aufgestellt sind, keine Problemlagen haben und die Welt da aus Ihrer Sicht eigentlich sehr gut aussieht. Auf der anderen Seite haben wir aber die Klagen und Sorgen der Entsorgungswirtschaft, die uns ein Stück weit das Gegenteil darstellt und die große Sorgen hat, dass wir in den kommenden Jahren Engpässe bei Deponiekapazitäten bekommen werden.“

(Ulrich Thomas, CDU: Das ist so! Richtig zi- tiert!)

- Habe ich richtig zitiert. Genau.

Frau Ministerin Dalbert antwortet, bezogen auf die Deponieklassen 0 bis 2 - ich zitiere -: „Für 13 Jahre haben wir tatsächlich faktisch vorhandene genehmigte Deponiekapazität.“ - 13 Jahre.

Vom Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft und Energie wurde dann nachträglich erklärt, dass die

tatsächlich entsorgte Menge die vorausgesagte Menge des Abfallwirtschaftsplanes bei Weitem unterschreitet. Das heißt, die Kapazitäten reichen für weit mehr als für 13 Jahre. Warum also genehmigen wir neue Deponien, ohne es zu müssen?

Seitens der CDU gab es einen Selbstbefassungsantrag an den Wirtschaftsausschuss. Wegen der Nichtöffentlichkeit kann ich Ihnen hier leider nicht den Gesamtinhalt zitieren. Aber so viel darf ich sicherlich sagen: Es machte sich eine Fraktion darum Sorgen, dass unsere Deponiekapazitäten nicht reichen.

Nein, werte CDU, es besteht kein Problem mit den Deponiekapazitäten. Vielmehr haben Sie sich zum Lobbyisten der Abfallindustrie machen lassen. Sie sollten darüber nachdenken, von wem Sie hier in den Landtag gewählt worden sind. Sie haben die Interessen der Bürger zu vertreten.

(Ulrich Thomas, CDU: Wo soll der denn hin, der Bauschutt? Wo soll er denn hin?)

Deshalb noch ein kleiner Hinweis: Die Bürger möchten keine Deponien.

Auf die zweite Frage des Abg. Ulrich Thomas - ich zitiere wieder aus dem Transkript vom 22. November 2018: Auf die Frage „Als wie rechtsverbindlich beurteilen Sie den aktuellen Wirtschaftsplan?“ antwortete die Umweltministerin Prof. Dr. Claudia Dalbert:

„Der Abfallwirtschaftsplan ist in dem Sinne nicht rechtsverbindlich. Dabei geht es ja immer um den Satz in dem Abfallwirtschaftsplan, über den man sich dann streitet, dass nach unseren Prognosen keine weiteren Deponiekapazitäten notwendig

sind. Dieser Satz ist eine Hürde, aber er ist nicht rechtsverbindlich. Das heißt, derjenige, der eine neue Deponie einrichten möchte, muss gegenüber dem, der die Deponie genehmigt - das ist bei DK 0 und DK 1 der Landkreis -, nachweisen, dass diese Deponie nötig ist. Dass es tatsächlich eine Hürde ist, merkt man an den Reaktionen aus der Wirtschaft. Dass es nicht rechtsverbindlich ist, merken Sie daran, dass in dem Genehmigungszeitraum des letzten Abfallwirtschaftsplanes vier oder fünf neue Deponien, glaube ich, tatsächlich genehmigt wurden.“

Es besteht also kein Zwang, aktuell neue Deponien zu errichten, zumindest nicht aus der Sicht des zuständigen Landesministeriums und der Bürger, die dies zur Kenntnis nehmen.

Aus der Sicht der Abfallwirtschaft macht eine Deponiegenehmigung schon Sinn. Jede Deponie erzeugt Gewinne. Deponien, die bereits genehmigt sind, kann man leichter erneuern und erweitern.

Aktuell sind aufgrund der lückenhaften Gesetzeslage Deponien noch leicht zu genehmigen, denn genau hierin ist der Knackpunkt. Der Deponiebetreiber wird, wenn eine Deponie vom Landkreis untersagt wird, nämlich klagen. Ja, genau, es gibt einen Rechtsstreit. Und raten Sie einmal, wer da den Kürzeren zieht? - Genau, die Genehmigungsbehörde, der Landkreis.

Den Unternehmen fällt es leicht, sie schmälern ihre Gewinne durch Rückstellungen für Rechtsstreitigkeiten und haben dafür sogar noch steuerliche Vorteile. Der Landkreis, oftmals hoch verschuldet, muss erst einmal Mittel für den Rechtsstreit haben. Und diese Unverbindlichkeit des Abfallwirtschaftsplanes lässt die Waagschale von Justitia zugunsten der Deponiekonzerne ausschlagen. Ein ungleicher Kampf.

(Beifall bei der AfD)

Werte Landesregierung! Werte Abgeordnete links der AfD! Erzählen Sie bitte nicht, dass eine Verbindlichkeit des Abfallwirtschaftsplanes nicht möglich ist.

(Wolfgang Aldag, GRÜNE: Doch!)

Die LINKEN behaupten das wieder, aber es stimmt nicht. Denn das ist möglich; das zeigt Baden-Württemberg. In der Verordnung des dortigen Umweltministeriums über den Abfallwirtschaftsplan für Baden-Württemberg vom 22. August 2015, in Kraft getreten am 19. September 2015, steht in § 1 - Benutzungspflichten -:

„Die Nummer 2.3.4.3 des Abfallwirtschaftsplanes Baden-Württemberg, Teilplan Siedlungsabfälle, gemäß der Anlage wird für verbindlich erklärt.“

Damit ist die Verbindlichkeit in Baden-Württemberg gegeben, und die Kreise haben einen Grund, Deponien zu verweigern.

(Beifall bei der AfD)

Gerade Frau Buchheim von der LINKEN und auch Herr Aldag von den GRÜNEN waren bei der Bürgerinitiative Roitzsch vor Ort und versprachen Hilfe. Ich bin gespannt, wie Sie sich bei der Abstimmung über unseren Antrag verhalten.

Es hat sich im Land herumgesprochen, dass Sie, Herr Aldag, sehr bemüht sind, wieder Ruhe in die Bevölkerung vor Ort zu bekommen. Nun, wir bieten Ihnen die Gelegenheit: Schließen Sie sich unserem Antrag an. Denn es geht nicht um weitere Gewinne in der Abfallwirtschaft, sondern es geht um die Lebensqualität der Bürger unseres Landes.

Mein Fazit: Ein verbindliches Konzept gibt dem Land und vor allem den Kommunen und den Landkreisen die Möglichkeit, die Deponieplanung

im Interesse des Landes, also der Bürger, zu steuern. Stimmen Sie also für unseren Antrag. - Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Herr Lieschke, einen Moment bitte. Herr Borgwardt hat sich zu Wort gemeldet. - Ach so, nicht als Fragesteller. - Herr Lieschke, dann gibt es keine Fragen. Ich danke Ihnen für den Redebeitrag. - Herr Borgwardt, Sie haben jetzt als Fraktionsvorsitzender das Wort.

Sehr geehrter Herr Kollege Lieschke, Sie haben hier wieder einmal den Versuch einer Legendenbildung in ihrer schönsten Form präsentiert. Jetzt müssen wir einmal etwas abschichten. Ich habe mit Frau Buchheim persönlich darüber gesprochen. Das, was die Presse dort abgeliefert hat, war in höchstem Maße zu hinterfragen und fragwürdig.

(Zuruf von der AfD: Aha!)

Die Berichtigung, die ich erbeten habe, wurde dann zwar gedruckt, war aber lächerlich und entsprach auch nicht dem Pressegesetz.

(Zustimmung bei der CDU)

Was war tatsächlich passiert? - Nach Rücksprache mit den Teilnehmern hatte ursprünglich jemand anders die Bürgerinitiative eingeladen bzw. wollte kommen. Doch er - das war Kollege Lange - konnte aus unterschiedlichen Gründen nicht und dann war Frau Buchheim dort. Nun wurde in der Zeitung behauptet, alle anderen seien nicht dort gewesen. Die Wahrheit ist: Sie hatten niemanden sonst eingeladen. Das heißt, auch die CDU-Fraktion war natürlich nicht da, weil wir nicht eingeladen waren. Die SPD war nicht da, weil sie nicht eingeladen war. Dazu habe ich angefragt und das wurde dann teilweise berichtigt.

Jetzt kommt es: Ich habe daraufhin drei Anrufe von Mitgliedern der Bürgerinitiative bekommen. Daraufhin haben wir uns eine Woche später selbstverständlich mit dem Bürgermeister Herrn Schilling - er war auch nicht eingeladen worden; ich rede jetzt von Jüdenberg - und Herrn Zimmer als demjenigen, der natürlich die Erfahrung von Roitzsch hat - genau aus diesem Grunde -, getroffen. Außerdem war noch der Landkreis zugegen. - Das waren, glaube ich, alle.

Das Erste, was sie gesagt haben, war, dass sie sich für die missverständliche Presseberichterstattung entschuldigen und dass sie weder von der Fraktion DIE LINKE noch von der Fraktion der AfD vereinnahmt werden möchten. Sie möchten einfach ihr Problem vortragen.

(Eva von Angern, DIE LINKE: Was wollen sie nicht?)

- Vereinnahmt werden, Frau von Angern.