Protocol of the Session on October 25, 2019

(Beifall bei der AfD)

Aus diesem Grund, liebe Kollegen, wollen wir als AfD-Fraktion unverzüglich gegensteuern. Ich bitte daher um Zustimmung zu unserem Antrag, der viele richtige Punkte enthält, um das Ruder schnellstmöglich herumzureißen. Ich möchte aufgrund der Kürze der Zeit nur ein paar nennen:

Punkt 1: Wir brauchen ganz klar viel, viel mehr Geld für Investitionen. Bereits bei den Beratungen zum letzten Haushaltsplan haben wir eine umfangreiche Aufstockung beantragt. Das werden wir auch bei den diesjährigen Haushaltsverhandlungen tun.

Punkt 2: Wir plädieren für eine Rekommunalisierung von Krankenhäusern. Das Ziel muss unserer Meinung nach langfristig die Rückführung in die öffentliche Hand sein, auch wenn es vielleicht eine Generationenaufgabe ist, damit Vorgänge wie in Haldensleben und in Staßfurt verhindert werden können. Weitere Privatisierungen lehnen wir absolut ab.

Punkt 3: Krankenhaus- und Stationsschließungen sind, wie auch immer, zu verhindern. Eine Rationalisierung schwächt den ländlichen Raum und führt dort in einen Teufelskreis. Wo keine medizinische Versorgung besteht, da lässt sich - das wissen wir alle - niemand nieder. Im Gegenteil: Der ländliche Raum ist zu stärken und mit ihm daher auch die Krankenhauslandschaft. Das steht sogar in Ihrem Koalitionsvertrag.

(Beifall bei der AfD)

Punkt 4: Qualität in der Medizin. Sachsen-Anhalt verschläft medizinische Möglichkeiten, nur weil es am Geld scheitert. Wir plädieren für eine Spitzenmedizin für alle Versicherten und dazu bedarf es Investitionen.

Punkt 5 - brandaktuell; daher unser Änderungsantrag zu unserem Antrag -: Zeitz. Alle Stationen sind offenzuhalten. Den Zeitzern ist ein langfristiger Betrieb dieser Stationen und des Krankenhauses allgemein zu garantieren.

(Beifall bei der AfD)

Liebe Kollegen! Ich hoffe, ich konnte auch in dieser kurzen Zeit deutlich machen, wie sehr die SPD unsere Krankenhauslandschaft abgewirtschaftet hat und welcher große Weg vor uns liegt. Ich bin mir auch dessen bewusst, dass es nicht immer zielführend ist, nur nach hinten zu blicken.

Ich möchte gemeinsam mit Ihnen allen nach vorn blicken. Der Weg, der vor uns liegt, ist steinig, aber lassen Sie uns bitte jetzt beginnen. Sofort! Lassen Sie uns diesen Weg gemeinsam beschreiten, und zwar zum Wohle unserer Patienten. - Danke schön.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank, Herr Abg. Siegmund. Ich sehe eine Wortmeldung. - Herr Abg. Gürth, Sie haben das Wort, bitte.

Frau Präsidentin, es ist eine Intervention. - Ich möchte mit einer Legende aufräumen, die so nicht im Raum stehen bleiben darf, auch bei aller Kritik an privaten Krankenhausbetreibern, die hier und dort auch berechtigt sein mag. Fakt ist, dass im Salzlandkreis das kommunal geführte Klinikum vor dem Konkurs stand, hoch defizitär war, und dass der Standort Staßfurt, ein Neubau, in Ermangelung von Ärzten, die vorher wegliefen, bereits geschlossen worden war. Erst durch die Privatisierung der Klinika, die vom Kreistag nicht ohne Grund mit großer Zustimmung beschlossen worden war, war es möglich, den schon geschlossenen Standort Staßfurt wieder zu öffnen. Er ist geöffnet, er wird betrieben und das Angebot wird ausgebaut.

Das sage ich, damit hier nicht falsche Legenden im Raum stehen bleiben, die dem Standort Staßfurt nur schaden.

(Zuruf von Matthias Büttner, AfD - Weitere Zurufe von der AfD)

Vielen Dank, Herr Abg. Gürth. - Jetzt hat Abg. Herr Siegmund die Möglichkeit - -

(Zurufe von der AfD - Unruhe)

- Einen kleinen Moment, meine sehr geehrten Damen und Herren von der AfD-Fraktion. Ihr Kollege steht hier vorn. An ihn wurde diese Kurzintervention gerichtet. Geben Sie ihm nun die Möglichkeit, darauf zu reagieren. - Bitte, Herr Abg. Siegmund.

Vielen Dank, Herr Kollege Gürth, Sie haben sachlich argumentiert. Ich möchte auch sachlich darauf reagieren.

Das ist natürlich ein politischer Anspruch, ein unterschiedlicher politischer Anspruch. Wir haben anhand der Zahlen gesehen, wie sehr die Landesregierung seit 2006 die Krankenhauslandschaft in Sachsen-Anhalt abgewirtschaftet hat, natürlich auch die kommunalen Krankenhäuser. Dann muss man sich doch fragen: Warum sind die Ärzte denn weggerannt? Warum haben sie denn in ihrem Krankenhaus keine Zukunft mehr gesehen? - Bei derartigen Investitionen, die faktisch eigentlich gar nicht mehr vorhanden waren, hätte ich als Arzt auch keine Lust mehr, mich dort einzubringen.

Aber das Ziel, der politische Anspruch, das, weil ich kein Geld mehr dorthin gebe, einfach einem privaten Träger überzuhelfen - - Was macht der denn aus BWL-Sicht? - Der schließt natürlich - das habe ich doch ganz offen gesagt - die Stationen, die nicht rentabel sind, und saniert sich damit auf Kosten der Patienten.

(Beifall bei der AfD)

Es gibt nun einmal unterschiedliche Ansprüche. Wir haben den Anspruch, kommunale Krankenhäuser, auch wenn sie defizitär laufen, trotzdem mit Landesmitteln zu unterstützen, einfach um für die Patienten eine gesicherte Versorgungsstruktur zu gewährleisten. Die CDU und die SPD hatten den Anspruch, derartige Krankenhäuser einfach abzustoßen, sie den Privaten überzuhelfen und sich die Rosinen herauszupicken. Das sind unterschiedliche Ansprüche.

(Zuruf)

- Ja, das ist die Argumentation. - Diesen politischen Anspruch vertreten wir und darüber muss man streiten. Diesen Weg werden wir weiterhin gehen. - Danke schön.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank, Herr Abg. Siegmund. Es gibt keine weiteren Fragen. - Als Nächste spricht für die Landesregierung Ministerin Frau Grimm-Benne. Sie haben das Wort, Frau Ministerin.

Herzlichen Dank. - Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Debatte gibt mir die Möglichkeit, einmal generell und ruhig zu erklären, wie Krankenhausfinanzierung funktioniert.

(Dr. Verena Späthe, SPD: Das ist auch nö- tig!)

Wir haben eine geteilte Verantwortung. Die Krankenkassen finanzieren die stationären Leistungen und schließen mit den Krankenhäusern Leistungs-, Qualitäts- und Entgeltvereinbarungen. Das Land hat für die notwendigen Investitionen zu sorgen, die die Krankenhäuser brauchen, um diese Leistungen qualitätsgerecht erfüllen zu können.

Wir haben in unserem Land eine Krankenhauslandschaft, die es uns ermöglicht, auch im ländlichen Raum eine Grundversorgung vorzuhalten. Soweit Studien wie die von Bertelsmann den Abschied von Kleinstkrankenhäusern fordern, kann ich sagen: Das ist nicht mehr vordringlich ein Problem in Sachsen-Anhalt, sondern eher zum Beispiel in Nordrhein-Westfalen.

Unsere Strukturen passen. 72 Krankenhäuser - das ist schon erwähnt worden - gab es zur Wende in Sachsen-Anhalt; heute sind es 48. Wir haben erhebliche Überkapazitäten abgebaut und die Qualität der Leistungen verbessert. Es gab einen Prozess von Fusionen, Schließungen und Neugründungen. Die Nachwehen, zum Beispiel in Genthin, sind noch immer nicht ganz verdaut.

Aber das Land Sachsen-Anhalt hat über die Jahre hinweg Mittel in Höhe von fast 3,9 Milliarden € in die Krankenhauslandschaft investiert, auch mithilfe des Bundes. Etwas mehr als 1 Milliarde € entfällt auf die pauschalen Fördermittel, die benötigt werden, um Apparate, Geräte und Einrichtungsgegenstände wiederzubeschaffen. Wir haben praktisch die gesamte Infrastruktur erneuert. Trotzdem haben wir einen immensen Investitionsstau, weil nach 30 Jahren auch viele Ersatz- und Neuinvestitionen anstehen.

Wo stehen wir also? Wie wollen wir uns aufstellen?

Erstens. Wir setzen auf qualitätsbasierte Krankenhausplanung, auf zukunftsfähige Strukturen durch Schwerpunktbildung. Dort, wo niedergelassene Ärzte fehlen, sollen die Krankenhaus

strukturen stärker für die ambulante Versorgung genutzt werden, die sogenannte sektorenübergreifende Versorgung.

Zweitens. Wir haben im Frühjahr mit großer Mehrheit ein modernes Krankenhausgesetz verabschiedet, das Qualität großschreibt. Wir sind dabei, auf dieser Grundlage bis zum Jahresende den Krankenhausplan neu aufzustellen. Bis vorgestern konnten Anträge der Krankenhäuser eingereicht werden. Über den Krankenhausplan wird der konkrete Bedarf an stationären Krankenhausleistungen im Land ermittelt. Das bildet nämlich die Grundlage für die Förderung nach Maßgabe des Krankenhausfinanzierungsgesetzes und des Landeskrankenhausgesetzes.

Drittens. Ja, wir müssen uns dem Thema Fachkräftegewinnung widmen. Es fehlen Mediziner, aber es fehlt insbesondere auch Pflegepersonal. Nicht umsonst werden mancherorts fünfstellige Abwerbeprämien gezahlt. Hierzu brauchen wir ein Maßnahmenbündel. Wir haben schon viel auf den Weg gebracht, von der Landarztquote bis zur Pflege, um den Um- und Ausbau der Pflegeausbildung zu begleiten. Nur wer künftig ausbildet, wird auch den notwendigen Nachwuchs haben. Das ist ein extrem wichtiges Thema, aber heute nicht das vordringliche.

Worum geht es uns also bei der Krankenhausplanung? - Ich betone hier noch einmal: Ich trete für den Erhalt der Krankenhäuser der Grundversorgung im Land ein, mit innerer Abteilung und allgemeiner Chirurgie und möglichst auch mit Geburtsabteilung und Frauenheilkunde, für Krankenhäuser, die im Notfall schnell erreichbar sind.

(Zustimmung bei der SPD und bei der CDU)

Es geht aber auch ganz deutlich um Qualität. Qualität kann nur dort geboten werden, wo es genügend Fachkräfte gibt und wo eine angemessene Mindestzahl an Fällen erreicht wird. Es macht eben einen Unterschied, ob die Abteilungen gut besetzt sind und ob ein komplizierter Eingriff zweimal oder 200-mal im Jahr vorgenommen wird. Deshalb wird es bei der Krankenhausplanung darum gehen, neben der Grundversorgung auch Schwerpunkte und Zentren zu definieren, die für die spezialisierte Versorgung zur Verfügung stehen.

Daneben - jetzt bitte ich alle, genau zuzuhören, weil es jetzt nämlich um die Finanzierung geht - steht die Diskussion über die Frage, wie eine auskömmliche Finanzierung erreicht werden

kann. Zurzeit stehen im Haushalt für pauschale Förderungen Mittel in Höhe von ca. 50 Millionen € zur Verfügung. Es ist richtig, dass dafür über eine lange Zeit hinweg keine Mittel im Landeshaushalt vorgesehen waren. Seit dem Haushaltsplan für

die Jahre 2016 und 2017 werden dafür wieder Mittel zur Verfügung gestellt. Aber das reicht ganz offensichtlich nicht aus, um den Investitionsstau aufzulösen.

Darum sage ich: Wir brauchen ein Investitionsprogramm wie das, das es in Sachsen-Anhalt in den 90er-Jahren mit gutem Erfolg gegeben hat, unter Sozialminister Wolfgang Böhmer übrigens. Die letzten Raten des Schuldendienstes haben wir bis 2018 bezahlt.

Die Kliniken einschließlich der Unikliniken, die nicht über solche Rücklagen verfügen wie private Anbieter, müssen sich darauf verlassen können, dass sie die notwendigen Investitionen tätigen können.

(Zustimmung von Dr. Katja Pähle, SPD)

Wir sind mit der Investitionsbank und dem Finanzministerium im Gespräch dazu, ob so etwas erneut aufgelegt werden kann. Ich gehe davon aus, dass wir zusammen eine Lösung finden.

Warum kommt es plötzlich zu einem Crash wie bei dem Klinikum des Burgenlandkreises, wo ein Insolvenzfahren in Eigenverantwortung eröffnet worden ist? - Die letzten Gesetzesvorhaben des Bundes hatten richtigerweise die Qualitätssicherung bei den Krankenhausleistungen und die Gewährleistung einer angemessenen Pflege zum Ziel - Stichworte sind die Pflegeuntergrenzen, also Vorgaben zum Mindestpersonal, flächendeckende Leistungsdokumentation sowie Strukturvorgaben und die Einrichtung von Pflegebudgets.

Doch unter sonst gleichen Bedingungen schränkt beides die wirtschaftliche Handlungsfähigkeit der Krankenhäuser ein. Wenn es den Krankenhäusern erschwert wird, Rücklagen zu bilden, reduziert das zwangsläufig auch deren Kreditfähigkeit. Das wiederum schränkt die Handlungsfähigkeit ein, wenn es darum geht, Investitionen aus Eigenmitteln zu finanzieren.