Protocol of the Session on October 25, 2019

Abschließend möchte ich mich noch verwahren gegen Formulierungen wie „Arroganz kommunaler Vertretung“. Die Koalitionsfraktionen halten die kommunale Selbstverwaltung sehr hoch. Der vorliegende Fall, der hier angeführt worden ist, zeigt aus meiner Sicht sehr deutlich, dass es hierbei eine gute Zusammenarbeit zwischen der Landesverwaltung und der kommunalen Ebene gegeben hat. Und genau das ist uns wichtig. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung bei der LINKEN)

Herr Farle hat sich zu Wort gemeldet. Herr Farle, Sie haben jetzt das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die fachpolitische Seite hat mein Kollege Tillschneider bereits behandelt. In der letzten Sitzung des Kreistages von Mansfeld-Südharz war das Ganze auch Thema. Da war die Bürgerinitiative auch anwesend. Da haben wir auch unsere Unterstützung zugesagt.

Ich muss einmal ganz klar sagen: So, wie Sie sich hier hinstellen und über die Probleme hinwegdiskutieren, dass es hier nämlich in Wahrheit um den Erhalt des ländlichen Raumes geht, und so, wie sich die CDU und das Ministerium verhalten, geht es überhaupt nicht. Die Menschen bekommen langsam das Gefühl: Wenn da ein oder zwei Schüler fehlen, dann wird die Grundschule dichtgemacht. Und das ist der erste Schritt, um auf dem Land abzubauen.

Wir wollen aber nicht abbauen im ländlichen Raum, sondern wir wollen, dass wieder mehr Kinder geboren werden und dass die Schulen auch wieder voller werden. Der Weg muss umgedreht werden. Die jungen Menschen wollen auch wieder mehr Kinder. Aber durch solche Maßnahmen verbauen Sie der nächsten Generation die Zukunft.

(Beifall bei der AfD - Zuruf von der AfD: Genau so ist es!)

Frau Prof. Dr. Kolb-Janssen, dies war eine Intervention. Aber Sie haben jetzt die Möglichkeit, darauf zu antworten.

Ich möchte an der Stelle nur noch einmal betonen, dass es unseren Koalitionsfraktionen auch wichtig ist, dass wir gute Konzepte für eine Entwicklung in den ländlichen Räumen haben. Dabei spielt natürlich Bildung, dabei spielen gerade die Grundschulen eine ganz große Rolle.

Aber, ich glaube, ich habe hier ausführlich dargestellt, dass es bei der konkreten Entscheidung im Einzelfall durchaus noch andere Gesichtspunkte gibt, die dabei eine Rolle spielen. Wir sollten respektieren, wenn die Entscheidungen auf kommunaler Ebene getroffen werden, dass das in Wahrnehmung der kommunalen Selbstverwaltung passiert und wir hier im Landtag nicht das Recht haben, darüber zu urteilen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD - Robert Farle, AfD: Das ist doch Ihre Partei, die das festlegt!)

Ich sehe keine weiteren Fragen. Dann danke ich Frau Prof. Dr. Kolb-Janssen für den Redebei

trag. - Für die Fraktion DIE LINKE hat jetzt Herr Lippmann das Wort. Herr Lippmann, Sie haben das Wort.

Vielen Dank. - Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Seit der Wende sind in den letzten 30 Jahren von unseren ehemals 851 Grundschulen inzwischen etwas mehr als 400 geschlossen worden. Das ist fast die Hälfte. Längst nicht alle hätte man erhalten können, aber es sind im Prinzip heute schon zu viele. Sie sind auch oft zu schnell geschlossen worden. Und jede weitere Schließung ist eine zu viel. Das muss man zunächst deutlich machen.

(Beifall bei der LINKEN und bei der AfD)

Das sage ich in Richtung derer, die im Land unterwegs sind - die gibt es -, die ohne die Not von Schülerzahlen Schulen schließen und Konzentrationen herbeiführen. Und das sage ich in Richtung derer, die unkomfortable Regelungen zu den Schulverbünden beschlossen haben.

Aber in dem Redeschwall von Herrn Tillschneider war nur eines richtig: Es ist vor Ort der Wille - es ist der Wille - des Stadtrates von Gerbstedt - Herr Jantos hat es hier noch einmal sehr deutlich gemacht -, diese Konzentration an einem Standort in Gerbstedt herbeizuführen, wobei es hier formal um Gerbstedt eigentlich gar nicht geht, sondern mehr in der Begründung, was den Antrag der AfDFraktion betrifft.

Diese kommunale Entscheidung ist nicht rechtswidrig. Sie ist politisch willkürlich und nicht in Ordnung, finde ich jedenfalls. Dagegen muss man vor Ort politisch vorgehen. Das ist keine Geschichte - das wurde auch im Bildungsausschuss gesagt -, die wir im Bildungsausschuss oder wir hier im Parlament bereden können. Es ist auch keine Frage der Verordnung zur Schulentwicklungsplanung.

Denn in den Verordnungen haben wir durchaus ausreichende Regelungen für den Erhalt gerade kleiner Grundschulstandorte. Man muss sie nur anwenden wollen und man muss die Fantasie und den Willen haben, diese sozusagen auch zum Tragen zu bringen.

Das macht die AfD in ihrem Antrag nicht. Deswegen werden wir Ihnen natürlich auch nicht folgen. Denn das, was Sie hier machen - ich habe nicht die Zeit und auch nicht den Willen, den erfolglosen Versuch zu unternehmen, Ihnen schulfachliches Wissen beizubringen.

Aber eine Grundschule mit 60 Schülerinnen und Schülern hat eine Lehrerzuweisung von ungefähr 3,5 Lehrkräften. Da haben Sie schon Mühe, die

als eigenständige Schule mit einer Schulleitung hinzubekommen.

Eine Schule mit 40 Schülerinnen und Schülern, die wir ja haben, hat eine Unterrichtszuweisung von nicht einmal 2,5 Lehrkräften. Die gibt es auch, ganz wenig, nur ausnahmsweise, dort, wo es gar nicht anders geht. Aber solche Schulen mit 2,5 Lehrkräften regelhaft sozusagen als eigenständige Schulform zu führen ist schulfachlich einfach absurd. Das geht nicht.

(Beifall bei der LINKEN - Zustimmung bei der CDU und bei der SPD)

Was schon gleich gar nicht geht, ist das, was Sie in Ihrem dritten Punkt aufschreiben, nämlich einen Schulverbund aus drei Standorten mit 80 Schülern zu führen. Bei 80 Schülern haben Sie eine Zuweisung von 4,5 Lehrkräften, Vollzeiteinheiten, an vier Standorten. Da müssen Sie zwei Standorte mit einer Klasse der Jahrgangsstufen 1 bis 4 machen mit einer Lehrkraft, damit Sie am dritten Standort überhaupt noch zwei Klassen mit zwei Lehrkräften haben. Das ist alles absurd.

(Beifall bei der LINKEN - Zustimmung bei der SPD)

Aber das ist das, was wir von der AfD kennen.

Das, was allerdings notwendig ist, ist, die unkomfortablen Regelungen - Ihr Kind, CDU; ich mache jetzt Amtshilfe für die CDU - zu entschärfen und handhabbar zu machen. Das haben wir aufgeschrieben. Das kann man vernünftigerweise durch Verordnung regeln, damit da, wo die Not tatsächlich vorhanden ist, Standorte in den ländlichen Bereichen erhalten bleiben, und zwar so, dass man das schulfachlich, sage ich einmal, gerade noch so darstellen kann. Das sollte man machen und nicht das Bilden von Schulverbünden unnötig erschweren. - Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Lippmann, es gibt zwei Fragesteller, einmal Herr Dr. Tillschneider und einmal von der CDUFraktion. - Herr Dr. Tillschneider, Sie haben das Wort.

Herr Lippmann, Sie sind mir schon ein ganz großer Denker.

(Heiterkeit bei der AfD)

Ich möchte Sie bitten, die Falschaussagen in meinem Vortrag - Sie meinten, es sei alles falsch - zu benennen, also nicht das, was Sie jetzt abwerten, oder das, was Sie ablehnen, sondern wirklich das,

was daran falsch gewesen sein soll. Das würde ich gern hören.

Ihr Mut ist bewundernswert. Sie setzen sich für den Erhalt der Schulen ein, aber Sie wagen nicht, die Lehrerzuweisung zu hinterfragen. An der Schraube könnte man ja auch drehen, wenn man kleine Schulen erhalten will.

Eine zweite Schraube, an der wir drehen könnten, an der Sie aber auch nicht drehen, weil Sie wahrscheinlich in Ihrem Kopf blockiert sind, wäre der jahrgangsübergreifende Unterricht. Es gibt Beispiele von ganz kleinen Schulen in den Pyrenäen, in der französischen Schweiz. Die funktionieren. Die funktionieren gut. Dass Sie als Pädagoge nicht wagen, darüber nachzudenken, das ist ein Armutszeugnis, Herr Lippmann.

(Beifall bei der AfD)

Herr Lippmann, Sie haben jetzt das Wort.

Herr Tillschneider, zu diesem Zeitpunkt mache ich Ihre billige Rhetorik nicht mit, indem Sie Ihre eigene Argumentation jedes Mal komplett umdrehen, so, wie es Ihnen gerade passt.

Auf der einen Seite erzählen Sie uns ständig, man müsste sich ja gar nicht so anstrengend um Lehrkräfte kümmern, wenn man nur ein gegliedertes Schulsystem hätte usw. Natürlich sind kleine Schulen ineffizient; das muss man aussprechen. Natürlich sind mehrzügige Schulen viel effizienter. Wenn ich mir also kleine Schulen leiste - Sie wollen sie regelhaft machen -, dann fressen die natürlich Lehrerarbeitsvolumen. Das ist doch völlig klar.

Die Schulen verlieren ja auch an Zuweisungen. Die Konzentration, zum Beispiel im Bereich Gerbstedt, führt nämlich, wenn Sie das machen, zunächst dazu, dass die Lehrerzuweisung um zwei Vollzeitlehrereinheiten sinkt. Also nicht nur die Anzahl der Lehrer, die sie kriegen, sondern die Zuweisung ist um zwei geringer.

(Zuruf von der AfD)

Das heißt, kleine Schulen sind natürlich erst einmal, bildungsökonomisch gesehen, ineffizient. Deswegen muss man sich so dazu bekennen, wie man es auch schulfachlich - ich habe nur schulfachlich darüber gesprochen - darstellen kann.

Ich setze mich jetzt ja nicht mit Ihrer Rede auseinander. Ich habe ja positiv erwähnt - -

(Dr. Hans-Thomas Tillschneider, AfD: Ah!)

- Nein, Herr Tillschneider. Ihren Auswüchsen zu folgen habe ich mir lange abgewöhnt. Ich muss ja

auch mit mir selber noch irgendwo klarkommen. - Ich habe auf Ihren Antrag geguckt. Ich habe Sie ja nur positiv - ausnahmsweise - erwähnt mit der Aussage, dass es der Wille des Stadtrates vor Ort ist und eben nicht die Regelungen der Schulentwicklungsplanungsverordnung, die diese Entscheidungen bringen. Denn sie sind nicht von außen gezwungen. Sie sind nur aufgefordert, im Fall von Siersleben etwas zu unternehmen. Der Regelung, die möglich ist, folgen sie nicht, weil sie es nicht wollen. Das ist eben ein anderer Konflikt. Aber das ist ein Konflikt vor Ort. Das ist ein politischer Konflikt, nicht einer der Verordnung. Nur das habe ich im Prinzip deutlich gemacht.

(Zuruf von Robert Farle, AfD)

Ansonsten bin ich auf Ihren Antrag eingegangen, weil Sie uns ja so offensiv - - Sie werden ja dann vor Ort herumlaufen, werden den Leuten wieder erzählen, dass Sie die tollen Anträge stellen, dass hier im Hause alle Blockparteien diese aber immer ablehnen. Das ist ja das, was Sie bei solchen Sachen tun.

(Zuruf von Robert Farle, AfD)