Diese Arbeiten stehen im Zusammenhang mit einer koordinierten Bund-Länder-Initiative zum Aufbau eines bundesweiten Erfassungs- und Unterstützungssystems nach gemeinsam vereinbarten Kriterien.
Die Stelle des Ansprechpartners wurde auf Wunsch der jüdischen Gemeinden im November des vergangenen Jahres geschaffen. Er ist mir direkt unterstellt, und zwar ganz bewusst als Instrument der Exekutive.
In einer von ihm geleiteten interministeriellen Arbeitsgruppe arbeiten seit April dieses Jahres alle Ressorts zusammen. Der Ansprechpartner ist zugleich Mitglied der Bund-Länder-Kommission zur Bekämpfung von Antisemitismus und zum Schutz jüdischen Lebens, die von den Regierungschefs von Bund und Ländern im Juni dieses Jahres gegründet wurde.
Ein weiterer Hinweis ist mir in diesem Zusammenhang wichtig. Während der konkreten Gefährdungslage am 9. Oktober 2019 suchte die Jüdische Gemeinde Halle gegen 13 Uhr telefonisch den Kontakt mit dem Ansprechpartner. Er und damit auch ich persönlich waren von diesem Zeitpunkt an unmittelbar über mehrere Tage konkret in alle Prozesse konstruktiv und vertrauensvoll eingebunden.
Sehr geehrte Damen und Herren! Der Schutz der Synagogen und anderer jüdischer Einrichtungen gehört zur Staatsräson Deutschlands und aller seiner Länder. Für die ab heute stattfindende Ministerpräsidentenkonferenz hat Sachsen-Anhalt den Entwurf eines Beschlussvorschlags eingebracht. Unter anderem sollen die bisherigen Sicherheitsanalysen der Landeskriminalämter und des Bundeskriminalamtes im Lichte einer gestiegenen Gefährdungslage überprüft und nach möglichst gemeinsam vereinbarten einheitlichen Standards neu erstellt werden.
Zugleich sollen die Sicherheitsmaßnahmen an Synagogen und anderen jüdischen Einrichtungen, die polizeiliche Überwachung, die bauliche Ausstattung und Ertüchtigung, die sicherheitstechnische Ausstattung und die Kommunikation ebenfalls an gemeinsam vereinbarten einheitlichen Standards ausgerichtet werden.
Ich möchte in diesem Kontext auch auf eine Initiative des Ministeriums für Inneres und Sport aufmerksam machen, insbesondere auf das, was der Kollege Stahlknecht vor einigen Tagen der Öffentlichkeit vorgestellt hat.
ter Einbeziehung des Ministeriums für Bildung und des Ansprechpartners für jüdisches Leben in Sachsen-Anhalt und gegen Antisemitismus.
Hass und Vorurteile sind eine Bedrohung für jede offene Gesellschaft. Sie sind ein schleichendes Gift. Gewalt beginnt mit der Sprache, und zur Verrohung der Sprache tragen auch Retweets wie die des AfD-Bundestagsabgeordneten Brandner unmittelbar nach den Anschlägen in Halle bei. Er schrieb: „Warum lungern Politiker mit Kerzen in Moscheen und Synagogen rum?“
Dieser von Herrn Brandner geteilte Inhalt sorgte zu Recht für große Empörung. Zwar hat Herr Brandner sich dafür halbherzig entschuldigt, aber das schafft den Tweet nicht aus der Welt.
Wir wollten unsere Solidarität mit den jüdischen Gemeinden bekunden. Deshalb sind wir in die Synagogen gegangen. Deshalb haben wir mit den Menschen dort gesprochen. Das, was für uns eine Selbstverständlichkeit ist, sollte eigentlich auch eine Selbstverständlichkeit für alle in unserer Gesellschaft sein.
Der Retweet von Herrn Brandner war leider kein Einzelfall. Das zeugt von einem mangelhaften Empfinden für die Grundwerte unserer Gesellschaft. Darüber sollten wir sprechen. Stattdessen fordert die AfD-Fraktion den Innenminister zum Rücktritt auf.
Da ich am Donnerstag wegen meiner Teilnahme an der Ministerpräsidentenkonferenz nicht im Landtag bin, möchte ich hier kurz zu diesem Antrag Stellung nehmen.
Es ist selbstverständlich, dass dieser Polizeieinsatz auch einer genauen Analyse unterzogen werden muss. Aber es ist erkennbar, dass die Polizei in Halle besonnen und verantwortungsvoll gehandelt hat.
Dafür gilt ihr, der Polizei, mein ausdrücklicher Dank. Weder ihr noch dem Innenminister, der mein volles Vertrauen hat, sind diesbezüglich Vorwürfe zu machen. Den Bitten um Schutz der Synagoge wurde entsprochen. Die Rücktrittsforderung an den Innenminister weise ich mit aller Entschiedenheit zurück. Warum fordern Sie nicht Herrn Brandner auf, zurückzutreten? - Diese Frage sollten Sie sich stellen.
Stattdessen instrumentalisieren Sie die Anschläge in Halle für Ihre parteipolitischen Zwecke. Das werden wir nicht zulassen.
Sehr geehrte Damen und Herren! Es geht aber nicht um Parteipolitik. Es geht darum, deutlich zu machen, wofür unser Land steht: für den uneingeschränkten Schutz jüdischen Lebens. Daran darf es nicht den geringsten Zweifel geben.
Die jüdische Gemeinschaft in Deutschland ist zu Recht beunruhigt. Das Zugehörigkeits- und Sicherheitsgefühl vieler Jüdinnen und Juden in Deutschland ist brüchig geworden. Viele Gemeindemitglieder sind verunsichert und lassen ihre Kinder zu Hause.
Lange hofften wir auf ein allmählich immer selbstverständlicher werdendes Miteinander. Diese Zeiten sind offensichtlich vorbei. Die Fakten sind alarmierend.
Ende des vergangenen Jahres war in der „Jüdischen Allgemeinen“ unter Rekurs auf eine Onlineumfrage der EU-Grundrechteagentur FRA über die grassierende Angst vieler jüdischer Mitbürgerinnen und Mitbürger zu lesen:
„In Deutschland, dem einzigen EU-Land, in dem seit 1990 die Zahl der jüdischen Bürger stark anstieg,“
„trauen sich heute drei Viertel der Juden nicht, ihre Religionszugehörigkeit offen zu zeigen. Fast die Hälfte der deutschen Befragten […] gab an, bestimmte Stadteile zu meiden, und 44 % tragen sich gelegentlich mit dem Gedanken auszuwandern, da sie sich als Juden nicht mehr sicher fühlen.“
Noch eine Zahl ließ aufhorchen. Europaweit hielten 70 % der befragen Juden die Maßnahmen ihrer Regierungen im Kampf gegen den Antisemitismus für unzureichend.
Auch aus diesem Grund war es für mich wichtig, nach dem Anschlag in Halle auch mit jungen Studenten der dortigen jüdischen Gemeinde zu sprechen. Sie haben mir bestätigt, dass sie sich in Halle wohl- und angenommen fühlen.
Trotzdem bleibt zu konstatieren: Die Zahl der gemeldeten antisemitischen Straftaten in Deutschland nahm 2018 gegenüber 2017 um 19,6 % zu. Es waren insgesamt 1 779 Delikte.
52 % der von der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte befragten Juden gaben an, in den vergangenen fünf Jahren Opfer antisemi
Oft haben wir die Ängste und die Klagen unserer jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger für übertrieben gehalten. Spätestens nach Halle muss damit in ganz Deutschland Schluss sein.
Wir müssen die diesbezügliche Beunruhigung unter deutschen Juden sehr ernst nehmen. Lange waren wir zu zögerlich. Jetzt müssen wir endlich entschlossen handeln.
Der Kampf gegen den Rechtsextremismus in unserem Land muss umfassend angelegt sein. Er ist mit allen Mitteln des Rechtsstaats zu führen.
Wir alle stehen in der Pflicht. Wir müssen wachsam bleiben und unsere Stimme erheben gegen Antisemitismus, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit. Hetze und Hass dürfen unser Land nicht vergiften.
Der weitaus größte Teil unserer Gesellschaft verurteilt jede Form von Antisemitismus und Hass. Das muss auch an dieser Stelle deutlich festgestellt werden. Aber dieser Teil muss viel lauter werden. Aufstehen und eindeutig Stellung beziehen ist das Gebot der Stunde, und zwar zu jeder Zeit und an jedem Ort.
Die Antwort auf Halle muss aus der Mitte der Gesellschaft kommen, aber sie kann nicht lauten, den jüdischen Mitbürgern zu empfehlen, in der Öffentlichkeit keine Kippa mehr zu tragen. Wir müssen uns gegen die Hetzer zur Wehr setzen und gegen die Täter mit aller Entschlossenheit vorgehen.
Sehr geehrte Damen und Herren! „Wehret den Anfängen!“ ist keine Floskel. Die Gegner unserer Demokratie sollten nicht an unserer Entschlossenheit zweifeln. Unsere Demokratie ist streitbar und wehrhaft. Dieses strikt antiextremistisch angelegte Konzept findet sich unter anderem in Artikel 79 Abs. 3 unseres Grundgesetzes.
Unsere Rechts- und Verfassungsordnung ist die Grundlage unseres Zusammenlebens. Sie schließt das Bekenntnis zu den unveräußerlichen Menschenrechten, zur Herrschaft des Rechts, zur
Rechtsextremistische und antisemitische Parolen haben in unserer Gesellschaft keinen Platz. Wir werden solche Einstellungen niemals dulden. Demokratie und Freiheit sind für unsere Gesellschaft lebensgestaltende Werte.