Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Einbringung zu diesem Tagesordnungspunkt haben wir gerade erledigt. Bevor wir in die Debatte mit drei Minuten Redezeit je Fraktion einsteigen, wird der Minister Herr Richter für die Landesregierung sprechen. - Sie haben das Wort, Herr Minister.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Gallert, ich überlege gerade, wie ich auf Ihre Rede reagieren soll. War das jetzt ein Plädoyer dafür, die 1%-Regelung abzuschaffen?
Im Übrigen weise ich darauf hin, dass es nicht nur eine 1%-Regelung gibt. Wir reden vom geldwerten Vorteil, Herr Gallert. Sie können auch eine Spitzabrechnung machen. Dabei geht es nicht um die Frage des Listenpreises, sondern es geht darum, wie hoch die Aufwendungen sind. Dann muss man dementsprechend die Kilometer in ein Fahrtenbuch eintragen und das auch bestätigen. Dann wird nachher daraus der geldwerte Vorteil berechnet. Das ist im Übrigen in § 8 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes geregelt. Das ist die eine Seite.
Mir war jetzt auch nicht ganz klar, ob Sie das in Gänze abschaffen wollen oder ob es Ihnen nur darum geht, dass man versucht, die Fahrzeuge, die eingesetzt werden, über den geldwerten Vorteil - sage ich einmal - klimafreundlicher zu gestalten. Für mich ist auch neu, dass ein sehr großer Anteil der Dienstwagen Fahrzeuge wie Porsche oder andere große Fahrzeuge sind. Das ist, glaube ich, in Sachsen-Anhalt sicherlich nicht die Masse.
Im Übrigen möchte ich ganz deutlich sagen, dass gerade der Einsatz von Dienstwagen mit der 1%Regelung auch etwas ist, was sich die Finanzämter immer sehr genau anschauen, sodass man diesbezüglich sehen muss, inwieweit so etwas angemessen ist. Es gibt auch eine Frage der Angemessenheit.
Meine Damen und Herren! Ich bleibe allerdings dabei, auch die Landesregierung, dass wir weiterhin von einer steuerlichen Regelung ausgehen werden. Damit sind wir jetzt bei den Gesetzmäßigkeiten. Herr Gallert hat schon die 1%-Regelung und das Thema angesprochen, wie ein Anreiz dafür geschaffen werden kann, dass klimafreundliche Fahrzeuge eingesetzt werden, und dafür eine Reduzierung um 50 % angedacht werden sollte, wenn es um Elektrofahrzeuge geht. Darüber hinaus hatten Sie auch schon das Thema Hybridelektrofahrzeug angesprochen, das nur noch mit 0,5 % angesetzt wird.
Im Übrigen setzen wir uns auch für eine Regelung ein, wonach die Besteuerung der privaten Nutzung bis 2030 verringert werden soll. Insoweit hat die Bundesregierung bereits einen entsprechenden Gesetzentwurf in den Bundestag eingebracht. Wenn er durchkommt, dann bedeutet das zumindest eine langfristige und dann auch planbare Perspektive für Unternehmen, Beschäftigte und Hersteller.
Davon können nachher dann auch Bürgerinnen und Bürger profitieren, weil diese Fahrzeuge irgendwann einmal ausgesondert werden, sodass nachher auch der Private auf dem Gebrauchtwagenmarkt diese Fahrzeuge erhalten und fahren kann.
Ich denke, in Anbetracht der Diskussion um das Thema Klimapaket wird hier sicherlich auch noch in den nächsten Wochen und Monaten eine ganze Menge an Debatten darüber geführt werden, inwieweit man diese Regelung noch differenzierter ausrichtet, um so zu einem Ergebnis zu kommen, letztlich auch klimafreundliche Fahrzeuge, die entsprechend eingesetzt werden, zu fördern.
Wovon wir nichts halten, ist tatsächlich, das Ganze nachher daran festzumachen, dass bestimmte CO2-Belastungen dazu führen, dass man die Besteuerung verringert und sie auf der anderen Seite wiederum erhöht, wenn bestimmte Werte überschritten werden. Das ist aus meiner Sicht nicht der richtige Weg. Sie müssen vielmehr Anreize dafür schaffen, dass entsprechend mehr Fahrzeuge eingesetzt werden, die klimafreundlich sind, aber nicht über eine Politik, die auf der einen Seite sehr aufwendig ist und letztlich diejenigen belohnt, indem man sagt: Da habt ihr eben, was weiß ich, nur 100 mg, und auf der anderen Seite habt ihr 90 mg. - Das ist ganz bestimmt nicht der Weg.
Aber wir werden sicherlich in den nächsten Wochen und Monaten, insbesondere auch im Finanzausschuss, sehr ausführlich darüber zu debattieren haben, wie das Klimapaket nachher im Einzelnen umgesetzt wird. Wir gehen davon aus - so zumindest die Aussagen der Bundesregierung -, dass wir bereits im ersten Halbjahr 2020 die einzelnen Gesetze auf dem Tisch haben werden, um dann zu schauen, wie auch im Bereich der steuerlichen Vorteile und der 1%-Regelung weitere Differenzierungen vorgenommen werden können, die letztlich dazu führen, dass das Klima entsprechend geschont wird.
Ich sage ausdrücklich: Ich sehe aus der Sicht der Landesregierung keine Möglichkeiten - wir werden dafür auch nicht eintreten -, von der 1%-Regelung oder anderen steuerlichen Regelungen im Rahmen des geldwerten Vorteils abzuweichen. - Schönen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Minister. Herr Minister Richter, bleiben Sie gleich vorn. Sie können noch nicht gehen. Es gibt nämlich zwei Fragen.
- Ja, man versteht Sie wirklich sehr, sehr schlecht; zumindest wir hier hinten haben kaum etwas verstanden, weil der Lärmpegel im Saal zu hoch ist. - Ich habe also noch zwei Wortmeldungen, zuerst von Herrn Gallert, dann von Herrn Farle. - Herr Gallert, Sie haben jetzt das Wort.
Gut, beschränken wir das Verständnisproblem auf Akustikprobleme. - Herr Richter, Sie sprachen die Fahrtenbuchvariante an. Natürlich gibt es die. Aber ich meine, wer die macht, der ist mit dem Klammerbeutel gepudert. Es ist natürlich viel, viel teurer, wenn die Kosten real abgerechnet werden. Deswegen macht das eben keiner. Deswegen ist ja diese 1%-Regelung so wahnsinnig günstig. Deshalb fragen wir ja, ob das vernünftig ist.
Selbst die Bundesregierung schätzt ein, dass es in etwa 30 bis 40 % all dieser Dienstwagenzulassungen mit privater Nutzung überhaupt nicht mehr um Dienstwagen geht, weil die Garantie, dass mehr als die Hälfte Dienstfahrten damit gemacht werden, überhaupt nicht besteht. Das weiß man im Grunde genommen. Deswegen muss man da ran.
Deswegen sage ich, wenn Sie fragen, was wir wollen, ganz klar: Wir wollen, dass diese großen CO2-Schleudern, egal ob mit so einem Alibihybrid oder nicht, teurer werden, auch im Steuersatz. Wir wollen, dass diejenigen Fahrzeuge mit geringen
Emissionen biliger werden. Das höhere Geldaufkommen wollen wir für den ÖPNV einsetzen. Außerdem brauchen wir die Elektroenergie aus der Wind- bzw. aus der erneuerbaren Energie, nicht aus dem Kohlekraftwerk. Das sind die Dinge, die wir damit erreichen wollen, ganz klar.
Sie können aber trotzdem darauf erwidern. Deswegen gebe ich Ihnen ja das Wort. Wenn Sie aber nicht möchten - -
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Finanzminister, geben Sie mir recht, dass die Darstellung von Herrn Gallert noch nicht einmal im Ansatz zutreffend die Situation in der Dienstwagenbesteuerung beschreibt?
Wenn Sie auf Elektrofahrzeuge als Dienstwagen umsteigen, dann werden die Anschaffungskosten wesentlich teurer sein als bei anderen Fahrzeugen. Punkt 1.
Punkt 2. Wenn der Vorschlag der LINKEN praktiziert wird und die 1%-Versteuerung verdreifacht werden sollte, läuft das in Wahrheit auf eine Verfünffachung bis Versechsfachung der Besteuerung hinaus. Das wird aber in der Privatwirtschaft überhaupt keiner mehr machen wollen. Dann kaufen die sich tatsächlich lieber ein Privatfahrzeug. Können Sie das nachvollziehen, wenn ich das sage?
Das Dritte ist: Herr Gallert berücksichtigt überhaupt nicht, dass die 1%-Regelung eine Besteuerung auf lange Sicht ist. Das heißt, auch wenn das Auto jedes Jahr viel weniger wert ist, wird trotzdem immer der 1-%-Bruttolistenpreis zugrunde gelegt.
Viertens. Geben Sie mir auch darin recht, dass die steuerlichen Bestimmungen - - Ich könnte jetzt eine Viertelstunde lang alle Sachen aufführen; das will ich gar nicht. Geben Sie mir einfach recht, dass das Blödsinn ist, was hier die LINKEN gefordert haben? - Danke.
Herr Farle, ich würde nie sagen, dass das, was hier gefordert wird, Blödsinn ist, um Gottes willen! Hier ist das Hohe Haus.
- Nein. Es gibt insoweit tatsächlich die Kombination, bezogen auf die Elektrofahrzeuge, dass parallel dazu angedacht ist, eine Prämie zu zahlen, um die hohen Anschaffungskosten usw. auszugleichen.
Zutreffend ist natürlich auch, dass der Listenpreis als Bemessungsgrundlage auch dann noch fällig ist, wenn das Auto vier Jahre alt ist. Insoweit, sage ich einmal, ist das Steuerrecht entsprechend generiert, es sei denn, wir führen hier eine steuerrechtliche Diskussion, die aber, glaube ich, am Freitagnachmittag nicht mehr angebracht ist. Insoweit, wie gesagt, noch einmal: Die Kombination von geldwertem Vorteil auf der einen Seite und Prämie auf der anderen Seite ist zutreffend.
Vielen Dank, Herr Minister. Es gibt jetzt keine Wortmeldungen mehr. - Wir steigen nunmehr in die Debatte mit drei Minuten Redezeit je Fraktion ein. Der erste Debattenredner wird für die SPDFraktion Herr Dr. Schmidt sein. - Sie haben das Wort, Herr Dr. Schmidt.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn die LINKEN und die CDU ähnliche Beschlusslagen haben, dann fängt man als Sozialdemokrat an, sich ein bisschen Sorgen zu machen.
Die Reaktionen aus der Fraktion des lieben Koalitionspartners haben gezeigt, dass zum Glück die Berliner Beschlusslage hier noch nicht komplett
Was soll ich sagen? - Die LINKEN haben fiskalpolitisch recht. Punkt. Die Pauschalierung des geldwerten Vorteils bei Dienstwagen ist ein Stück weit eine sehr niedrig gekappte Einkommensteuer, meistens von Leuten, die eigentlich ganz ordentliche Einkommensteuersätze hätten. Herr Gallert hat ja ein bisschen geschildert, was man da inzwischen so macht, wie man das auch als festen Lohnbestandteil integrieren kann. Kein Finanzpolitiker, der bei Trost ist, kann es gut finden, dass auf die Art dem Staat Einkommensteuer, die zu entrichten wäre, weggenommen wird.
Was das Argument angeht - das ist ja unter Gerhard Schröder ein sozialdemokratisches Argument gewesen -, dass man damit der deutschen Autoindustrie hilft, so muss man wirklich schon einen gewaltigen gedanklichen Schub machen, wenn man ernsthaft sagen will: Über den Dienstwagenankauf von allen möglichen Firmen als Betriebsausgabe hilft man der Autoindustrie.
Das könnte man ganz anders machen. Man könnte der Autoindustrie auch viel direkter und viel zielgenauer helfen.