Protocol of the Session on September 26, 2019

Und es ist eben auch nur eine Behauptung, die keiner Überprüfung standhält. Was man ganz deutlich sagen muss: Ein Angriff mit einem Messer ist ein Angriff mit einem Messer, und der ist zu verurteilen. Für die Beurteilung der Straftat ist die Herkunft des Täters völlig irrelevant,

(Zustimmung bei der LINKEN)

es sei denn, es geht einem, wie der AfD, nicht um alle Straftaten, sondern nur um die Straftaten bestimmter Personengruppen. Genau das ist beim vorliegenden Antrag der Fall. Schon deshalb ist er abzulehnen.

Um auch das zu sagen, meine Damen und Herren: Meine Fraktion hält nichts von Messerverbotszonen; denn sie suggerieren, man würde Sicherheit schaffen, können aber das Versprechen überhaupt nicht halten.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Wer ernsthaft etwas für Sicherheit im Alltag tun möchte, der muss an das Waffengesetz ran und

der Tendenz zur Bewaffnung von Privaten, wie sie die AfD ja sonst immer und immer wieder propagiert und fordert, einen Riegel vorschieben.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Wer etwas für Sicherheit tun will, der muss die Waffenbehörden in die Lage versetzen, die Einhaltung der Gesetze zu kontrollieren. Wer etwas für Sicherheit tun will, der muss dafür sorgen, dass die Kommunen nicht die Straßenbeleuchtung abdrehen müssen, um ihren Haushalt konsolidieren zu können.

(Beifall bei der LINKEN)

Wer etwas für Sicherheit tun will, der muss dafür sorgen, dass Straftaten geahndet werden und die Verfahren nicht - wie zum Beispiel im Falle von Hassreden oder rechter Propagandadelikte, die oft physischer Gewalt vorausgehen - regelmäßig eingestellt werden.

Wer etwas für Sicherheit tun will, der braucht keine Messerverbotszonen. Die sind ein vergiftetes Placebo, genauso wie dieser Antrag. - Herzlichen Dank.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Frau Quade, Herr Tobias Rausch hat eine Frage oder - -

Herr Präsident.

Herr Rausch, dann haben Sie die Möglichkeit, zu fragen.

Herr Präsident, ich möchte an dieser Stelle gern einmal erklären, dass ich niemals Fragen der AfD beantworte,

(Zuruf von der AfD: Huh!)

weil es ihr niemals um eine Antwort geht, sondern immer nur darum, ihre eigene Redezeit zu verlängern.

(Zustimmung bei der LINKEN - Lydia Fun- ke, AfD: Genau das!)

Herr Rausch, Sie haben die Möglichkeit zu intervenieren. Eine Frage wird nicht beantwortet.

Vielen Dank. - Ich will mit dem Märchen aufräumen, das Frau Quade verbreitet hat. Ich fasse

zusammen: Straftaten, bei denen mindestens ein Tatverdächtiger den Asylwerberstatus hatte: 2013: 76 000, 2017: 271 000. Das ist eine Steigerung um 256 %. Bei Mord: 2013: 30, 2017: 77, also ein Anstieg um 147 %. Bei Totschlag: 2013: 77, 2017: 312, also ein Anstieg um 305 %.

Das geht immer so weiter bis hin zu Vergewaltigung und Raub. Das alles ist in der Bundestagsdrucksache 19/6634 nachzulesen. So viel zu dem Thema, dass wir uns aussuchen, wie es ist. Das sind einfach Fakten, die nicht wegzureden sind, und die müssen Sie einmal zur Kenntnis nehmen.

(Beifall bei der AfD)

Frau Quade hat gesagt, dass sie keine Stellung nehmen wird. Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat der Abg. Herr Striegel das Wort. Herr Striegel, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nun ja, bei Zahlen und absoluten Zahlen muss man sich auch die Grundgesamtheit anschauen. Möglicherweise ist die Anzahl von Personen aus diesem Kreis in diesem Zeitraum in Deutschland auch erheblich gestiegen.

(Zuruf von Hannes Loth, AfD)

Man kann seine Zweifel daran haben, meine Damen und Herren, ob Waffen- oder Messeverbote, wie sie der hier in Rede stehende Antrag vorsieht, zweckmäßig sind. Mir scheint es nicht sinnvoll, überall dort, wo sich Menschen aufhalten, Messer und gefährliche Werkzeuge vollkommen zu verbieten.

Der Aufwand, ein solches Verbot wirksam durchzusetzen, ist derart hoch, dass er aus meiner Sicht nicht in einem vertretbaren Verhältnis zum Ertrag steht. Das Waffenrecht sieht bereits jetzt die Möglichkeit vor, an besonders kriminalitätsbelasteten Orten Waffenverbotszonen zu errichten und die entsprechenden Kontrollen durchzuführen. Ich denke, das ist ausreichend.

Auch die reale und gefühlte Sicherheit der Bevölkerung werden wir vor allem durch eine erhöhte Polizeipräsenz, besonders durch Fuß- und Fahrradstreifen im öffentlichen Raum, verbessern können. Die Waffenverbotszone ist diesbezüglich eher ein Placebo. Ich wünsche mir, dass wir als Kenia-Koalition den Weg weitergehen, tatsächlich für Polizeiprävention auf der Straße zu sorgen, so wie es unser Innenminister tut.

Aber daneben möchte ich einen Punkt betonen, der auch von Befürwortern einer weitergehenden Verbotsregelung, wie der GdP, immer wieder hervorgehoben wird: Wir brauchen eine gesellschaft

liche Debatte über Gewalt und müssen Gewaltprävention als gesamtgesellschaftliche Aufgabe ernster nehmen als zuvor.

In allen Institutionen der Kinder- und Jugendarbeit sollte hierzu Aufklärungs- und Präventionsarbeit wirksamer betrieben werden, und es muss über ein immer noch weitverbreitetes Männerbild, in dem Stärke durch Aggression und Bewaffnung ausgedrückt werden muss, nachgedacht werden.

Wer im letzten Monat der Romantisierung des heroischen Schulhoffaustkampfes als Lebensschule von Herrn Tillschneider zuhören musste, der weiß, in welcher Fraktion hier im Hause solche Formen toxischer Männlichkeit gedeihen.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Nun zu Ihrem Antrag, meine Herren der AfD. Dieser zeichnet sich wieder einmal durch eine enorme Schlichtheit der Weltwahrnehmung aus. Auf der einen Seite der gutmütige Deutsche mit seinem Schweizer Taschenmesser oder Buttermesser, auf der anderen Seite der vorgeblich gewaltaffine Kriminelle mit Migrationshintergrund. Eine solche Zuweisung positiver oder negativer Kollektiveigenschaften ist nichts weiter als Rassismus.

Das ist das alte Narrativ vom Ausländer als heißspornigem Messerstecher, das schon den italienischen Immigranten in den 60er-Jahren in der Bundesrepublik entgegenschlug. In besonders menschenverachtender Manier wurde es reproduziert durch Alice Weidel, die menschenverachtend von - ich zitiere - „alimentierten Messermännern und sonstigen Taugenichtsen“ sprach.

Während eine Messerverbotszone von Ihnen als Kriminalisierung unbescholtener Bürgerinnen und Bürger kritisiert wird, sehen Sie kein Problem in der Forderung Ihres Bundestagsabgeordneten Martin Hess nach einem generellen Messerverbot für Asylbewerberinnen und Asylbewerber. Was ist denn mit deren Schweizer Taschenmesser oder deren Buttermesser?

Aus meiner Sicht ist es richtig, dass das Tatmittel Messer in Zukunft in der polizeilichen Kriminalitätsstatistik gesondert erfasst wird. So werden wir in Zukunft ein gesichertes Bild haben, anstatt auf der Basis von ungesicherten Information, Mutmaßungen und Ängsten zu agieren.

Natürlich werden sich BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN weiterhin allen Bestrebungen zur Lockerung des Waffenrechts entgegenstellen. Jede Waffe, die im Umlauf ist, stellt eine Bedrohung für die öffentliche Sicherheit dar, auch die in den Taschen von AfDMitgliedern. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

Herr Striegel, Herr Farle hat sich Wort gemeldet.

Ich höre erst einmal, was er zu sagen hat.

Herr Farle, Sie können intervenieren. Herr Striegel ist im Moment nicht bereit, zu antworten.

Der Mann weiß nicht, was er sagt. Ich verzichte.

Herr Farle verzichtet auf seine Frage oder Intervention.

(Zustimmung bei den GRÜNEN - Olaf Meis- ter, GRÜNE: Oh!)

Dann spricht jetzt für die CDU der Abg. Herr Schulenburg. Herr Schulenburg, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Tödliche Messerattacke, Entsetzen nach Messerattacke, Messerattacke im U-Bahnhof - wenn man allein auf Schlagzeilen in Berichterstattungen schaut, entsteht der Eindruck, unser Land sei nicht mehr sicher und ein freies Leben in unserem Land sei nicht mehr möglich. Diesen Eindruck versucht die AfD unseren Bürgern immer wieder zu vermitteln.

Erstaunlich ist aber, dass Sie jetzt von Eingriffen in die Freiheitsrechte der Bürger sprechen und eine Kriminalisierung Unschuldiger darstellen. Sie verkennen aber in Ihrem Antrag, dass der Staat aufgrund der Verfassung einen Schutzauftrag und eine Schutzpflicht hat.