Protocol of the Session on September 2, 2016

Doch gemeinsam ist allen Sonn- und Feiertagsschützern, dass wir in unserer Gesellschaft gemeinsame Ruhetage benötigen, dass der Sonntag und die Feiertage etwas Besonderes sind, dass Menschen keine Maschinen sind und so auch nicht behandelt werden dürfen.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Menschen, liebe Kolleginnen und Kollegen, müssen an dieser Stelle einfach vorgehen. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der LINKEN - Zustimmung bei der AfD)

Danke, Herr Höppner. - Bevor wir in der Debatte fortfahren, begrüßen wir ganz herzlich Damen und Herren des Nestor-Bildungsinstitutes Magdeburg auf unserer Tribüne.

(Beifall im ganzen Hause)

Dann würden wir zum Beitrag der Landesregierung kommen. Frau Ministerin, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Die Sonntage und die staatlich anerkannten Feiertage stehen als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung unter dem besonderen Schutz des Grundgesetzes, so unser Artikel 140 des Grundgesetzes, was auch mit Artikel 32 Abs. 5 unserer Landesverfassung im Einklang steht.

Das Ruhegebot an Sonn- und Feiertagen hat also seine Wurzeln nicht nur in der religiösen, sondern auch in der sozial-kulturellen Tradition der bundesdeutschen Gesellschaft. Dieses verfassungsrechtliche Gebot kommt sowohl im Sonn- und Feiertags- als auch im Ladenöffnungszeitgesetz des Landes als auch beim Vollzug bundesrechtlicher Arbeitsschutzvorschriften zum Ausdruck. Seine Beachtung ist gelebte Verwaltungspraxis, gerade in der Tätigkeit der Arbeitsschutzverwaltung.

Bei der Auslegung des Arbeitszeitgesetzes, bei der Beurteilung der zulässigen Beschäftigungsmöglichkeiten sowie bei der Genehmigung von Sonn- bzw. Feiertagsbeschäftigung wird die grundsätzliche Arbeitsruhe an Sonn- und Feier

tagen nicht nur als wichtig für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Beschäftigten angesehen, sondern auch dessen Bedeutung für Familien und für das gesamte soziale und gesellschaftliche Zusammenleben gewürdigt. Es wird darauf geachtet, dass diese Tage in ihrem Wesensgehalt als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erholung erhalten bleiben.

Dass die Landesregierung der verfassungsrechtlich geschützten Sonn- und Feiertagsruhe eine hohe Bedeutung beimisst, hat sie bereits in ihrer Antwort vom 8. August 2016 auf eine entsprechende Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE zur Sonn- und Feiertagsarbeit in Sachsen-Anhalt zum Ausdruck gebracht.

Die Ministerinnen und Minister, Senatorinnen und Senatoren für Arbeit und Soziales der Länder haben sich in den Jahren 2012 und 2013 im Rahmen der Arbeits- und Sozialministerkonferenzen intensiv mit einer einheitlichen Genehmigungspraxis zur Sonn- und Feiertagsarbeit beschäftigt und die entsprechenden Konzepte des Länderausschusses für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik - kurz LASI - als geeignete Maßnahmen angesehen, um den verfassungsrechtlichen Sonn- und Feiertagsschutz sowie die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Beschäftigten zu gewährleisten.

Einer dieser Grundsätze besagt - da kommen wir Ihrem Ansinnen bereits sehr nahe -, dass von den Arbeitsschutzverwaltungen der Länder grundsätzlich die Stellungnahmen vorhandener Betriebsräte zu allen beantragten Bewilligungen unter Berücksichtigung des Betriebsverfassungsgesetzes abzufordern sind, obwohl die Genehmigungstatbestände des Arbeitszeitgesetzes eine solche Beteiligung nicht vorsehen. So praktizieren wir das auch hier in Sachsen-Anhalt.

Gerade im Bereich des Arbeitszeitrechts wenden sich die betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer häufiger als bei anderen arbeitsschutzrechtlichen Missständen an die Arbeitsschutzverwaltung.

All diesen Beschwerden geht das zuständige Landesverwaltungsamt für Verbraucherschutz

nach, um eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten in den Unternehmen zu erreichen.

Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Sie sehen, dass der Sonn- und Feiertagsschutz in der Vollzugspraxis der Arbeitsschutzverwaltung bereits jetzt eine hervorgehobene Rolle einnimmt und entsprechend gewürdigt wird.

Durch entsprechende Genehmigungsverfahren und die Praxis der Arbeitsschutzverwaltung, allen Beschwerden von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern nachzugehen, sind aus der Sicht der

Landesregierung bereits jetzt sinnvolle Vorkehrungen zur Überwachung der Einhaltung des Arbeitszeitgesetzes in Sachsen-Anhalt getroffen.

Für die Landesregierung sind die Betriebsräte wesentliche Experten für Fragen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes in den Unternehmen. Deshalb werden sie im Regelfall bei allen Genehmigungsverfahren und Betriebsbesichtigungen der Arbeitsschutzverwaltung bereits einbezogen.

Gerne stellen wir Ihnen in diesem Zusammenhang das gesamte Verfahren und insbesondere die Einbindung der Sozialpartner und Kammern umfänglich im Sozialausschuss, wie im Alternativantrag der Koalitionsfraktionen gefordert, vor.

Wie schwer im Einzelfall die Abwägung zwischen arbeitsschutzrechtlichen und wirtschaftlichen Interessen fällt, zeigt das Beispiel einer großen Gewerkschaft, die sich kürzlich an mein Haus gewandt hat und für eine Genehmigung von Sonntagsarbeit zur Sicherung von Arbeitsplätzen geworben hat; auch dazu gern mehr im zuständigen Ausschuss.

Wir mussten im vergangenen Jahr aber auch erleben, wie ein bestreikter Postdienstleister seine Dienstleistungen auch mittels Sonntagsarbeit durch externe Beschäftigte aufrechterhielt. Dazu sage ich klar: Sonntagsarbeit darf keine rechtmäßigen Streikaktionen ad absurdum führen.

Meine Damen und Herren Abgeordneten! Selbstverständlich wird sich die Landesregierung keinem Dialog mit gesellschaftlichen Gruppen zum Thema Sonn- und Feiertagsarbeit verschließen.

Vertreter der Industrie- und Handelskammern, der Handwerkskammern, der Gewerkschaften und der Arbeitgeberverbände sind neben zahlreichen anderen Institutionen bereits Mitglieder im Landesarbeitskreis für Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz Sachsen-Anhalt. Dieses Gremium berät die jeweils für den Arbeitsschutz zuständigen Ministerinnen und Minister.

Soweit Fragen des Sonn- und Feiertagsschutzes zu diskutieren sind, kann ich mir selbstverständlich vorstellen, diese auch mit der Allianz für einen freien Sonntag Sachsen-Anhalt zu erörtern. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der SPD, bei der CDU und bei der LINKEN)

Danke, Frau Ministerin. - Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen. Dann können wir in die Debatte der Fraktionen einsteigen. Als Erster hat Herr Kolze für die Fraktion der CDU das Wort. Bitte sehr.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der vorliegende Antrag der Fraktion DIE LINKE zur Sonn- und Feiertagsarbeit weckt nicht wenige Emotionen, Emotionen unterschiedlich je nach politischem Standpunkt. Und dennoch sind die Unterschiede in diesem Hause nicht so gravierend, dass das Anliegen der Fraktion DIE LINKE nicht verständlich und unterstützenswert wäre. Warum die Koalitionsfraktionen dann dennoch einen Alternativantrag formuliert haben, werde ich Ihnen gleich erläutern.

Gerade ich als Christdemokrat stehe auf dem Standpunkt, dass es gelingen muss, Sonn- und Feiertage weitgehend frei von Arbeit zu gestalten und zu erhalten. Der Mensch braucht Erholungsphasen in einer Siebentagewoche und dies ist in der Regel des Arbeitsnehmeralltags das Wochenende mit dem freien Sonntag. Der Sonntag und der Feiertag sind besondere Tage, die christliche Wurzeln haben. Wir sollten uns als Gesellschaft an diese Wurzeln immer wieder neu erinnern.

(Zustimmung von Jens Diederichs, AfD)

Leider muss man konstatieren, dass immer weniger Menschen diesen christlich-abendländischen Bezug des Sonn- und Feiertages bewusst leben und verstehen. Ich füge hinzu: In einer freien Gesellschaft ist dies wohl auch nicht anders als zu tolerieren.

Ihnen von der Fraktion DIE LINKE geht es aber nicht allein um diese grundsätzlichen Fragen, die es wert wären, nicht nur in einer Fünfminutendebatte behandelt zu werden. Sie legen den Schwerpunkt auf die Frage, ob Anträge von Firmen und Unternehmen auf Ausnahmen vom Sonn- und Feiertagsgebot dadurch qualifiziert werden könnten, indem unabhängige Gutachter hinzugezogen werden, die den Behörden bei ihrer Entscheidung quasi fachlich beratend zur Seite stehen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dazu haben wir grundsätzlich keine Einwände zu machen. Wir sehen allerdings nicht die Notwendigkeit eines Schnellschusses im Plenum mit einer Vorfestlegung durch das Parlament, ohne dass dieses darüber hinreichend Informationen eingeholt hat. Deshalb möchten wir uns zuerst von der Landesregierung erläutern lassen, welche Gesichtspunkte bei der Hinzuziehung Externer zu beachten sind, damit eine begründete Ablehnung eines Antrages zustande kommen kann. Deshalb haben wir unseren Alternativantrag mit dem Berichterstattungsverlangen an die Landesregierung im Ausschuss gestellt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir zum Schluss eine persönliche Anmerkung, die die aktuelle Entwicklung in unserem

Land aufgreift. Ich wünsche mir manchmal mehr Beachtung für christliche Werte, nicht nur in dem vorliegenden Zusammenhang, sondern auch

dann, wenn die Menschen etwas von ihrer Freizeit dafür einsetzen müssen oder wenn es um gesellschaftliche Grundsatzfragen geht.

(Zustimmung bei der AfD)

Vielleicht bietet die aktuelle Lage in unserem Land die Möglichkeit, wieder verstärkt über unsere christlich-abendländischen Wurzeln nachzudenken. - Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und bei der AfD)

Für die Fraktion der AfD spricht nun der Abg. Herr Raue.

(Minister Holger Stahlknecht: Widerstand am Sonntag! - André Poggenburg, AfD: Patriotismus kennt keine Sonntage!)

Am Sonntag. - Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kollegen Abgeordnete! Sonntage und Feiertage sind Familientage, um den Beschäftigten die nötigen Frei- und Erholungszeiten und den Familien Zeiten der Gemeinsamkeit und der Entfaltung zu sichern. Dies entspricht dem familienpolitischen Leitbild der AfD.

(Zustimmung bei der AfD)

Eine weitere Aushöhlung schutzbedürftiger und schutzwürdiger Arbeitnehmerinteressen ist ein Angriff auf das Familienleben der Beschäftigten.

Gleichwohl ist es sinnvoll abzuwägen - dies geschieht in den Regelungen des Arbeitszeitgesetzes -, dass es einen Interessen- und Lastenausgleich zwischen den Unternehmen und den Beschäftigten gibt.

Ob alle verkaufsoffenen Sonntage unter wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Betrachtung wirklich von Bedeutung sind, ob bestimmte Callcenter-Dienste an Sonntagen tatsächlich unverzichtbar sind, dies müssen wir zum Wohle der Menschen regelmäßig prüfen.

Es ist auch richtig, die Einhaltung der von der Aufsichtsbehörde getroffenen Entscheidungen zur Flexibilisierung der Arbeitszeiten in den Unternehmen zu überprüfen. Fehlverhalten muss erkannt und geahndet werden, um Arbeitnehmer und Familien vor Sonn- und Feiertagsarbeit zu schützen, welche eben nicht im gesamtgesellschaftlichen Interesse liegt.

Gleichwohl bedeutet dies auch erhebliche personelle, bürokratische und finanzielle Mehraufwendungen bei den prüfenden Behörden und in den

auskunfts- und dokumentationspflichtigen Unternehmen.