Protocol of the Session on August 30, 2019

Ich finde es belustigend. Ja, ich finde es lustig und es macht Spaß, es auseinanderzunehmen und die falschen Prämissen zu entdecken, die dahinterstehen, und darüber zu sprechen. Aber dass man davon angewidert ist - da lassen Sie vielleicht eine gewisse - wie soll ich sagen? - Sachlichkeit vermissen, die jeder Abgeordnete aufbringen sollte.

Jetzt noch zur CDU. Herr Borgwardt, Mister Education - -

(Zurufe von der CDU: Borchert!)

(Zurufe von der CDU: Borchert!)

- Borchert, Entschuldigung, ich habe mich verhört. - Herr Borchert, der hier immer so als Mister Education auftritt, der absolute Oberlehrer. Ich finde es erst einmal gut, dass die CDU den Antrag in den Ausschuss überweisen will.

Natürlich scheuen Sie jetzt die Abstimmung. Sie wollen den Bürgern in Bad Lauchstädt, die wirklich aufgebracht sind, erklären, wir kümmern uns darum. Im Ausschuss werden Sie ihn eh nur erledigen. Aber wir sagen, es ist besser, wenn noch einmal im Ausschuss darüber gesprochen wird, als wenn er gleich totgemacht wird. Deshalb stimmen wir der Ausschussüberweisung zu.

(Beifall bei der AfD)

Was ich aber an Ihrer Rede kritisieren muss, ist: Woher nehmen Sie, dass wir die Lehrer kritisieren? - Das tun wir doch gar nicht. Wir sagen, wir wollen Lehrer ermutigen.

(Oliver Kirchner, AfD: Stärken!)

Wir wollen ihnen den Rücken stärken. Sie machen ihre Sache doch schon sehr gut, nur leider stehen sie heute oft hilflos da, und wir wollen Ihnen den Rücken stärken. Aber das ist doch keine Kritik. Also, man muss schon wirklich sehr böswillig missdeuten, um da eine Kritik an den Lehrern herauszulesen.

(Beifall bei der AfD)

Und glauben Sie nicht, Herr Lippmann und Herr Borchardt,

(Carsten Borchert, CDU: -chert!)

- Borchert - dass ich nicht weiß, was in unseren Schulen vorgeht. Denn als bildungspolitischer Sprecher der immerhin zweitgrößten Fraktion in diesem Haus bekomme ich natürlich Zuschriften

und Briefe von Lehrern, die im Berufsleben stehen. Das sind keine Lippmann-Fans,

(Heiterkeit bei der AfD)

aber sie geben mir recht und sagen: Ich habe Ihre Rede gehört; weiter so, Sie sprechen die Missstände an. - Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Es gibt keine weiteren Wortmeldungen. Wir sind am Ende der Debatte angelangt.

Es gibt einen Überweisungsantrag für den Antrag der Fraktion der AfD in der Drs. 7/4747. Wer für die Überweisung - ich denke mal, in den Bildungsausschuss; davon gehe ich aus - stimmt, den bitte ich um sein Kartenzeichen. - Das ist die AfD-Fraktion und das sind zögernd die Koalitionsfraktionen. Wer ist dagegen? - Die Fraktion DIE LINKE. Gibt es Stimmenthaltungen? - Offensichtlich nicht. Demzufolge ist der Antrag in der Drs. 7/4747 in den Bildungsausschuss überwiesen worden. Damit ist der Tagesordnungspunkt beendet.

Wir kommen zu dem

Tagesordnungspunkt 6

Beratung

Strukturwandel in der Automobil- und Zulieferindustrie gestalten.

Antrag Fraktion DIE LINKE - Drs. 7/4772

Alternativantrag Fraktionen CDU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drs. 7/4830

Einbringer dieses Antrages ist der Abg. Herr Höppner. Herr Höppner, Sie haben das Wort.

Danke, Herr Präsident. - Meine Damen und Herren! Neue und moderne Antriebsarten, Elektromobilität, Dieselkrise, autonomes Fahren und auch neue gesellschaftliche sowie umweltpolitische Anforderungen verändern die Automobilindustrie derzeit stark bzw. zwingen sie zum Umdenken und dazu, sich an die neuen Bedingungen bzw. Anforderungen anzupassen.

Die Autoindustrie ist auch und gerade in SachsenAnhalt ein äußerst wichtiger Arbeitgeber. Im Jahr 2017 waren ca. 820 000 Menschen in Deutschland in Firmen beschäftigt, die Autos oder Autoteile produzieren. In Sachsen-Anhalt haben wir zwar keine Automobilhersteller, aber ca. 260 Unternehmen mit rund 23 000 Beschäftigten in der

Automobilzulieferindustrie. Viele dieser Zulieferer haben ihren Sitz in der Altmark oder im Harz, also in den sogenannten strukturschwachen Regionen. Mancherorts stellen sie sogar die einzigen Industriearbeitsplätze vor Ort zur Verfügung.

Hinzu kommen unzählige weitere Dienstleister, zum Beispiel Ingenieurbüros, Handwerksbetriebe, Unternehmensberater oder Werbeagenturen, die ihr Geld mit Aufträgen von Firmen aus der Autoindustrie verdienen - insgesamt also eine Vielzahl unterschiedlichster Unternehmen.

Nennen muss man in diesem Zusammenhang auch die vielen Pendler aus der Altmark, der Börde und dem Harz in die VW-Werke und deren Niederlassungen nach Niedersachsen bzw. zu den dortigen Zulieferern. Ohne diese in wesentlichen Teilen sehr gut bezahlten und tarifgebundenen Arbeitsplätze hätten wir hier in SachsenAnhalt ein gewaltiges Problem.

Als einer der wichtigsten Wirtschaftszweige in Deutschland ist somit die Automobilindustrie auch für Sachsen-Anhalt hinsichtlich ihrer Wirtschaftskraft, der Beschäftigungswirkung und der innovativen Ausstrahlung auf andere Bereiche von sehr großer Bedeutung.

Im Jahr 2017 haben die drei großen deutschen Autokonzerne VW, Daimler und BMW weltweit 16,5 Millionen Fahrzeuge hergestellt - so viele wie nie zuvor. Für das Jahr 2018 melden Volkswagen, Daimler und BMW noch Absatzrekorde. Volkswagen zum Beispiel meldete weltweit mehr als 10,8 Millionen verkaufte Fahrzeuge und damit rund 1 % mehr als im Vorjahr.

Auffällig ist allerdings, dass die Zahl der in Deutschland produzierten Autos seit Jahren nicht mehr wächst. Die Hersteller haben ihre Produktion zunehmend ins Ausland verlagert. Diese Verlagerungstendenzen stellen ein Problem für unsere Zulieferer in Sachsen-Anhalt dar.

Seit Dezember 2018 gingen die Verkäufe bei VW ziemlich drastisch zurück. Die Hauptprobleme der deutschen Autoindustrie sind derzeit der Markt in China, der Markt in den USA und auch der Umstand, dass die großen Hersteller die Elektromobilität bzw. den Umstieg auf andere moderne Antriebsarten zum Teil verschlafen haben.

(Robert Farle, AfD: Es ist genau anders- herum!)

Die Branche befindet sich weltweit in einem tief greifenden Wandel, der auch für unsere Zulieferer in Sachsen-Anhalt nicht folgenlos bleiben wird oder ist. Neue Märkte haben an Bedeutung gewonnen, Produktionsprozesse und -ketten wurden umgestellt und Standorte im Ausland auf- und ausgebaut oder dorthin verlagert. Gleichzeitig sind sicher geglaubte Absatzmärkte eingebrochen und

Produktionen mussten umgestellt oder kurzfristig gedrosselt werden.

Neben diesem Wandel auf dem Weltmarkt mit den neuen großen potenziellen Käuferschichten in den wirtschaftlich aufstrebenden Schwellenländern sind es zurzeit vor allem die rasant fortschreitenden technologischen Entwicklungen und die energie- und klimapolitischen Erfordernisse, welche die Rahmenbedingungen der Branche grundlegend verändern. Es gilt, mit neuen Konzepten auf die veränderten Ansprüche der Menschen an Mobilität zu reagieren und diese in Einklang mit umwelt- und verkehrspolitischen Erfordernissen zu bringen.

Der Blick auf die Branche wird bei uns in erheblichem Ausmaß durch die herausgehobene Stellung der Volkswagen AG mit ihrem Sitz in Wolfsburg beeinflusst. Dies betrifft nicht nur die Anzahl der in der Metropolregion ansässigen Standorte und Beschäftigten dieses Industriezweigs, sondern auch die industriepolitischen Einflussmöglichkeiten.

Die Möglichkeiten und Ansätze industriepolitischer Initiativen aus bzw. in Sachsen-Anhalt sind im Gegensatz zu Niedersachsen natürlich vergleichsweise gering, da nur wenige Unternehmen der Branche zugehörig sind, aber sie sind durchaus vorhanden und auch in Zusammenarbeit mit den Nachbarbundesländern machbar.

Unsere Zulieferer haben logischerweise eine sehr enge Verbundenheit mit den Herstellern, sind aber zumeist nur ein abhängiges bis letztes Glied in der Kette. Die Abhängigkeiten sind groß und die Einflussmöglichkeiten sind relativ klein.

Häufig gibt es deshalb keine langfristige Planung bzw. wird diese überhaupt unmöglich gemacht. Dadurch fallen zum Teil viele Ad-hoc-Entscheidungen, die auf plötzlichen Kundenwünschen beruhen. Das führt zu weiteren Risiken.

Daneben spielen die Marktabsicherung, die damit einhergehende Verhinderung von Wettbewerbsaufbau durch den Kunden sowie die Steigerung der Kundenwahrnehmung durch die Verbesserung im Lieferantenranking eine wichtige und entscheidende Rolle bei der Frage, wo unsere Zulieferer stehen bzw. ob sie gute Zukunftsaussichten haben und sich auch schnell verändern bzw. anpassen können.

Ich habe schon erwähnt, dass die Struktur unserer Automobilzulieferer aus vielen Zweit- und Drittlieferanten und Dienstleistereinstufungen besteht. Bestätigt ist auch: Je größer ein Automobilzulieferer ist, desto wichtiger sind seine Internationalisierungsbestrebungen. Kleinere Zulieferer können das zumeist nicht leisten bzw. haben das auch gar nicht im Fokus.

Unsere Zulieferer haben seltener amerikanische oder asiatische Kunden. Die entsprechenden Projektvolumina sind ihnen meist zu hoch bzw. können nicht bewältigt werden. Sie haben zudem meist eine schwache Finanzausstattung und häufig keine ausgeprägte Finanzierungsstrategie.

Meine Damen und Herren! Die Zukunft des motorisierten Individualverkehrs ist relativ ungewiss. In den nächsten Jahren wird zwar mit hohen Absatzzahlen gerechnet und die deutschen Endhersteller verfügen hierbei über eine gute bis sehr gute Ausgangsposition. Welche Akteure und Produkte sich jedoch mittel- und langfristig durchsetzen können, das ist hinsichtlich der Entwicklung und des Baus effizienter Fahrzeuge, der Entwicklung alternativer Antriebe, nachhaltiger und integrierter Mobilitätskonzepte fraglich.

Es ist davon auszugehen, dass in einigen Jahren das Auto anders aussehen wird, anders angetrieben und anders genutzt werden wird, als dies heute der Fall ist. Auch unsere Zulieferunternehmen in Sachsen-Anhalt werden sich auf diese Veränderungen einstellen müssen. Die Mobilität von morgen ist deshalb natürlich ein großes Thema. Mobilität, meine Damen und Herren, ist übrigens kein Luxusgut, sondern ein elementares Bedürfnis der Menschen.

Neue Technologien ermöglichen es, die Fahrzeuge zu verbessern. Aber neue Technologien fallen nicht vom Himmel, sondern sind auch das Ergebnis sehr hoher Investitionen in Forschung und Entwicklung. An dieser Stelle können wir als Land für die Zulieferer unterstützend tätig werden.