Protocol of the Session on August 29, 2019

Wir steigen nun in das Abstimmungsverfahren zu b) ein. Ihnen liegt der Gesetzentwurf in

Drs. 7/4771 vor. Hierzu ist eine Überweisung angedacht. Das habe ich vernommen. Bitte noch einmal, auch für mich: An welchen Ausschuss soll der Gesetzentwurf überwiesen werden?

(Cornelia Lüddemann, GRÜNE: Finanzen und mitberatend Bildung!)

- Finanzausschuss und mitberatend Bildungsausschuss.

(Dr. Katja Pähle, SPD: Ja!)

- Federführend Finanzausschuss. Okay. Wer der Überweisung des Gesetzentwurfes zur federführenden Beratung an den Finanzausschuss und zur Mitberatung an den Bildungsausschuss zustimmt, den bitte ich jetzt um das Kartenzeichen. - Das sind die Fraktion DIE LINKE, die Koalitionsfraktionen, die AfD-Fraktion und alle drei fraktions

lose Mitglieder. Das müsste jetzt das gesamte Haus gewesen sein. Ich frage trotzdem: Gibt es Gegenstimmen? - Gibt es Stimmenthaltungen? - Das ist nicht der Fall. Damit ist der Überweisung einstimmig zugestimmt worden. Der Tagesordnungspunkt 23 ist erledigt.

Wir kommen nunmehr zum

Tagesordnungspunkt 20

Erste Beratung

Entwurf eines Teilhabestärkungsgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt

Gesetzentwurf Landesregierung - Drs. 7/4769

Einbringerin wird die Ministerin Frau GrimmBenne sein.

(Unruhe)

- Frau Ministerin, bevor ich Ihnen das Wort erteile, würde ich gern um etwas mehr Aufmerksamkeit und Ruhe bitten, damit wir zügig voranschreiten können. - Frau Ministerin, Sie haben jetzt das Wort, bitte.

Herzlichen Dank, Frau Präsidentin. - Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Mit dem eher technisch anmutenden Teilhabestärkungsgesetz soll ein weiterer notwendiger Schritt zur Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes in Sachsen-Anhalt gegangen werden.

Die Länder sind insbesondere gehalten, durch eine landesrechtliche Bestimmung zu regeln, wer ab dem 1. Januar 2020 die Trägerschaft für die Eingliederungshilfe in Bezug auf die Neufassung des Sozialgesetzbuches IX innehat.

Im Rahmen der Ausführung des Bundesteilhabegesetzes sind die Länder auch dazu ermächtigt, durch Landesrecht Regelungen zu folgenden Gegenständen zu treffen: die Benennung der Voraussetzungen für die Zulassung weiterer Einrichtungen der Frühförderung, das Budget für Arbeit, die Benennung der maßgeblichen Interessenvertretung für Menschen mit Behinderungen, die Einrichtung einer Arbeitsgemeinschaft zur Förderung und Weiterentwicklung der Strukturen in der Eingliederungshilfe und die Schaffung einer Rechtsgrundlage für nicht anlassbezogene Prüfungen der Qualität und Wirtschaftlichkeit von Leistungserbringern in der Eingliederungs- und der Sozialhilfe.

Meine Damen und Herren Abgeordneten! Wir wollen die Möglichkeiten, die uns der Bundesgesetzgeber an die Hand gegeben hat, nutzen, um

mit dem vorliegenden Gesetzentwurf insbesondere Folgendes zu regeln:

Wir wollen die Bestimmung des zuständigen Trägers der Eingliederungshilfe ablösen und die Heranziehung der Landkreise und kreisfreien Städte zur ganzheitlichen Einzelfallbearbeitung in das Ausführungsgesetz zum SGB IX übernehmen.

Wir wollen eine Arbeitsgemeinschaft zur Förderung und Weiterentwicklung der Strukturen der Eingliederungshilfe im Sinne von § 94 Abs. 4 SGB IX schaffen.

Wir wollen den Landesbehindertenbeirat im Sinne des Behindertengleichstellungsgesetz SachsenAnhalt als maßgebliche Interessenvertretung der Menschen mit Behinderungen benennen.

Wir wollen anlasslose Wirtschaftlichkeits- und Qualitätsprüfungen von Leistungserbringern in der Eingliederungs- und Sozialhilfe zulassen und dafür entsprechende Verordnungsermächtigungen schaffen.

Gemeinsam mit der kommunalen Ebene wurde in einer Arbeitsgruppe der mit der Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes durch die Sozialämter der Landkreise und kreisfreien Städte verbundene Mehraufwand ermittelt. Die bei den herangezogenen Gebietskörperschaften festgestellten Mehrbedarfe umfassen insgesamt 18,06 sogenannte Vollzeitäquivalente. Ein Ausgleich dieses Mehraufwands ist im Gesetzentwurf vorgesehen.

Die Sozialämter werden sich bei der Feststellung der Teilhabeeinschränkungen, der Wünsche und Teilhabeziele unserer Mitbürgerinnen und Mitbürger und bei der Feststellung der notwendigen Leistungen noch stärker engagieren. Dabei werden sie eng von der Sozialagentur und von meinem Haus begleitet.

Meine Damen und Herren Abgeordneten! Mit dem Entwurf des Teilhabestärkungsgesetzes wird ein weiterer wichtiger Schritt zur Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes und zur Weiterentwicklung der Strukturen der Eingliederungshilfe in Sachsen-Anhalt unternommen.

Ich bin sehr stolz darauf, dass wir vor 14 Tagen den neuen Rahmenvertrag hinsichtlich der Eingliederungshilfe bereits mit Wirkung zum 1. Januar 2020 abschließen konnten. Damit sind die Neugestaltung der Leistung der Eingliederungshilfe mit der seit Langem geforderten Personenzentrierung verwirklicht und die Teilhabe in allen Lebensbereichen auf eine neue Stufe gehoben worden.

Ich möchte noch etwa eine Minute Ihrer wertvollen Zeit zur Einbringung nutzen. Wir haben zurzeit 27 000 Menschen in diesem Lande über die Sozialagentur angeschrieben und sie auf auf die neuen rechtlichen Regelungen aufmerksam ge

macht. Davon befinden sich 9 000 Menschen mit Behinderungen in stationären Einrichtungen. Auch dort wird es einen Teilhabeplan geben.

Ich war in der letzten Woche bei der Sozialagentur. Dort gibt es hoch motivierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die gemeinsam mit den jeweiligen Sozialämtern sowohl die gesetzlichen Betreuer als auch die Betreuungsvereine schulen werden, damit tatsächlich jedem die Möglichkeit gegeben wird, seine Ansprüche, die er nach dem Bundesteilhabegesetz hat, nacheinander zu verwirklichen und möglicherweise auch Ängste auszuräumen.

Denn das hört sich erst einmal ziemlich technisch an. Es geht dabei zum einen um den Bereich Eingliederungshilfe und zum anderen um den Bereich des persönlichen Wohnens. Das ist zweigeteilt. Es geht darum, dass man diesbezüglich die Angst verliert, damit das in Angriff genommen werden kann.

Ich hoffe, dass das Gesetzgebungsverfahren zügig durchgeführt wird; denn der 1. Januar 2020 ist uns bundesgesetzlich vorgegeben. - Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Ministerin. Da Sie so schnell gesprochen haben, haben Sie etwas Zeit aufgeholt. - Danke schön.

Wir steigen nun in die Debatte mit einer Redezeit von drei Minuten je Fraktion ein. Der erste Redner ist der Abg. Herr Kirchner für die AfD-Fraktion. Sie haben das Wort. Bitte.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Werte Abgeordnete! Hohes Haus! Menschen mit Einschränkungen und Behinderungen sind ein vollkommen gleichwertiger Teil dieser Gesellschaft, dem immer unsere Zuwendungen und unsere Hilfe zuteilwerden sollte.

Das Gesetz zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen ist die in ein Gesetz gegossene Zuwendung und Hilfe, von der ich gerade sprach. Hierzu werden Leistungen der Eingliederungshilfe als Teil zur selbstbestimmten Lebensführung für Menschen mit Behinderungen zur Rehabilitation und Teilhabe überführt. Das ist absolut unterstützenswert.

Auch dass im Rahmen des Bundesteilhabegesetzes die Länder ermächtigt sind, eigenständig bestimmte Regelungen zu treffen, erleichtert die Umsetzung dieses Gesetzes.

Die Einrichtung einer Arbeitsgemeinschaft zur Förderung und Weiterentwicklung der Strukturen

der Eingliederungshilfe ist zu begrüßen. Mit der Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes und der überführten Eingliederungshilfe bekommt die landesweite Steuerung der Leistungsgewährung eine stärkere Bedeutung als bislang.

Die Trennung der Fachleistungen bei der Eingliederungshilfe von den existenzsichernden Leistungen für den Lebensunterhalt und die Unterkunft war ein weiterer Schritt in die richtige Richtung.

Das Land als Träger der Eingliederungshilfe wird auf Dauer festgeschrieben. Die ganzheitliche Einzelfallbewertung in der Eingliederungshilfe durch die Sozialämter in den Landkreisen und kreisfreien Städten hat sich bewährt und soll fortgeschrieben werden.

Der Umfang der Mehraufwendungen aufgrund der Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes wurde gemeinsam mit allen Landkreisen und kreisfreien Städten abgesprochen und ermittelt. Ein signifikanter zusätzlicher Mehrbedarf beim Personal besteht bei den Fällen, bei denen bisher die Durchführung des Gesamtplanverfahrens nicht vorgesehen war.

Alles in allem ist das zwar eine kostenintensive Umsetzung. Aber ich glaube, bei allem, was wir sonst so in diesen Parlamenten beschließen, ist die Umsetzung dieses Gesetzes zu unterstützen, um Menschen mit Behinderungen ein sorgenfreieres Leben zu ermöglichen. - Ich bedanke mich für Ihre geschätzte Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank, Herr Kirchner. Auch Sie haben wieder dazu beigetragen, dass der deutliche zeitliche Verzug etwas geringer wird. Danke. - Der nächste Debattenredner ist für die CDU-Fraktion der Abg. Herr Krull. Sie haben das Wort. Bitte.

Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes in Gänze sowie die Umsetzung der Regelungen in der Landesgesetzgebung waren bereits mehrfach Thema hier im Hohen Hause.

Meine Fraktion steht weiter hinter dem Ansatz des Gesetzes, die Lebensbedingungen der Menschen mit Behinderungen zu verbessern und deren Selbstbestimmung zu stärken und fortzuentwickeln. Damit wurde auch die UN-Behindertenrechtskonvention in deutsches Recht übernommen.

Das Bundesteilhabegesetz tritt in verschiedenen Stufen in Kraft. Dabei wurde den Landesgesetzgebern, also auch uns als Landtag von Sachsen

Anhalt, die Möglichkeit eröffnet, in bestimmten Bereichen eigene Regelungen zu treffen. Durch die Ministerin wurden hierzu schon umfängliche Ausführungen gemacht. Deswegen nenne ich nur ganz kurz folgende Punkte: die Zulassung zusätzlicher Einrichtungen der Frühförderung, die Regelung zum Budget der Arbeit und damit die Verbesserung der Möglichkeiten für behinderte Menschen, einen Arbeitsplatz auf dem ersten Arbeitsmarkt zu finden, die Schaffung von Möglichkeiten der anlasslosen Prüfung der Qualität und Wirtschaftlichkeit bei den Leistungserbringern und schlussendlich die Benennung einer maßgeblichen Interessenvertretung, in unserem Fall des Landesbehindertenbeirates.