Protocol of the Session on June 19, 2019

(Ministerin Prof. Dr. Claudia Dalbert hält ein Schriftstück hoch)

Mit diesem Konzept ist ein Meilenstein gesetzt worden zur Erreichung des im Koalitionsvertrag vereinbarten Klimaschutzziels von 31,3 Millionen t CO2-Äquivalenten für das Jahr 2020. Zur Erreichung dieses Ziels muss nach derzeitiger Erkenntnis etwa ein Delta von 1,8 Millionen t CO2Äquivalenten geschlossen werden.

Das KEK enthält 72 Maßnahmen mit einem Gesamtwert von 2,15 Millionen t Einsparungen an CO2-Ausstoß. Insgesamt wurden also mehr Maßnahmen definiert, als zur Zielerreichung im Jahr 2020 erforderlich sind. Dies eröffnet hinsichtlich der Umsetzung einen gewissen Spielraum. Klar aber ist, dass wir uns als Landesregierung verpflichtet haben, den Koalitionsvertrag einzuhalten und die Treibhausgasemissionen auf 31,3 Millionen t CO2-Äquivalente im nächsten Jahr zu reduzieren.

Mit dem KEK erfolgte in Sachsen-Anhalt erstmals eine zusammenhängende Betrachtung von Klimaschutz auf der einen Seite und der Energiewende auf der anderen Seite. Das ist wichtig, um die eben genannte Lücke zu schließen. Deshalb müssen wir sofort und mit Nachdruck an die Umsetzung des KEK herangehen.

Das KEK umfasst 21 Strategien und 72 Maßnahmen in fünf Handlungsfeldern. Das sind die Energiewirtschaft, die Gebäude, der Verkehr, der Bereich Industrie und Wirtschaft sowie der Bereich Land- und Forstwirtschaft, Landnutzung und Ernährung. Für 38 Maßnahmen konnten die Einsparungen an Treibhausgasen und die Kosten konkret berechnet werden.

Mir war es ein besonderes Anliegen, beim KEK einen fundierten inhaltlichen Diskurs zu führen, der breit angelegtes Wissen nutzt und die Erfahrungen vieler aufgreift. Die Erarbeitung des KEK erfolgte gemeinsam mit den betroffenen Ressorts. Die Wissenschaft, die Kammern, die Verbände und die Verbraucherzentrale wurden einbezogen. Auch die Öffentlichkeit konnte Stellung nehmen und natürlich wurden die Landtagsausschüsse regelmäßig informiert. Mit allen Beteiligten und Akteuren wurde offen und konstruktiv zusammengearbeitet; denn nur das schafft Vertrauen und nur das schafft die Bereitschaft, voneinander zu lernen. So konnte ein Katalog möglicher Klimaschutzmaßnahmen für Sachsen-Anhalt erarbeitet werden, in dem sich die Vorschläge und die Hinweise verschiedenster gesellschaftlicher Akteure wiederfinden.

Das KEK ist zwar in erster Linie Klima- und Energiepolitik, aber es ging meinem Haus auch um grundsätzlich demokratische Prozesse. So wurden die im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung eingebrachten Ideen, Einwendungen und Änderungswünsche der Bürger und Bürgerinnen in die Endfassung des KEK ungefiltert in Form von Infoboxen aufgenommen. Dadurch gibt es im Konzept natürlich auch kritische Anmerkungen.

Zur weiteren Unterstützung der Umsetzung des Konzeptes wurde ein unabhängiger wissenschaftlicher Beirat eingerichtet. Der Beirat wird von Prof. Reimund Schwarze geleitet, das ist der Leiter der Abteilung Klimaökonomie am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung. Natürlich werden wir als Landesregierung auch bei der Umsetzung des KEK die Fachausschüsse des Landtages einbeziehen, meine Damen und Herren.

Was sind nun die Ergebnisse? - Für die fünf Handlungsfelder des KEK wurden die Maßnahmen mit dem größten Potenzial zur Einsparung von Treibhausgasen und dem besten KostenNutzen-Verhältnis, also die effizientesten Maßnahmen, von den Expertinnen und Experten in den Facharbeitsgruppen ermittelt. Die Umsetzung der einzelnen Maßnahmen des KEK wird in jeweils eigener Ressortzuständigkeit erfolgen und von einem Monitoring begleitet. Die im KEK in Bezug auf die Reduzierung der Treibhausgasemissionen ausgewiesenen Potenziale verdeutlichen: Unser Klimaschutzziel für das Jahr 2020 ist keine Utopie.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LIN- KEN)

Die Parameter Einsparung und Kosten wurden im KEK je Handlungsfeld in eine Tabelle sowohl für das Jahr 2020 wie auch für das Jahr 2030 ins Verhältnis gesetzt. Dadurch können die wichtigsten Maßnahmen, bei denen Treibhausgaseinsparungen und Kosten langfristig in einem güns

tigen Verhältnis stehen, unmittelbar ermittelt werden.

Es ist Aufgabe der Ressorts, die Maßnahmen zu definieren, die neben einem günstigen Verhältnis von Einsparpotenzialen und Kosten eben auch schnell realisiert werden können. Das bedeutet, dass neben der Vorsorge im Haushalt auch alle anderen Planungen und Vorbereitungen schnellstmöglich von allen Ressorts umgesetzt werden müssen. Exemplarisch möchte ich für jeden Bereich die Maßnahmen mit einem langfristig günstigen Einspar- und Kostenverhältnis aus den einzelnen Handlungsfeldern des KEK darstellen.

Im Handlungsfeld Energiewirtschaft ist dies der Ausbau der Windenergie sowie der Fotovoltaik auf nicht landwirtschaftlichen Freiflächen. Mit beiden Maßnahmen zusammen können 350 000 t CO2-Äquivalente pro Jahr eingespart werden. Sowohl der Ausbau der Windenergie wie auch der Ausbau der Fotovoltaik sind eng mit der Verfügbarkeit entsprechender Flächen verknüpft. Für den Ausbau der Fotovoltaik sind insbesondere Konversionsflächen interessant. Hierbei denke ich eben auch an Flächen in der Braunkohleregion, die wir dazu nutzen können. Beim Ausbau der Windenergie geht es vor allen Dingen um das Repowering. Dazu brauchen wir zusätzliche Vorranggebiete, meine Damen und Herren.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Im Gebäudebereich ist ganz klar der Ausbau der Fotovoltaik auf Dachflächen die Maßnahme mit dem langfristig besten Kosten-Nutzen-Verhältnis. Hierbei ist uns die Nutzung von Mieterstrommodellen wichtig, damit auch die Mieter und Mieterinnen an der Energiewende teilhaben können.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Mit diesen Maßnahmen könnten wir 123 000 t CO2-Äquivalente pro Jahr einsparen.

Kommen wir zum Verkehr. Im Verkehrsbereich sieht es schwierig aus. Das Verhältnis von Kosten und Einsparpotenzial ist eher ungünstig. Die Maßnahmen mit einem hohen Einsparpotenzial sind die Elektromobilität für Pkw und Nutzfahrzeuge sowie die Verlagerung des Alltagsverkehrs weg vom Pkw hin zum öffentlichen Verkehr. Beide Maßnahmen zusammen haben ein Einsparpotenzial von 25 000 t CO2-Äquivalente pro Jahr. Aber bei beiden Maßnahmen handelt es sich um sehr kostenintensive Maßnahmen.

Innerhalb des Handlungsfeldes Industrie und Wirtschaft konnten lediglich vier Maßnahmen bezüglich ihres langfristigen Kosten-Nutzen-Verhältnisses bewertet werden. Die Steigerung der Nutzung industrieller und gewerblicher Abwärme ist eine

Maßnahme mit einem besonders guten KostenNutzen-Potenzial. Die Abwärme wäre sofort und direkt nutzbar. Hiermit könnten rund 160 000 t CO2-Äquivalente pro Jahr eingespart werden.

Die zweitbeste Maßnahme ist die grüne Informations- und Kommunikationstechnologie. Auch hierdurch könnten rund 160 000 t CO2-Äquivalente pro Jahr eingespart werden.

Kommen wir zum Bereich Land- und Forstwirtschaft sowie Ernährung. Hier ist die Sicherung produktiver und klimastabiler Wälder die effizienteste Maßnahme. Die sturmgeschädigten Bestände im Land zeigen deutlich die Notwendigkeit hierzu auf. Hiermit können rund 384 000 t CO2Äquivalente pro Jahr eingespart werden.

Auch die Förderung nachwachsender holzartiger Rohstoffe sowie die Erhaltung von Dauergrünland sind Maßnahmen mit einem günstigen KostenNutzen-Verhältnis. Mit diesen beiden Maßnahmen können rund 380 000 t CO2-Äquivalente pro Jahr eingespart werden.

Bereits jetzt fördern wir, wie Sie wissen, die naturnahe Waldbewirtschaftung und den Waldumbau. Die Förderung nachwachsender holzartiger Rohstoffe ist ein Bestandteil unseres Leuchtturmprojektes, das wir für die Kohleregion angemeldet haben, nämlich der Innovationshub Holzwirtschaft. Die Erhaltung von Dauergrünland ist ein Teil der Vorgaben der EU, die durch ihre Förderpolitik an dieser Stelle auch unsere Klimaziele unterstützt.

Im KEK finden Sie auch die 34 Maßnahmenvorschläge, die erkennbar sinnvoll sind, aber im Hinblick auf ihre Einsparpotenziale nicht oder noch nicht berechnet werden konnten. Dies sind zum Beispiel die Bürgerbeteiligung und die Teilhabe beim Ausbau der erneuerbaren Energien oder die Stärkung des Bauens und Sanierens mit ökologischen Baustoffen oder auch die Reduzierung von Nahrungsmittelverschwendung.

Die Landesregierung hat im KEK Maßnahmen vorgelegt, die wirken können. Jetzt sind die verantwortlichen Minister und Ministerinnen am Zug, um die von ihnen selbst vorgeschlagenen Maßnahmen rasch umzusetzen.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Im Bewusstsein der Verantwortung für die Menschen, die hier leben und arbeiten, sowie für die nachfolgenden Generationen wird die Landesregierung zügig mit der Umsetzung der Maßnahmen beginnen bzw. bei bereits begonnenen Maßnahmen die Aktivitäten verstärken.

Auch wenn es einige hier im Hohen Haus noch immer nicht glauben wollen:

(Robert Farle, AfD: Das ist auch falsch! Das ist alles falsch!)

Wir sind die erste Generation, die die Klimakrise richtig spürt und - das ist entscheidend - die letzte, die sie noch verhindern kann.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Unsere Generation hat die Klimafrage in der Hand,

(Daniel Roi, AfD: Zu welchen Kosten?)

und jeder Einzelne muss dafür sorgen, dass unsere Enkel eine lebenswerte Welt vorfinden, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Es gibt eine Frage, und zwar von Herrn Loth. Die Meldung liegt schon relativ lange vor, nichtsdestotrotz hat er jetzt das Wort.

Wunderbar.

Danke schön. - In der Presse war zu lesen, dass der Landeshaushalt für die kommenden Jahre etwas überstrapaziert ist und dass alle gucken mussten, wo man sparen kann. Weiterhin war zu lesen, dass im Landeshaushalt für viele Maßnahmen noch kein Geld vorgesehen wurde. Meine Frage ist: Ist denn genug Geld da, um die Vorschläge, die Sie gemacht haben, umzusetzen, zumindest die 38?

Danke für diese Frage, Herr Loth, die wirklich sehr gut zu der Debatte passt. Ich will zwei Antworten geben. Bei der einen könnte ich jetzt mit einem Zitat des Wirtschaftsministers in einem anderen Zusammenhang anfangen: Nicht alles, was in der Zeitung steht, stimmt immer zu 100 %, und manches ist auch nicht so ganz verständlich.

Das heißt, wir haben eine Reihe von Maßnahmen, die wir hier im KEK haben. Manche wird man neu einführen müssen. Darüber wird dann in den Haushaltsberatungen zu verhandeln sein. Es gibt andere Maßnahmen, die wir schon umsetzen; nicht alles ist neu. Für diese ist auch Geld eingestellt worden.

Ich will Ihnen einmal aus meinem Ressort zweite Beispiele geben. Wir haben den Waldumbau, darüber haben wir schon oft diskutiert, auch hier im Hohen Haus. Da haben wir, glaube ich, noch

8 Millionen € im Topf. Wir haben gerade eine Erleichterung bei der Förderung auf den Weg gebracht - das geschah unter Einbeziehung des MF und des Landesrechnungshofes, die das mitzeichnen müssen -, mit der wir einen besseren Mittelabfluss erreichen wollen und letztlich mehr mehrschichtige Mischwälder produzieren wollen, indem wir zwei wesentliche Restriktionen aufheben.

Zum einen haben wir die Sätze erhöht, weil durch die Sturmschäden - ich sage es einmal salopp - natürlich alles teurer geworden ist. Insofern waren die Sätze, die darin waren, nicht mehr attraktiv. Wir haben die Sätze erhöht; das konnten wir dadurch.

Es war eine eigentlich sinnvolle Restriktion darin, nämlich dass man nur zertifiziertes regionales Saatgut verwenden kann. Das ist wissenschaftlich alles top, wird aber dann zum Problem, wenn zertifiziertes regionales Saatgut nicht zur Verfügung steht. Ich habe eben über die Stürme berichtet. Insofern haben wir da in einzelnen Bereichen Probleme. Das haben wir geändert und sagen jetzt, es müssen standortspezifische Baumarten sein.

Also, die eigentlich wissenschaftlich sinnvolle Begrenzung auf das zertifizierte lokale Saatgut haben wir herausgenommen, weil das im Augenblick einfach eine utopische Forderung ist. Damit bauen wir nur Hürden auf: Man müsste das dann ausschreiben und ein Angebot finden usw. Das ist also nicht gut. Das ist also eine Sache, wo wir das, was wir schon haben und wofür wir auch Geld haben, schon machen, aber dafür sorgen müssen, dass es besser abfließt und besser umgesetzt wird, eben zugunsten unseres Klimas.

Zum anderen haben wir zum Beispiel eine Förderrichtlinie - sie wird vermutlich noch im Laufe dieses Monats vom MF und vom Landesrechnungshof zurückkommen und wird dann angefordert werden können -, mit der wir Fotovoltaik fördern. Ich habe es gesagt - das war die dritte Maßnahme, die ich genannt habe -: Fotovoltaik auf dem Dach. Wir wollen es fördern, wenn man Fotovoltaik auf dem Dach und den Speicher im Keller installiert, also in dieser Kombination. Dafür haben wir dann eine Förderrichtlinie, mit der wir das mit einem gewissen Fördermaß initiieren können. Das steht schon im Haushaltsplan.

(Guido Heuer, CDU: Gestaltungshaushalt!)

Insofern ist das ganz unterschiedlich.

Wir haben als Nächstes eine Frage von Herrn Scheurell. Bevor er sie stellt, habe ich sozusagen eine Anregung. Wir werden nicht in das gesamte Klimapaket heute hier im Landtag vor der Mittags