Protocol of the Session on June 19, 2019

Vielen Dank, Frau Ministerin Grimm-Benne. Ich sehe keine weiteren Nachfragen. - Jetzt schaue ich in die Reihen der SPD: Gibt es von Ihnen noch eine weitere Frage? - Nein. - Dann schaue ich in die Reihen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Haben Sie noch eine Frage? - Auch nicht.

Ich kann Ihnen sagen, dass wir noch acht Minuten und elf Sekunden bzw. jetzt fast noch acht Sekunden haben. Wenn es keine weiteren Fragen

gibt - mir liegen für den zweiten Teil des Tagesordnungspunktes keine Wünsche bezüglich der Beantwortung von Kleinen Anfragen vor -, würde ich die Befragung der Landesregierung damit beenden.

Wir steigen sodann in den nächsten Tagesordnungspunkt ein. Zuvor werden wir hier vorn aber noch einen kleinen Wechsel vornehmen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zwischen uns und der Mittagspause liegt noch ein Tagesordnungspunkt.

Dies ist der

Tagesordnungspunkt 3

a) Regierungserklärung der Ministerin für Um

welt, Landwirtschaft und Energie Frau Prof. Dr. Dalbert zum Thema: „Klimaschutz konkret! So erreichen wir unsere Ziele“

b) Erste Beratung

Menschengemachten Klimawandel anerkennen - Treibhausgase drastisch reduzieren

Antrag Fraktion DIE LINKE - Drs. 7/4494

c) Aussprache

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zu a) erteile ich Frau Ministerin Prof. Dr. Dalbert das Wort. Sie haben das Wort.

Danke, Herr Präsident. - Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich sehr, dass sich der Landtag heute einer der größten Herausforderungen der Menschheit widmet.

Die Klimakrise und die daraus resultierenden Folgen werden das Leben auf der Erde verändern. Ich sehe uns in der Verantwortung, alles zu tun, um unseren Enkelkindern einen lebenswerten Planeten zu hinterlassen.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und von Silke Schindler, SPD)

Die Entwicklung des Weltklimas spricht eine deutliche Sprache und sie mahnt uns alle, beim Klimaschutz ambitioniert zu handeln. 17 der 18 global wärmsten jemals gemessenen Jahre traten in diesem Jahrhundert auf. Im Oktober letzten Jah

 Auf der Grundlage des § 45 Abs. 4 GO.LT i. V. m. Nr. 7 des

Beschlusses des Ältestenrates in der Drs. 7/2896 werden die Fragen 1 bis 20 und die dazugehörige Antworten zu Protokoll gegeben.

res haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Weltklimarates IPCC einen alarmierenden Sonderbericht veröffentlicht. Darin wird das weltweit verbleibende CO2-Budget mit 420 Gigatonnen angegeben, wenn die Erderwärmung auf 1,5 °C gegenüber dem vorindustriellen Level begrenzt werden soll. Bei einem gleichbleibenden Ausstoß von Treibhausgasen wäre dieses Budget schon in etwa zehn Jahren aufgebraucht.

Bei einer Überschreitung der 1,5-Grad-Marke steigt die Gefahr unumkehrbarer Auswirkungen auf die Ökosysteme deutlich an. Beispielsweise würde sich der Anstieg des Meeresspiegels erheblich erhöhen und so auch in Deutschland die Küstenregionen gefährden. Wissenschaftler gehen davon aus, dass schon durch die Erwärmung von einem weiteren halben Grad Celsius der Meeresspiegel um weitere 15 cm steigen würde. Hinzu kämen weitere extreme Wetterereignisse. Dürren, Überschwemmungen und Stürme würden bei einem Temperaturanstieg um 1,5 °C deutlich seltener auftreten als bei einer Erwärmung um 2 °C. Das heißt, die Begrenzung des Temperaturanstiegs schützt vor Ernteausfällen und rettet Menschenleben.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zustimmung von Silke Schindler, SPD)

Um die menschengemachte globale Erwärmung aufhalten zu können, müssen die weltweiten Treibhausgasemissionen ab sofort deutlich vermindert und langfristig völlig vermieden werden.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zustimmung von Kerstin Eisenreich, DIE LINKE)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die kommenden Jahre sind diesbezüglich die wichtigsten Jahre der Menschheitsgeschichte.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zustimmung von Kerstin Eisenreich, DIE LINKE - Robert Far- le, AfD: Völliger Blödsinn!)

Auch in Deutschland sind die Auswirkungen der Klimakrise bereits deutlich spürbar. So war das Jahr 2018 in Deutschland mit im Mittel 10,5 °C das wärmste Jahr seit dem Beginn der Wetteraufzeichnungen im Jahr 1881. Seit 1881 ist die Jahresdurchschnittstemperatur in Deutschland bereits um 1,5 °C gestiegen. Die Winterniederschläge haben zugenommen und es ist vermehrt mit Extremwetterereignissen wie Starkniederschlägen, Überschwemmungen, Hitzeperioden, Trockenheit und Waldbränden zu rechnen.

(Robert Farle, AfD: Hat es schon immer gegeben!)

Auch bei uns im Land ist der Klimawandel längst angekommen. Auch bei uns ist die Jahresdurchschnittstemperatur seit dem Beginn der Temperaturaufzeichnungen im Jahr 1881 bereits um

1,5 °C gestiegen. Und, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, 2018 war zwar nur ein Jahr, aber es ist ein Jahr, das symbolisch für die globale Klimakrise steht, die in unserem Bundesland besonders sichtbar wurde.

In Sachsen-Anhalt wurde 2018 ein neuer Allzeitnegativrekord mit nur 360 mm Jahresniederschlag erreicht. Das waren nur zwei Drittel des langjährigen Mittels von 550 mm. Das ist bei uns in Sachsen-Anhalt besonders fatal, weil wir ohnehin das trockenste Bundesland der Bundesrepublik Deutschland sind. Wenn Trockenphasen hinzukommen, dann ist das besonders fatal.

In der Forstwirtschaft wird mit einem Ausfall der Aufforstungen von ca. 1 800 ha gerechnet. Als Folge der beispiellosen Serie von Stürmen, der Trockenheit, des Schädlingsbefalls und der Waldbrände kalkulieren wir insgesamt mit 3,5 Millionen Festmetern Schadholz. Das ist mehr als der Einschlag in einem normalen Jahr. Die Schäden in den Forsten sind größer als ein Jahresertrag.

In der Landwirtschaft gab es laut dem Statistischen Landesamt im Jahr 2018 Ernteeinbußen beim Getreide von 26,7 % und beim Winterraps von 29,6 %. Beim Roggen betrug der Rückgang sogar mehr als 50 %. Sie wissen, dass das Land Sachsen-Anhalt zusammen mit dem Bund 60 Millionen € für Dürrehilfen bereitgestellt hat. Dazu sind 751 Anträge eingegangen.

Die Dürre im Jahr 2018 hat uns erneut gezeigt, dass das Risiko- und Krisenmanagement sowie die Klimaanpassungsstrategien zentrale Aufgaben unserer land- und forstwirtschaftlichen Unternehmen sind. Zentral ist aber auch, dass wir gemeinsam alles tun, damit sich die Situation nicht noch verschärft, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Weltweit und regional sind die Folgen des Klimawandels und der Klimakrise spürbar. Die damit einhergehenden Gefahren für unsere Zivilisation sind mit den Händen zu greifen. Es ist für mich persönlich daher sehr enttäuschend, dass die Bundesrepublik Deutschland das Klimaschutzziel einer 40-prozentigen Reduzierung der Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2020 im Vergleich zum Basisjahr 1990 verfehlen wird. Die Bundesregierung muss nun die notwendigen und verbindlichen Rahmenbedingungen für die Erreichung der nationalen Klimaschutzziele nach dem Jahr 2020 schaffen.

Das Verfehlen der Klimaziele durch die Bundesregierung wird sich zukünftig auch finanziell schmerzlich bemerkbar machen. Die Nichteinhaltung der nationalen Verpflichtungen auf der EU-Ebene für die nicht dem Emissionshandel unterliegenden Sektoren, also Verkehr, Gebäude und Landwirtschaft, macht den Zukauf von Emis

sionsrechten von den anderen EU-Mitgliedstaaten notwendig. Nach unabhängigen Schätzungen belaufen sich die Kosten dafür im nächsten Jahr im Bundeshaushalt auf etwa 2 Milliarden € und für die Jahre 2021 bis 2030 liegt die Schätzungen zwischen 30 und 60 Milliarden €. Dazu sage ich sehr klar: Diese Mittel scheinen mir, auch rein volkswirtschaftlich betrachtet, für Maßnahmen zum Erreichen der Klimaziele und für die Bewältigung des Strukturwandels besser eingesetzt, meine Damen und Herren.

Lassen Sie mich an dieser Stelle noch einige Worte zum Antrag der Fraktion DIE LINKE sagen. DIE LINKE geht mit ihrem Antrag - das ist jedenfalls meine persönliche Meinung - in eine richtige Richtung, weil dieser an die Bundesebene adressiert ist. Das ist durchaus angebracht, weil der Bund in einer hohen klimapolitischen Verantwortung steht. Deswegen denke ich, dass die aufgeführten Punkte zumindest intensiv zu diskutieren sind, meine Damen und Herren.

Ich habe gerade das Stichwort Strukturwandel angesprochen. Die Ergebnisse der Kommission Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung und damit das Ziel, die Kohleverstromung bis zum Jahr 2035 respektive 2038 in Deutschland zu beenden, könnten uns zuversichtlich stimmen. Allerdings müssen wir auch kritisch fragen, wo wir eigentlich stehen. Denn es besorgt mich, dass man immer wieder Stimmen hört - das sind unter anderem Stimmen von Haushaltspolitikern auf der Bundesebene -, die den Kompromiss grundlegend infrage stellen. Ich denke, aus der Perspektive Sachsen-Anhalts müssen wir dem entschlossen entgegentreten.

Gerade für den Süden Sachsen-Anhalts bietet sich die einmalige Gelegenheit, die Region aufgrund der vorhandenen Infrastruktur und Industrie in eine zukunftsfähige Energielandschaft zu transformieren.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zustimmung von Siegfried Borgwardt, CDU, und von Kerstin Eisenreich, DIE LINKE)

Kommen wir nun zur Energiepolitik und Klimapolitik in Sachsen-Anhalt. Seit der Einführung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes im Jahr 2000 wurden in Sachsen-Anhalt zahlreiche Investitionen getätigt, um den Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung zu erhöhen. Im Strombereich in Sachsen-Anhalt hatten im Jahr 2017 die erneuerbaren Energien einen Anteil an der Bruttostromerzeugung von mehr als 53 %. Der Anteil am Bruttostromverbrauch liegt bei fast 62 %. Damit haben wir die Ziele, die der Bund sich für 2030 gesetzt hat, bereits jetzt übertroffen.

Gerade für Sachsen-Anhalt haben sich die erneuerbaren Energien richtig ausgezahlt. Kein an

deres Bundesland hat eine höhere Beschäftigungsintensität in diesem Bereich. Wir haben fast 25 000 sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze im Bereich der erneuerbaren Energien.

(Ulrich Thomas, CDU: Und die höchsten Preise!)

Und es geht weiter. Ich sehe insbesondere in der hiesigen vom Strukturwandel betroffenen Braunkohleregion und ihrer Nachbarschaft ein großes Potenzial für weitere Arbeitsplätze. Die Stromspeicherfabrik in Wittenberg oder die von Farasis Energy angekündigte Großinvestition in Bitterfeld mit ca. 600 neuen Arbeitsplätzen sprechen, denke ich, für sich.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Die Landesregierung stellt sich der Herausforderung der Klimakrise und bekennt sich zum Klima- und Energiekonzept Sachsen-Anhalt - wir nennen es kurz KEK -, das am 19. Februar 2019 im Kabinett verabschiedet worden ist.

(Ministerin Prof. Dr. Claudia Dalbert hält ein Schriftstück hoch)