Protocol of the Session on May 23, 2019

Plastisch dargestellt hat das Daniel Klein vom Wald-Zentrum der Universität Münster auf die Frage hin: Wie viele Bäume sind nötig, um 1 t CO2 zu binden? - Ich zitiere: Wie viel CO2 ein Baum bindet und wie schnell er das tut, hängt von vielen Faktoren ab. Dazu gehören die Baumart, das Alter des Baumes, dessen Holzdichte und Zuwachsrate. Aber auch äußere Faktoren wie das Klima, die Bodenqualität und die Wasserversorgung spielen eine Rolle. Deshalb sind allgemeingültige Aussagen auf diese Frage schwierig. Aber ein Beispiel:

Eine normal im Bestand gewachsene Buche, 23 m hoch und auf einer Stammhöhe von 1,30 m mit einen Durchmesser von 30 cm, speichert ca. 550 kg Trockenmasse in seinen Blättern, Ästen und im Stamm. Schätzt man noch etwa 10 % hinzu, welche durch die Wurzelbiomasse gespeichert werden, kommt man auf etwa 600 kg Trockenmasse, die gebunden werden.

Diese Menge Trockenmasse kann 1 t CO2 binden. Um 1 t CO2 aufnehmen zu können, muss diese Buche 80 Jahre lang wachsen. Das heißt, pro Jahr bindet sie 12,5 kg des Treibhausgases.

Sie müssten also 80 Bäume pflanzen, um jährlich 1 t CO2 zu kompensieren. Bei einer Pflanzendichte von 1 000 Bäumen pro Hektar könnten auf unseren Flächen 15 Millionen Bäume angepflanzt werden. Damit könnte Sachsen-Anhalt schon jetzt für eine nachfolgende Generation ein Kompensationspotenzial von zusätzlich bis zu 187 500 t CO2 schaffen. Das wäre aktiver und nachhaltiger Klimaschutz, sehr geehrte Damen und Herren.

(Zustimmung bei der CDU)

Auch der auf den ersten Blick intakte Baumbestand weist aufgrund des zunehmenden Drucks durch Insekten wie Borkenkäfer und Pilze erhebliche Schäden auf. Diese Bäume müssen sachgerecht aus dem Bestand genommen, abtransportiert und wieder aufgeforstet werden.

Dass es zu der jetzt desaströsen Situation kommt, war absehbar. Wir haben immer davor gewarnt.

Die Waldbesitzer und die Forstleute arbeiten hart und am Rand ihrer Möglichkeiten, um die Wälder zu erhalten. Eine Strukturveränderung in den Forstbetreuungsämtern wäre in dieser Situation ein völlig falsches Signal. Es käme einer Abwertung der Bedeutung des Waldes und einer Demütigung der den Wald betreuenden Menschen gleich.

Wir werden diesem Ansinnen nicht tatenlos zusehen können. Unsere Waldbauern und unsere Förster arbeiten gegen die bereits jetzt fliegenden Borkenkäfer, gegen einen zusammengebrochenen Holzmarkt und damit gegen sinkende fi

nanzielle Mittel. Weiterhin muss zwingend noch immer Schadholz abtransportiert werden, denn sonst finden Schadkäfer immer wieder ideale Brutstätten vor.

Wir haben deshalb klare Forderungen:

Vorhandene Polter sollten unverzüglich und vorsorglich mit Insektiziden behandelt werden. Dazu sind die Möglichkeiten, die der dritte Arbeitsmarkt bietet, zu prüfen und zu nutzen. Ferner darf der Personalbestand im Forst nicht abgeschmolzen werden, was auch bedeutet, dass die Abordnungen aus dem LAU bis 2025 verlängert werden müssen.

Unser Wald braucht Hilfe. Um die Wirtschaftskraft und die Funktion des Waldes als CO2-Senke wiederherzustellen, bedarf es einer sachlichen, einer ehrlichen und einer offenen Kommunikation zwischen Waldbauern, Förstern und der Politik. Richtlinien und Förderprogramme müssen den derzeitigen schlimmen Bedingungen angepasst werden. Realitätsferne Bedingungen können in diesem Fall nicht gestellt werden. Es muss aktiv und gemeinsam die Rettung unseres Waldes angegangen werden. Dies gilt sowohl für die inhaltlichen Regelungen als auch für die Mittelbereitstellung.

Der Landesbeirat Holz hat in diesem Frühjahr über den Aktionsplan 2025 beraten und eine finanzielle Untersetzung vorgeschlagen. Dieser Aktionsplan 2025 ist sofort aufzulegen sowie realitäts- und zeitnah umzusetzen.

Weiterhin müssen die Waldeigentümer von den Unterhaltungsverbandsbeiträgen entlastet werden. Über dieses Thema haben wir bereits während der letzten Haushaltsverhandlungen diskutiert und gebeten, dass das MULE die Gesetzesänderungen zur Nutzung des Wasserentnahmeentgeltes prüft.

Es ist doch nicht hinzunehmen, dass Sie sich den Gesprächen bzw. den schriftlichen Anfragen des Waldbesitzerverbandes entziehen und nicht einmal auf mehrmalige Nachfragen hin reagieren. Bewegen Sie sich doch einmal auf die Menschen zu.

Gestalten Sie, werte Frau Ministerin, die Waldumbaurichtlinie so, dass sie wirtschaftlich vertretbar wird und wir bei diesem Thema einmal vorankommen.

(Zustimmung bei der CDU)

Sehr geehrte Damen und Herren! Unser Wald braucht Hilfe und er braucht sie jetzt. Ein intaktes Ökosystem Wald ist unter anderem erforderlich für die Biodiversität, die Reinhaltung der Luft und nicht zuletzt für die physische und psychische Gesundheit von uns Menschen.

Deshalb fordern wir eine Aufstockung der Richtlinie Forstschäden von 500 000 € auf 5 Millionen € im kommenden Haushalt. Prüfen Sie die Bereitstellung und den Aufkauf von frischem Käferholz aus Privatwald. Unterstützen Sie die Waldbesitzer mit zinslosen Überbrückungskrediten, damit wir auch in diesem Bereich eine unkomplizierte und eine der Waldbau-Richtlinie gerecht werdende Wiederaufforstung hinbekommen.

(Zustimmung bei der CDU)

Sehr geehrte Frau Ministerin! Vor Kurzem erreichte uns das umfangreiche Klima- und Energiekonzept. Nun sollen die Ressorts Vorschläge zum Klimaschutz erarbeiten. Für das MULE haben wir Ihnen den Vorschlag Nr. 1 soeben unterbreitet.

Sie müssen vorbildlich vorangehen. Mit der Wiederaufforstung können Sie es tun, ohne dabei Menschen zu gängeln, sie mit Verboten zu belegen und einzuschränken.

Unser Wald braucht Hilfe. Wir erwarten, dass Sie die Waldbauern und die im Wald arbeitenden Menschen unterstützen.

Frau Ministerin, in zwei Jahren sind Landtagswahlen. Mit ein wenig Glück werden Sie noch 730 oder 750 Tage im Amt sein. Nutzen Sie die Zeit. Stärken Sie endlich die CO2-Senke Nr. 1. Wir werden Sie an Ihren Taten und nicht an Ihren Worten messen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank. Es gibt keine Fragen. - Für die Landesregierung spricht die Ministerin Frau Prof. Dr. Dalbert. Sie haben das Wort.

Danke, Frau Präsidentin. - Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wälder sind über längere Zeiträume ortsfeste Ökosysteme. Der Klimawandel läuft mit einer Geschwindigkeit ab, die Zweifel aufkommen lässt, ob sich die Wälder über natürliche Prozesse genügend rasch an die veränderten Verhältnisse anpassen und ihre Funktionen dauerhaft erfüllen können.

Um die Anpassung des Waldes dauerhaft zu unterstützen und die Erhaltung aller Waldfunktionen nachhaltig zu sichern, sind waldbauliche Strategien nötig, welche eine Überführung des Waldes an die neuen Klimabedingungen erleichtern.

Meine Damen und Herren! Die für den derzeitigen Waldzustand in Deutschland und in SachsenAnhalt verantwortliche Witterung in der Vegetationsperiode 2018 war in Sachsen-Anhalt die wärmste und die trockenste Vegetationsperiode

seit dem Jahr 1881. Wie mein Vorredner schon festgestellt hat, werden wir den genauen Schaden erst nach dem Abschluss der Vegetationsperiode 2019 feststellen können.

Grundsätzlich besteht im Zuge des Klimawandels immer die Gefahr des Auftretens von abiotischen und von biotischen Schäden, insbesondere Dürreschäden. Die strategische Zielrichtung ist eine Veränderung der Waldstruktur, vor allem die Erhöhung des Laubholz- und des Mischwaldanteils, denn damit nehmen das Regulierungspotenzial und die Stabilität der Bestände zu.

(Zustimmung von Sebastian Striegel, GRÜ- NE)

Des Weiteren kommt es natürlich beim Waldbau darauf an, die Wirtschaftsbaumarten zu fördern, die eine hohe Fähigkeit zur Adaption an veränderte Klimabedingungen und Störeinflüsse aufweisen. Unter genau diesem Ansatz wurde erstmalig für Sachsen-Anhalt zusammen mit der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt ein Forschungsprojekt unter dem etwas sperrigen Titel „Überarbeitung der regionalen Waldbauplanung in Sachsen-Anhalt“ initiiert. Was verbirgt sich dahinter? - Dahinter verbirgt sich die grundsätzliche Neuausrichtung der waldbaulichen und standörtlichen Verwendungen von zukünftig am Waldaufbau und natürlich einschließlich der Waldränder zu beteiligenden Waldbaumarten, eben jener mit einer möglichst hohen Trockenstressresistenz.

Diese wissenschaftlich und fachlich fundierten Erfordernisse der aktiven Umgestaltung der Wälder im Land sind nur mit den Forstbetrieben aller Besitzarten machbar, wenn die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und die Märkte es zulassen.

Aber die Holzindustrie in Deutschland ist nahezu vollständig in Konzernstrukturen organisiert, die zentraleuropäisch den Rohstoff Holz einkaufen. Hier gibt es keine regionalen Märkte. Überangebote durch Schadereignisse wie in den letzten zwei Jahren führen schnell zu Einbrüchen bei den Holzpreisen und am Ende eben auch bei den Abnahmemengen.

Zur Entlastung genau dieser Situation hat der Landesforstbetrieb nach „Friederike“ fünf sogenannte Nasslagerplätze entwickelt und etwa 200 000 Festmeter Nadelsägeholz konserviert eingelagert. Etwa 10 % davon wurden aus anderen Forstbetrieben aufgekauft, die keine eigenen Vermarktungsmöglichkeiten mehr gefunden hatten. Hier dauerhaft Lagermöglichkeiten im Land zu etablieren soll im Rahmen der Förderung zukünftig unterstützt werden.

Meine Damen und Herren! Der vor einigen Tagen veröffentlichte Bericht des Weltbiodiversitätsrates macht auf einen massiven Rückgang der welt

weiten natürlichen Vielfalt aufmerksam. Der größte Treiber dieses Verlustes ist die intensive Landnutzung. Und die wichtigste Ressource für die natürliche Vielfalt stellen in Sachsen-Anhalt unsere Wälder dar, auch - das muss eingeräumt werden - wenn wir in Sachsen-Anhalt mit 26 % der Landesfläche nicht zu den waldreichen Bundesländern gehören.

Neben der essenziellen Walderhaltung - da weise ich natürlich auch auf das Landeswaldgesetz hin, in dem der Walderhaltungsgrundsatz festgeschrieben ist - sind die Waldbewirtschaftung und der damit einher gehende der Waldumbau entscheidende Rahmenbedingungen zur nachhaltigen Erhaltung der biologischen Vielfalt.

Auch die differenziert zu diskutierende Stilllegung von Waldflächen ist ein Beitrag zum Erhalt der natürlichen Vielfalt. Gemäß der im Landeswaldgesetz forstrechtlich festgelegten Allgemeinwohlverpflichtung setzen wir diese Forderungen nach Stilllegungen so um, dass wir bisher 8,4 % des öffentlichen Waldes, also 11 300 ha, aus der forstlichen Bewirtschaftung genommen haben.

Ich habe schon einmal gesagt, meine Damen und Herren, dass wir die vor uns stehenden Herausforderungen nur gemeinsam mit allen Waldbesitzarten erfolgreich umsetzen können. Das in der vergangenen Legislaturperiode hierzu verabschiedete Landeswaldgesetz stärkt die Rechte der Waldbesitzenden. Es stellt aber auch deutlich die Pflichten heraus. Zur Unterstützung und insbesondere zur Bewältigung der Extremwetterschäden wurden für das Haushaltsjahr 2019 12 Millionen € im Haushaltsplan eingeplant, davon allein 2 Millionen € für die Förderung forstwirtschaftlicher Zusammenschlüsse.

Kritisch ist hier allerdings anzumerken, dass der Trend hinsichtlich der Inanspruchnahme von Fördermitteln insbesondere bei der so wichtigen Förderung des Waldumbaues massiv rückläufig ist. In der Legislaturperiode vor meiner Amtszeit wurde festgelegt, dass der Waldumbau und der forstliche Wegebau über den EPLR gefördert werden sollten, also mit EU-Mitteln. Die Praxis hat gezeigt, dass die Mittel nicht abfließen. Deswegen werden wir für die neue Förderperiode prüfen müssen, ob wir diese Entscheidung revidieren müssen, meine Damen und Herren.

(Zustimmung von Andreas Schumann, CDU)

Ich verstehe aber überhaupt nicht, dass im Jahr 2018 bundesweit nur 2 200 Anmeldungen für Steuererleichterungen eben wegen dieses Kalamitätsholzes bei den Finanzbehörden eingingen. Das heißt, von nur etwa 0,1 % der Waldbesitzendenden gingen Anträge ein. Ich gehe davon aus, dass das hier bei uns in Sachsen-Anhalt nicht komplett anders ist. Das bedauere ich ausdrück

lich, auch hinsichtlich der so vehementen Forderungen der Waldbesitzerverbände, das Forstschäden-Ausgleichsgesetz zu reaktivieren, um neue Steuererleichterungen einzufordern. Das macht doch keinen Sinn, meine Damen und Herren.

Noch ein Wort zum Personal. In meiner Amtszeit erfolgte entgegen dem bisherigen Trend des Personalabbaues der Vorgängerregierungen im Forstbereich ein Personalzuwachs.

Und weiter: Die derzeitige Schadenssituation ist zweifellos erheblich, aber auch mit früheren und massiveren Schadereignissen durchaus vergleichbar. Bereits im vergangenen Jahr wurden daher umfangreiche Maßnahmen, wie beispielsweise die luftbildgestützte Schadenserfassung für den Gesamtwald, gemeinsame Regelungen zum Holztransport, die Freigabe der Landesreserve Forstsaatgut, eben steuerliche Erleichterungen für die betroffenen Waldbesitzenden und vieles andere mehr, auf den Weg gebracht, worüber ich auch mehrfach in den Ausschüssen berichtet habe.

Insgesamt bestehen rechtliche, wissenschaftliche und wirtschaftliche Rahmenbedingungen, die eine Bewältigung der Schäden in Deutschland und in Sachsen-Anhalt erwarten lassen.

Für die Umsetzung dieser Rahmenbedingungen wurde in meinem Haus, sehr geehrter Herr Kollege Schumann, ein Entwurf eines Aktionsplans Wald und Forstwirtschaft 2025 erarbeitet, der als Diskussionsgrundlage in der nächsten Sitzung des Landesbeirates Holz erörtert wird. Auch die Förderung der Holzverwendung in der Bauwirtschaft ist ein Beitrag zum Klimaschutz und ein Bestandteil dieses Aktionsplanes.

Darüber hinaus möchte ich Sie auffordern, dass Sie sich alle in Ihren Wahlkreisen dafür einsetzen, dass die Waldbesitzer und Waldbesitzerinnen von den bestehenden forstlichen Fördermöglichkeiten Gebrauch machen und auch die notwendige fachliche Beratung einfordern. Eine Unterstützung der forstlichen Verbände genau hierbei wäre überaus hilfreich.