Protocol of the Session on May 22, 2019

Noch einmal: Es liegt ein Antrag der Koalitionsfraktionen vor, und zwar den Antrag der AfD in der Drs. 7/4369 in den Ausschuss für Recht, Verfassung und Gleichstellung zu überweisen. Wer diesem Antrag seine Zustimmung gibt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das sind die Koalitionsfraktionen und ein fraktionsloses Mitglied. Wer stimmt dagegen? - Das sind nur wenige Abgeordnete der Fraktion DIE LINKE. Wer enthält sich der Stimme? - Niemand. Das ist Ihr Recht; Sie brauchen nicht mitzustimmen.

(Zuruf von Robert Farle, AfD - Weitere Zu- rufe von der AfD)

- Das werte ich gleich, Herr Farle. Wenn Sie sich nicht melden, sage ich: Sie haben sich nicht - -

(Unruhe)

Damit ist der Antrag überwiesen worden und dieser Tagesordnungspunkt für heute beendet. Es wird sicherlich in der nächsten Sitzungsperiode eine weitere Befassung damit erfolgen.

Wir kommen zu dem

Tagesordnungspunkt 2

Befragung der Landesregierung; Kleine Anfragen für die Fragestunde gemäß § 45 GO.LT - Erprobungsbeschluss

Unterrichtung Ältestenrat - Drs. 7/2896

Kleine Anfragen für die Fragestunde zur 34. Sitzungsperiode des Landtages von Sachsen-Anhalt

Fragestunde mehrerer Abgeordneter - Drs. 7/4391

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich verzichte nunmehr auf die üblichen Vorbemerkungen und eröffne sogleich den ersten Teil der Fragestunde, die Befragung der Landesregierung. Ich blicke in die Reihen der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN - Frau Lüddemann, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Ich versuche jetzt, bewusst ein bisschen ruhiger zu sprechen und wieder auf fachinhaltliche Themen zu rekurrieren. Ich schaue auch gleich die Ministerin für Justiz und Gleichstellung an; denn meine Frage bewegt sich im Bereich der Gleichstellung. Wir haben im Koalitionsvertrag ein langes Kapitel zu

dem Thema Gleichstellung. Ich selbst hatte die Ehre, das Kapitel mitzuverhandeln, deswegen weiß ich ziemlich genau, was darin steht.

Wir als regierungstragende Fraktion und damit auch als Landesregierung verpflichten uns, für ein offenes und sozial gerechtes Sachsen-Anhalt einzutreten, in dem jede und jeder frei von Angst verschieden sein kann. Wir bekennen uns zur vollständigen Gleichstellung von Mann und Frau und wollen auf dieser Grundlage einen politischen Gestaltungsauftrag entwickeln, Gleichstellungspolitik als Querschnittsaufgabe in diesem Land zu etablieren.

Als Instrument wird explizit das Landesprogramm für ein geschlechtergerechtes Sachsen-Anhalt genannt. Es sollen neue Strategien entwickelt werden. Alle Ressorts sollen eingebunden werden. Es sollen Maßnahmen konsequent entwickelt, umgesetzt und anhand von qualitativen Kriterien gemessen werden; außerdem soll das Programm aktualisiert und weiterentwickelt werden.

Es wird auch explizit darauf abgestellt, dass Gleichstellung nicht nur - in Anführungszeichen - als Gleichstellung der Geschlechter gesehen wird, sondern wir bekennen uns auch zur Gleichstellung der Lesben, Schwulen, Bisexuellen sowie der trans- und interidenten Menschen und wollen uns im Land und auch auf der Bundesebene für die Abschaffung aller Diskriminierung aufgrund der sexuellen Identität engagieren. Hier wird der Landesaktionsplan für Akzeptanz von Lesben und Schwulen, Bisexuellen, Trans- und Intersexuellen - LSBTI - und gegen Homo- und Transphobie in Sachsen-Anhalt genannt.

Ich frage Sie, Frau Ministerin, als Teil der Landesregierung: Wie ist der Umsetzungsstand beider Instrumente, also des Landesprogramms und des Aktionsplans? Wie schätzen Sie das qualitativ ein: Hat es in den ersten drei Jahren gute Fortschritte gegeben? Wie haben sich die Maßnahmen entwickelt? Und was steht noch an?

Ich bitte Frau Ministerin Keding nach vorn. Frau Ministerin, Sie haben das Wort, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Lüddemann, Sie sprechen ein sehr umfangreiches Thema an. Das sieht man schon an dem Raum, den dieses Thema im Koalitionsvertrag eingenommen hat.

Wir beschäftigen uns nicht nur im Ministerium für Justiz und Gleichstellung mit den Fragen, wie man Gender-Mainstreaming in der Landesverwal

tung etablieren kann, welche Möglichkeiten es gibt, die Gleichstellung von Frauen voranzutreiben, und wie es mit dem diskriminierungsfreien und akzeptierten Leben von LSBTTI-Menschen - die Abkürzung haben Sie eben ausgeführt - aussieht.

Wir können dabei in der Landesregierung auf eine lange, lange Vorarbeit zurückgreifen. Das ging, glaube ich, los mit „Karrierewege von Frauen“ im Jahr 2011. Dann gab es ein Gender-Mainstreaming-Konzept. Dann gab es ein Gleichstellungskonzept. Das Ganze ist dann in ein Landesprogramm für ein geschlechtergerechtes SachsenAnhalt gemündet. Es ist in ein Gleichstellungsprogramm und in ein Aktionsprogramm für Lesben, Schwule, Bisexuelle gemündet.

(Zuruf von Eva von Angern, DIE LINKE)

- Soll ich nicht weitersprechen?

(Zuruf von der LINKEN)

- Ja, ich werde zu Ende reden.

(Zurufe von der LINKEN)

- Gut. Ich bin mit der Fragestunde nicht so vertraut.

Sehr geehrte Frau Ministerin, lassen Sie sich bitte nicht irritieren, Sie können weiterreden. Ich habe die Wortmeldungen im Blick.

Wir haben ein Maßnahmenprogramm für die Frauen- und Gleichstellungsarbeit, wir haben ein Aktionsprogramm und wir haben die Festlegungen des Koalitionsvertrages.

Das Maßnahmenprogramm im Hinblick auf die Gleichstellung von Frauen ist nach wie vor noch mit Maßnahmen untersetzt. Es sind auch sehr viele Dauermaßnahmen dabei, die eben durch eine einzelne Maßnahme nicht erledigt werden können.

Wenn ich mich im Landtag umsehe, wenn ich mich in diversen Gremiensitzungen umsehe, wenn ich mich umsehe, wenn ich im Bereich der Medienarbeiten unterwegs bin, wenn ich Vertreter aus der Gesundheitswirtschaft sehe, dann muss ich auch konstatieren: Es ist eine Daueraufgabe. Es ist keineswegs so, dass die Gleichstellung von Männern und Frauen tatsächlich so umgesetzt worden ist, dass wir eine nahezu paritätische Besetzung von Entscheidungsgremien konstatieren könnten.

Ich habe vor sechs Wochen den Zwischenbericht zum Aktionsprogramm LSBTTI im Kabinett vorge

stellt und habe in dem Rahmen im Einzelnen aufgeführt, welche Maßnahmen umgesetzt werden. Ich bin mit dem Umsetzungsstand bezüglich des Aktionsprogramms zufrieden. Das Aktionsprogramm läuft über diese Legislaturperiode weiter. Dort werden weitere Maßnahmen durchgeführt.

Wir haben, um zu den konkreten Dingen zu kommen, im Rahmen des Aktionsprogramms ganz zuletzt sowohl für den Süden als auch für den Norden Koordinierungsstellen als Ansprechpartner für queere Problematiken eingesetzt, die dort auch ein bisschen als Verteiler fungieren können, um Menschen mit ihren besonderen Ausprägungen zu den besonderen Ansprechpartnern zu bekommen. Diese Förderbescheide sind überreicht worden. Seit Anfang dieses Jahres fördern wir entsprechende Koordinierungsstellen.

Es gibt den Punkt im Hinblick auf die Darstellung von nichtheterosexuellen Familienbeziehungen, von anderen, queeren Familienbeziehungen. Wir haben dafür eine Bücherliste erstellt. Es gibt einen Medienkoffer, der von Grundschulen, von Kindertageseinrichtungen mitsamt fachpädagogischer Begleitung angefordert werden kann, falls sich dieses Thema in den Kindertageseinrichtungen oder in den Grundschulen stellt. Das Angebot wird gut nachgefragt.

Wir haben zusammen mit den Nachbarressorts, insbesondere aus dem Bildungs- und dem Wissenschaftsbereich, dafür gesorgt, dass Rahmenlehrpläne entsprechend überarbeitet worden sind, damit das Thema LSBTTI in die Lehrpläne aufgenommen wird, und zwar auch in die Ausbildung von Erziehern, auch in die Ausbildung von Lehrern und Lehrerinnen, sodass man eine Hinwendung dazu hat.

Das Innenministerium hat im Bereich der Polizei und das Justizministerium im Bereich der Justiz und der Staatsanwaltschaften erreicht, dass Ansprechpartner für gleichgeschlechtliche Lebensweisen benannt worden sind, dass Fortbildungsveranstaltungen zu diesem Thema durchgeführt werden, dass Vernetzungstreffen stattfinden. Wir haben es auch als Fortbildung für Richter und Staatsanwälte in das Fortbildungsprogramm aufgenommen; genauso gilt das für Polizisten.

Wir wollen noch den Kontakt zu den kommunalen Spitzenverbänden herstellen, um dieses Thema auch in die Kommunen hineinzutragen. Und wir werden im September 2019 ein Vernetzungstreffen für Regenbogenfamilien durchführen, damit diese sich gegenseitig kennenlernen können, wenn sie es denn möchten, und auch miteinander in einen Austausch über den Alltag treten können.

Bezüglich der Frauen sind wir durch das Kabinett zu einem regelmäßigen Monitoring aufgefordert. Dieses betrifft zum einen den Anteil der Frauen

in Führungspositionen in der Landesverwaltung. Dieser Bericht steht in der nächsten Woche tatsächlich für das Kabinett auf der Tagesordnung. Das ist der Bericht über den Anteil von Frauen in der Verwaltung im Jahr 2018 mit einer Zeitreihe seit dem Jahr 2012.

Ich denke, ich nehme dem Kabinett nicht zu viel vorweg, wenn ich hier sage: Wir haben bei Frauen in Führungsfunktionen, über alles hinweg betrachtet, einen Anteil von 49,3 % einschließlich - auch das sage ich - der Schulleiter- bzw. Schulleiterinnenfunktion zu verzeichnen. Ohne Berücksichtigung der Schulleiterinnen, die aber wesentlich das Bild der Schülerinnen und Schüler von Autoritäten im öffentlichen Bereich prägen, haben wir einen Anteil von 36,8 % zu verzeichnen.

(Minister Marco Tullner: Genau! Gut, dass es die Schulen gibt!)

Eines freut mich ganz besonders und das möchte ich wirklich hervorheben: Sie alle kennen die herausgehobene Funktion von Abteilungsleiterinnen und Abteilungsleitern in den Ministerien mit dem Ministerialdirigenten als der höchsten erreichbaren Fachbeamtenstelle in der Beamtenlaufbahn. Dort ist der Anteil von Frauen im letzten Jahr auf mehr als 30 % gestiegen. Ich denke, das ist wirklich eine ganz herausgehobene Leistung. Allein von 2017 bis 2018 ist der Anteil von Frauen um zehn Prozentpunkte gesteigert worden. Ich denke, dies wird allein durch die Vorbildfunktion weitere Folgen zeitigen.

Wir überlegen außerdem - das müssen wir allerdings noch prüfen -, ob wir Karrierewege von Frauen öffentlich machen und darstellen können, wie Karrierewege von Frauen in Führungsfunktionen aussehen. Das muss jeweils im Einzelnen abgestimmt werden. Ich denke aber, das kann ein Punkt sein, um junge Frauen zu ermuntern und ihnen zu zeigen, welche vielfältigen Möglichkeiten es gibt.

Wir sind bei der Gleichstellung - das muss ich auch sagen - noch nicht dort, wohin wir wollen; das ist ganz klar. Ich habe es vorhin erwähnt. Wir dürfen, glaube ich, nicht unterschätzen, dass es, gerade wenn ich mir die Führungsfunktionen anschaue, auch einen gewissen zeitlichen Versatz gibt vom Einstieg in den Beruf mit 20, 25 oder 28 Jahren bis dahin, wenn ich in Führungsfunktionen angelangt bin. Manchmal gibt es auch Senkrechtstarterinnen und Menschen, die bereits mit 32 oder 37 Jahren in bestimmten herausgehobenen Führungsfunktionen stehen. Das ist aber nicht die Regel. Man muss schon schauen, seit wann die Fördermaßnahmen greifen und wie es im Zeitverlauf aussieht.

Es gibt einen weiteren Monitoringbericht zu dem Anteil von Frauen in Aufsichtsgremien, Aufsichts

räten von landeseigenen Unternehmen und Stiftungen. Das wird seit dem letzten Jahr in eine Darstellung aufgegliedert, in der sowohl das einzelne Unternehmen, die einzelne Stiftung und die einzelne Anstalt des Landes genannt sind als auch diejenigen, die von Landesseite her für die Besetzung dieser Funktionen in den Gremien verantwortlich sind. Dabei wird auch auseinandergehalten, ob jemand durch Satzung, qua Amt schon ein gesetztes Mitglied ist oder ob es eine dezidierte Entscheidung gewesen ist, wen ich in diesen Aufsichtsrat entsende. Auch dieser Monitoringbericht wird vorliegen.

Es sieht durchaus durchwachsen aus. Es hängt sehr von den einzelnen Aufsichtsräten und auch von der Größe der einzelnen Aufsichtsräte ab. Einige sind dazu übergegangen, den Frauenanteil zu steigern, indem sie den Aufsichtsrat vergrößern, dann müssen sie keinen Mann von seiner Funktion entbinden. Ob das immer unbedingt im Sinne des Erfinders ist, möchte ich in Zweifel ziehen. Wenn man sich manche Zahlen anschaut, dann ist das Ergebnis nicht ganz so, wie man es sich gern wünscht.

Das Landesprogramm ist in den Jahren 2016 und 2017 einer Prozess- und Kohärenzanalyse unterzogen und daraufhin untersucht worden, woher diese Maßnahmen kommen - in diesem Maßnahmenprogramm sind 220 Maßnahmen erwähnt worden -, wie und mit welchem Effekt sie umgesetzt worden sind, ob sie sich doppeln oder ergänzen und welche Maßstäbe man ansetzt, um sie in ihrer Wertigkeit und in ihrem Effekt zu evaluieren. Das ist in der Prozess- und Kohärenzanalyse - das waren zwei Studien - auseinandergenommen worden.