Eine Weiterentwicklung der Gemeinschaftsschule, wie sie im Ursprungsantrag angestrebt wird, stünde damit klar im Widerspruch zu unserem bildungspolitischen Kurs und wird folglich niemals eine Unterstützung durch unsere Fraktion erfahren.
Einzig einer Reform der angesprochenen Mindestschülerzahlen, natürlich nicht nur für Gemeinschaftsschulen, sowie einem Anwerben neuer, ausreichend gut qualifizierter Lehrer - Betonung auf „ausreichend gut qualifizierter“ - stünden wir natürlich positiv gegenüber.
So ist in unserem Programm unter anderem klar ersichtlich, dass wir uns für die Absenkung von Mindestschülerzahlen und auch für kleinere Klassengrößen einsetzen. Ersteres würde den Erhalt von mehr Schulen im Land, insbesondere im wichtigen ländlichen Raum, sichern, und kleinere
Klassen von ca. 20 Schülern würden das konzentrierte Arbeiten und die individuelle Förderung einzelner Schüler optimieren. Aber das nur kurz dazu.
Meine Damen und Herren! Auf der Grundlage der sich vom Ursprungsantrag ausreichend unterscheidenden Beschlussempfehlung, aus der erst einmal an sich keine Schäden für unser Bildungssystem sowie für unsere Kinder entstehen würden, kann und wird sich die AfD-Fraktion wie auch im Ausschuss bei der Abstimmung über die heute vorliegende Beschlussempfehlung der KeniaKoalition der Stimme enthalten. Aber wir werden natürlich genau im Blick behalten, was vielleicht noch vonseiten der Kenia-Koalition drohen könnte.
Den Ursprungsantrag der LINKEN hätten wir jedenfalls konsequent abgelehnt. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Abg. Spiegelberg. Ich sehe keine Fragen. - Für die SPD-Fraktion spricht die Abg. Frau Prof. Dr. Kolb-Janssen. Sie haben das Wort, bitte.
Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Ich freue mich, dass dem Minister das Thema Gemeinschaftsschule wichtig ist. Sie wissen, meiner Fraktion ist dieses Thema besonders wichtig. Ich würde mir an dieser Stelle noch ein bisschen mehr Engagement wünschen.
Vielleicht ein ganz kurzer Rückblick. Die Gemeinschaftsschule geht ja auf die Empfehlung des Bildungskonvents zurück. Der Bildungskonvent hat sich zum Ziel gesetzt, ein modernes Bildungssystem zu entwickeln und Ungerechtigkeiten abzuschaffen, längeres gemeinsames Lernen zu ermöglichen und den Bildungserfolg zu verbessern.
Ich kann nur sagen: 43 Gemeinschaftsschulen, das ist eine echte Erfolgsgeschichte. Die Gemeinschaftsschule Johannes Gutenberg in Wolmirstedt beispielsweise hat im letzten Jahr den ersten Platz im bundesweiten Schulwettbewerb „Starke Schule“ gewonnen - also ein ganz deutliches Zeichen dafür, dass sie ein ganz tolles Profil hat, das auch tatsächlich preiswürdig ist.
Richtig ist auch: Zwei dieser Gemeinschaftsschulen blicken mit besonderer Spannung auf das nächste Schuljahr. Das sind diejenigen, die in diesem Jahr die ersten 10.-Klasse-Abschlüsse ha
ben und die Interessenten haben, die an dieser Schule auch die Oberstufe, das Abitur, machen würden. Wenn das aber tatsächlich erst Mitte Juli entschieden wird, ist das für viele Eltern ein Problem. Denn die Eltern möchten natürlich so schnell wie möglich wissen, ob es an dieser Gemeinschaftsschule eine Abiturstufe gibt oder nicht.
Es gab entsprechende Interessenabfragen. Die liegen jeweils über den 50, die als Mindestgröße für den Start einer Abiturstufe gelten. Deshalb müsste das doch möglich sein. Vielleicht berücksichtigt man auch mathematische Wahrscheinlichkeitsberechnungen, wie viele den erweiterten Realabschluss nicht schaffen. Es sind sicherlich diejenigen, die ihn voraussichtlich schaffen, die sich für das Abitur interessieren.
- Ja. Ich glaube, es geht hierbei nicht nur um juristische Fragen. Es geht vielmehr tatsächlich um ein klares Signal, dass wir den Gemeinschaftsschulen, die sich wirklich über Jahre engagiert haben, jetzt auch den Start ermöglichen.
Es ist der Start in die erste Abiturstufe, landesweit; das würde ich ungern an bürokratischen Hindernissen scheitern lassen.
Vielleicht noch ganz kurz zur Beschlussempfehlung. Es wird Sie nicht verwundern, wenn ich diese Beschlussempfehlung hier an dieser Stelle als Kompromiss bezeichne. Meine Fraktion hätte sich noch weiter gehende Regelungen gewünscht, insbesondere was die Anerkennung auch der besonderen Aufgaben der Gemeinschaftsschulen betrifft, die sich aus unserer Sicht in der Ausstattung mit den entsprechenden Ressourcen widerspiegeln müssen.
Vielen Dank, Frau Abg. Prof. Dr. Kolb-Janssen. Ich sehe keine Wortmeldungen. - Somit ist der Abg. Herr Lippmann für die Fraktion DIE LINKE der nächste Redner. Sie haben das Wort. Bitte.
Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Gemeinschaftsschule in Sachsen-Anhalt, wie sie vor sechs Jahren an den Start gegangen ist, ist ein Erfolgsmodell. Das geht unter anderem aus dem ersten Teil der Beschlussempfehlung hervor. In den ersten fünf Jah
ren sind jedes Jahr in relativ großen Schritten neue Schulen hinzugekommen, insgesamt, wie wir gehört haben - es gibt manchmal ein bisschen unterschiedliche Zahlen -, 44.
Insgesamt sind es, und zwar sowohl im öffentlichen Bereich als auch im Bereich der privaten Schulen, 25 % der Sekundarschulen, die sich umgewandelt haben.
Dieser Erfolg, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist einigen durchaus ein Dorn im Auge. Es war relativ schnell erlebbar und erkennbar, dass mit dem Wechsel im Bildungsministerium die Gemeinschaftsschulen, nachdem sie vorher doch eine intensive Förderung erfahren haben, eher stiefmütterlich behandelt wurden.
Deswegen also unser Antrag, der inzwischen ja fast zwei Jahre alt ist, als diese Entwicklung erkennbar war. Es ist schon darauf hingewiesen worden, dass von diesem sehr substanziierten und konkreten Antrag in der Empfehlung jetzt nicht viel übrig geblieben ist, wie es eben immer wieder mit Anträgen passiert, dass sie ihrer Substanz entkernt werden und dann sozusagen als Placebo-Antrag daherkommen.
Diese stiefmütterliche Behandlung merkt man beispielsweise auch an dem Info-Material, das das Bildungsministerium für die 4. Klassen herausgegeben hat, in dem die Gemeinschaftsschule nicht in ihrer eigentlichen Rolle zum Tragen kommt.
Wir merken es insbesondere daran, dass die Gemeinschaftsschulen auf der einen Seite den durchaus schlechteren Bedingungen der Sekundarschule, etwa bei den Lehrkräftezuweisungen, unterworfen werden, aber auf der anderen Seite, wenn es um die Oberstufe geht, die vollen Anforderungen des Gymnasiums, und zwar ohne jeden Abstrich, erfüllen sollen. Das sind einfach Stolpersteine, die in den Weg gelegt werden.
Wir sehen im letzten Jahr auch, dass die weitere Entwicklung, was die Anzahl der Schulen betrifft, im Moment stagniert.
Wir werden dieser Beschlussempfehlung deswegen nicht zustimmen. Die Substanz ist dafür nicht ausreichend. Es reicht mir auch nicht aus, vom Minister mehr Engagement zu verlangen. Unsere Anforderung ist vielmehr, dass man die Ressentiments im Bildungsministerium gegen diese erfolgreiche Schulform aufgibt und zu der alten Förderauffassung zurückkommt.
Da der Antrag aber zumindest jeweils in den ersten Sätzen der Punkte 1 und 2 ein gewisses Statement enthält, was für die Gemeinschaftsschulen spricht, und die Punkte 3 und 4 zumindest nicht ganz unwichtige Prüfaufträge enthalten, wollen wir auch nicht dagegen sein.
Ich weiß. - Zweitens werden wir jedenfalls den weiteren Entwicklungsprozess sehr intensiv begleiten, gegebenenfalls auch mit neuen Anträgen oder neuen Anfragen.
Vielen Dank, Herr Abg. Lippmann. Ich sehe keine Wortmeldungen. - Somit spricht für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN der Abg. Herr Aldag. Sie haben das Wort.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Meine Damen und Herren! Gemeinschaftsschulen sind eine tolle Sache. Es sind Schulen, die es sich zum Ziel machen, dass jede Schülerin und jeder Schüler möglichst alle Potenziale an sich entdecken und entwickeln können. Es sind Schulen, die das Konzept „Schule für alle“ durchdacht haben und vormachen, wie genau es gelingen kann.
An Gemeinschaftsschulen steht der individuelle Lernerfolg im Vordergrund. Binnendifferenzierung stellt hier kein technokratisches Wortungetüm dar, sondern ist gelebte Praxis.
Es sind Schulen, an denen Integration und Inklusion funktionieren und an denen es deutlich weniger Schulabbrecherinnen und Schulabbrecher gibt. Gemeinschaftsschulen sind Schulen, die bei vielen Wettbewerben ganz vorn mit dabei sind.
Warum das so ist? - Weil sich Schulleitungen und Kollegien gezielt auf den Weg gemacht haben und Gemeinschaftsschule werden wollten und weil dieser Wille zu engagierten Schulkonzepten geführt hat.
Die Kollegen der Gemeinschaftsschulen erklären bestehende Unterschiede zwischen Schülerinnen und Schülern nicht zum Problem, sondern vielmehr zum Benefit, zu einer Bedingung von Schu
(Zustimmung von Sebastian Striegel, GRÜ- NE, von Wulf Gallert, DIE LINKE, und von Stefan Gebhardt, DIE LINKE)
Insbesondere bei der Umsetzung einer gymnasialen Oberstufe hatten die Gemeinschaftsschulen jedoch Handlungsbedarf signalisiert. In dem gemeinsamen Fachgespräch im Bildungsausschuss wurde deutlich, dass Gemeinschaftsschulen für die Etablierung eigener Oberstufen unsere Unterstützung brauchen, beispielsweise indem die Mindestschüleranzahl eine Zeit lang flexibler gehandhabt werden wird.
Ich freue mich, dass wir diesem Bedürfnis der Gemeinschaftsschulen mit der nunmehr vorliegenden Beschlussempfehlung nachkommen können. Noch viel mehr freue ich mich aber darüber, das Bildungsministerium in dem zurückliegenden sehr langen Beratungsprozess nochmals und sehr grundsätzlich für die Anliegen der Gemeinschaftsschulen sensibilisiert zu haben. - Vielen Dank.