Protocol of the Session on February 28, 2019

Dabei gibt es in unserem Land konkrete Aufgaben, die politisches Handeln notwendig machen. Ich nenne nur das Stichwort Pflegeberufereformgesetz. An dieser Stelle gibt es genügend politischen Handlungsspielraum, der der zukünftigen Generation von Pflegerinnen und Pflegern neue Möglichkeiten schaffen kann.

Nur mit einer Vielzahl konkreter Maßnahmen verbessert sich die Pflegesituation in unserem Land. Es gehört zu unseren Forderungen, dass das Land die Pflegeschulen und anerkannten Ausbildungseinrichtungen stark in die Umsetzung dieses Gesetzes einbindet.

Darüber hinaus nehmen wir die Ministerin beim Wort, die sich an verschiedenen Stellen mit der Forderung nach einem flächendeckenden Tarifvertrag für die Pflegekräfte an die Öffentlichkeit wagte. Unserer Meinung nach sollte die Richtschnur hierbei der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst sein.

(Beifall bei der LINKEN)

Auch für Pflegerinnen und Pfleger muss der Anspruch nach Vereinbarkeit von Familie und Beruf realistisch und lebbar sein. Auch die Einstiegs- und Aufstiegsmöglichkeiten in diesem Beruf gilt es zu verbessern. Die bereits aktive Interessenvertretung im Land, nämlich der Landespflegerat, muss mehr und verbindlicher als bisher in die politischen Entscheidungsprozesse eingebunden werden.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit und bitte um Zustimmung zu unserem Alternativantrag.

Vielen Dank, Frau Abg. Zoschke. Ich sehe keine Wortmeldungen. - Die nächste Debattenrednerin ist die Abg. Frau Lüddemann für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Thematik Pflegekammer beschäftigt Sozialpolitiker seit Jahrzehnten, und das in kontroverser Weise. Die Landesfachgruppe Soziales meiner Partei hat dazu vor einiger Zeit eine gut besuchte Fachveranstaltung organisiert. In unserem Wahlprogramm für die Landtagswahl 2016 haben wir uns für eine breite Informationskampagne und eine darauf aufbauende Umfrage zur Pflegekammer ausgesprochen. Damit wären wir nicht allein; das ist im Bundesgebiet schon mehrfach praktiziert worden.

Denn letztlich müssen die betroffenen Professionen selbst entscheiden, ob sie die Verkammerung wollen oder nicht. Von einer Zwangsmitgliedschaft kann in keiner Weise die Rede sein. Bei so etwas würde ich nie mitmachen.

Bereits bei der ersten Befassung zu einer Pflegekammer im Hohen Hause im Juli 2013 haben wir GRÜNE eine repräsentative Befragung der Beschäftigten im Pflegebereich beantragt. Leider fand dieser Änderungsantrag damals keine Mehrheit, sodass es seinerzeit bei einem Bericht der Landesregierung unter Beteiligung des Landespflegerates blieb. Das führte natürlich in der Sache keinen Deut weiter; denn ohne Votum der Beschäftigten haben wir als Politik eben keinen Auftrag für entsprechende gesetzgeberische Initiativen.

Ob wir jetzt, sechs Jahre später, weiter in der Sache sind, vermag ich nicht zu sagen. Mancherorts ist seitdem einiges passiert und es gibt erste Pflegekammern in Deutschland.

Eine Sache allerdings fehlt im Antrag. Exakt die gleiche Ausgangslage und die gleiche Argumentation gilt auch für den Bereich der Heilmittelerbringer. Auch eine Heilmittelerbringerkammer ist im Gespräch, ebenso wie eine Physiotherapeutenkammer. Das kann man unterschiedlich bezeichnen. Auch dazu ist die Debattenlage unübersichtlich. Um beim Beispiel Physiotherapie zu bleiben: Hier haben wir zwei große Verbände. Der eine große Verband ist für die Pflegekammer, der andere ist gegen die Pflegekammer. Auch hierbei haben wir divergierende Positionen.

Um das zusammenzufassen: Für einen Alternativantrag sind die Positionen zu vielgestaltig. Daher werden wir - Kollege Krull hat es erwähnt - den Antrag in den Ausschuss überweisen.

Für meine Fraktion möchte ich ankündigen, dass wir uns ein Fachgespräch im Ausschuss wünschen, gerade um die unterschiedlichen Positionen und Abwägungen der Verbände aufnehmen zu können.

Ich hege durchaus Sympathien für eine Pflegekammer und verknüpfe dieses Anliegen ganz zentral mit dem übergeordneten Ziel, Pflege- und Gesundheitsberufe zu stärken und eigenständig weiterzuentwickeln, damit sie - wenn man es provokant formulieren will - nicht mehr unter der Knute der Ärzteschaft stehen, aber immer nur, wenn die Professionen selbst es wollen. Pflegekammern können einen Beitrag leisten, wenn eine Befragung dies ergibt. Das ist unsere Position. - Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Abg. Lüddemann. Auch hierzu sehe ich keine Wortmeldung. - Wir kommen zum nächsten Debattenredner. Für die SPD-Fraktion spricht der Abg. Herr Steppuhn.

Das dauert einen Moment.

Ich habe Ihnen auch noch nicht das Wort erteilt.

Aber die Zeit läuft schon.

Nein, die läuft nicht. - Jetzt haben Sie das Wort. Bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Das, was Kollege Siegmund für die AfD, für die Antragstellerin, vorgetragen hat, hat für mich eher danach geklungen, dass es zu der Gründung einer staatlich festgelegten Gewerkschaft für Pflegekräfte kommen soll. Dafür wäre ich auf keinen Fall.

Es ist die Forderung nach Einrichtung einer Pflegekammer angesprochen worden. Das ist für uns hier im Landtag schon seit Längerem kein unbekanntes Thema. Pflegekammern werden, wie wir wissen, in vielen Bundesländern und auf Bundesebene sehr kontrovers diskutiert. Auch in den Bundesländern, die seit wenigen Jahren eine Pflegekammer haben - wie Rheinland-Pfalz, Niedersachsen und Schleswig-Holstein -, ist sie nicht unumstritten, etwa wegen der verordneten Pflicht

mitgliedschaft und der Pflichtbeiträge ihrer Mitglieder.

Weitere strittige Punkte sind die mögliche Konkurrenz zu anderen, bereits bestehenden Interessenvertretungen in der Pflege und mögliche finanzielle Doppelbelastungen für die Beschäftigten, sprich: die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.

Ich unterstütze immer gern jede Initiative, die zur Stärkung von Interessen der Beschäftigten führt und die sich für die Verbesserung ihrer Selbstorganisation, ihrer Arbeitsbedingungen, aber auch der Entlohnung oder der beruflichen Qualifikation und eine damit verbundene Fachkräftesicherung, die dringend notwendig ist, einsetzt. Dass eine Pflegekammer allerdings der richtige Weg ist, um die Bedingungen in der Pflege zu verbessern, glaube ich nicht.

Bereits in der letzten Legislaturperiode haben sich der Landtag und der Sozialausschuss - das wurde angesprochen - sehr intensiv mit dem Thema befasst, und es gibt einen längeren Bericht zum Für und Wider der Einführung einer landesweiten Pflegekammer.

Ja, meine Damen und Herren, die Pflege steht vor großen Herausforderungen, sowohl aufgrund der in unserem Bundesland steigenden Anzahl von pflegebedürftigen Menschen als auch aufgrund der wachsenden Kosten der Pflege und nicht zuletzt aufgrund der Arbeitsbedingungen in diesem Bereich. Eine Pflegekammer als berufsständische Vereinigung könnte hierbei sicherlich in einem genau definierten Aufgabenrahmen Veränderungen anregen, aber ich glaube, nicht mehr und auch nicht weniger.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Was aber eine Pflegekammer nicht kann - die Frau Ministerin ist darauf eingegangen -: Sie kann keine Tarifverhandlungen führen; denn das obliegt den Sozialpartnern. Sie kann auch nicht in die Regelungskompetenz für die Ausbildung in den Pflegeberufen wie beispielsweise die derzeitige Umsetzung des Pflegeberufereformgesetzes eingreifen. Hierbei reden wir über eine Bundesangelegenheit. Auch kann die Aufgabe der Qualitätssicherung nicht übertragen werden. Dies sollte den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in der Pflege deutlich vermittelt werden, auch allen Akteuren dort, damit wir mit dieser Diskussion nicht erneut Erwartungen wecken, die eine Pflegekammer nicht erfüllen kann.

Herr Kollege Steppuhn, Ihre Redezeit ist bereits zu Ende.

Ich bin bereits am Ende. - Deshalb halte ich es für richtig, dass wir diese Debatte, wenn sie gewünscht wird, im zuständigen Fachausschuss, gern auch mit einem Fachgespräch, führen, auch wenn wir vielleicht an der einen oder anderen Stelle die Argumente der Vergangenheit noch einmal austauschen werden. - Herzlichen Dank.

Vielen Dank. - Zum Schluss hat noch einmal der Abg. Herr Siegmund für die AfD-Fraktion das Wort. Sie haben jetzt das Wort. Bitte.

Vielen Dank, liebe Frau Präsidentin. - Liebe Kollegen! Ich bedanke mich für diese inhaltliche und faire Debatte. Das muss man an diesem Punkt einmal erwähnen.

Herr Krull, Sie haben es eigentlich auf den Punkt gebracht. Es gibt natürlich diverse Vorteile, aber es gibt auch Nachteile, die mir wohl bewusst sind, die ich aber, wie Sie festgestellt hätten, wenn Sie mir richtig zugehört hätten, vor allen Dingen Herr Steppuhn, in meiner Rede vorher ausgeräumt habe.

Ich habe in keinem Fall davon gesprochen, dass die Pflegekammer eine Art Gewerkschaft wird. Es wird eine parallel zu den Gewerkschaften laufende Sache. Das ist der Hauptgrund, warum gerade DIE LINKE und die SPD auf allen Landesebenen und der Bundesebene dagegen sprechen, weil sie Angst um die Einflüsse ihrer Gewerkschaften und Gewerkschaftskollegen haben,

(Stefan Gebhardt, DIE LINKE: Nein, weil es Zwangsbeiträge bringt!)

was völlig unnötig ist, weil es flankierende Projekte sind, die sich nicht gegenseitig ausschließen. Das muss ich noch einmal ganz klar sagen.

Das Beispiel Niedersachsen wurde des Öfteren als schlechtes Beispiel genannt. So habe ich es herausgehört. Zu Niedersachsen muss man sagen, dass die Einführungsgeschichte ganz anders war, als wir uns das in unserem Antrag vorgestellt haben. Wir möchten aus Fehlern der anderen lernen und Dinge besser machen.

Was in Niedersachsen primär gefehlt hat, war beispielsweise die Anschubfinanzierung. Deshalb gab es diesen Beitragswirrwarr, dass teilweise Kollegen, die im unteren Einkommenssegment waren, mit dem Höchstsatz bemessen wurden und einen Beitragsbescheid bekamen, der ihnen eigentlich nicht zugestanden hätte. Das wurde später wieder verrechnet, aber genau dieses Kuddelmuddel hat das Vertrauen gekosten. Das

wollen mit unserem Antrag viel sachlicher und effizienter lösen, indem man es besser plant. Diese Beispiele, vor allem von Niedersachsen - das war bei Ihnen, Frau Zoschke, das Hauptargument - kann man hier ausschließen.

Lange Rede, kurzer Sinn: Was ich etwas verrückt finde - - Zwangsmitgliedschaft - dieses Wort würde ich hier absolut nicht in den Mund nehmen.

(Zuruf von Tobias Krull, CDU)

Herr Gebhardt, Sie haben es gerade gesagt. Bei der GEZ besteht eine Zwangsmitgliedschaft. Da werden die Menschen gezwungen, ihren Zwangsbeitrag zu entrichten.

(Beifall bei der AfD)

Sie wurden nie gefragt, ob sie das wollen. Wir sagen ganz klar: Die Pfleger sollen entscheiden, ob sie die Kammermitgliedschaft wollen, ob sie wie in Bayern die lose Interessenvereinigung - den Pflegering, wie er dort heißt - mit freiwilliger Mitgliedschaft wollen, finanziert über Steuermittel über den Landeshaushalt, oder ob sie gar nichts wollen. Demokratischer geht es nicht. Das Wort „Zwangsmitgliedschaft“ ist hier völlig unangebracht.

Argumente können wir gern im Ausschuss noch detaillierter austauschen. Für mich sind sie relativ klar. Wer die Debatte verfolgt hat, hat sie vielleicht mitgenommen. Der Überweisung in den Sozialausschuss, zur Mitberatung in den Finanzausschuss, stimmen wir natürlich zu. - Nochmals vielen Dank und auf eine gute Zusammenarbeit.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank, Herr Abg. Siegmund. - Ich habe klar und deutlich vernommen, dass dieser Antrag in den Ausschuss für Arbeit, Soziales und Integration zur federführenden Beratung und zur Mitberatung in den Finanzausschuss überwiesen werden soll. Das ist so korrekt? - Dann lasse ich darüber abstimmen. Wer diesen Antrag in die eben genannten Ausschüsse überweisen will, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das sind die AfDFraktion und die Koalitionsfraktionen. Wer stimmt dagegen? - Das sind die Fraktion DIE LINKE

(Ulrich Siegmund, AfD: GEZ abschaffen!)

und ein Mitglied der SPD, wie ich das eben gesehen habe. Oder war das - -