Protocol of the Session on February 28, 2019

(Zustimmung bei der AfD)

Ferner ist bei Ihrem Antrag festzustellen, dass er zwar brav die genannte EU-Richtlinie bedient, in ihm aber kein einziges Wort zu den aktuellen Hauptproblemen für Hebammen im Land verloren wird, welche die Hebammen wesentlich mehr als eine ausbleibende Akademisierung belasten und potenziell neue Hebammen abschrecken.

Hierbei wäre zum Beispiel zuallererst die dringend notwendige Neuregelung der Berufshaftpflicht für freiberufliche Hebammen zu nennen, die Sie anscheinend weiterhin ignorieren, oder die Tatsache, dass Hebammen zwar große Verantwortung tragen, aber trotzdem immer noch oft schlecht entlohnt werden, oder der ständig steigende bürokratische Aufwand, den Hebammen neben ihrer regulären, bereits auslastenden Arbeit zunehmend stemmen müssen, oder das Problem großer Entfernung zur nächsten Geburtsklinik, wobei dies auch werdenden Müttern zusetzt. Deshalb müssten dringend mehr statt weniger Geburtsstationen geschaffen werden, wenn wir den ländlichen Raum abdecken und einen Wegzug der Menschen in die großen Städte verhindern wollen.

Sie sehen, es gäbe genug drängendere Probleme, die Sie aber anscheinend weiterhin ignorieren oder aus Faulheit die Zuständigkeit schnell an andere Ebenen abschieben wollen. Das kennen wir ja schon.

Meine Damen und Herren! In Anbetracht der geringen Geburtenzahlen in den letzten Jahrzehnten und der zahlreichen Beschwerden seitens der Familien und der Hebammen in diesem Land kann die bisherige Familienpolitik nur als gescheitert bezeichnet werden.

Wir als AfD-Fraktion fordern daher umfangreiche Reformen für eine familienfreundlichere Gesellschaft, wozu es selbstverständlich auch gehört, Hebammen stärker zu entlasten, den Beruf wieder attraktiver zu machen und damit die Versorgung für werdende Mütter zu gewährleisten.

Ihr Antrag, werte Kenia-Koalition, trägt in der vorliegenden Form nicht sonderlich dazu bei, weshalb er bestenfalls als Einstieg in eine umfangreichere Reform gewertet werden kann.

Noch drei Sätze: Auf der Grundlage der von mir vorgetragenen Gesichtspunkte zum vorliegenden Antrag spricht sich die AfD-Fraktion für eine Überweisung des Antrages in die Ausschüsse für Arbeit, Soziales und Integration sowie für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitalisierung aus, in denen wir über Verbesserungen und Ergänzungen reden sollten. Sollte es zu keiner Überweisung kommen, werden wir uns an dieser Stelle der Stimme enthalten. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der AfD - Zustimmung von An- dré Poggenburg, fraktionslos - Hendrik Lan- ge, DIE LINKE: So ein Unsinn!)

Ich sehe keine Fragen. Demzufolge können wir in der Debatte der Fraktionen fortfahren. Für die CDU-Fraktion spricht der Abg. Herr Krull.

Sehr geehrter Herr Landtagspräsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Situation der Hebammen bzw. der Geburtshilfe hat uns in diesem Hohen Haus in der aktuellen Wahlperiode schon mehrfach beschäftigt. Grund hierfür sind sicherlich auch die Formulierungen in unserem Koalitionsvertrag. In deren Ergebnis wurde nicht nur der Runde Tisch „Geburt und Familie“ ins Leben gerufen, wozu ich an dieser Stelle allen Beteiligten meinen ausdrücklichen Dank für ihre Mitarbeit aussprechen möchte.

Kollege Spiegelberg, wenn Ihre Fraktion regelmäßig an den Treffen teilgenommen hätte, wüssten Sie, dass all die Themen, die Sie hier ange

sprochen haben, dort fachlich fundiert diskutiert worden sind.

(Zustimmung bei der SPD)

Es wurden auch Mittel in den Haushaltsplan eingestellt, um einen Modellversuch des hebammengeleiteten Kreißsaals in Sachsen-Anhalt zu verwirklichen. Auch wurde die Hebammenstudie Sachsen-Anhalt zu den regionalen Bedarfen und deren Deckung durch Leistungen der Geburtshilfe sowie der Vor- und Nachsorge erstellt. Als diese Studie im November 2018 vorgestellt wurde, bezogen sich die meisten Schlagzeilen leider auf die Tatsache, dass das vermeintliche Ergebnis wäre, dass jede fünfte von 430 Hebammen in SachsenAnhalt überlegt, ihren Beruf aufzugeben.

Aus meiner Sicht wird das den Ergebnissen und Inhalten dieser rund 140-seitigen Studie nicht gerecht. Allein 15 Seiten beschäftigten sich mit der Ausbildungssituation der Hebammen in unserem Bundesland inklusive der Akademisierung.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Beruf der Hebammen gehört wohl zu den ältesten Frauenberufen dieser Welt. Die ersten Lehrbücher stammen aus dem zweiten Jahrhundert. Kollegin Lüddemann hatte es schon angesprochen. Bereits im zweiten Buch Moses des Alten Testaments findet man folgenden Auszug:

„Und Gott tat den Hebammen Gutes; und das Volk mehrte sich und wurde sehr stark. Und es geschah, weil die Hebammen Gott fürchteten, so machte er ihnen Häuser.“

Wer sich über die Arbeitsbedingungen der Hebammen im Mittelalter informieren möchte, dem empfehle ich die Folge „Terra X“ von letzten Sonntag mit dem Titel: „Ein Tag in Köln 1629. Ein Tag im Leben der Hebamme Anna Stein“.

(Eva von Angern, DIE LINKE: Stimmt! Das habe ich gesehen!)

Aktuell müssen sich die Hebammen und ihre männlichen Kollegen, die sogenannten Entbindungspfleger, ebenfalls zahlreichen Problemen stellen. Es sei an die Debatte erinnert, die über die erheblich gestiegenen Kosten für die entsprechenden Versicherungen geführt wurde, was wiederum zur Folge hatte, dass freiberufliche Hebammen sich ernsthaft darüber Gedanken gemacht haben, sich beruflich neu aufzustellen bzw. diesen Beruf aufzugeben, und dies leider zum Teil auch tatsächlich getan haben.

Besonders auf Bundesebene wurden entsprechende Debatten geführt. Aus der Sicht der Hebammen und Entbindungspfleger wurde noch keine Lösung gefunden, die die bestehenden Defizite zu 100 % löst.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Antrag setzen wir in Sachsen-Anhalt die Rahmenbedingungen zur Umsetzung der EURichtlinie 2013/55. Als Mitgliedsstaat der Europäischen Union muss Deutschland diese bis zum 18. Januar 2020 umsetzen. Darin wird nicht nur die Hebammenausbildung akademisiert, sondern es wird eine zwölfjährige allgemeine Schulausbildung als Zugangsvoraussetzung für diese Ausbildung definiert.

Natürlich ist es völlig richtig, dass den Müttern und Kindern, ja der gesamten Familie, durch eine qualifizierte Hebamme geholfen wird. Ob die Akademisierung dieses Berufsbildes jetzt das alleinige Heilmittel an dieser Stelle ist, mag jeder für sich entscheiden. Aus der Sicht meiner Fraktion ist aber darauf zu achten, dass wir dem Akademisierungsdrang nicht einfach nachgeben, sondern den Wert einer beruflichen und dualen Ausbildung immer wieder deutlich machen.

Zur Umsetzung der akademischen Ausbildung hat sich auch die aktuelle Bundesregierung im Koalitionsvertrag bekannt. Natürlich erwarten wir, dass sich der Bund schnellstmöglich dazu durchringt, den entsprechenden Richtlinienentwurf zur Umsetzung vorzulegen. Der Deutsche Hebammenverband hat sich in diesem Kontext für eine Vollakademisierung ausgesprochen. Aus der Sicht vieler Beteiligter ist ein duales Studium hierfür der richtige Weg. Eine Vergütung kann hier nur auf freiwilliger Basis im Rahmen eines solchen dualen Studiums erfolgen und stellt sicherlich eine absolute Ausnahme dar.

Ich möchte mich bei dieser Gelegenheit an alle Damen und bundesweit sehr wenigen Herren wenden, die als Hebamme bzw. als Entbindungspfleger tätig sind. Ihre Arbeit wird von uns sehr wertgeschätzt und bei aller Wichtigkeit der fundierten Ausbildung hängt die Qualität ihrer Arbeit auch im Wesentlichen davon ab, wie empathisch sie auf die Mütter und Väter vor und nach der Geburt und ihre vielen Fragen und Probleme reagieren. Danke, dass Sie den Menschen zur Seite stehen und sie begleiten, wenn ein Kind das Licht der Welt erblickt.

Lassen Sie uns jetzt die notwendigen Schritte einleiten, um die Ausbildung für Hebammen und Entbindungspfleger in Sachsen-Anhalt weiterhin zu sichern und dabei im Hinterkopf behalten, dass es zahlreicher Schritte bedarf, um dieses Berufsbild auch weiterhin attraktiv zu gestalten und das nicht nur, was die Frage der Ausbildung angeht. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung bei der LINKEN und bei der SPD)

Es gibt Nachfragen; zuerst von Herrn Spiegelberg. - Bitte.

Herr Krull, ich finde es ganz putzig, dass Sie nur darauf eingegangen sind: „Darüber wurde ja schon diskutiert.“ Diskutiert wurde in den letzten Jahrzehnten sehr viel, es ist nur nicht viel passiert. Es wäre schön, wenn dem auch Taten folgen würden. Ich gehe von dem aus, was im Antrag steht. Dort steht von diesen Punkten, über die Sie hier so viel diskutieren, nichts drin. Also ist es Geschwafel ohne Hand und Fuß.

(Zustimmung bei der AfD)

Sie können gern nachliefern, Sie können gern einen Antrag einbringen, dann wäre es gut. Aber bisher haben Sie nicht geliefert, so wie in den letzten Jahrzehnten nicht.

(Zustimmung bei der AfD)

Herr Spiegelberg, ich vermute einmal, mit „Sie“ meinen Sie die gesamte CDU-Fraktion, weil ich noch nicht seit Jahrzehnten diesem Haus angehöre, genauso wenig wie Sie. Vielleicht mag es für uns im Jahr 2021 auch zu Ende gehen. Solange ich in diesem Haus mitarbeiten darf, möchte ich über die Vorschläge, die mir vorgelegt werden, nachdenken und nach entsprechender Überlegung auch konsequent umsetzen.

Ich weiß nicht, ob Sie diese Studie von 140 Seiten gelesen haben und ob Sie wissen, welche Vorschläge darin genannt sind. Es wird weiterhin am Runden Tisch „Geburt und Familie“ gearbeitet. Es ist auch eine Frage des Respekts gegenüber den dort Mitwirkenden, dass über Vorschläge, die dort erarbeitet werden, vorher abgestimmt wird, bevor es parlamentarische Initiativen gibt.

(Zustimmung bei der CDU und bei der SPD)

Dann gibt es noch eine Frage von Frau Zoschke. - Bitte sehr.

Danke, Herr Präsident. - Herr Krull, ich bin ganz bei Ihnen, wenn Sie sagen, eine Akademisierung ist notwendig, die Aus- und Fortbildung auch der jetzt tätigen Hebammen und Entbindungspfleger ist sehr wichtig.

Mein Problem ist ein ganz anderes. Es betrifft die immer wieder hochkochenden und auch bereits

vollzogenen Schließungen von Entbindungsstationen. Es liegt meiner Meinung nach daran, dass die Entbindung im DRG-System zu gering bezahlt wird. Müssten wir nicht gemeinsam viel stärker darauf dringen, dass genau dies einer besseren Bezahlung unterliegt, damit vor Ort Kinder geboren werden, unabhängig davon, ob im hebammengeleiteten Kreißsaal oder als Hausgeburt oder im ganz normalen Kreißsaal?

Sehr geehrte Frau Kollegin, die Bezahlung ist sicherlich ein Problemfeld. Ein zweites Problemfeld ist das notwendige Personal. Im Landtag können wir über die Bezahlung sicherlich viel philosophieren, aber das müssen andere Gremien entscheiden. Ich kann nur für mich persönlich sprechen. Gerade diesen Bereich für die Krankenhäuser finanziell so zu gestalten, dass sich eine Geburt für die Krankenhäuser tatsächlich - ich möchte es jetzt einmal so sagen - rechnet, da sind wir sicherlich auf einer Seite.

Ich sehe keine weiteren Fragen. Damit sind wir am Ende des Diskussionsbeitrages angelangt. - Für die Fraktion DIE LINKE spricht der Abg. Herr Lange. Herr Lange, Sie haben das Wort.

Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dass der Hebammenberuf ein sehr wichtiger ist, dass die Tätigkeit der Hebammen und der Geburtshelfer auch eine ganz besondere ist, das ist, denke ich, allen klar. Das haben die vorhergehenden Rednerinnen und Redner deutlich gemacht. Auch wir gehören zu jenen, die sich sehr oft mit verschiedenen Initiativen für die Verbesserung der Berufsbedingungen eingesetzt haben.

Ich stehe hier als derjenige, der das Thema hochschulpolitisch begleitet; denn Ihr Antrag ist im Wesentlichen ein hochschulpolitischer Antrag.

(Cornelia Lüddemann, GRÜNE: Sie haben es richtig verstanden! Genau so! - Heiter- keit bei der LINKEN)

- Ein Glück! Endlich mal etwas. - Allerdings kann ich mit einer Kritik nicht hinterm Berg halten: Das ist nicht die Spitze der Bewegung, das muss man sagen.

(Zustimmung von Dagmar Zoschke, DIE LINKE)

Wir haben das Datum Januar 2020 festgelegt, und bis heute ist noch nicht klar, wie Anfang 2020 die Ausbildung in diesem Land strukturiert sein soll. Das ist ein Problem, das die Landesregie

rung, aber auch der Bund einfach nur verschlafen haben.

(Zustimmung von Doreen Hildebrandt, DIE LINKE)