Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst in Richtung der AfD: Da Sie dieses Thema morgen ohnehin mit einem Antrag auf der Tagesordnung haben, habe ich überhaupt kein Verständnis dafür, dass Sie die Diskussion dazu schon heute in der Fragestunde eröffnen.
(Beifall bei der LINKEN und bei den GRÜ- NEN - Sebastian Striegel, GRÜNE: Es man- gelt ihnen an Fakten! Das ist doch klar!)
Ich werde Ihnen jetzt vortragen, was ich morgen dazu vortragen wollte. Sie können sich überlegen, ob Sie möglicherweise Ihren Antrag zurücknehmen. Aber vielleicht wollen die anderen Fraktionen auch noch reden.
(Heiterkeit bei der CDU, bei der LINKEN, bei der SPD und bei den GRÜNEN - Ro- bert Farle, AfD: Wir sind doch entspannt! Wir möchten nun Ihre Ausführungen hö- ren!)
Herr Minister Stahlknecht, einen kleinen Moment, bitte. - Ich denke, auch an dieser Stelle sollten wir doch etwas Respekt vor demjenigen haben, der hier vorn steht. Ihre Fraktion hat - -
(Daniel Roi, AfD: Das war eben Herr Hase- loff, der hier vorn stand! Da war die Nach- frage! - Unruhe)
- Herr Abg. Roi, nicht Sie haben zu entscheiden, wer dann für die Landesregierung hier spricht. Das möchte ich ganz scharf zurückweisen.
Es kommt immer darauf an, welche Nachfrage gestellt wird. Dann kann die Landesregierung entscheiden, wer darauf antwortet. Ich finde, man sollte Respekt gegenüber demjenigen hier vorn zeigen. Ihre Fraktion hat eine Frage gestellt, dann lassen Sie bitte auch denjenigen, der hier vorn steht, die Antwort geben. - Bitte, Herr Stahlknecht.
Zunächst sind es zwei große Themen, die in den nächsten Jahrzehnten zu lösen sein werden, und zwar über das tagespolitische Geschäft hinaus. Das eine ist der Klimawandel - das ist jetzt nicht das Thema -,
und das Zweite ist die Migrationsfrage, weil 60 Millionen Menschen auf der Flucht sind und weil möglicherweise durch den Klimawandel weitere Migrationsanreize gesetzt werden. Das werden wir einfach zur Kenntnis nehmen müssen. Insofern brauchen wir für die Migrationspolitik und das, was wir tun wollen, Antworten. Es ist, wenn sich die UN in ihrer Resolution damit beschäftigt, doch folgerichtig, Lösungen für dieses Problem zu suchen.
bis hinten gelesen -, für die richtigen Ansätze - nicht dass wir uns falsch verstehen. Das Entscheidende ist doch nur die Frage, inwieweit - das hat der Ministerpräsident gesagt, damit beginne ich einmal - eine andere Kommunikationsstrategie hätte gewählt werden sollen. Denn das ist nicht irgendeine sonstige Resolution, die man so nebenbei macht, sondern das ist eine grundlegende Resolution, die die Strategie für die nächsten Jahrzehnte dafür entwickelt, wie wir mit Migration umgehen.
Aufgrund der Erfahrungen aus dem Jahr 2015 und der Sensibilität unserer Bürgerinnen und Bürger sowie der Aufgeregtheit und in Teilen auch des Wundseins bei diesem Thema hätte ich mir schon gewünscht, dass das Auswärtige Amt eine wesentlich offensivere Kommunikationsstrategie geführt hätte.
Denn wir können nicht immer Politik über die Köpfe der Menschen hinweg machen. Wegen dieser mangelhaften Kommunikationsstrategie hat man gerade Ihnen Tür und Tor geöffnet. Sie versuchen jetzt, wie Sie das teilweise machen, durch falsche Nachrichten und Fakenews
Der zweite Punkt ist, dass diese UN-Resolution sehr wohl - das will ich einmal klarstellen - eine Bindungswirkung erzielen wird.
Damit bin ich nicht allein. Der renommierte Völkerrechtswissenschaftler Prof. Dr. Tomuschat sagt, es erzielt eine Bindungswirkung. Herr Prof. Tomuschat ist über alle Zweifel erhaben, Mitglied der AfD oder rechts zu sein. Er wendet einfach Recht an. Da sage ich Ihnen mit meinen bescheideneren Kenntnissen als Jurist - ich bin nicht so renommiert wie er -: Ich sehe das genauso,
weil diese UN-Resolution durch Verwaltungsgerichte und möglicherweise auch durch Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts,
wenn es um Ermessensentscheidungen und Auslegung von Recht geht, herangezogen wird und durch Rechtsfortbildung für das Handeln hier in Deutschland bindend wird. Das muss man doch
einmal sagen dürfen. Insofern halte ich es für falsch, der Bevölkerung Sand in die Augen zu streuen, indem permanent gesagt wird, das sei nicht bindend.
Jetzt komme ich zu einem anderen Punkt, dem Punkt 15: Gewährung des Zugangs von Migranten zu Grundleistungen. Darüber müssen wir doch reden dürfen. Wir haben in unserer Verfassung aus gutem Grund das Sozialstaatsprinzip geregelt. Das Bundesverfassungsgericht hat dazu eine Entscheidung getroffen, wie das auch in solchen Fällen finanziell auszuformen ist.
Wir haben zusätzlich in unserer Verfassung das Grundrecht auf Asyl. Andere Staaten haben das Sozialstaatsprinzip nicht in ihrer Verfassung. Andere Staaten gewähren geringere Grundleistungen als Deutschland. Insofern muss doch hier eine Möglichkeit geschaffen werden, wenn es denn beschlossen wird, dass die anderen Staaten in der gleichen Höhe Grundleistungen leisten wie wir, weil sonst die Gefahr besteht, dass die Leute mit den Migrationsströmen am liebsten zu uns kommen, weil wir die höchsten Grundleistungen zur Verfügung stellen.
Das hat überhaupt nichts mit rechts außen zu tun. Das muss besprochen werden. Gegebenenfalls gibt man, wenn man dieser Resolution zustimmt, durch die Bundesregierung eine Protokollnotiz ab, in der die anderen Länder aufgefordert werden, ihre Grundleistungen anzuheben.
Das wird ein schwieriger Prozess werden. Oder wir reden einmal darüber, wie wir mit unseren Grundleistungen umgehen. Oder man macht einen Entschließungsantrag dazu im Bundestag. Das ist aber nicht unsere Aufgabe.
Ich kann das nur sagen. Das ist auch das - weil Sie auf den Parteitagsbeschluss meiner Partei hinauswollen -, was die Menschen meiner Partei bewegt. Ich spreche jetzt aber nicht als Parteivorsitzender, sondern ich spreche hier als Innenminister.
Wenn Sie durch dieses Land gehen und mit den Menschen reden - wir haben verabredet zuzuhören -, dann werden Ihnen diese Fragen gestellt.
Man kann die Fragen nicht dadurch beenden, dass man sagt, dieser Pakt sei nicht verpflichtend und man solle sich nicht so aufregen. Denn dann fragen die Menschen nämlich, warum es überhaupt gemacht wird, wenn es nicht verpflichtend ist.
(Daniel Roi, AfD: Das machen doch aber Ihre Leute im Bundestag! Hören Sie sich doch mal die Reden an!)
(Daniel Roi, AfD: Weil Sie auf Bundesebe- ne genau das Gegenteil erzählen! Das ist das Problem, Herr Stahlknecht! Das ist Ihre Partei! - Sebastian Striegel, GRÜNE: Ru- hig, Brauner! - Zustimmung)
- Wissen Sie, Herr Roi, das ist der Grund, wenn Sie über - - Ich verwende mal einen Ausdruck, für den ich vielleicht gleich eine Ermahnung bekomme, aber das nehme ich in Kauf. Ich habe einmal gesagt: Wer konservativ ist, der ist nicht rechts. Ich bin nicht rechts. Sie da drüben sind schon deshalb nicht konservativ, weil Ihnen die Würde und der Anstand fehlen, die Konservative nämlich haben. Genau das bringen Sie hier zum Ausdruck.
Und genau das, Herr Roi, unterscheidet uns, auch wenn es gelegentlich Schnittmengen dessen gibt, was Sie beantragen, so wie es gelegentlich Schnittmengen zwischen der SPD und der LINKEN gibt, was aber in einer guten Demokratie und in einer pluralen Gesellschaft möglich ist.
Ihnen fehlen aber ganz einfach Anstand und Würde gegenüber anderen. Und durch Ihre Brüllerei stellen Sie Ihre eigene Würde infrage. Auch das kommt hinzu. - Vielen Dank.