Herr Kohl, Sie wissen genau, dass das Thema Versammlungsrecht auch die An- und Abreise zu Versammlungen betrifft. Insofern muss man sich
(Oliver Kirchner, AfD: Man muss sich vor solchen Leuten wie Ihnen schützen! - Wei- tere Zurufe von der AfD)
Beide Ereignisse markieren eine erneute Grenzüberschreitung. Dass es sich bei dem mutmaßlichen Toilettenprügler um einen Abgeordneten handeln soll, der vor seiner Wahl als Polizist tätig war, verschärft aus meiner Sicht das Problem. Es kann und darf uns als Abgeordneten und als Menschen nicht egal sein, wenn andere Opfer von Gewalt werden.
Es kann und darf uns auch nicht egal sein, wenn sich diese Gewalt, wie im Fall des berichteten Toilettenangriffs, vermeintlich nur unter den Parteigenossen selbst abspielt. Gewalt ist nie akzeptabel. Auch in diesem Fall gilt - so schwer einem das fallen mag - unser Mitgefühl dem Angegriffenen, dem Abg. Schmidt. Danken will ich deshalb unserer Präsidentin, die alle notwendigen Schritte sofort eingeleitet hat.
Gewalt ist auch mit Blick auf AfD-Delegierte oder mit Blick auf Sachbeschädigungen an AfD-Wahlkreisbüros nicht akzeptabel.
Herr Kirchner und Herr Poggenburg, ich erlebe nicht, dass in diesem Landtag diese Gewalt in irgendeiner Art und Weise gerechtfertigt wird. Sie ist immer und von allen hier deutlich als nicht akzeptabel benannt worden. Und das wird auch so bleiben, weil ich es für ein Mindestmaß an demokratischem Agieren halte, dass man sich darüber klar wird, dass Gewalt kein Mittel der Politik sein kann.
Insofern erwarte ich, dass Sie Ihre Unterstellung gegenüber anderen Abgeordneten, hier würde Gewalt gerechtfertigt, nicht weiter betreiben, ja, dass Sie sie zurücknehmen.
Mir ist unverständlich, wieso die Staatsanwaltschaft zu der Einschätzung gelangt, der berichtete Angriff sei nur auf dem Weg der Privatklage zu verfolgen. Hier wünsche ich mir deutlich mehr Einsatz der Strafverfolgungsbehörden und konkrete Unterstützung für Opfer von Gewalt. Eine körperliche Auseinandersetzung zwischen zwei Mitgliedern eines Verfassungsorgans unter Bezug auf einen politischen Konflikt - so wird berichtet - ist keine Privatangelegenheit. Darauf weist schon der Zeitpunkt, nämlich während einer Sitzung des Landesvorstandes der sogenannten Alternative, hin, zu dem sich die Tat zugetragen haben soll.
Dass der Vorsitzende des Innenausschusses unseres Parlamentes einen Mitarbeiter beschäftigt, der an NPD-Veranstaltungen teilnahm, der in vom Verfassungsschutz beobachteten Burschenschaften aktiv war, Symbole österreichischer Nationalsozialisten trug und nun durch die Mitnahme und den Einsatz von Waffen im Kontext einer Versammlung auffällig wird, zeigt, dass sich nicht einmal diejenigen aus der AfD, die sich äußerlich weniger radikal geben und äußern, zu Verfassungsfeinden abgrenzen. Die sogenannte Alternative ist verfassungsfeindlich.
Um dies zu bemerken, muss man keine nachrichtendienstlichen Mittel einsetzen; dafür reicht manchmal schon ein Gutachten der AfD selbst. Es reicht, die Reden und Publikationen von Mitgliedern dieser Partei zu studieren oder programmatische Texte zu lesen. Als Beleg dafür möchte ich mich einmal außerhalb Sachsen-Anhalts umschauen und auf den in der AfD als Heilsbringer gefeierten Björn Höcke zurückkommen,
der in seinem aktuellen Buch mit seiner Verachtung für Demokratie, Parlamentarismus und Menschenrechte nicht hinter dem Berg hält. Für ihn sind - Zitat - „die westlichen Werte […] aufgeblasener Werteschaum.“
„Der Parteiengeist“ - ich zitiere - „muss überwunden, die innere Einheit hergestellt werden“, sagt er. Mit dem - Zitat - „westlich-dekadenten Liberalismus und der ausufernden Parteienherrschaft“ soll Schluss sein. Beides müsse ersetzt werden durch - Zitat - „eine fordernde […] politische Elite, die unsere Volksgeister wieder weckt“.
Dass er für die Zeit des Systemsturzes auch die deutsche Gründlichkeit beschwört - wieder Zitat: „keine halben Sachen“ -, zeigt an, wohin die Reise mit Höcke und der AfD gehen soll: in die rechtsautoritäre Diktatur.
Wer Demokratie und Menschenrechte bedroht, wie die AfD das tut, der wird in uns GRÜNEN immer einen Gegner haben. Wir verteidigen die Demokratie. Wir achten die Werte des Grundgesetzes. Wir lassen nicht zu, dass Menschenrechte beschnitten werden. Wir widersprechen dem Hass. Wir spalten nicht.
Ich bin sicher, dass die politische Kultur unserer Bundesrepublik - versteht man unter ihr die Summe an Einstellungen der Bürgerinnen und Bürger zu politischen Institutionen und ihre Beteiligung an politischen Prozessen - widerstandsfähiger ist, als
Es ist notwendig, die Grenzüberschreitungen der AfD zu dokumentieren. Nicht notwendig ist es, ihr für ihre Grenzüberschreitungen immer noch weitere Aufmerksamkeit zu verschaffen.
Gegen die AfD und ihren autoritären nationalradikalen Kurs hilft nicht das Kopieren ihrer Inhalte oder ihres Stils. Alle Fraktionen hier im Haus sollten sich deshalb ihrer eigenen Politikangebote bewusster werden und diese offensiver vertreten.
Eine immer weiter entgrenzte Rhetorik ist nicht das Mittel der Wahl. Wir brauchen eine Rückkehr zu Fakten und aus diesen heraus eine Entwicklung von Politik.
Zum Schluss: Position gegen die AfD kann glaubhaft nur beziehen, wer aus Überzeugung für Demokratie und Menschenrechte eintritt. Mehr Sorge als die AfD selbst macht mir deshalb, wenn es uns selbst an Haltung fehlt. Die AfD allein kann die politische Kultur nicht ernsthaft beschädigen. Beschädigt wird sie, wenn wir uns als Demokratinnen und Demokraten der AfD und ihrem autoritären nationalradikalen Politikangebot nicht deutlich entgegenstellen. - Vielen herzlichen Dank.
Vielen Dank, Abg. Herr Striegel. Es gibt eine Wortmeldung. Möchten Sie darauf reagieren? Ich weiß allerdings noch nicht, ob es eine Frage oder eine Kurzintervention von Herrn Abg. Poggenburg ist. - Bitte, Herr Poggenburg.
Eine Kurzintervention. - Sehr geehrter Herr Abg. Striegel, Sie haben der AfD-Fraktion mehrere schwere Vorwürfe gemacht, ihr Dinge unterstellt, beispielsweise auch Antisemitismus. Dazu muss ich sagen: Das finde ich in diesem Hohen Haus unredlich. Das finde ich unverschämt. Mir ist gar nicht klar, dass es hier so einfach möglich ist, einer Fraktion Antisemitismus vorzuwerfen.
Ich weise das ganz klar von uns. Darüber wird in Zukunft noch zu reden sein, auch im Ältestenrat. - Danke.
Herr Poggenburg, ich lege Wert darauf, dass ich der AfD Antisemitismus vorgeworfen habe, und zu diesem Vorwurf stehe ich. Ich bitte Sie, nur ein Beispiel aus den letzten Tagen zur Kenntnis zu nehmen: Die Staatsanwaltschaft ist überzeugt davon - sie wird das vermutlich auch zur Anklage bringen -, dass Mitglieder einer Besuchergruppe von Frau Weidel - das ist Ihre Fraktionsvorsitzende im Bundestag, ja, die mit den Spenden - in einer KZ-Gedenkstätte den Holocaust geleugnet bzw. verharmlost haben sollen. Das ist nur ein Beispiel.
Ich könnte über Herrn Gedeon reden. Ich könnte über die Chiffren von Herrn Höcke reden. Es gibt so viele Beispiele. Ich könnte auch über die Karikaturen, die Herr Olenicak bei Facebook geteilt hat, reden. Wir hätten viele Möglichkeiten, über Antisemitismus in der AfD zu sprechen.
Wie Sie, seitdem es dazu eine Anfrage aus Ihrer Fraktion gegeben hat, wissen, sind beim Thema Antisemitismus die deutschen Tatverdächtigen im Land das Problem. - Vielen herzlichen Dank.
- Nein, es sind eben die deutschen Tatverdächtigen. Diese Antwort hat Ihnen das Innenministerium doch in großer Deutlichkeit geben können.
Es ist keine Wortmeldung, sondern eine Intervention. - Bitte nehmen Sie, Herr Striegel, zur Kenntnis, dass meine Fraktion im März 2018 die einzige Fraktion in diesem Landtag war, die die Jüdische Gemeinde angeschrieben hat und eine Diskussion über Antisemitismus gefordert hat. - So viel dazu. Vielen Dank.
Es ist eine beliebte Konstruktion von denjenigen, die sich antisemitisch äußern, zu sagen, sie hatten auch schon Kontakt mit Juden. Das
(Daniel Roi, AfD: Er soll Beispiele bringen! Junge, junge, junge! - Zuruf von André Poggenburg, AfD)
sondern es wird immer wieder deutlich, dass Sie das strukturelle Problem überhaupt nicht verstanden haben. - Vielen herzlichen Dank.