Protocol of the Session on June 3, 2016

Deshalb sind wir mit unserem Antrag für die verbindliche Regelung des Moratoriums. Wir sind dafür zu sagen: Solange dieses Normkontrollverfahren anhängig ist, bis zu dessen Entscheidung ist die Vollziehung aller streitigen Angelegenheiten auszusetzen.

Das schließt auch ein, dass ein zeitlicher Abschluss dieses Moratoriums im Zusammenhang mit einem hypothetisch möglichen Bundesverfassungsgerichtsurteil nicht gegeben ist. Das ergibt keinen Sinn. Mein Fraktionschef hat vorhin schon gesagt: Es ist im Moment keinerlei Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht anhängig. Damit können wir uns auf nichts berufen und beziehen, was tatsächlich ist. Damit ergibt es keinen Sinn. Nur das Landesverfassungsgerichtsurteil im Rahmen des Normenkontrollantrages ist hier abzuwarten.

(Beifall bei der LINKEN)

Auch die vollständige Aussetzung der Verzinsung, die im Änderungsantrag der AfD vorgelegt wurde - Herr Knöchel hat es schon angesprochen -, würde darauf hinauslaufen, dass wir mit einem Nullzins zum Nachteil der Bürger handeln. Das war doch eigentlich nicht das Ziel der AfD. Sie wollten doch alles zum Vorteil der Bürger tun. Also in diesem Sinne ist diese Regelung hinfällig.

Aber wir sagen auch: Die Koalition hat in ihrem Entwurf etwas zu Zinsen gesagt, und zwar zu einer allgemeinen Zinssenkung. Ich habe bereits am Dienstag ausgeführt, dass wir es richtig finden und begrüßen, dass endlich die Verzinsung im Rahmen des Kommunalabgabenrechts auf ein Niveau gehoben wird, das hier im Lande seit Langem besteht. Es ist also eine Anpassung.

Aus diesem Grunde, weil wir diese Anpassung für richtig halten, haben wir mit dem heute vorliegenden Änderungsantrag diese Zinsregelung übernommen. Damit werden Zinsen auf ein verträgliches Maß gebracht und wir können damit allen Seiten helfen. Trotzdem ist im Falle von möglichen Rückzahlungen für den Bürger noch die Einnahme von Zinsen möglich.

Frau Schindler, ich möchte auf einen Sachverhalt eingehen, den Sie genannt haben. Sie haben gesagt, es gab keine Beitragserhebungen für Anschlüsse, die angeblich selbst geschachtet wurden. Da sind uns ganz andere Sachverhalte bekannt, wenn man 30 Jahre zurückgeht.

(Silke Schindler, SPD: Wo denn?)

Zu DDR-Zeiten sind in zahlreichen Kommunen, auch in zahlreichen öffentlichen Einrichtungen - Beispiel Hochschule Merseburg - die Anschlüsse

sozusagen von den Betreibern selbst verlegt worden. Das entspricht also nicht der Wahrheit.

(Silke Schindler, SPD: Dafür erhalten sie doch die Bescheide nicht!)

- Sie können gleich reagieren. - Ich und wir als Fraktion möchten die Meinung jedes einzelnen Abgeordneten hier im Hause zu unserem Änderungsantrag kennenlernen. Wir beantragen daher eine namentliche Abstimmung zu unserem Gesetzentwurf. - Danke schön.

(Beifall bei der LINKEN)

Gibt es dazu Nachfragen? - Das sehe ich nicht. Dann herzlichen Dank, Frau Eisenreich. - Es trifft sich hervorragend, als Nächster spricht Herr Schulenburg für die CDU-Fraktion.

Herr Schulenburg, warten Sie noch einen ganz kleinen Augenblick. - Ich begrüße ganz herzlich die Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums „Am Thie“ in Blankenburg.

(Beifall im ganzen Hause)

Herr Schulenburg, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir werden uns heute nicht zum letzten Mal mit dem KAG befassen. Das ist ein Indiz dafür, wie schnelllebig Gerichtsentscheidungen sind, aber auch, wie gut gemeinte Gesetzesänderungen für die Aufgabenträger, für unsere Kommunen, sich letztlich in der Gesellschaft entfalten können.

Die heute zu beschließende erneute Novelle des Kommunalabgabengesetzes enthält genau drei wichtige Lockerungen im kommunalen Abgabenrecht: erstens die Herabsetzung der Verzinsung, zweitens die Möglichkeit, Vergleichsverträge einzugehen und drittens dem kommunalen Aufgabenträger die Gelegenheit zu geben, Entscheidungen über die sofortige Vollziehung von Beitragsbescheiden auszusetzen, bis das Landesverfassungsgericht endgültig über die Übergangsregelung entschieden hat.

Wir schreiben den Verbänden eben nicht vor, wie sie mit den von ihnen erhobenen Beiträgen umgehen sollen. Sie entscheiden selbst, ob sie von dieser Regelung Gebrauch machen. Mit dieser Regelung greifen wir eben nicht in die kommunale Selbstverwaltung der kommunalen Familie ein. Die Selbstverwaltungsgarantie ist für uns ein hohes Gut unserer Landesverfassung, die wir damit achten.

Unser Gesetzentwurf hat darüber hinaus alle pflichtigen Beitragszahler im Blick. Die Ermes

sensregelung trägt ebenfalls dem Umstand Rechnung, dass viele Beitragszahler bereits ihre Schuld getilgt haben. Das ist für uns Gerechtigkeit und entspricht dem Gleichheitsgrundsatz. Dieser Gleichheitsgrundsatz ist genauso wie die Selbstverwaltungsgarantie ein fester Bestandteil unserer Verfassung. Wir behandeln alle Grundstückseigentümer gleich.

Die Verbände müssen jetzt die goldene Mitte finden zwischen den eigenen wirtschaftlichen Interessen und den Interessen ihrer Kunden und sollten dabei den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht außer Acht lassen.

Wir nehmen die Proteste der Bürgerinnen und Bürger sehr ernst. Wir hoffen, dass die Verbände eine einvernehmliche und eine sozial verträgliche Lösung mit den Betroffenen finden.

Werte Mitglieder der Fraktion der AfD, Sie sind eine wahre Protestpartei. Steht ein Protest vor der Tür, rennen Sie raus und präsentieren sich als die Retter der Nation.

(Zurufe von und Beifall bei der AfD)

Wir haben von Ihnen gestern keine Alternativen gehört.

(Beifall bei der CDU, bei der LINKEN und bei der SPD - Zurufe von der AfD)

Sie sind in der Opposition. Die Opposition ist die einfachste Form der politischen Mitgestaltung, weil man nämlich nicht in der Verantwortung für das Land steht und sich immer schön die Lorbeeren herauspicken kann, um sich selbst zu profilieren. Und mal mit der einen Partei und mal mit der anderen Partei zu stimmen, wissen Sie, persönlich - -

(Zuruf von der AfD)

Da fehlt mir ein ganz klares Profil in Ihrer Partei.

(Beifall bei der CDU - Zurufe von der AfD)

Wenn Sie mit diesem Rausrennen die nächsten fünf Jahre weitermachen, wird der eine oder andere von Ihnen vielleicht endlich einmal eine sportliche Figur bekommen, aber Sie schaden mit diesem Verhalten dem Ansehen des Parlaments und dem Ansehen unseres schönen Bundeslandes Sachsen-Anhalt, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU, bei der LINKEN, bei der SPD, bei den GRÜNEN und von der Regierungsbank)

Wissen Sie, viele Sachsen-Anhalter haben nach dem Fall der Mauer unter noch sehr schwierigen Bedingungen dieses Land aufgebaut, sind früh aufgestanden, haben lange Arbeitswege in Kauf genommen,

(Oliver Kirchner, AfD: Richtig!)

haben Geld gespart und für ihre staatlichen Leistungen bezahlt.

(Hannes Loth, AfD: Machen sie immer noch!)

Diesen Beitrag für unser Land wollen wir mit der Gleichbehandlung aller Sachsen-Anhalter und mit der vorgelegten Novelle achten. Gleichzeitig lockern wir, wie erwähnt, dass kommunale Abgabenrecht.

Wir bitten um Ihre Zustimmung zum Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und bei den GRÜNEN - Zustimmung von der Re- gierungsbank - Minister Holger Stahlknecht: Sehr gut!)

Ich habe jetzt keine Wortmeldungen gesehen. Herzlichen Dank, Herr Schulenburg.

(Unruhe)

Zum Ende der Debatte spricht, wie wir es aufgeschrieben haben, der Kollege Meister von der Fraktion der GRÜNEN. Herr Meister, bitte sehr, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die erste Lesung des Gesetzentwurfes liegt erst einige Tage zurück. Die Sachlage ist im Wesentlichen unverändert. Insofern will ich nicht noch einmal tiefer in die Details einsteigen.

Ich habe letztens unseren Widerstand gegen die damalige Regelung geschildert und erläutert, was wir zum jetzigen Zeitpunkt im Nachhinein machen können, Moratorium, Zinsen, Vergleich, und was aus welchen Gründen nicht geht.

Der Dissens zwischen der Regierungskoalition und der Fraktion DIE LINKE bzw. zwischen den beiden Gesetzentwürfen besteht in der Frage der Freiwilligkeit des Moratoriums, ja oder nein, und der Dinge, die dafür oder dagegen sprechen.

Neu liegt der Änderungsantrag der AfD-Fraktion zum Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE vor, der uns in der Debatte am Dienstag noch verborgen geblieben war.

Als ich den Antrag jetzt lesen durfte - er war etwas versteckt übergeben worden -, hatte ich noch gut die wortreiche Problemdarstellung seitens der AfD und vor allem die geschilderten Einzelschicksale im Ohr.

Gestern gab es ja dann sogar während der Debatte zur Regierungserklärung den demonstrativen Auszug der AfD-Fraktion aus dem Landtag, um nicht nur als Abordnung, sondern als komplette

Fraktion einer Demonstration zu dem Thema beizuwohnen. Also viel höher kann man das Thema nicht hängen. So befremdlich ich das Verhalten fand, die Bedeutung des Themas liegt natürlich auf der Hand.