Vielen Dank, Herr Tillschneider. Es gibt keine Fragen. - Bevor wir in die Debatte einsteigen, werde ich erst einmal dem Minister Herrn Tullner für die Landesregierung das Wort geben. Herr Minister, Sie haben jetzt das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Manche Reden muss man erst einmal wirken lassen, Herr Tillschneider.
Ich habe mir gedacht, wenn Ihre Redezeit noch länger gewesen wäre, dann hätten Sie auch noch über Fahnenappelle und Schuluniformen geredet.
Das hätte zu Ihrem Bild von Einheitlichkeit und Uniformität in einem Schulsystem wie dem in Sachsen-Anhalt noch gefehlt. Vielleicht kommt das beim nächsten Mal.
Ich kann Ihnen sagen: Man mag ja dem Traum anhängen, dass wir uns, wenn wir die Dinge einfacher machen, als die Komplexität der Realität ist, die Welt schöner machen können und in ihr vielleicht auch einfacher leben können. Die Welt ist nun einmal komplex, Herr Tillschneider.
Deshalb sollten Sie einfach zur Kenntnis nehmen, dass Vielfalt und Pluralität das Kernelement unserer Gesellschaft und unseres Zusammenlebens ist und dass deswegen die Fama von einem Leben, das schöner, einfacher, übersichtlicher und uniformer ist, eine Vorstellung ist, die mit dem Schulsystem und auch mit einer Gesellschaft wie der unseren überhaupt nicht übereinstimmt. Deswegen werden Sie in diesem Land auch nie mehrheitsfähig werden. Wir arbeiten daran, dass genau das Gegenteil eintritt.
Aber kommen wir einmal zum Kern der Sache. Der Antrag trägt den Titel „Schulwesen vereinheitlichen - Kompetenzen der Schulkonferenz beschneiden“. Am Anfang dachte ich, Sie meinen die KMK. Aber als ich Ihren Antrag las, wusste ich, worauf Sie hinauswollen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist nur schwer vorstellbar, was sich die Fraktion der AfD bei diesem Antrag gedacht hat. Die Rede hat mich jetzt nicht wirklich in dem Verständnis vorangebracht, was Sie wollen. Man kann nur vermuten, was Sie von der AfD sich unter Schule vorstellen. Dazu haben Ihre Ausführungen soeben erhellend beigetragen.
Mitbestimmung und Teilhabe, gelebte Bildungspartnerschaften zwischen Schule und Elternhaus scheinen dabei jedenfalls keine Rolle zu spielen. Das ist offensichtlich geworden und das macht einmal mehr deutlich, dass Sie das System Schule einfach nicht verstehen.
Die Zentralisierung und die Gleichschaltung der Schulen, wie Sie sie propagieren, haben wir nun im Jahr 1989 erfolgreich überwunden. Dahin wollen wir auf gar keinen Fall zurück, auch wenn Sie uns in Ihren Reden immer ein Stück weit dazu auffordern.
Die Fraktion der AfD fordert die Landesregierung auf, die Kompetenzen der Schulkonferenzen zu beschneiden und einige der in § 27 des Schulgesetzes festgelegten Kompetenzen auf die Richt
Ihr gehören die Vertreterinnen und Vertreter der Lehrkräfte, der Eltern und der Schulleitung an. Die Konferenzen sind somit, auch wenn es Ihnen nicht gefällt, gelebte Demokratie. Die in den Konferenzen vertretenen Personen erhalten die Möglichkeit, sich verantwortlich einzubringen und mitzubestimmen. Und, liebe Kolleginnen und Kollegen, darauf sollten wir gemeinsam stolz sein
Neben der inhaltlichen Fehlleistung macht die AfD aber auch noch einen grundsätzlichen handwerklichen Fehler. Sie verkennt, dass diese Mitwirkung den Regelungen des Schulgesetzes sowie den vielen Verordnungen, Richtlinien und Erlassen des Bildungsministeriums unterliegt.
Hätte sich Herr Tillschneider oder die Fraktion der AfD die Mühe gemacht, sich mit den rechtlichen Vorgaben, also mit der gelebten Richtlinienkompetenz der Landesregierung inhaltlich auseinanderzusetzen, wäre man schnell zu der Erkenntnis gelangt, dass eine Befassung im Parlament mit einem solchen Antrag nicht sinnstiftend ist.
Ein kurzer Blick in die Runderlasse unseres Ministeriums - das sind zugegebenermaßen einige - zur Leistungsfeststellung oder -beurteilung je nach Schulform hätte genügt, um festzustellen, dass sehr wohl einheitliche Grundsätze existieren und dass in diesen Erlassen die Aufgaben der Schulgremien klar definiert werden.
Würde die AfD die schulischen Zusammenhänge verstehen, wäre ihr auch bewusst, dass die Schulen mit den in § 27 des Schulgesetzes verankerten Spielräumen Schulprogramme und -profile unter Berücksichtigung der Bedingungen vor Ort entwickeln können.
Meine Damen und Herren! Die Schulkonferenzen entscheiden über eine Vielzahl schulischer Angelegenheiten vor Ort. Dazu gehören zum Beispiel die Fragen des Unterrichtsbeginns, der Hausordnung und der Verteilung der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel. Mit dieser Ausrichtung ist
Ein kurzer Hinweis an dieser Stelle: Auch die Mitglieder der Regierung sollten sich an die Redezeit von drei Minuten halten. Das wissen Sie auch.
- Dann verzichte ich auf weitere Ausführungen. Wenn es noch Fragen gibt, kann ich das dann noch sagen, anderenfalls eben nicht.
Sie haben gleich noch Gelegenheit; es gibt noch zwei Fragesteller. Also können Sie doch noch einmal etwas länger sprechen. - Zuerst hat sich Herr Lieschke gemeldet und dann Herr Dr. Tillschneider. Ich würde die Zahl der Fragesteller an dieser Stelle gleich für alle Fraktionen auf zwei beschränken, weil wir schon wieder im Rückstand sind. Herr Lieschke, bitte.
Werter Herr Tullner, wir leben in einer Zeit, in der wir viel zu wenige Lehrer haben. Das heißt, Lehrer müssen in verschiedenen Schulen Vertretungsstunden fahren, Kinder ziehen um von Ort zu Ort, was aufgrund der Arbeitsstellen der Eltern auch üblich ist. Meinen nicht auch Sie, dass es sinnvoller und vor allem viel praktischer wäre, wenn sich Lehrer nicht von Schule zu Schule auf ein anderes System einstellen müssten, sondern sagen könnten: Ich komme von der oder der Schule, habe die gleichen Fächer studiert und kann den Unterricht in der neuen Schule, die nach einem anderen System unterrichtet, besser durchführen, wenn ich nicht jede Schule erst einmal daraufhin überprüfen muss, nach welchem System die Schüler dort lernen und welche Bücher dort benutzt werden? - Ich denke, aufgrund des
sen, dass uns viele Lehrer fehlen, wäre es viel leichter, wenn sich die Lehrer darauf besser einstellen könnten. Gehen Sie da insoweit mit?
Lieber Kollege Lieschke, ich will jetzt nicht auf die verfassungsrechtlichen Aspekte hinweisen, warum was so kompliziert ist. Das ist überhaupt nicht der Punkt. Aber, ehrlich gesagt, überlegen Sie doch einmal: Sie sind ja auch zu DDR-Zeiten in die Schule gegangen. Das ist ja immer so die Folie dafür, dass man jetzt sagt: Dort gab es einheitliche Lehrbücher und zentrale Schulsysteme.
Ich bin damals auch umgezogen, und der Stand der Stoffvermittlung zwischen Schule A und Schule B war damals auch unterschiedlich. Die Vorstellung, dass alles in einem einheitlichen System läuft und dadurch einfacher ist, ist eine irrige Vorstellung. Deshalb glauben Sie natürlich, der Lehrermangel - darüber sprechen wir später noch - ist das eine Thema. Aber die Vorstellung, dass ein einheitliches Schulsystem irgendetwas erleichtern würde, hilft überhaupt nicht weiter; denn am Ende sind es konkrete Bedingungen vor Ort, auf die sich Schule einstellen kann.
Dabei ist Schule ein sehr flexibles System. Und wenn einer umzieht, bekommt man das hin. Die Schule hat allzu vielfältige Aufgaben, um sich an diesem Punkt aufzureiben oder davon zu träumen, eine Vereinheitlichung würde uns das Leben einfacher machen. Das funktioniert nirgendwo. Es funktioniert nicht draußen und es funktioniert schon gar nicht in der Schule. Die Menschen sind nun einmal sehr verschieden. Deshalb brauchen wir auch differenzierte Angebote für verschiedene Menschen.
Ich habe meine Schulbildung zu DDR-Zeiten erhalten, und viele skandinavische Länder haben sich angeschaut, wie das bei uns funktioniert, und fanden das System sehr gut.
Zum Beispiel wurde in der Schule, in der mein Sohn zur Schule ging, von der Schulkonferenz beschlossen: Wir unterrichten jetzt nach dem Schweizer System. Ich will nur darauf hinweisen, dass verschiedene Kinder damit nicht klarkom
men. Das wird den Kindern einfach übergestülpt, ohne genau zu prüfen, ob dies das Optimum der Bildung bzw. des Bildungsstandes ist, ob das für die Kinder gut ist oder nicht.