Protocol of the Session on October 25, 2018

Dieser wertvolle Schatz in unserem Land verdient eine würdige, moderne Präsentation. Das ist eine Chance für Aufklärung und Bildung. Das ist aber auch eine Chance für den Tourismus in Halle und somit für den Tourismus im ganzen Land.

Die Idee, gegenüber dem Kunstmuseum Moritzburg am Friedemann-Bach-Platz in Halle ein Naturkundemuseum zu errichten, ist daher unglaublich reizvoll. Gemeinsam mit der Leopoldina würde sich ein einzigartiges Ensemble von Kunst, Kultur und Wissenschaft mit einer internationalen Ausstrahlung ergeben. Allerdings ist das große Naturkundemuseum nur ein Sahnehäubchen. Zuerst muss die Unterbringung der Sammlungen gesichert sein.

(Beifall bei der LINKEN)

Auch die kleine Form der Präsentation an der Mühlpforte wäre schon ein Fortschritt gegenüber dem derzeitigen Zustand. Das bedeutet jedoch nicht, dass man damit auf der Stelle treten soll. Vielmehr sollte man an der Realisierung des Naturkundemuseums festhalten. Unsere wertvollen Sammlungen haben genau eine solche würdige Ausstellung verdient, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich möchte am Ende meiner Rede noch kurz etwas zu den Alternativanträgen sagen. Meine Damen und Herren der Koalitionsfraktionen, Ihr Antrag legt nun überhaupt nichts mehr fest, außer dass es eine Berichterstattung geben soll. Das ist bedauerlich; denn ich hätte mir schon gewünscht, dass man sich dazu bekennt, dass hier tatsächlich baulich und finanziell etwas passieren muss. Unsere Fraktion war schon vorsichtig bei der Formulierung des Antrages wegen der Genese; denn es wurden schon Mittel in Aussicht gestellt. Aber Sie hinken dabei doch ein ganzes Stück hinterher.

Zum Alternativantrag der AfD-Fraktion möchte ich sagen: Ihre Position zum Museum für Haustier

kunde kann man haben. Aber wie bei vielen Ihrer Positionen ist darüber die Zeit einfach mal hinweggegangen. Schon im Zentralmagazin der Naturwissenschaftlichen Sammlungen befindet sich die gesamte Sammlung des Museums für Haustierkunde. Gerade das Auseinanderreißen, das Sie befürchten, soll mit der zentralen Magazinierung nicht stattfinden. Deswegen kann ich mir nicht erklären, was dieser Antrag soll. Wir lehnen Ihren Alternativantrag ab. Bei der Abstimmung über den Alternativantrag der Koalitionsfraktionen werden wir uns der Stimme enthalten.

(Beifall bei der LINKEN)

Fragen hierzu sehe ich nicht. Dann danke ich Herrn Lange für die Ausführungen. - In der Debatte ist eine Redezeit von drei Minuten je Fraktion vorgesehen. Für die Landesregierung spricht Herr Minister Tullner. Herr Minister, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Ich spreche in Vertretung des Kollegen Willingmann, der heute leider nicht hier sein kann.

Gestatten Sie mir als hallescher Abgeordneter eine kleine Vorbemerkung. Herr Lange, ich freue mich sehr, dass dieses Thema auf die landespolitische Agenda kommt. Ich kann mich erinnern, dass wir seit dem Jahr 2011 auf verschiedenen Ebenen darum ringen. Das ist ein toller Antrag. Ich bin froh, dass ich heute hierzu Ausführungen machen darf.

Aber jetzt zum Thema zurück. Die Martin-LutherUniversität verfügt über eine umfangreiche und wertvolle wissenschaftliche Sammlung. Insofern freue ich mich, dass diese jetzt die Aufmerksamkeit des Landtages bekommt. Einerseits stellen die Sammlungen einer Universität die ganz normalen Arbeitsressourcen für Lehre und Forschung dar; nicht anders als Bücher und Laborgeräte. Andererseits sind Sammlungen Ressourcen ganz eigener Art. Sie sind nicht abstrakt, sondern anschaulich und erlauben besondere Formen der Wissensvermittlung.

Ein über die Fachwelt hinaus bekanntes Beispiel - Herr Kollege Lange ist schon darauf eingegangen - bilden die paläontologischen Funde aus dem Geiseltal. Dort wurden aus dem früheren Tagebau etwa 50 000 Fundstücke von Pflanzen und Tieren geborgen, die ca. 45 Millionen Jahre alt sind. Seit etwa einem Jahrhundert stehen diese Funde der Forschung zur Verfügung. Seitdem sind mehrere Hundert frühere Tier- und Pflanzenarten mit ihrer Hilfe bestimmt worden.

Im Unterschied zu anderen Fundorten aus diesem Erdzeitalter sind die Objekte aus dem Geiseltal dreidimensional erhalten und nicht zweidimensional verformt. Das ergibt eine in der Welt beispiellose Anschaulichkeit der fossilen Organismen.

Wissenschaftliche Sammlungen erfüllen zunächst ihre Funktion in Forschung und Lehre innerhalb der Universität. Es ist nicht ihr originärer Zweck, nach Art eines Museums öffentlich präsentiert zu werden. Dennoch kann genau dies bei besonders dafür geeigneten Sammlungen ein nahezu idealer Weg des Wissenstransfers zwischen Wissenschaft und Gesellschaft sein.

(Zustimmung von Hendrik Lange, DIE LIN- KE)

Hierfür gibt es an verschiedenen Standorten in Deutschland gute Beispiele. Besonders die Naturwissenschaftlichen Sammlungen der Martin-Luther-Universität besitzen hierfür in mehrerer Hinsicht ein hohes, bisher nicht ausgeschöpftes Potenzial.

Die Landesregierung hat sich zusammen mit der Universität und weiteren Partnern bereits in der Vergangenheit um den Entwurf eines Konzeptes für die Unterbringung und Präsentation der Naturwissenschaftlichen Sammlungen der Martin-Luther-Universität bemüht.

Die Grundzüge des Konzeptes sehen vor, dass die Naturwissenschaftlichen Sammlungen insgesamt in der Innenstadt in Halle bleiben. Für eine unter Konservierungsgesichtspunkten angemessene Aufbewahrung und für die Benutzung zu Forschungs- und Lehrzwecken werden zwei benachbarte Gebäude, die traditionell den Naturwissenschaften der Universität zur Verfügung standen, hergerichtet.

Ein drittes Gebäude, das ebenfalls nicht mehr für die Unterbringung von Instituten benötigt wird, soll der Präsentation ausgewählter Sammlungsstücke dienen. Diese Präsentation soll thematisch am Thema Evolution ausgerichtet werden. Sie soll die Entwicklung der Arten und die Artenvielfalt in ihrer Bedeutung für die Wissenschaft und für die Gesellschaft vermitteln.

Der Betrieb einer öffentlichen Sammlung gehört nicht zu den unmittelbaren gesetzlichen Aufgaben einer Universität. Er soll von der Kulturstiftung des Landes übernommen werden. Ein solches inhaltliches Profil würde sich von dem der bekannten naturkundlichen Museen in Deutschland deutlich unterscheiden und könnte einen bedeutenden Beitrag zum Dialog von Wissenschaft und Gesellschaft leisten.

(Beifall bei der CDU)

Ich bitte Sie deshalb, den Alternativantrag der Koalitionsfraktionen zu unterstützen, der darauf

hinausläuft, dass die Landesregierung zunächst in beiden betroffenen Landtagsausschüssen über die weiteren Pläne berichtet. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Moment, Herr Minister Tullner, Herr Lange hat sich zu Wort gemeldet. - Herr Lange, Sie haben das Wort.

Nur eine kurze Frage, Herr Tullner. Es kann sein, dass ich Sie jetzt falsch verstanden habe. Die Kulturstiftung soll nicht die gesamten Sammlungen betreiben, sondern nur die Präsentation, oder sollen alle Sammlungen in die Kulturstiftung überführt werden? Das wäre zumindest für die Wissenschaft irritierend.

Herr Lange, da ich in die konkreten Überlegungen des Wissenschaftsministeriums und der Universität nicht einbezogen bin, kann ich Ihnen die Frage nicht konkret beantworten. In meinem Manuskript steht der Satz: Der Betrieb einer öffentlichen Sammlung gehört nicht zu den unmittelbaren Aufgaben; er soll von der Kulturstiftung des Landes übernommen werden. - Ich schlage vor, Sie fragen im Ausschuss noch einmal den Kollegen Willingmann. Der kann Ihnen das sicher tiefgründig beantworten.

Es gibt keine weiteren Fragen. Dann danke ich Minister Tullner für die Ausführungen. - Für die CDU spricht der Abg. Herr Philipp. Herr Philipp, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, vielen Dank. - Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Naturwissenschaftlichen Sammlungen der Martin-Luther-Universität sind ohne Zweifel von hohem wissenschaftlichem und kulturellem Wert und haben eine darüber hinaus reichende internationale Bedeutung. Über einen Zeitraum - Herr Lange, Sie sagten 230 Jahre; nach unseren Recherchen sind es 250 Jahre - ist diese Sammlung von Gelehrten der Universität bei Studienreisen und Exkursionen zusammengetragen worden. Dabei wurde eine unglaubliche Anzahl von Exponaten zusammengetragen, die wissenschaftlich erfasst und bearbeitet wurden.

Das Ministerium hat gemeinsam mit den Akteuren vor Ort einen langfristigen Fahrplan für die unterschiedlichen naturwissenschaftlichen Sammlungen erarbeitet. Diesbezüglich muss man immer zwischen der Lagerung sowie der wissenschaft

lichen Nutzung auf der einen Seite und der öffentlichen Präsentation auf der anderen Seite unterscheiden.

Zur Lagerung und wissenschaftlichen Nutzung kann festgehalten werden, dass es nach großen Anstrengungen nach langer Zeit wenigstens gelungen ist, einen Teil dieser Sammlung zu zentralisieren, zum Beispiel im Zentralmagazin. Ein Teil dieser Sammlung wurde dort zusammengeführt.

Die Martin-Luther-Universität hat in der Vergangenheit bereits Bau- und Sanierungsmaßnahmen durchgeführt. Ferner gibt es für das Objekt der Mühlpforte 1 - Sie haben das schon angesprochen - konkrete und weitere Planungen. In zurückliegenden Haushalten wurden meines Erachtens dafür bereits Planungsmittel vergeben.

(Zuruf von Hendrik Lange, DIE LINKE)

- Darüber müssen wir unbedingt im Ausschuss sprechen. - Der zweite wichtige Bereich der Naturwissenschaftlichen Sammlungen bezieht sich auf die öffentliche Präsentation. Auch hierzu ist bereits ein Konzept greifbar.

Des Weiteren will man künftig aktuelle Forschungsergebnisse der Biodiversifizierung - Stichwort: DFG-Forschungszentrum - präsentieren. Dazu soll mittelfristig das Gebäude der sogenannten Alten Physik in Halle um- und ausgebaut werden. Es ist völlig klar, dass eine Universität nicht Träger eines öffentlichen Museums sein kann.

Die Finanzierung und der Umbau bzw. die Sanierungsarbeiten in der Alten Physik müssten unbedingt Thema bei zukünftigen Haushaltsberatungen werden. Auch muss geprüft werden, ob wegen der nationalen und internationalen Bedeutung dieser Naturwissenschaftlichen Sammlungen auf Bundesmittel zurückgegriffen werden muss.

Zum Schluss meiner Rede möchte ich mich bei allen bedanken, die sich um die Bewahrung der Naturwissenschaftlichen Sammlungen verdient gemacht haben und die sich für den Erhalt bzw. für die öffentliche Präsentation dieser Sammlung einsetzen.

Ich habe gehört, dass unser Bildungsminister Marco Tullner im Förderverein Mitglied ist. Also gehört er mit zu den Unterstützern. Ich möchte mich in dem Moment natürlich auch persönlich bei ihm bedanken.

Schließlich möchte ich um Zustimmung zu unserem Alternativantrag bitten. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Es gibt keine Fragen. Dann danke ich Herrn Philipp für die Ausführungen. - Für die AfD spricht der Abg. Herr Loth. Herr Loth, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Zumindest in einem Fakt sind wir uns bei dem Thema offenbar alle einig: Die Naturwissenschaftlichen Sammlungen der Martin-Luther-Universität besitzen großen wissenschaftlichen und kulturellen Wert. -Eine tolle Feststellung aus dem Alternativantrag der Kenia-Koalition. Aber wie geht es nun weiter?

In der Frage, wie wir mit der Sammlung umgehen, trennen sich die Meinungen. DIE LINKE weist immerhin bereits darauf hin, dass es sowohl bei der Unterbringung vieler Sammlungsteile als auch bei der Präsentation der Sammlungsobjekte Probleme gibt und folgerichtig Sanierungsbedarf an den Bausubstanzen besteht.

Die Koalition ist beim Kopieren des LINKEN-Antrags in diesem Punkt bereits gestolpert. Begrifflichkeiten wie „unterschiedlich fachlicher institutioneller Kontext“ zeigen nur, dass Sie über die Sammlung wenig wissen. Warum besitzt sie wohl diesen Weltruf? - Nicht nur allein wegen der Einzigartigkeit der Objekte, die enthalten sind, sondern weil sie in sich geschlossen sind, einzelne Fachgebiete der Wissenschaften repräsentieren und von Wissenschaftlern wie zum Beispiel Johann Friedrich Meckel und Julius Kühn, die sie aufgebaut haben, eben genau so, wie sie jetzt sind, gedacht wurden.

Genau deshalb, Herr Lange, ist Ihrem Universalnaturkundemuseum auch eine Absage zu erteilen. Sie wollen die wertvollsten Objekte aus den Sammlungen herausreißen und präsentieren. Was wird dann mit dem Rest?

Was für ein Ansinnen! Man denke dabei an das Ei der Wandertaube aus der Sammlung von Max Schönwetter. Das sollten Sie vor allem wissen; denn die Vision der Martin-Luther-Universität, die seit zehn Jahren diskutiert wird, ist, die Sammlung zu extrahieren. Genau der daraus resultierende Schwebezustand, die Frage, wie geht es eigentlich weiter, hat zur Personalreduzierung und zum stiefmütterlichen Dasein der Sammlung geführt.

Sie von der CDU und der SPD haben diesen Prozess unterstützt, indem Sie den Dingen einfach ihren Lauf gelassen haben, wie immer. Aber nun sind Sie in der Pflicht. Sie müssen die entscheidenden Haushaltstitel bereitstellen. Prüfen Sie aber ruhig weiter und lassen Sie sich auch über Gespräche unterrichten.

Fassen wir noch einmal zusammen: Der Koalitionsantrag ist abzulehnen, da er keinerlei Entscheidungen trifft. Der LINKEN-Antrag hat zumindest das ausgesessene Problem der Landesregierung zum Vorschein gebracht. Allerdings ist die Zielsetzung hierin wieder fraglich.