Protocol of the Session on September 27, 2018

Kollegin Zoschke hat ein Beispiel aus Harvard genannt. Ehrlich gesagt: Ich finde es schon ein Stück weit arrogant, wenn wir uns als Deutsche hinstellen und sagen: Nur unsere Ausbildung ist richtig. Ich meine schon, dass man international renommierten Universitäten vertrauen kann.

Dass man bei Urkunden, die nicht direkt nachvollziehbar sind, noch einmal nachsteuert und sich informiert, ist wohl selbstverständlich. Und genau das wird in Halle an der Saale in der Prüfungsbehörde regelmäßig getan.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Dass sich Ärztekammern, auch die Landesärztekammer - mich hat gestern ein sehr langer Brief von der Ärztekammer erreicht -, jetzt für eine Prüfung aussprechen, nehme ich in der Tat auch sehr ernst. Aber ganz klar: Ich bin keine Medizinerin, und der Bund ist zuständig. Ich halte immer sehr viel davon, dass man über die Dinge redet und sie entscheidet, von denen man Ahnung hat und für die man zuständig ist. Deswegen finde ich an dieser Stelle unseren Alternativantrag sehr richtig, dass wir hierbei auf den Bund vertrauen. Denn letztendlich muss der Bund im Rahmen der Bundesärzteordnung handeln und tätig werden.

Ich kann Ihnen auch noch berichten: Ich komme aus Dessau. Das ist zwar das dritte Oberzentrum in unserem Land, aber trotzdem ist es eine Kleinstadt im ländlichen Raum - da gibt es kein Vertun. Unser Krankenhaus arbeitet auf einem sehr hohen Niveau. Das kann es aber nur tun, weil mittlerweile 63 % der Ärztinnen und Ärzte aus dem Ausland kommen.

Wir sind sehr stolz darauf. Wir haben in unserem Krankenhausplan ein extra Budget dafür, die Ärzte nachzuqualifizieren - in dem Sinne, dass sie an die deutschen Gepflogenheiten im Krankenhaus herangeführt werden. Darauf sind wir sehr stolz. Diesen Weg werden wir auch weiter gehen, weil uns die Versorgung der deutschen Bevölkerung sehr wichtig ist - genauso wichtig wie die Gesundheitsversorgung der zugezogenen Bevölkerung.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zustimmung bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete. Wir haben eine Wortmeldung. Der Abg. Herr Poggenburg hat eine Frage an Sie. - Bitte, Herr Poggenburg.

Sehr geehrte Frau Abgeordnete, habe ich das jetzt richtig verstanden: Dieses beschriebene Krankenhaus arbeitet deswegen so gut, weil dort jetzt über 63 % ausländische Ärzte arbeiten?

Also, sind Sie sich sicher, dass Sie das mit der Aussage wirklich so ausdrücken wollten? - Es wäre ja schon fast ein bisschen Rassismus. Es würde ja bedeuten, wenn der Personalbestand zu 100 % aus deutschen Ärzten bestehen würde, dass das Krankenhaus dann nicht so gut arbeiten würde.

(Zuruf von Sebastian Striegel, GRÜNE)

Oder liegt es eher daran, dass Sie sagen wollten: Es musste durch ausländische Ärzte aufgefüllt werden, weil wir einen riesigen Ärztemangel aufgrund eines riesigen Politikdefizits in der Vergangenheit hatten? - Erklären Sie mir diese Aussage bitte noch einmal.

Sie müssen meine Aussage nicht interpretieren, das mache ich schon selber.

Deswegen frage ich ja.

Ich wollte damit sagen, dass unser Krankenhaus so gut arbeiten kann, weil wir ansonsten nur 34 % Ärztinnen und Ärzte hätten. Dann könnten wir nicht auf diesem hohen Niveau arbeiten.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zustimmung bei der LINKEN - Zuruf von André Poggenburg, AfD)

Vielen Dank, Frau Lüddemann. Es gibt eine weitere Wortmeldung. - Herr Abg. Raue, bitte, Sie haben das Wort.

Frau Lüddemann, vorhin wurde schon angesprochen, dass sich Deutschland im internationalen Korruptionsindex auf Stufe zwölf befindet. Das Herkunftsland von vielen Medizinern befindet sich auf - was weiß ich - Stufe 178 von 180, also im Prinzip ganz hinten.

Vor dem Hintergrund meine Frage: Sind Sie denn der Ansicht, dass es eine Gleichwertigkeit von Zeugnissen und Beglaubigungen der Ausstellungsbehörde Deutschland und der Ausstellungsbehörde Syrien geben kann - vor allen Dingen vor dem Hintergrund, dass man sich natürlich in Syrien oder in anderen arabischen Staaten schon allein durch Clanzugehörigkeit

(Sebastian Striegel, GRÜNE: Och!)

und Bestechlichkeit bestimmte Vorteile bei der Zeugniserteilung erkaufen kann?

Herr Kollege, wenn Sie in Ihrer Fragestellung schon die Antwort vorwegnehmen und suggerieren, dass es so ist, wie Sie fragen, dann brauchen Sie mich nicht ernsthaft zu fragen. Frau Ministerin hat hinlänglich ausgeführt, dass es letztendlich immer im Einzelfall geprüft wird. Jedes Dokument wird geprüft, jeder Kollege und jede Kollegin werden in ihren Sprachkenntnissen überprüft. Mehr ist dazu nicht zu sagen. Ich vertraue an der Stelle unseren deutschen Behörden.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zustimmung von der SPD - Zuruf von Alexander Raue, AfD)

Vielen Dank, Frau Lüddemann. Ich sehe keine weiteren Fragen. - Wir kommen nunmehr zur nächsten Debattenrednerin. Für die Fraktion der SPD spricht die Abg. Frau Dr. Späthe. Sie haben das Wort, bitte.

Danke schön. - Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Zum 31. Dezember 2017 sind in Sachsen-Anhalt 12 574 Ärztinnen und Ärzte verschiedener Fachrichtungen bei der Ärztekammer Sachsen-Anhalt gemeldet gewesen. Vor zehn Jahren, also im Jahr 2008, waren es noch 2 000 Mediziner weniger.

Auch die Anzahl der ausländischen Ärzte hat sich in den zehn Jahren erhöht. Es ist bereits gesagt worden: Die Anzahl der Ärzte nichtdeutscher Herkunft hat sich nahezu verdoppelt auf knapp 1 200. Sie haben inzwischen einen Anteil an unserer Ärzteschaft von rund 10 %.

Die Herkunftsländer sind - in Bezug auf die Anzahl - der Reihenfolge nach folgende - und ich bitte Sie, doch aufmerksam zuzuhören: Auf Rang 1 kommen die Ärzte - nämlich 161 - aus Rumänien,

(Ulrich Siegmund, AfD: Wir sprechen von Drittstaaten!)

aus Syrien kommen 107, aus Bulgarien 84, aus Russland 71, aus der Ukraine 66, aus Polen 59. Danach folgen die Slowakei, Griechenland und Ungarn. Es ist eindeutig, dass die überwiegende Mehrzahl der ausländischen Ärzte aus der Europäischen Union stammt.

Meine Damen und Herren! Wenn sich eine Medizinerin oder ein Mediziner entschließen, aus welchen Gründen auch immer in Deutschland als Ärztin oder als Arzt zu praktizieren, dann gelten die Voraussetzungen gemäß der Bundesärzteordnung. Diese umfassen - ich wiederhole es

noch einmal -: die persönliche und gesundheitliche Eignung, unter anderem den Nachweis einer Unbedenklichkeitsbescheinigung - das heißt, ob die betreffende Person strafrechtlich in Erscheinung getreten ist -, die fachliche Eignung über den Nachweis des Medizinstudiums - Approbation, Facharztausbildung - und dessen Anerkennung in Deutschland sowie als Drittes die sprachliche Eignung.

Die sprachliche Eignung wird durch den DeutschFachsprachentest für Ärztinnen und Ärzte der Ärztekammer Sachsen-Anhalt nachgewiesen. Der Sprachtest - auch das ist bereits gesagt worden - kann mehrfach wiederholt werden. Die fachliche Anerkennung führt bei uns im Land das Landesverwaltungsamt in Halle in Form einer formalen Anerkennung - auch das ist schon gesagt worden - der Unterlagen zu den Studienabschlüssen durch.

Werden hier allerdings Defizite in der Vergleichbarkeit festgestellt, muss der Kenntnisstand durch eine ergänzende Prüfung und einen Praxistest an der Martin-Luther-Universität in Halle nachgewiesen werden. Diese praktische Prüfung ist eben nicht beliebig wiederholbar. Beim zweiten Nichtbestehen ist Schluss.

Für die eben beschriebenen Verfahren gibt es bundeseinheitliche Standards. Die Länder sind mit der Ausführung beauftragt und haben eine gemeinsame Gutachterstelle bei der Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen in Bonn eingerichtet.

Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Ich gehe hier wiederum so ausführlich auf das Anerkennungsverfahren ein, da der Antrag der AfD suggeriert, in Sachsen-Anhalt würden Mediziner ohne Prüfung ihrer Eignung praktizieren.

Unser Landesverfahren wurde auch schon in der Antwort auf die Kleine Anfrage von Herrn Siegmund am 17. April 2018 ausführlich dargestellt. Ich finde es verwerflich, dass Sie wider besseres Wissen und trotz der Auskunft der Landesregierung unseren Behörden Versagen oder mangelnde Gründlichkeit unterstellen und meinen, die Landesregierung auffordern zu müssen, geeignete Maßnahmen zur Feststellung der fachlichen Eignung ausländischer Ärzte zu ergreifen, als gäbe es keine.

(Zustimmung bei der SPD und von Sieg- fried Borgwardt, CDU)

Sie unterstellen allen hier praktizierenden Ärztinnen und Ärzten nichtdeutscher Herkunft pauschal mangelnde Fachkenntnisse. Was sagen Sie den jungen Deutschen, die in das Ausland gehen, um dort Medizin zu studieren? - Dass sie das gar nicht erst zu tun brauchen?

Sie schreiben weiterhin: Unsere Bürger haben ein Recht auf eine gute, den aktuellen Standards entsprechende ärztliche Behandlung. - Dazu kann ich nur sagen: Ja, was denn sonst?

(Zustimmung bei der SPD - Oliver Kirchner, AfD, und Ulrich Siegmund, AfD: Da stim- men wir doch zu!)

Meine Damen und Herren! Sie bedienen sich an dieser Stelle genau wieder jener Methoden, die Minister Stahlknecht vorhin so treffend beschrieben hat.

Meine Damen und Herren! Wir wissen, dass kein Verfahren perfekt ist und jedes nachgebessert werden kann. Daher nehmen wir die Anregung des Deutschen Ärztetages und der Ärztekammer in unseren Alternativantrag auf und wollen darüber diskutieren, aus der anlassbezogenen

Kenntnisprüfung eine generelle Prüfung zu machen. Dazu muss allerdings die Bundesärzteverordnung geändert werden. Aber dieser Vorschlag erhöht die Patientensicherheit noch weiter. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der SPD und von Sieg- fried Borgwardt, CDU)

Vielen Dank, Frau Abg. Dr. Späthe. Ich sehe keine Fragen. - Nunmehr hat für die AfD-Fraktion der Abg. Herr Siegmund noch einmal das Wort. Sie haben das Wort. Bitte.

Vielen Dank noch einmal, liebe Frau Präsidentin. - Liebe Kollegen! Ich habe mich auf eine sachliche Debatte gefreut. Das hat jetzt zum Schluss leider nicht funktioniert.

(Cornelia Lüddemann, GRÜNE: Das stimmt doch gar nicht! - Zuruf von Silke Schindler, SPD)

Wir haben im Prinzip Folgendes gemacht: Wir haben die Forderungen der Bundesärztekammer und aus vielen Einzelgesprächen mit Ärzten aufgegriffen und auch in Reflexion des in Deutschland in mehreren Fällen geschehenen Missbrauchs, so auch bei uns vor der Haustür, unseren Antrag gestellt; denn wir haben die Situation, dass nicht jeder Abschluss aus einem Drittstaat prinzipiell anzuerkennen ist.

Das möchten wir überprüfen. Das ist eine legitime Forderung. Wir möchten, dass das Qualitätslevel aller Ärzte in Sachsen-Anhalt gleich ist. Ich glaube, es gibt eigentlich nichts Selbstverständlicheres als eine solche Forderung.

(Zustimmung bei der AfD)