Protocol of the Session on August 30, 2018

Berufsbildungsberichterstattung für das Land Sachsen-Anhalt weiterentwickeln - Erstellung eines Jahresmonitors zur Berufsbildung

Antrag Fraktionen CDU, SPD und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN - Drs. 7/3279

Änderungsantrag Fraktion DIE LINKE - Drs. 7/3306

Einbringer ist der Abg. Herr Steppuhn. Herr Steppuhn, Sie haben das Wort.

Vielen Dank. - Sehr geehrter Herr Präsident. All diejenigen, die noch nicht nach der Mittagspause zurückgekehrt sind, werden jetzt ein ganz wichtiges Thema zumindest teilweise verpassen. Wir diskutieren heute nämlich im Prioritätenblock über das Thema Berufsausbildung. Ich sage vorab: Eine gute Berufsausbildung ist die wichtigste Grundlage für eine qualitativ hochwertige Ausbildung und ist zugleich die beste Fachkräftesicherung für unser Land.

Daher, meine Damen und Herren - Herr Keindorf, Sie können ruhig klatschen -, müssen die Landesregierung und die Politik ein Interesse daran haben, über aktuelles Datenmaterial zu verfügen, das alle Verantwortlichen in die Lage versetzt, bestmöglich an den Stellschrauben für eine erfolgreiche Berufsbildung zu drehen.

Deshalb, meine Damen und Herren, bringen die Regierungsfraktionen den Ihnen vorliegenden Antrag ein, damit wir zukünftig jährlich über eine Datenbasis verfügen, auf deren Grundlage anhand wichtiger Eckdaten notwendige berufsbildungspolitische Weichenstellungen vorgenommen werden können.

Angesichts der Wichtigkeit der Fachkräftesicherung für die Zukunft ist eine jährliche Begleitung durch eine aktuelle Datenbasis unerlässlich. Hierbei geht es nicht um mehr Bürokratie, sondern um die Erfassung von Daten und Fakten, die eine fach- und sachgerechte Steuerung der Berufsbildungspolitik bestmöglich machen.

Hier in diesem Hohen Hause debattieren wir oft über fehlende Fachkräfte, Ausbildungsabbrüche, Weiterbildung und die Gewinnung von Fachkräften zur Sicherung der Zukunftsfähigkeit unserer Wirtschaft und damit auch unseres Landes.

All diese Fragen kann man nur beantworten, wenn Landesregierung, Fachministerien, Sozialpartner und letztendlich auch wir als Politiker die richtigen Antworten auf die uns gestellten Herausforderungen und Fragen geben können. Nur so können wir bewerten, ob zum Beispiel das Angebot an Ausbildungsplätzen der Nachfrage gerecht wird und wo es gilt, zusätzliche Angebote vorzuhalten.

Deshalb, meine Damen und Herren, ist uns dieser jährlich zu erstellende Berufsbildungsbericht so wichtig, dass wir diesen sogar heute im Prioritätenblock diskutieren. - Das Kopfnicken der Kollegen Scheurell und Keindorf bestätigt mich ausdrücklich in dieser Einschätzung.

Echte Handwerker - dazu zähle ich mich als gelernter Stahlbetonbauer auch - wissen um den Wert eines guten Berufsbildungssystems, eines Systems, das die duale Berufsausbildung hervorgebracht hat und um das wir in ganz Europa und in der ganzen Welt beneidet werden.

Allerdings, meine Damen und Herren, sind wir auch gut beraten, unsere Berufsbildung immer wieder auf den Prüfstand zu stellen und weiterzuentwickeln. Dieses gilt sowohl für die Qualität der Berufsausbildung als auch der Stärkung der Weiterbildung in den Unternehmen. Dieses geht nur mit einer möglichst aktuellen Datenbasis.

Wenn wir heute schon an prominenter Stelle über Berufsbildung reden, will ich hier mit Blick auf den Bildungsminister - er ist leider noch nicht da - auch die Rahmenbedingungen für eine gute Berufsausbildung ansprechen. Auch diese sind Bestandteil eines erfolgreichen Berufsbildungssystems. Oft war dieses in den vergangenen Monaten in diesem Hohen Haus schon Thema.

Da ist zum einen die Berufsschulplanung, die aus jetziger Sicht alles andere als glücklich gelaufen ist. Als SPD haben wir schon sehr frühzeitig vor den jetzt sichtbar gewordenen Problemen gewarnt und auch Lösungsvorschläge unterbreitet.

Junge Menschen aus dem ganzen Land erreichen zum Beispiel ihre Berufsschule, wie in Stendal, überhaupt nicht mehr an einem einzigen Berufsschultag, sondern müssen in Stendal übernachten. Und wer sich derzeit in Stendal um einen Internatsplatz für den Blockunterricht bewirbt, bekommt ein Schreiben - das kann ich Ihnen zeigen und werde es dem Bildungsminister auch zur Verfügung stellen -, dass er auf der Warteliste steht. Wie lang die Warteliste ist, wird nicht er

wähnt. Unhaltbare Zustände, meine Damen und Herren, wie ich meine. So etwas macht Berufsbildung nicht attraktiv, sondern schreckt ab.

Auch das Thema Ausbildungsabbrüche beschäftigt uns immer wieder. Sicherlich sind die Ursachen, wie wir in den Ausschüssen bereits festgestellt haben, sehr vielschichtig. Trotzdem, meine Damen und Herren, müssen wir etwas dagegen tun, um zu einer attraktiveren Ausbildung zu kommen.

Wenn niedrige Ausbildungsvergütungen und weite Wege zu Berufsschulen ein Problem darstellen, dann kann man etwas dagegen tun. Ja, meine Damen und Herren, Rezepte sind zum Beispiel die Einführung einer Mindestausbildungsvergütung und eines Azubi-Tickets.

(Zustimmung von Doreen Hildebrandt, DIE LINKE)

Wenn ich höre, dass die Handwerker bei uns im Land zwar sagen, sie haben eine gute Wirtschaftslage und es geht ihnen gut, aber gleichzeitig sagen, das mit den Ausbildungsvergütungen wird der Markt schon richten, dann ist das, glaube ich, nicht die richtige Antwort. Von daher, glaube ich, ist die richtige Antwort, eine Mindestausbildungsvergütung einzuführen. Sie steht bereits in der Koalitionsvereinbarung im Bund und muss jetzt umgesetzt werden. Das wird sicherlich in der laufenden Legislaturperiode des Bundestages passieren.

Auch an der politischen Umsetzung des AzubiTickets arbeiten wir hier im Landtag. Deshalb bleiben die Forderungen sowohl nach einer gesetzlichen Mindestausbildungsvergütung als auch nach der Einführung eines Azubi-Tickets auf der Tagesordnung.

Meine Damen und Herren! Mit der geplanten Erhöhung des Budgets für Fahrtkostenerstattungen für Berufsschüler von 120 000 € auf 3 Millionen € ist ein SPD-Vorschlag aufgenommen worden. Damit sind die ersten Weichenstellungen für bessere Rahmenbedingungen bei der Berufsausbildung vorgenommen worden. Ich gehe davon aus, dass diese 3 Millionen € nach den Haushaltsberatungen weiterhin im Haushalt stehen werden.

Aber, meine Damen und Herren, dabei darf es nicht bleiben. Die nächsten Schritte müssen gegangen werden. Ich glaube, wir brauchen eine attraktive Berufsausbildung. Von daher freue ich mich auch auf das neue Zahlenmaterial, das einen Berufsbildungsbericht dann auch runder macht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eine gute Berufsbildung lohnt sich und ist gut für

unser Land. Deshalb bitte ich schon jetzt um Zustimmung zu unserem Antrag. - Danke schön.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung bei den GRÜNEN)

Ich sehe keine Nachfragen dazu. Deswegen können wir jetzt in die Fünfminutendebatte der Fraktionen eintreten.

(Minister Marco Tullner, den Plenarsaal be- tretend: Ich bin doch schon da!)

Für die Landesregierung spricht die Ministerin Frau Grimm-Benne.

(Zuruf von der LINKEN: Es geht ja nur um Berufsbildung, ja? - Minister Marco Tullner: DIE LINKE zeigt Desinteresse!)

Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Der Berufsbildungsbericht für das Land ist bekanntermaßen auf der Grundlage des Landtagsbeschlusses vom 30. Januar 2014 alle zwei Jahre zu erstellen. Letztmalig wurde dieser mit den Daten der Jahre 2015 bzw. 2016 nach Befassung durch die Landesregierung dem Landtag im Sommer 2017 zugeleitet und sodann veröffentlicht.

Warum erst im Sommer des Folgejahres? - Erst Ende Juli 2017 wurden die letzten erforderlichen Daten für das Jahr 2016, konkret die finale Zahl im Jahr 2016 neu abgeschlossener Ausbildungsverträge, vom Bundesinstitut für Berufsbildung über das Statistische Landesamt zur Verfügung gestellt.

Die Berufsbildungsakteure stellen fest, dass der Bericht daher in seiner Form und im Erscheinungsrhythmus nur begrenzt für die Steuerung ihres Aufgabenbereiches nutzbar ist. Dies wurde auch auf der Sitzung des Landesausschusses für Berufsbildung im Dezember 2017 diskutiert und bestätigt.

Die im Bericht zur Verfügung gestellten Daten sind bei Veröffentlichung nicht mehr aktuell im Sinne einer Beschreibung der Situation jetzt. Das hängt in erster Linie mit dem Zeitpunkt zusammen, an dem insbesondere die von den zuständigen Stellen erfassten und vom Bundesinstitut für Berufsbildung aufbereiteten Ausbildungsmarktzahlen zur Verfügung gestellt werden können. Zudem ist der Umfang des Berufsbildungsberichtes wenig hilfreich für den schnellen und gezielten Zugang zu den wesentlichen steuerungsrelevanten Zahlen.

Meine Damen und Herren Abgeordnete! Eine Länderumfrage ergab, dass 14 Bundesländer keinen gesonderten zweijährigen Berufsbildungsbericht mehr erstellen. Die jeweiligen Landesdaten fließen zeitnah in landesweite Monitoringformate ein. Die Bundesländer begründen die Einstellung gesonderter Landesberufsbildungsberichte mit dem hohen Aufwand in der Erstellung und im vergleichsweise geringen Nutzen, der daraus entsteht.

Auf der Basis dieser Erkenntnisse wird ein Vorschlag für die Weiterentwicklung einer landesbezogenen Berufsbildungsberichterstattung unterbreitet, der insbesondere die zentralen Fragestellungen für die Steuerung der Aktivitäten im Bereich der beruflichen Ausbildung in den Blick nimmt.

Deswegen begrüßen wir auch den Antrag; denn es wird jetzt beispielsweise Folgendes geprüft:

Erstens. Wie viele Personen beenden ihre allgemeine Schulbildung mit welchen Abschlüssen und stehen als Bewerber und Bewerberinnen dem Ausbildungsmarkt zur Verfügung?

Zweitens. Wie entwickelt sich das betriebliche und außerbetriebliche Angebot an Ausbildungsstellen im Bundesland, und wie werden diese Stellen durch die jungen Menschen nachgefragt?

Drittens. Wie erfolgreich und nachhaltig ist die Integration junger Menschen in die berufliche Ausbildung - Stichwort frühzeitige Vertragsauflösungen -, und wie sind die Perspektiven nach erfolgreichem Bestehen der Abschlussprüfung?

Deswegen wollen wir eine wirksame Unterstützung der Steuerungsaktivitäten der Berufsbildungsakteure hier in unserem Land und daher sollen solche Daten übersichtlich und aktuell aufbereitet werden, die diese Fragen konkret und zielgerichtet beantworten. Deswegen begrüßen wir diesen Antrag.

Ich habe den Änderungsantrag der LINKEN gesehen, möchte aber nur ganz kurz sagen, wenn man den Berichtszeitraum verändert, so wie Sie es machen, bringt das leider auch keinen Gewinn an Aktualität. Wir wollen nämlich gern die Daten der Berufsagentur für die Nachmeldungen, welche Abschlüsse kommen, auch noch mit erfassen. Wenn wir den Rhythmus so verändern, würden wir diesen ganzen Zeitraum, zum Beispiel Juli bis Oktober 2018, nicht mehr mit aufnehmen können, weil alle Zahlen eines Landes immer bis zum 31. Dezember final gestellt werden. Deswegen würde ich empfehlen, bei dem Antrag der Regierungsfraktionen zu bleiben. - Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Danke, Frau Ministerin. Ich sehe keine Anfragen. - Deswegen können wir nun in die Debatte der Fraktionen eintreten. Für die AfD-Fraktion spricht der Abg. Herr Raue. Herr Raue, Sie haben das Wort.

Läuft jetzt schon die Zeit, Herr Gallert?

Zeit läuft jetzt.

Vielen Dank. - Ja, meine Damen und Herren, schönen guten Tag. Wir stünden heute nicht hier, wenn die Einbringer dieses Antrages den Turnus der bis dahin jährlichen Berufsberichterstattung im Jahr 2014 nicht auf zwei Jahre verlängert hätten. Die Rückkehr zu jährlichen Berichten ist ein Bekenntnis der Fehlentscheidung von CDU und SPD. Eine Korrektur dieser Fehlentscheidung der großen Koalition heute lässt uns hoffen, dass auch andere Koalitionen, große Koalitionen - ich meine die im Bund -, ihre Fehlentscheidungen von damals korrigieren.

Ich widerspreche der Ministerin jetzt auch ausdrücklich. Das, was Sie gerade eben zitiert haben, was jetzt alles neu kommen soll - ich habe mir die 197 Seiten über das Wochenende angetan -, das habe ich da auch alles gelesen. Da würden in einem Bericht mit neuem Namen keine neuen Erkenntnisse kommen, wenngleich ich aber begrüße, dass dieser Bericht jährlich vorgelegt wird.

Die duale Berufsausbildung in Deutschland ist ein Erfolgsmodell unserer sozialen Marktwirtschaft und Kennzeichen deutscher Gründlichkeit und Perfektion. Dieses Modell der Ausbildung ist in den vergangenen Jahren um weitere Elemente ergänzt und verfeinert worden, im Kern aber die robuste, umfassende Lehre geblieben, als die sie einst entworfen wurde.

Ausgewogene Anteile theoretischer und praktischer Lerninhalte formen Facharbeiter mit umfassenden Kenntnissen und Fertigkeiten in ihrem Beruf. Ob duales Studium, betriebliche Lehre oder außerbetriebliche Berufsfachschulausbildung, bis hin zur Mitarbeiterqualifizierung, die Möglichkeiten der Berufs- und Weiterbildung in Deutschland sind umfangreich.