Kriminalitätsbelastung. Es gibt zahlreiche andere Kriminalitätsphänomene, die steigen, obwohl die Kriminalitätsbelastung insgesamt absinkt. - Richtig zuhören, sich mit dem Thema beschäftigten, dann werden Sie zu Erkenntnissen kommen.
Sie zitieren richtig die Antwort auf die Kleine Anfrage, die ich selbst gestellt habe, nämlich dass bei einer händischen Auszählung der Fälle festgestellt wurde, dass in Sachsen-Anhalt die Zahl der Straftaten, die mit dem Tatmittel Messer vorgenommen wurden, gestiegen ist. Das steht aber der Aussage, die ich vorher getätigt habe, in keiner Weise entgegen. Es ist übrigens auch die Computerkriminalität gestiegen. Ich könnte Ihnen noch viele andere Fälle aufzählen. Das Delikt Schwarzfahren ist möglicherweise gesunken. Das habe ich jetzt nicht im Blick.
Und schließlich und endlich: Ich kenne keinen Fall, bei dem über Straftaten diskutiert wird und nicht auch über die Täter gesprochen wird. Im Gegenteil, es wird ja häufig sogar moniert, dass zu selten über die Opfer, aber zu viel über die Täter gesprochen wird. Diese Debatte kenne ich eher. Und damit sind Ihre zwei Fragen beantwortet.
Vielen Dank. Es gibt eine weitere Frage. Der Abg. Herr Roi hat eine Frage. - Sie haben das Wort, Herr Abgeordneter.
Vielen Dank. - Ich wollte zu dem, was Sie gesagt haben, nachfragen. Und zwar haben Sie gesagt, dass die Kriminalitätsbelastung seit Jahren sinkt, und Sie verweisen dabei auf die Statistik. Jetzt möchte ich Ihnen hier mal meine Erfahrungen aus dem Wahlkreis darlegen und eine Einschätzung von Ihnen haben, ob Sie das auch so sehen oder nicht.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich denke, wir sollten trotzdem jedem zunächst die Möglichkeit geben, seine Frage zu stellen. - Bitte.
Vielen Dank. - Es geht darum, dass mir Menschen in meinem Wahlkreisbüro davon berichten, dass sie die Straftaten gar nicht mehr zur Anzeige bringen, wenn ihnen ein Fahrrad geklaut wird oder wenn sie beklaut werden. Eine Unternehmerin sagte: „Ich hole die Polizei nicht mehr, wenn mein Firmengelände wieder besprüht worden ist.“
Das führt natürlich dazu, Herr Erben, dass die Kriminalitätsstatistik nach unten geht. Und das gibt dann auch die Möglichkeit für Politiker wie Sie und Herrn Stahlknecht, sich da vorn hinzustellen und zu sagen: „Das ist ja alles schön, die Kriminalitätsbelastung geht nach unten.“ Aber die Wahrheit, also das, was mir die Leute und auch Unternehmer sagen, sieht in meinem Wahlkreis anders aus. Wenn Sie mir das nicht glauben und es wollen, bringe ich Sie zu diesen Unternehmern. Ich lade Sie gern nach Wolfen ein; das ist kein Problem. Die sind bereit, mit Ihnen zu reden. Wenn ich dabei bin, können wir uns das auch gerne näher anschauen. Wir können auch die Presse einladen, kein Problem.
Meine Frage ist also: Wie schätzen Sie das ein? Ist das Quatsch, was ich erzähle, oder sehen Sie das auch so? - Danke.
- Dann haben Sie zumindest nicht richtig zugehört oder es nicht richtig verstanden. Ich habe ja gerade thematisiert, dass es einen Widerspruch zwischen der statistischen Entwicklung und der gefühlten Sicherheit gibt. Ich habe auch gesagt, dass die Hintergründe dafür vielfältig sind.
Dazu gehört möglicherweise auch das Anzeigeverhalten, das möglicherweise woanders niedriger ausgeprägt ist als bei uns. Mir hat noch keiner eine vernünftige Erklärung geben können, statistisch gesehen, warum wir in Halle und Magdeburg eine Belastungszahl haben, die so exorbitant hoch ist im Vergleich zu der einen oder anderen westdeutschen Großstadt dieser Größenordnung. Das kann auch etwas mit dem Anzeigeverhalten zu tun haben.
Aber ich empfehle Ihnen wirklich: Beschäftigen Sie sich mit dem Thema und lassen Sie nicht nur die Gefühle anderer auf Ihre Gefühle wirken, wo sich alles das, was Ihre Meinung bestätigt, hineinrührt und in einer Behauptung zusammenstellt.
Natürlich gibt es Leute, die nicht anzeigen. Ich bezweifle aber, dass bei Fahrraddiebstählen das Anzeigeverhalten schlecht ist, weil Fahrräder versichert sind. Wenn jemand eine Hausratversicherung hat, ist dessen Fahrrad mitversichert. Aus welchem Grund sollte er den Fahrraddiebstahl nicht anzeigen?
Sehr geehrter Herr Erben, haben Sie verstanden - das ist jetzt meine Frage -, dass es eben nicht darum ging, dass beispielsweise Fahrräder versichert sind usw. und deswegen keine Anzeige erstattet wird, sondern dass wir zu wenig Polizeipräsenz haben und die Leute teilweise Stunden verbringen, wenn sie irgendwo eine Anzeige stellen wollen, wenn die Polizei zu ihnen kommen muss?
Ich habe das selbst erlebt. Ich erstatte schon gar keine Anzeige mehr, wenn bei mir irgendetwas beschädigt ist, weil ich dann einen halben Tag damit verbringe, auf die Polizei zu warten, ihr alles zu erklären, alles abnehmen zu lassen und noch drei Telefonate zu führen. Dann ist ein halber Tag weg. Genauso geht es anderen Leuten draußen auch.
Die Polizeipräsenz ist zu schlecht geworden, und das hat Einfluss auf das Anzeigeverhalten. Da kann man natürlich sagen, wenn wir das so weitermachen, haben wir in ein paar Jahren überhaupt keine Polizei mehr und nur noch die Hälfte der Anzeigen, weil die Leute einfach die Schnauze voll haben. Das ist das Problem. Haben Sie das verstanden aus dem, was gesagt wurde? - Danke.
Auch hier die Gegenfrage: Haben Sie mir zugehört? - Nämlich genau das habe ich thematisiert. Ich habe über das Anzeigeverhalten und über die Polizeipräsenz gesprochen.
Und noch ein Wort an die Fraktion, die Sie früher geführt haben, bis vor Kurzem. Der eine fragt nach Fahrraddiebstählen und der andere beschwert sich darüber, warum ich dem Fragesteller nach Fahrraddiebstählen antworte.
- Herr Rausch, gewöhnen Sie sich hier einen anderen Umgang an. Ihr unflätiges Hereingerufe und das Stören widern mich an.
Ich sehe keine weiteren Fragen. Wir kommen somit zur nächsten Debattenrednerin. Das ist für die Fraktion DIE LINKE die Abg. Frau Quade.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Minister, als wir die Ankündigung der Regierungserklärung bekommen haben, habe ich zunächst gedacht, na ja, angesichts des Titels kann alles und nichts sein. Ehrlich gesagt, bleibe ich dabei, auch nachdem wir Sie gehört haben; denn immer wieder ist die Diskrepanz zwischen Bekenntnissen einerseits und konkretem Handeln andererseits augenfällig. Denn der starke Staat wird zwar als rhetorische Figur, als nahezu heiliger Gral konservativer Politik und vor allem konservativer Sicherheits- und Ordnungspolitik immer wieder gefordert. Doch dort, wo ein Staat stark erlebbar wäre, wird er oft gar nicht als stark wahrgenommen.
Um kein Missverständnis zu erzeugen: Es ist kein Geheimnis, dass sich konservatives und linkes Staatsverständnis grundlegend voneinander unterscheiden.