Protocol of the Session on August 30, 2018

- Meistens, aber wir können dies nicht voraussetzen. - Herr Farle, bitte. Sie haben mitbekommen, dass keine Frage gewollt ist, aber Sie werden sicherlich intervenieren.

Ja. - Ich möchte eigentlich nur feststellen, dass überhaupt nicht verstanden worden ist, was Herr Tillschneider ausgeführt hat.

(Beifall bei der AfD)

Sie haben einfach nicht begriffen, dass es überhaupt nicht gegen Frauen geht,

(Zurufe von der SPD: Nein, nein, nein!)

sondern dass es schlicht und ergreifend darum geht, dass die deutsche Sprache - -

(Dr. Falko Grube, SPD: Es geht auch nicht gegen Ausländer!)

- Hören Sie doch mal zu. Sie können noch nicht einmal zuhören.

(Zurufe von der AfD und von der SPD)

Es geht einzig und allein darum, dass die deutsche Sprache nicht weiter verhunzt wird mit 63 Geschlechtern und mit Binnen-I und dem ganzen Quatsch, den die Masse der Bevölkerung vollständig ablehnt. Das ist nur Ihre Spinnerei.

(Beifall bei der AfD)

Wir kommen nunmehr zur nächsten Debattenrednerin. Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht die Abg. Frau Lüddemann. Sie haben das Wort, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Werte Kollegin von der AfD, Ihre Herren sind jetzt mit gemeint. Sie fänden es also nicht nur akzeptabel, wenn eine Hälfe der Bevölkerung in der Amtssprache unsichtbar bleibt, nein, Sie fordern das explizit.

Gerade wenn man sich den letzten Satz Ihres Antrages durchliest, in dem Sie einfach die Vorrangstellung des generischen Maskulinums - sprich: der Männer - statuieren, erzeugt das bei mir fassungsloses Kopfschütteln.

(Zuruf von André Poggenburg, AfD)

Da fragt frau sich doch, warum Sie eigentlich so gegen die Burkas agitieren. Was die Burka im öffentlichen Raum anstrebt, wollen Sie, verehrte Kollegen von der AfD, für die Schriftsprache: die Unsichtbarmachung der Frau.

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der LINKEN und bei der SPD)

Dies zeigt, wie verlogen Sie agieren. Da reden Sie in der letzten Plenarsitzung zum Thema IstanbulKonvention noch vollmundig von Gleichstellung und sehen das Problem einzig bei den Zugewanderten, bei den Geflüchteten, bei den Ausländern aus dem islamischen Kulturkreis. Und heute kommen Sie mit einem solchen Antrag, einem Antrag, der hinter einer vermeintlichen Sorge um die deutsche Sprache schlicht eine tief sitzende Misogynie, also Frauenfeindlichkeit, zum Ausdruck bringt.

Kommen Sie mir nicht damit, dass auch die Frauen mit gemeint seien, wie Herr Farle einmal mehr erklären musste, was seine Fraktion angeblich tatsächlich meint.

(Zustimmung von Thomas Lippmann, DIE LINKE)

Die Zeiten, in denen Ehepaare zum Beispiel vorgestellt wurden mit „Herr und Frau Thomas Tillschneider“, sind vorbei. Die Zeiten, in denen Frauen in Gruppen vornehmlich mit „Freundin von“ vorgestellt wurden, sind vorbei. Die Zeiten, in denen einzig der Mann seinen Namen bei der Heirat weitergab, sind vorbei. Selbst in Österreich sind auch die Zeiten vorbei, in denen einzig die Söhne der Nation benannt werden.

(Daniel Roi, AfD: Und die GRÜNEN im Par- lament sitzen!)

Junge Frauen sollten von Anfang an klar signalisiert bekommen, dass sie zählen, dass sie nicht als Staffage einfach nur mit gemeint sind. Ich halte es für einen kulturellen Fortschritt, wenn junge Frauen sich eben nicht mehr nur „mit gemeint“ sehen. Der Mann steht dann nicht mehr stellvertretend nur für den Menschen. Auch das Mannsein ist ein Spezifikum des Menschen, genauso wie das Frausein, und kann daher auch keine sprachliche Vorrangstellung beanspruchen.

(Zuruf von André Poggenburg, AfD)

Und das aus guten Gründen. Denn Sprache formt Wirklichkeit. „Die Grenzen meiner Sprache bedeuten die Grenzen meiner Welt“; wie es Wittgenstein formuliert hat. Wenn meine Sprache keine Frauen umfasst, dann die Welt letztendlich auch nicht; zumindest nicht als relevante Subjekte.

Ein Ausblick: Unser Alternativantrag spricht im zweiten Punkt ganz bewusst von „derzeit ausreichenden Regelungen“. Denn mit der in Aussicht stehenden rechtlichen Normierung eines dritten Geschlechts muss sich natürlich auch die Amtssprache entsprechend ändern, angefangen bei Stellenausschreibungen und Ähnlichem. Dass das nicht auf Ihre Zustimmung trifft, kann ich mir vorstellen.

(Zurufe von der AfD)

Wahrscheinlich ist es sogar eine Schreckensvision für Sie; die Welt wird noch komplizierter.

(Zurufe von der AfD)

Für eine Partei, die derart schlecht mit Vielfältigkeit umgehen kann, wird das sicherlich eine schwierige Kiste werden. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit, werte Kollegen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Vielen Dank, Abg. Frau Lüddemann. - Wir kommen zum nächsten Debattenredner. Für die CDUFraktion spricht der Abg. Herr Kolze. Sie haben das Wort, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zu Beginn meiner Rede möchte ich voranstellen - das ist traurig genug -, dass ich ausnahmslos für die Gleichbehandlung und Gleichberechtigung aller Menschen bin. Mir ist dabei völlig egal, welches Geschlecht und welche Neigung jeder Einzelne hat; wir sind schließlich alle einfach nur Menschen.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung bei der SPD)

Bei der Verwendung geschlechtergerechter Sprache hingegen wurde in der Diskussion meines Erachtens eine Grenze überschritten. Unsere deutsche Sprache sieht sowohl das generischen Femininum als auch das generische Maskulinum vor. Beides findet zugegebenermaßen in unterschiedlich starker Ausprägung Anwendung.

Beschäftigt man sich genauer mit dieser Thematik, findet man Aussagen, wie zum Beispiel, die deutsche Sprache sei sexistisch, sie ignoriere Frauen und ihre Leistungen, beschreibe Frauen nur in Abhängigkeit und Unterordnung zu Männern, zeige sie nur in stereotypen Rollen und spreche ihnen so über das Stereotyp hinausgehend Interessen und Fähigkeiten ab. Mit anderen Worten: Durch die Verwendung des generischen Maskulinums würde eine Entweiblichung der Frau stattfinden.

Ich drehe den Spieß einfach mal um. Es gibt genügend Beispiele für ein generisches Femininum in der deutschen Sprache. Werte männliche Kollegen, fühlen Sie sich entmannt, wenn man Sie eine Führungskraft oder eine Koryphäe auf Ihrem Gebiet nennt? - Ich denke nicht.

(André Poggenburg, AfD: Überhaupt nicht!)

Warum also sollte sich eine Frau ihrer Weiblichkeit beraubt sehen, wenn sie bei Begriffen wie Studenten, Lehrer oder Schüler mit gemeint ist?

Es gibt Studien, die besagen, dass beim Lesen eines Textes unter Verwendung der männlichen Form automatisch ein männliches Bild im Kopf entsteht. Wäre es denn wirklich so schlimm, wenn das so wäre? - Unsere Sprache ist historisch gewachsen. Und mag sich die Entwicklung auch am früheren Frauenbild und der Stellung der Frauen in der Gesellschaft orientiert haben, leben wir nun in einem Land voller selbstbewusster, emanzipierter Frauen, die nie so gut ausgebildet waren wie heute. Ich denke, wir haben eine Diskussion darüber, dass unsere Sprache die weibliche Existenz verschweigen würde, nicht nötig.

(Zustimmung von Lars-Jörn Zimmer, CDU)

Lassen Sie mich Ihnen ein Beispiel aufzeigen: Der/die Minister*in und sein/ihr Stellvertreter*in

werden auf vier Jahre gewählt. Das Amtsverhältnis des/der Ministerpräsidenten/Ministerpräsidentin beginnt mit der Aushändigung einer vom/von der Ministerpräsidenten/Ministerpräsidentin vollzogenen Urkunde über die Berufung. - Ist es nicht verständlicher, einfach zu sagen: Der Minister und seine Stellvertreter werden auf vier Jahre gewählt?

Herr Kollege Kolze, Sie haben Ihre Redezeit überzogen.

Ich komme gleich zum Ende. - Das Amtsverhältnis der Minister beginnt mit der Aushändigung einer vom Ministerpräsidenten vollzogenen Urkunde über die Berufung.

Das Verwenden von Gender-Gap, Binnen-I oder Gender-Star geht deutlich zulasten der Verständlichkeit.

(Beifall bei der AfD)

Aber Sprache ist lebendig.

Bitte den letzten Satz, Herr Kollege Kolze.

Am Anfang eines Prozesses steht immer die Idee. Wenn sie sich durchsetzt, wird die Sprache ihr folgen.

In diesem Sinne bitte ich Sie um Zustimmung zu unserem Alternativantrag. - Vielen Dank.