Protocol of the Session on June 2, 2016

Danke, Frau Hohmann, auch für Ihre hervorragende Redezeitdisziplin. - Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 3 b). Dazu spricht Frau Lüddemann.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Das KiFöG ist dauerpräsent im Hohen Haus. In jeder Koalition ist es ein Thema gewesen, so auch in der jetzigen. Das ist gut und richtig; denn Kinderbetreuung ist eine zentrale Säule dieses Landes, und zwar aus bildungspolitischen, betreuungspolitischen und finanzpolitischen Aspekten.

Die Kollegin Hohmann hat die unterschiedlichen Positionen der unterschiedlichen Fraktionen dankenswerterweise bereits referiert. Das sind die Fachpositionen der einzelnen Fraktionen, wie wir sie auch immer wieder darlegen, wenn wir gefragt werden. Das, was wir heute in einem ersten Schritt vorlegen, ist ein erster Schritt zur Umsetzung. Genau darum geht es heute.

(Zustimmung von Sebastian Striegel, GRÜ- NE, und von Silke Schindler, SPD)

Wir wollen Eltern und Kommunen, die zu Recht Zeichen erwarten, deutlich entlasten. Es war ein Kraftakt, diesen Gesetzentwurf noch vor der Sommerpause zu gestalten. Das ist unter Einsatz der Ministerin und unter Einsatz aller Fachleute aus den Koalitionsfraktionen gut gelungen.

Wir wollen dauerhafte Wirkung entfalten, die nicht zulasten anderer Themen und Politikbereiche geht und schon gar nicht zulasten des Landeshaushaltes. Ich denke, das haben wir mit unserem vorliegenden Gesetzentwurf erreicht.

Ich bin froh, dass eine deutliche Einigkeit darüber besteht, Zeichen zu setzen und klar die Botschaft ins Land zu senden: Wir wollen mit dem KiFöG wie auch mit dem KAG und dem FAG belastbare Entlastungen auf den Weg bringen. Auch hierbei gilt das, was ich vorhin insgesamt zur Koalition gesagt habe: Wir wollen verlässlich und nachhaltig agieren. Wir wollen zeigen, dass wir verstanden haben, dass es darum geht, was bei den Menschen ankommt.

Nach den Beschlüssen am Ende des letzten Jahres zur Verwendung der Mittel des Betreuungsgeldes - auch das ist schon erwähnt worden -, nach den vielen Debatten im Wahlkampf zur Kinderbetreuung, nach dem nimmer müde werdenden Engagement und den Aktionen - es war sehr kreativ und vielfältig, was sich die Elternvertretungen haben einfallen lassen - und auch nach dem beschlossenen Koalitionsvertrag wäre es auch sträflich gewesen, heute in der ersten fachlichen Sitzung des Landtages keine Vorlage zum KiFöG einzubringen.

In der Tat gibt es vielleicht von der Richtung her zwischen dem, was die Koalition vorgelegt hat, und dem, was die Fraktion DIE LINKE in ihrem Gesetzentwurf vorgelegt hat, Einigkeit dahin gehend, die Eltern und die Kommunen schnellstmöglich zu entlasten. Ich glaube, wir haben die etwas elegantere Variante gewählt, weil wir in Umsetzung von Rechtsnormen die Landespauschalen anhand der Tarifentwicklung anheben.

Wir haben uns die Abschlüsse aus 2015 und 2016 hierbei zur Grundlage genommen. Das ist klar, das ist nachvollziehbar und das ist kontrollierbar.

Meine Zeit in der Opposition ist noch nicht so lange her. Daher weiß ich, dass es aus der Opposition heraus immer einfacher ist, mit großen Pauschalen zu arbeiten.

(Zustimmung bei der CDU)

Das ist in einer Koalition, in der man tatsächlich die Gesamtheit im Blick haben muss, etwas anders.

(Zuruf von Birke Bull, DIE LINKE)

Deswegen haben wir auf die Summen kapriziert, die klar nachvollziehbar und kontrollierbar sind.

(Zustimmung bei der CDU und bei der SPD - Siegfried Borgwardt, CDU: Das ist ein Lernprozess! - Gabriele Brakebusch, CDU: Genau!)

Vorgesehen waren von der Fachebene zunächst - - Man kann das ehrlich sagen. Zuerst waren 30 Millionen € im Gespräch. Das ist von der Fachebene auch vertretbar. Dagegen hätte ich auch nichts. Wir haben uns aber, nachdem wir gesagt haben, wir müssen genau schauen, was im Gesetz steht und was umzusetzen ist,

auf die 21 Millionen €, die nun auch im Gesetz festgehalten sind, verständigt. Das wird Frau Ministerin sicherlich noch genauer ausführen. Das ist gut und richtig; denn die Bürger haben auch ein Anrecht darauf, dass Gesetze umgesetzt werden. Genau das tun wir mit diesem Gesetzentwurf.

Wir wollen mit diesen 21 Millionen € einen ersten Schritt gehen, um - das will ich noch einmal deutlich sagen - die Kinderbetreuung auf solide, durchgerechnete und finanziell tragfähige Füße zu stellen. Hierbei haben wir uns die Tarifverträge, die in Rede stehen, als Grundlage genommen. Das ist gut und richtig.

Wir haben uns im Koalitionsvertrag auch in anderen Bereichen immer wieder darauf verständigt, dass Tarife die Grundlage sind im Sinne von guter Arbeit. Das findet sich im Haushaltsplan auch an vielen Stellen bei Einzelplan 05 wieder. Das haben wir in der letzten Legislaturperiode aus der Opposition heraus schon erreichen können. Wir haben immer wieder darauf geachtet, dass tarifgerechte Bezahlung sinnvoll umgesetzt wird.

Wir haben die Tarifabschlüsse vom September 2015 - so ist es dezidiert im Koalitionsvertrag aufgeschrieben - zur Grundlage genommen und auch den aktuellen Abschluss vom 29. April. Wir werden nicht nur teilweise und in Kleckerscheiben agieren, sondern vollumfänglich, zu 100 %.

(Zustimmung bei der SPD)

- Danke. - Und das nicht erst ab heute, sondern - das ist auch wichtig - rückwirkend zum 1. Januar 2016. Auch das sind wir, glaube ich, den Kommunen und den Bürgern und vor allem auch den Erzieherinnen und Erziehern, die vor Ort Großartiges leisten, schuldig.

Auch das ist erwähnenswert: Wir haben nicht die Kinderzahlen aus dem Jahr 2014, sondern die vom 1. März 2015, also die aktuellste Erhebung, zur Berechnung der Pauschalen herangezogen. Damit gehen wir den ersten von drei grundsätzlichen Schritten hin zu einer KiFöG-Reform, die - diese Ansicht teilen alle regierungstragenden Fraktionen - nötig ist.

Lassen Sie mich noch einmal zu den Tarifanpassungen - das ist Grundlage dieses Gestzentwurfes - kurz etwas ausführen. Bisher waren Pauschalen mit einer Steigerung von 1,5 % vorgesehen. Das hat eine Zeit lang auch gut funktioniert, aber mit dem erwähnten Abschluss vom September war eine solche Steigerung um 1,5 % natürlich nicht mehr ausreichend.

Es hat sich eine große Diskrepanz zwischen dem, was das Land an Förderungen ausreicht, und dem, was tatsächlich an Personalkosten vor Ort anfällt, ergeben. Sie alle wissen: Der im

letzten Jahr erfolgte Tarifabschluss ging weit über das, was man an Tarifsteigerungen erwartet hat.

Es wurden zwei neue Entgeltgruppen, und zwar S 8 a und S 8 b geschaffen. Die Stufenlaufzeiten für die Stufen 4 und 5 wurden verkürzt. Die Entgeltgruppen S 2, S 3, S 4 und S 9 wurden erhöht. Zu guter Letzt wurden Leiterinnen und Leiter von Einrichtungen hochgruppiert. Das ist alles gut und richtig.

Ich habe diesen Tarifabschluss auch schon damals begrüßt. Die Erzieherinnen und Erzieher verdienen Wertschätzung auch in monetärer Form. Es ist gut und richtig, dass wir das leisten können. Das ist nicht nur die Umsetzung geltenden Rechts; es ist auch die Umsetzung des Koalitionsvertrages.

Die Anpassung an den Abschluss vom 29. April - das habe ich bereits angeregt - geht im Grunde genommen über diesen Koalitionsvertrag hinaus. Wir reagieren quasi in Echtzeit auf die aktuelle Tarifentwicklung.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Ich glaube, dass das gut und richtig ist; denn ansonsten würde wieder eine neue Finanzierungslücke bei den Gemeinden entstehen. Wir würden - die Kollegen mögen mir das verzeihen - Fehler der großen Koalition wiederholen. Das ist nicht im Sinne der neuen schwarz-rot-grünen Koalition. Insofern finde ich es schön, dass wir vollumfänglich tätig werden können.

Ich glaube, in der Gesamtheit kann man sagen - darin liegt der Unterschied, Kollegin Hohmann -, dass wir keinen Grund mehr haben, dass in den Gemeinden die Sätze erhöht werden. Ob das im Einzelnen dazu führt - man muss die eingebrachten Gesetzentwürfe in der Gesamtheit sehen -, dass Beitragserhöhungen zurückgeführt werden, muss man sich vor Ort angucken. Aber wir haben für jede einzelne Gemeinde Daten darüber vorliegen, welche Summe dort ankommt.

Es ist auch die Aufgabe der Gemeindevertretungen nachzufragen; es ist Aufgabe der örtlichen Jugendhilfeausschüsse. Um ein konkretes Beispiel zu nennen, das ich mir herausgesucht habe: Bei der Gemeinde Hohe Börde kann man schon einmal fragen, was mit den zusätzlichen 206 000 € passiert. Oder: Wie wirken sich in Naumburg die dort ankommenden zusätzlichen 329 000 € aus?

Das sind Aushandlungsprozesse - auch das ist heute schon mehrfach erwähnt worden -, bei denen man seitens des Landes nicht in die kommunale Selbstverwaltung eingreifen sollte. In diese wollen wir auch nicht eingreifen.

Das war sozusagen der erste Teil, die Anpassung der Pauschalen.

Darüber hinaus geht es um die Verwendung der Gelder des Betreuungsgeldes. Hierbei stehen wir als Landtag im Wort. Diese werden in den Jahren 2017 und 2018 gezielt zur Förderung der U3-Betreuung eingesetzt. Alle wissen, dass in diesem Bereich die stärksten Anstiege der Elternbeiträge zu verzeichnen sind. Das ist auch der personalintensivste Bereich der Kindertagesstättenbetreuung. Diese Gelder eins zu eins nach unten zu reichen - ich glaube, das ist überhaupt keine Frage. Die Fraktion DIE LINKE hat das auch so dargestellt.

Die dritte Änderung betrifft die Vereinfachung im Bereich der Entlastung der Mehrkindfamilien. Der Finanzstrom bleibt in seiner Höhe bestehen, einzig das Verfahren wird vereinfacht. Ich glaube, auch das ist im Sinne der Kommunen.

Lassen Sie mich abschließend noch zu den angekündigten zweiten und dritten Schritten der KiFöG-Reform kommen. Wir sind noch längst nicht am Ziel. Kollegin Hohmann hat hierzu den Koalitionsvertrag in Teilen dankenswerterweise zitiert und darauf hingewiesen, dass noch andere Dinge in Rede stehen.

Der Landesrahmenvertrag ist ohne Zweifel ein ganz wichtiges Instrument. Wir brauchen ein einheitliches Kostenblatt; denn wir brauchen - im besten Falle haben wir das, wenn der Landesrahmenvertrag vorliegt - klare Regelungen zur Freistellung von Leitungspersonen, zum Verhältnis von mittelbarer und unmittelbarer pädagogischer Arbeit und auch zu Abschreibungsmöglichkeiten, die einen großen Teil der Schiedsverfahren, die jetzt leider - darin muss ich zustimmen - nicht bearbeitet werden können, ausmachen.

Hiernach kann in einem weiteren Schritt eine grundsätzlich Umstellung der Finanzierungssystematik vollzogen werden, und zwar flächendeckend im Land.

Das aktuell vorliegende Gutachten des bundesweit maßgeblichen Experten im Bereich des SGB IIX Prof. Dr. Wiesner - so steht es auch im Koalitionsvertrag - wird hierbei herangezogen werden. Das zeigt eindeutig, dass Leistungs- und Entgeltvereinbarungen sinnfällige Finanzierungsformen sind für die Kinderbetreuung als Teil der Daseinsvorsorge.

Ich habe mich dann ein bisschen gewundert über die Pressemitteilung der kommunalen Spitzenverbände; denn diese haben explizit gesagt, die Leitungs-, Qualitäts- und Entgeltvereinbarung - LQE; es ist immer einfacher mit Abkürzungen - seien eine Grundlage für die Erhöhung der Elternbeiträge. Das ist ein Zusammenhang, den ich nicht herstellen kann, den ich auch nicht nachvollziehen kann.

Insofern ist das alles ein bisschen schwierig und wir müssen schauen, wie wir jetzt in einem geordneten Verfahren mit allen Beteiligten, wie ich es vorhin, als wir über die Koalitionsvereinbarung gesprochen haben, gesagt habe, zu einer neuen KiFöG-Reform kommen.

Dieser dritte und größte Schritt wird wie angekündigt im nächsten Jahr vollzogen werden, wenn uns dann im Mai auch die Evaluierungsergebnisse vorliegen. Wir werden selbstverständlich auch das Urteil des Landesverfassungsgerichts einbeziehen und das eben erwähnte Wiesner-Gutachten. Und selbstverständlich - das muss in Einheit geschehen - wird auch über Qualitätsstandards zu reden sein.

Für mich stehen dabei die Randzeitenbetreuung inklusive der Kinderbetreuung und flexible Betreuungsverträge im Blickpunkt. Auch weitere Kostendämpfungen für Eltern und Gemeinden haben wir natürlich im Blick. Dabei muss man sehen, was machbar ist.

Zum Ganztagsanspruch. Ich kann nur wiederholen: Wir als GRÜNE haben damals in unserem Antrag eine achtstündige Ganztagsbetreuung gefordert.

(Zustimmung von Gabriele Brakebusch, CDU)

Das wird also auch etwas sein, das in den Prozess einzubringen und zu verhandeln sein wird.

(Birke Bull, DIE LINKE: Aber wir müssen das nicht gut finden! - Swen Knöchel, DIE LINKE: Nein!)

Ich freue mich über den ersten klaren und nachhaltigen Schritt, den wir heute auf diesem Weg machen werden, mit dem wir in der nächsten Woche auch sofort in das Verfahren im Ausschuss gehen werden. Alles Weitere wird dann mit der gebotenen Fachlichkeit im nächsten Jahr zu verhandeln sein. - Vielen Dank.